Volltext Seite (XML)
ihm sagen, daß kein Johannisberger Ausbruch die Schmach von ihm abzuwaschen vermöge, nm wel cher behafrec er ins Exil gewandert zum Nimmer- wiedcrkehrcn. Oer schwerste KabmelSwem an-dem tiefunlcrstcn Kellerverstcek des stolzen Schlosses Jo hannisberg wird nicht im Stande sein, das erwachte Gewissen — ja wir wollen es bei Gott hoffen, daß es nicht mehr schlaft — in die süße Ruhe der Be friedigung zu wiegen und der Schlummer wird sein Lager fliehen, denn bis tief hinein in die seidenen Kissen wird es klingen und dröhnen wie erwachtes Volksbcwnßlsein und wie Rufe der Vergeltung. Das Volk in Oesterreich wird aber wieder auf- athmen und ganz Deutschland seinen Jubel thcilen; denn auch das Pfaffen- und tyrannische Beamten- regiment wird ein Ende nehmen. Leider hat das Volk seinen Sieg nicht ohne Kanonendonner und Gewehrsalven errungen und mancher brave Mann hat die Befreiung seines Vaterlandes vom harten Drucke mit dem Leben bezahlen müssen, der vielen -Verwundeten noch gar nicht zu gedenken. — Noch bedeutender wird nun aber der Sieg der Volks sache in Oesterreich — Prag und andere größere Städte haben sich bereits der Wiener Bewegung angcschlossen — durch den Umstand, daß dieses nun genölhigt ist, sich fest an das übrige Deutschland anzuschließen und seinen Bundesgenossen, Rußland, aufzugcben. Man will von den Russen nichts mehr wissen und der Ruf: „Fort mit den Russen, nur keine Russen mehr!" wurde wahrend des Aufstandes in Wien wiederholt vernommen. Wie vortheilhaft dieser Umschwung der Dinge für ganz Deutschland ist, bedarf wohl keiner besonder» Erwähnung. Noch bemerken wir, daß ein österreichisches Beobachlungs- corps von 30,000 M. an der deutschen Südwest, grenze Oesterreichs gegen den Rhein ausgestellt werden soll, um als Beobachtungscorps gegen Frankreich zu dienen. — Der Kaiser von Oesterreich Hal der ganzen Monarchie die Constitu tion verheißen. Auch in Berlin ist es in den lctztvcrgangencn Tagen sehr unruhig zugegangen. Der Geist der Zeit regte sich auch hier. Das Volk rottete sich zusammen, um diejenigen Zugeständnisse mit Nach druck, wir wollen nicht sagen mit Gewalt, denn von einer Bewaffnung des Volks haben wir nichts gelesen, zu verlangen, mit welchen die übrigen Für sten Deutschlands, Hannover etwa ausgenommen, ihre Unterihanen bereits beschenkt haben. Am 15. d. M. ging cs namentlich scharf her, nachdem am Tage zuvor bereits kleinere Scharmützel zwischen dem Volke und den Truppen stattgcfunden halten- Dic Reiterei hieb auf die unbewaffneten Volkshau fen scharf ein, wahrend das Fußvolk feuerte. Ein wahres Gemetzel entstand in der Sprecgasse, in welche blindlings hineingeschossen und geschlagen wurde. Ein Kaufmann erhielt einen Bajonetstich durch den Leib. Am 16. p. M. erneuerten sich dic unruhigen Auftritte abermals, um wiederum durch Waffengewalt unterdrückt zu werden. Es sollen 10 Menschen getobter und über 100 verwundet worden sein. Das Anerbieten der Bürger sowie der 91 Studenten, sich zu Corps zu formiren, wurde erst zurückgewiesen, später aber genehmigt, nachdem man wahischeinlich eingesehen halte, daß man durch die Truppen allein der Bewegung nicht Herr werden könne. Wir wünschen und hoffen, daß, der König von Preußen, den Grist der Zeit erkennend, die gerechten Wunsche uns Forderungen seines Volkes erfüllen werde. Bajonette tragen heutzutage keinen Thron mehr und mit Kanonen hält man kein Volk mehr zurück, wenn cs dem dämmernden Morgenroth der Freiheit berauscht und wonnetaumelnd eingegenstürmt. Das Beispiel Frankreichs Hal dies zur Genüge ge zeigt. — „Meine Krone ist von Golt, wehe dem, der darnach langt!" dies waren die Worte, welche Preußens König am Tage der Huldigung zu Ber lin sprach. Mit demselben Rechte, mit noch grö ßerem sogar, kann man sagen, die Rechte der Völ ker sind von Goll und wehe dem, der sie ihnen ver kümmert und vorenthält. Die Geschichte lehrt, daß es erst Völker und dann Könige gab. Je mehr nun ein Volk an Bildung und Gesittung zunimmt, desto entschiedener wird sein Verlangen nach Rechts schutz und Freiheit. Der Monarchismus, der im Laufe der Zeit über die Rechte der Völker ganz eigen- thümliche Lehren aufgestellt und die Gewährung jener Rechte von der Gnade der Krone hat abhängig machen wollen, geräth jetzt mit der Bildung und der politischen Erkenntniß der Gegenwart gewaltig in Widerspruch. Das Volk, das sich mit seinem Rechte eben nur auf sein Recht beruft, sieht sich gegenüber eine Macht entfaltet, dic, zwar von ihm selbst ausgehend, doch nur in den Dienst des Kö- nigthums hinübergczogen ist. Diese Macht ist das Heer. Seine Söhne sind aus dem Volke. Diese Macht ist das Beamtenthum. Die Beamten sind Männer aus dcm Volke. Diese Macht ist der Schatz; ihn füllte das Volk. — Kann nun bei einer so ungeheuren Anhäufung von Macht, wie sie das Königlhum umgicbt, irgend einem Volke das Verlangen verargt werden, gegen den Miß brauch dieser Macht sichergestellt zu sein? Wir glauben nein! Kann man daher dcm Prcußenvolke sein immer dringender werdendes Verlangen nach einer wirklichen Constitution verargen? Aber mals nein! Vertrauen wir, daß diese große welt geschichtliche Rechtsfrage sich zum Heile Aller auch in Preußen lösen werde. Wenn auch das König lhum mit der Macht bekleidet ist, so ruht doch im mer alle Macht im Volke; denn seine Söhne sind das Heer, seine Brüder dienen dem Staate, aus feinen Taschen floß der Schatz. — Freilich will cs schlecht dazu passen, daß den Besitzern von Condi- toreien und andern öffentlichen Orten in Berlin un tersagt worden ist, bei Androhung des Verlustes ihrer Gewerbcconcession, sowohl politische Gesell schaften in ihren Localcu zu dulden als auch Volks- adrcffcn zum Unterzeichnen bei sich auszulegen. — Auch in Magdeburg und Erfurt waren Unruhen ausgebrochen. In beiden Städten ist es zu un ruhigen Auftritten mit der bewaffneten Macht ge kommen. In Erfurt blieben 10 Menschen todr auf dem Platze. Einzelne OWere sollen vom Volke 12*