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Wochenblatt für WilA-ruf, Tharaud, Raffe«, Siebentel-« «ad die Umgegenden. Mittwoch, den 22. November 1848. IVO. Verantwortlicher Nedacteur und Verleger: Albert Reinhold. Do» dieser Zeitschrift erscheint Mittwochs und Sonnabends eine Nummer. Dec Preis für den Diertkyahrgang beträgt IO Rgr., für welchen dieselbe »°n der Stedaction in Wilsdruf, den Agenturen in Tharand, Nossen, und Siebenlehn, sowie der «uchdruck-r-i non C. E. Klinkicht und Sohn in Meißen bezogen werden kann. Auch nehmen dieselben Bekanntmachungen aller Art zur Beförderung an. Die Rcdactivu. Tharaud, am 16. November 1848. Die beiden ersten in diesen Blättern an mich gerichteten Briefe des Hrn. Seer. Adv. Fritzsche waren so arm an Wahrheit und Wahrheils-Liebe, aber so reich an Wiederholungen, an — ich will ein mildes Wort wählen — Unhöflichkeiten und hämi schen Bemerkungen, und außerdem in einem so sehr an das Gemeine streifenden Tone geschrieben, daß ich es für angemessen hielt, zu schweigen. Sollte Hr. Adv. Fr., wie sein dritter Brief anzudeuten scheint, wirklich glauben, ich habe auf seine Behauptungen und Beschuldigungen nicht antworten können, so würde er in einer großen Selbstverblendung begriffen sein. Dieser dritte Brief ist mit Geist geschrieben. Er berühr: scharf, aber in mehrten Pakten wahr, die Mängel der kirchlich religiöfen Dmge. Etwas weniger Zuversicht auf die Untrüglichkeit der ausge sprochenen eignen Ansichten und etwas mehr Mäßigung in den tadelnden und verwerfenden Auslassungen über die zur Sprache gebrachten hochwichtigen Dinge, würde allerdings eme Zierde desselben mehr gewesen sein. Es ist derselbe auch nicht frei von Unwahr heiten und ganz unnöthigen, durch nichts provocir- ten U n h ö f U ch k e i t e n; (Andere würden wohl einen anderen Ausdruck brauchen) aber eines Theiles scheint es mit zu der Natur des Hrn. Seer. Fr. zu gehören, sich seinen Freunden gegenüber solchen Dingen hinzugeben; anderen Theils überwiegt in diesem Briefe das Bestreben bei der Sache zu bleiben und etwas Haltbares und Nützliches zu sagen. Es fehlt mir in diesem Augenblicke an Zeit, auf den gewich tigen Inhalt dieses Briefes tief cinzugehcn. Glaubt Hr. S. F„ daß diese doch eigentlich politischen Blatter zur gründlichen Erörterung solcher Gegen stände geeignet sind, was ich keineswegs ganz in Abrede stellen mag; so werde ich später gern auf den Haupiinhalt dieses Briefes zurückkommen. Heute will ich nur Einiges berühren. Hr. Adv. Fr. redet von „einem Wust der Offenbarung." Da er mit diesen Worten wahrscheinlich die widcrvcr- nünfrigcn Zusätze meint, die nach und nach zu der reinen Lehre des Evangeliums hinzugekommen sind, so hätte er sich nicht so ausdrücken sollen; sic gehören eben nicht zur Offenbarung. — Die christ liche Lehre, „daß Gott unser Vater und daß wir Menlchen Brüder seien, soll, ob auch schön, doch menschlich und unvollkommen gedacht und nichts als ein Bild sein." Cs ist mir unbegreiflich, wie Hr. F., von dessen Gemüth eine religiöse Ucber- zeugung und ein religiöser Sinn nicht fern sind, zu diesem Satze gekommen ist. Soll denn die christliche Lehre, daß Gott ein gütiges, liebevolles Wesen ist, daß er cs mit den Menschen wohl meint, daß diese wirklich seine Kindersnatürlich nicht im groben physi schen Sinne) und folglich wirklich Glieder einer großen, gleichberechtigten und gieichverpflichteten Gottesfamilie sind, nicht mehr wahr sein? Kann und will sich mein Gegner Gott und sein Verhaltniß zu den Menschen und das Verhälcniß der Menschen zu Golr und zu einander anders denken? — Unmittelbar darauf sagt Hr. F.: „weiter ist die Lehre von den Eigenschaften Gottes so ungött- hch„ daß sie das höchste. Wesen eher herab-uziehen geeignet ist." Ich weiß nicht, welche Eigenschaften Görres Hr. F. meint. Mir sind aus dem Evan- gelio nur die der Allmacht, Weisheit, Allwissenheit, Güte, Liebe, Gerechtigkeit, Heiligkeit, Ewigkeit bekannt; (werden außer diesen noch die Allgegenwart, die Langmmh, die Unveiänderlichkeic rc. genannt, so sind diese letzteren alle schon unter den ersteren mitbe griffen) wie aber jene Eigenschaften Gottes das höchste Wesen eher herabzuziehen geeignet sem sollen, verstehe ich nicht. Welche bessere und würdigere Eigenschaften Gottes kann und will Hr. Adv. Fr. aufstcllen? — An der christlichen Sitten- lchre soll auszusetzcn sein, „daß sie zu wenig Rück sicht nehme auf die Erziehung des Menschen für die Erde, und daß sie beinahe seine ganze Thätigkeit beanspruche für die Vorbereitung zum Himmel." — Aber hat denn Hr. Fr. übersehen und vergißt 'er, daß, wenn das Christenthum die Menschen für den Himmel zu bilden, d. h. zu guten, schuldlosen, mäßi gen, keuschen, redlichen, gewissenhaften, pflichttreuen, weisen, Golt fürchtenden und seine Gebote haltenden Menschen zu machen sucht, es damit zugleich auch die besten, achtungswürdigsten, nützlichsten und glück lichsten Erdenbürger bildete?? — Am Schlüsse des Fritzscheschcn Briefes folgen noch einige Sätze, deren Ungenauigkeic, Unwahrheit und Ungerechtigkeit noch einer Berichtigung bedarf. — Die Abgabe bei längerer als vierzehntagigcr Verzögerung der Taufe (Krankheitsfälle befreien von ihr) fließt zur Hälfte in die Orts-Armenkasse, zur Hälfte in das Orts-Kirchen-Vcrmögen, und ist nicht von der Kirche, sondern vom Staate angeordnet,