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270 Verein zu gründen! Da« ist der Scbobersche Maasstab! Welch ein Ndel des Patr otiSmuS spricht sich in diesen we nigen Worten aus! lieber die eigentl che Veranlassung, zur Gründung Ler constitut onellcn Vereine, und ob eine solche vorhanden war, und welche, darüber geht Herr Schober stillschwcigcnLs hinweg. Er kann sich daher nicht beschweren, wenn wir uns eine bilden. Wir halten für Lie wahre Veranlassung die: weil in den deutschen Vereinen und in den Laterlanbsvereinen für gewisse Herren keine Ge legenheit war, die ersten Rollen zu spielen, w-i! sie dort kein Vertrauen genossen, suchten und schüren sic sich ein günstigeres Lerrain, ein Lerrain, auf welchem sie zugleich ungehemmt, reagtrcn zu können glauben. Doch nein; das Programm vom 27. Juni sagt, man wolle durch Unter drückung republikanisch-anarchischer und reactionärer Be strebungen Las erschütterte Vertrauen zwischen Fürst und Volk wieder Herstellen und Ordnung und Ruhe im Lande wieder heimisch machen. Ist denn, so fragen wir, wirklich in Suchsen das Vertrauen zwischen Fürst und Volk er. schüttcrt? Ich sage nein, und abermals nein, und wer Za sagt, der lügt, verdächtiget das Volk, welches mit neuer Treue an seinem Könige hängt, wildem er ihm ein ehr liches, Vertrauen erweckendes Ministerium gab; wer Za sagt, säet neues Mißtrauen; wer I a sagt, zeucht Len Strom auf, um im Trüben fischen zu können. Und dann LaS abgedroschene Cavitel von Ruhe und Ordnung! Schafft eine Regierungsgewalt, sagt cs den Fürsten, daß sic sich ihn unterordneo, erweitert die Zvll- linien, schafft eine Flotte, knüpft Handelsverbindungen an, gest eine Gewerbeordnung — und ihr werdet sehen, es wird wieder Arbeit in Fülle vorhanden sein, Handel und Gewerbe werden von Neuem aufblühen, es wird Verdienst, und mit ihm Ruhe und Ordnung ganz allein zuräckkehren, wenn anders jetzt noch Unordnung und Unruhe im Lande herrschen sollte. ES scheint mir aber nicht so, und der König und der Reichsverweser sind überall mit Jubel empfangen worden, selbst in Leipzig. Also was wollen diese Herren? Sich selber wollen sie bedenken, der jungen Freiheit wollen sie den Kopf zertreten, und die landw. V. gebrauchen sie als Mittel. Anstatt das Vertrauen herzu stellen, säen sie neues Mißtrauen, wenn auch nur gegen sich selbst; und anstatt Ordnung und Ruhe h-imisch machen, schaffen sic neuen Kampf und neue Unruhe. Das sind ihre ganzen Verdienste! Wollte irgend eine Partei die Republik mit Gewalt einführen, und Herr Schober zöge Lieser Rotte an der Spitze bewaffneter Bauern kampf, gerüstet entgegen, so wäre er zu loben ; allein seine Liebe zu militairischcn Diensten scheint sich in neuer Zeit mit einem Male gelegt zu haaen. Mit den geistigen Wassen seiner selbst und seiner VereinsglieLer wird er wenig Glück machen, Las sei ihm prophezeiet. Nun noch einige Nebensachen. Herr Schober sägt, wenn in Folge erschütterter Ver hältnisse außerordentliche Steuern noihwendig würden, siel die größte Last auf die Grundbesitzer. Das ist nicht wahr, und verräth Unkcnntniß sowohl mit der Grundsteuer unserS Vaterlandes überhaupt als mit der außerordentlichen Ein kommensteuer, die beabsichtiget wird. ES ist allbekannt, daß beide Steuern gerade den Grundbesitz nicht eben sehr beschweren. Herr Schober fragt sodann, an wem man sich wende, wenn Lurch Erschütterung des Vertrauens in Lande ge werbliche Stockungen eintreten, außerordentliche Mittel nöthig werden, um großes Elend zu lindern, ob an einige radikale Advokaten und Literaten? Ich weiß nicht, warum Herr Schober gerade diese hcraushebt. Ich weiß auch nicht, warum er erst drese Frage stellt, denn alle Welt weiß, in welchen Lagen des Lebens man sich an Advokaten wendet. Diese sind z. B. dann ganz gut zu gebrauchen, wenn eine Herrschaft ihre Dienstboten aller Menschenwürde zum Hohne lieblos behandelt und übel lraclirt, auch dann, wenn ein liederlicher Hauswirth die Rechnungen der Handwerker nicht bezahlt, überhaupt da, wo Jemand das Recht miß achtet. Zudem fällt mir ater ein, Lav man sich Loch auch in ganz wicht gen Fälle:! an Advokaten wendet, z B. wenn ein