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218 Kurze politische Umschau. Der politische Horizont Deutschlands ver düstert sich immer mehr; von allen Seiten steigen drohende Gewitterwolken auf; das feinere Ohr ver nimmt bereits das Rollen des Donners, wahrend auch weniger scharfe Augen das Leuchten der Blitze wahrnehmen. Unheilvolle Stürme gehen dem Wet ter voran und brausen mit Macht über die Gefilde des deutschen Vaterlandes. Alles deutet auf einen großartigen Kampf der politischen Elemente, in welchem so manches Alte untergehen, vieles Neue aus Schutt und Trümmern auferstehen wird. „Ohne Kampf kein^Sieg!" Wollen wir de» letzteren, dürfen wir den ersteren nicht scheuen; die Saat, die wir in den Schooß der neueren Zeit ge bettet haben, muß — wenn sie anders jegnende Früchte für uns und unsere Kinder und Kindes kinder bringen soll — unter Stürmen und Gewit tern keimen und heranreifen. Wohl ist die Gegen wart ernst, sehr ernst und gar dichte Nebel trennen uns von der nächsten Zukunft, sodaß wir sie nicht zu durchschauen vermögen; aber daß sie Großes und Entscheidendes bringen wird und bringen muß, ist gewiß, und an uns ist's, daß wir uns darauf vorbcreiten und auf Alles gefaßt sind; an uns aber auch ist es, daß wir die Zukunft anbahnen helfen und redlich unsere Kräfte — körperliche und geistige — dem Wohle des Ganzen widmen. Alle Son derinteressen müssen jetzt und (guf immer in den Hintergrund treten, denn es gilt von nun an dem Ganzen. Darum vor allen Dingen: Eintracht, Einigkeit und Einheit, das sind die besten Waffen gegen die von außen andringenden und im Innern bereits lhatigen Feinde! Zeder arbeite dar- auf hin, daß wir ein einiges und dadurch gro ßes und starkes Vaterland erhalten, weil wir sehen, wie dasselbe dadurch zerstückelt worden ist, daß „Zeder seinen eignen Weg ging" und die Für sten und Völker nicht gemeinschaftliche Sache mach ten. Es war ein fluchwürdiger Frieden, den wir 33 Jahre hindurch genossen haben, ein Frieden, der uns an den Abgrund des Verderbens gebracht hat, weil wir schliefen und — träumten. Wir sind er wacht, — laßt uns nun auch handeln! — In Württemberg und Baden sind die Re publikaner in der größten Thätigkcit. Sie sa gen, daß, sowie Ein Russe den deutschen Böden betrete, cs mit dem Königlhum in Deutschland aus sei, weil, wie sie nicht anders glauben, die Russen nur auf Einladung der Fürsten angezogen kamen und selbst ein scheinbarer Widerstand der letztem nur eine Comödie sei. Selbst im Militair Süd- dcutschlands wimmelt es von Republikanern, ja selbst bayersche Besatzungstruppen sind lediglich deshalb, weil sie republtkanischen Ideen anhangen, aus Mannheim zurückgerufen worden. Auch in Württemberg haben-sich mehre Regimenter als entschiedene Anhänger der Republik bekannt gemacht. Hecker und Struve sammt den übrigen Führern harren übrigens nur eines nur einigermaßen gün stigen Augenblicks, um mit zahlreichen, durch Schweizer und Elsasser verstärkten Freischaren wieder gegen das Königlhum ins Feld zu rücken. -- Das preußische Ministerium Camphau sen ist plötzlich von den Geschäften zurückgetreten. Als Grund bezeichnet man eine geheime Correspon- den; des Berliner Kabinets mit dem Petersburger Hofe. Die constitutionellen Minister wollen wahr scheinlich sich und dem Lande nicht d,e Folgen je ner Hofpolitik aufbürden lassen. Die Stimmung der Stadt Berlin ist schwül, wie Gewitterluft. Die Bevölkerung ist zum größern Theile gar nicht im Stande, die Bedeutung eines Rücktritts des gejammten Staatsministeriums zu würdigen. Gleich wohl ahnet sie, was darin jetzt Bedenkliches und Krankhaftes liegt. Man beschäftigt sich mit Ver- muthungen und beunruhigt sich durch Gerüchte. — Die Reserven des Garde-Corps sind cinberufen worden und es dürfte das letztere bald auf den Kriegsfuß gesetzt werden. Auch die Festungen Gr au den; und Danzig sollen über Hals und Kopf in Vertheidigungszustand gebracht werden. Die Zahl Lerer, welche Berlin seit dem 18. Marz d. I. verlassen haben, betragt bereits 45,000, wor unter meistens sehr begüterte Familien. Wie groß der Geldmangel in Berlin sein muß, geht daraus hervor, daß kürzlich ein Haus für 500 Thlr. ver kauft wurde, das bisher einen Miechserlrag von jährlich 700 Thlrn. ggb. — Die Berliner (Doß'- schc) Zeitung enthält die verbürgte Nachricht, daß 34 Schiffe der norda nie rikani schcn Flotte im Anzuge seien, um die von den Dänen genom menen deutschen Schiffe zu befreien. — Zn der Gegend von Wrcschen im Posen- schen führen die Deutschen immer noch ein angst volles Leben. Das zur Hyäne verwilderte polnische Landvolk scheint cs sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Deutschen mit Stumpf und Stiel aus- zurolten. Die Gutsbesitzer sind auf der Flucht in Posen, Berlin rc. und einzelne polnische Banden, die in den Dörfern vcrrheilt sind, brennen und berauben Alles, was deutsch heißt. Ein entsetz licher Zustand, der über kurz oder lang zu den ern stesten Gcgenmaßrcgcln Anlaß bieten wird. — Der Papst hat an den Kaiser von Oester reich ein Schreiben gerichtet, in welchem er densel ben ermahnt, von einem Kriege abzustchen, der, ohne die Gemüther der Lombarden und Veneliancr wie der erobern zu können, eine lange Reihe von Drang salen nach sich ziehen würde. Auch werde es der 4edelmülhigen deutschen Nation nicht mißliebig sein, wenn er (der Papst) sie auffodere, allen Haß zu bcscitigen und durch nützliche freundnachbarliche Verhältnisse eine Herrschaft zu begründen, die weit edler und glücklicher sein würde, als wenn sie auf das Schwert sich stützte. Er hege das Vertrauen, daß die deutsche Nation nicht ihre Ehre in blutige Versuche gegen die italienische Nation setzen werde, sondern vielmehr darin, sste edelmüthig als Schwe- ster anzuerkennen, die beide seinem väterlichen Herzen als Töchter so theuer seien. Er hoffe, die streiten den Parteien würden in ihre natürlichen Grenzen