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2r6 sagen, da das unaufhaltsame Drangen der Begeben heiten fetzt ost die schönsten Wahrscheinlichkeitsbe- rechnungen im Nu über den Haufen wirst und meist jeder Tag ein neues Blatt für die Weltgeschichte abgibt. — In der /. sächsischen Kammer ist der Gesetzentwurf wegen Umgestaltung derUnter- gcrichle (wegen Einführung der Ocffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens) zur Berathung gekommen und der 1. welcher die Aufhebung sämmtlicher Unter- und Patrimonialgerichte aus spricht, nach kurzer Bebathung angenommen worden. Es ist erfreulich zu bemerken, wie dieselben Män ner, welche auf dem letzten ordentlichen Landtage gegen Mündlichkeit und Öffentlichkeit eiferten, jetzt zu Anhängern dieses Verfahrens geworden sind. — In der //. Kammer kam der Antrag Tzschir- ncrs zur Erörterung, ob die früheren Staats- minister Anspruch auf Pension und War legeld hatten. Der Abgeordnete äußerte fich darüber in trefflicher Rede, und hob besonders hervor, daß die Minister seit 18t 5 eine systemati sche und absichtliche Beschränkung der Verfassung und der Volksrechte (z. B- durch die verschiedenen, von dem Volksfeinde Metternich veranlaßten be rüchtigten geheimen Wiener und andere Beschlüsse) geübt hatten. Wahrend das Volk hungere, schwelg ten seine Unterdrücker im Genüsse der, 20,000 Thlr. übersteigenden Pensionen rc. Nachdem noch ver schiedene Redner aufgetreten waren, beschloß die Kammer, zur Berichterstattung über den Tzschirner'- schen Antrag eine außerordentliche Deputation zu erwählen. — Der deutsche Bundestag hat beschlossen, daß die Nachbarstaaten Oesterreichs: Preußen, Baiern und Sachsen, ihre Truppen bereit hal ten sollen, um beim ersten Anträge der österreichi schen Regierung zum Schutze der österreichischen Staaten einzurückcn. — Preußen hat nun endlich wieder ein neues Ministerium und mit ihm zugleich die Versiche rung des entschiedenen Fortschrittes. — DieVer- fa fsung s-Com m ission hat beschlossen, in einer besondern Bestimmung die Aushebung des Adels auszusprechen. Der Beschluß ist mit l2 gegen 10 Stimmen gefaßt. — In den Versamm lungen der Linken ist man übereingekommen, die Aufhebung aller Reallasten ohne Entschädigung durchzusctzen. Dies soll die Folge gehabt haben, daß dec größte Theil der bäuerlichen Abgeordneten und ein großer Theil dec geistlichen Kammer-Mit glieder sich geneigt erklärt haben, in andern Fragen mit der Linken zu stimmen. — Die Kriegsre serven des Garde-Corps sind einbcrufen worden; sie werden sofort in Potsdam eingekleidet und den betreffenden Regimentern zugetheilt werden. — Erzherzog Johann hat an des kränklichen Kaisers Statt die Verwaltung in Wien übernom men. Er verspricht, jeder Reaction kräftig entgegen- treten zu wollen. — In Prag gleist sich Alles wieder ein. Die Fanatiker des Czechismus verhal ten sich ruhig und der Proccß der gefangenen Rä delsführer des Aufstandes hat seinen ungestörten Fortgang. Bei der Heimlichkeit, mit welcher er betrieben wird, können nur Gerüchte ins Publikum dringen. Uebrigens soll die ganze hohe österreichi sche Aristokratie ein verderbliches falsches Spiel mit der Volkssache spielen. Sic erhält Briefe in Hand, schuhkisien versteckt aus England und scheint sogar mit Metternich und Cons, im Einvernehmen zu stehen. Sic lernen nichts und vergessen nichts und scheinen ihre Zeit so wenig zu begreifen, daß sie zuletzt noch ganz und gar den Kopf verlieren wer den. — Den österreichischen Waffsn in Italien wendet sich das Kriegsglück wieder zu. Mehre Platze sind von ihnen wieder genommen worben. Gleichwohl ist Oesterreich nunmehr geneigt zu un terhandeln, wenn die Lombardei und Venedig einen Theil der österreichischen Staatsschuld übernimmt. Der König von Sardinien, dem Alles zufallen wird, wird also, wie mancher andere arme Teufel, sein Geschäft mit Schulden anfangen müssen- Vom Kriegsschauplätze in Schleswig-Hol stein hört man jetzt säst gar nichts. Heute neh men die deutschen Truppen diese, morgen die dä nischen jene Stellung ein. Zum Schlagen kam es aber bis jetzt noch nicht wieder. Die Beschlagnahme und Versteigerung deutscher Schiffe dauert übrigens fort. — In Paris brach am 23. Juni ein furcht barer Arbeiter-Aufstand aus. — Bekanntlich, war die republikanische Partei bei ihrem Kampfe gegen das Königthum (im Februar dieses Jahres) vorzugsweise von den zahlreichen Arbeiterklassen un terstützt worden. Mit dem Siege der Republik glaubten nun die letzteren, auch für sich eine glück» sichere Zukunft erobert zu haben. Sie glaubten und hofften, die Nationalversammlung werde sich ihres, mitunter allerdings sehr traurigen Loofes annehmen und harrten bis zum Zusammentritte dieser Körper- schäft mit Geduld und als treue Hüter der Repu blik aus. Da fanden in ganz Frankreich die Wahlen statt Und das Ergebniß derselben war für die niederen Klassen des Volks ein keineswegs gün stiges. Ihr Loos fand in der Versammlung nur eine höchst kümmerliche Vertretung und so glaubten sic sich um den Lohn ihrer Anstrengungen betrogen. — Um nun für den Augenblick den Stoß abzulci- ten, der von dieser Seite kommen konnte, halte be kanntlich die provisorische Regierung Nationalwerk stätten eingerichtet, über 100,000 Arbeiter in densel ben bei gutem Lohne beschäftigt, für die Arbeitervcc- hältnisse eine besondere Commission errichtet, aber alles dies bewies sich nicht durchführbar bei einer Nationalversammlung, die nur geneigt schien, den Besitzstand, d. h. sich selbst zu vertreten. Die Na- tionalwerkstatten, die ungeheure Zuschüsse und Opfer vom Staate forderten, sollten darum aufgelöst und die nicht anderweit in Paris beschäftigten Ar- bciter von dort entfernt werden. Das führte zu Reibungen; allabendlich gab es Znjammenrotlungen und dcm neulichen Angriff auf die Nationalversamm lung, den Lamartine noch glücklich besiegte, folgte am 23. V. M. ein erneuerter Versuch, die. Regie-