ganzes Ministerium fortgejagt, LaS Land aber in Auf ruhr ist; denn der jetzige Ministerpräsident I)-. Braun war, wenn ich nicht irre, vorher Advokat und Gerichts« director. Und dann, was die Literaten betrifft, so habe ich immer geglaubt, Herr Prof. Schober rechne sich auch dazu; eö scheint aber nicht so; er hält sich vielleicht für einen Lüdderaten, in Folge geistiger Wahlverwa«dschafr. Doch dem sp! wie ihm wolle. Aber wie undelikat ist cs, einen ganzen ohne Grund und Veranlassung zu verketzern, und wie rücksichtslos dabei, einen Stand, zu Lem man selbst mit gehört, zugleich anzuseinden! Welch ein Cha- rokterzug! Wenn Herr Prof. Schober Andern vorwirft, sie seien bei den Reichstagswahlen von Dorf zu Dorf gewandert, um Stimmen zu werben, so sei er hiermit gefragt, was wollte denn eigentlich Herr Prof. Schebcr bei der Ver sammlung der Wahlmänner, welche kurz vor der Reichs- tagswahl in der neuen Restauration bei WilSdruf gehalten wurde, und wo er sogar xräsidirte? Ich frage ihn, was wollte er Labei, da er doch kein Wahlmann war? Wae wollte ferner Hr. Schober in Meißen bei der Retchstags- wahl selbst und Tags vorher in Ler Wahlbcsprechung? Ich frage ihn, was wollte er dort, da er doch nicht Wahl mann war? Auf wen erstreckte sich seine Theilnahme? Hat er gar leine Wahlumtriebc gemacht? Er lege die Hand aus's Herz und antworte, was wahr ist! Sollten Andere wirklich von Dorf zu Dorf gew a nd crt sein, so sind sic nur zu beklagcn, Laß sie gehen mußten und Laß ihnen nicht auch Staats - Pferde zu Gebote stehen. Doch vor der Hand will ich von diesem Kapitel noch schweigen. Einst wird kommen Ler Tag, wo die heilige Ilios hinsinkl! Recht und Wahrheit müssen bleiben, und sollte die Welt und ich selber mit zu Grunde gehen. Dabei bleibt es sich aber nach meiner Ansicht ganz gleich, ob man ein politisches Glaudensbekcnntniß drucken läßt, oder den Leuten in wortreichen Reden von seinem Inneren so viel aufkeckt, als man für gut befindet. UcbrigenS sind die Reichstags- wahlen Sachsens, wenn auch nicht in Aller Sinne, und trotz vielfacher Gegenbemühungen doch recht leidlich aus- gefsllen. Run ich mein Herz ausgcschüttet, und hoffentlich zur -Srnüge bewiesen hadc, daß ich DffeNtycik und'EMsichloffcn- heit liebe und „verdeckte Machinationen und arglistige Tak tik" meine Sacke durchaus nicht ist, reiche ich die Hand zur Versöhnung unter der Bedingung, daß sich Lie constit. V. und namentlich der constit. B. zu Kesselsdorf aller Partci- kämpfc und zwar um deswillen enthalte, weil er einen Pro fessor zum Vorsitzenden hat, der Lie Freiheit in der Forschung nach Wahrheit, gewiß für sich beansprucht, und sie folglich auch jeden Andern gönnen und gestatten muß. Odcr was würde er zu einem landwirthsihasklichen Vereine sagen, der gleich von vornherein es sich zur grundsätzlichen Aufgabe macsite, ohne vorgängige Prüfung und ohne vorherige sorgfältige Erörterung der Gründe und Gegengründe irgend einen Lehrsatz irgend eines Spstems zu bekämpfen? Die Grundgesetze des deutschen Vaterlandsvercins, das Programm des deutschen Vereins passen für ewige Zeiten; denn die ersteren wollen die constitionelle Monarchie ver nünftigerweise nur so lange, als die Mehrheit des Volkes sie will, und als der verfassungsmäßig ausgesprochene Voltswille nichts anders beschließt; das drücken die Worte aus: mit dem Volke. Seine Grundgesetze sind so all gemein, daß sie in alle Zeit unter jeder Regierungsform bestehen und wirken können; immer wird eS Gelegenheit genüg geben, zu wiiken für Einheit, Freiheit, Wohlstanb, für Bildung, Siebe und Begeisterung für's Vaterland, für den Sinn für gesetzliche Freiheit, für gleiches Recht, für gleiche Pflicht, für brüderliches Zusammenwirken. Der con- stitutionelle Verein dagegen hat sich ein beschranktes Ziel gesetzt; es kann eine Z.it kommen, wo er au'hören, odcr Namen und Aufgabe, und das ist so ziemlich Alles, ändern muß. Die staatsmännische Unwissenbcit, Lie unS Herr Prof. Schober in so sanfter Returkutsche enlgegenaefabren bringt, ist nicht so dicke, wie er meint, und die Geschichte ist uns nickt Ler einzige Maaßstab bei der Bcurlhe'.lung dessen was kommen wird.