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90 Bekanntmachung. Nachdem Se. Königliche Majestät die zcitherigcn Staatsminister entlassen, auch wegen Wiedcrbcse- tzung und beuchendlich Verwaltung der erledigten Functionen Allerhöchste Entschließung gefaßt haben, der Zweck der Einberufung eines außerordentlichen Landtags aber sich thcils hierdurch erledigt, theils dem au genblicklichen Bedürfnisse gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere über die Presse, auf andere Weise abge- holfcn werden kann, demnächst auch die Kürze der Zeit den ncueintrctcnden Dcpartemcntsministern die er forderliche Vorbereitung zur Abhaltung eines Landtags nicht gestattet, so haben Se. Majestät der König beschlossen, den auf den 20- dieses Monats zusammenberufenen außerordentlichen Landtag nickt abhalten zu lassen. Die diesfalls unter dem 9. März 1848. (Gesetz- und Verordnungsblatt Seile 1t) ergangene Verordnung wird daher außer Wirksamkeit gesetzt und erledigen sich auch die deshalb aus dem Ministe rium des Innern ergangenen Missiven. Dresden, den 16. März 1848. Gesammtministerium. Itr Braun, vr v. d. Pfordten. Daß das alte Ministerium abzutreten genöthigt war, mußte aus der Ueberzeugung des Königs her- vorgehen, daß von den Männern, welche einer ge deihlichen Entwickelung unseres Rechtsstaates cntgegenstanden, welche uns diesem einen Polizei- siaar machen und an die Stelle des Gesetzes ministerielles „Ermessen" setzen wollten, eine Ge währung der Wünsche des Volkes nicht zu hoffen sei. Sie konnten nicht am Ruder bleiben, weil sie mit der Gegenwart und dem Bedürfniß der Nation im Widerspruch sich befanden. Sie kämpften hinter dein fclbstgeschaffenen Schilde des Bundestages gegen die Freiheit des Volkes in Staat, Kirche, Gemeinde und Kammer. Der Bun destag läßt jetzt seine Werkzeuge fallen, damit er nicht selbst falle. Es wird gut sein, ihm durch eine allgemeine deutsche Volkskammer zu Frankfurt eine Stütze zu geben. Dadurch, hoffen wir, wird die permanente Ministerverschwörung in Frankfurt ge gen die ewigen, unveräußerlichen Rechte des Men schen und Bürgers friedlich besiegt werden. Und so wird denn fortan Wahrheit unter uns sein! Das neue Ministerium wird cs verstehen, die Be- dürfnisse des Sächs. Volkes im Innern und in seinen Beziehungen zum deutschen Gesamnnvater- lande im großherzigen Sinne einer aufgeklärten Va terlandsliebe zu erfassen und wir werden es rüstig arbeiten sehen für die heiligen Güter der Freiheit und des Rechts, und die Achtung und Unterstützung aller Guten wird ihm zur Seile sichen. Dafür bürgen uns die gefeierten Namen der Männer, welche der Wille des Königs an die Spitze der Geschäfte gestellt hat. — Einer Bekanntmachung der Leipziger Kircheninspection zufolge werden die Geistlichen Leipzigs künftig Beicht- undCommu- niongeld weder annehmen noch fodern, gewiß ein für das kirchliche Leben wichtiger Fortschritt. Während nun, so hoffen wir, unser theures Vaterland der ruhigen Entwickelung seines innern und äußern Staalcnlebens cnlgegenschreitet, gährt es noch an vielen Orten Deutschlands gewaltig; denn ohne Kämpfe und Zuckungen scheiden die bösen Stoffe und eiternden Geschwüre aus keinem Staats- körper aus, wenn die Zugflastcr des erwachten Dolks- bcwußtscins und Vvlkswillens die kranken Theile bedecken. Den Reigen möge Wien eröffnen, Wien, das vor vier Wochen noch nichts Höheres zu kennen schien als die Sprünge der Taglioni und gcbackne Handerln. Der scheußlichen Rcchtsverkümmerungen und des langen Druckes müde, den der Staals- künstler Metternich auf Hof, Land und Volk geübt, hat endlich das brave Wiener Volk wie Ein Mann sich erhoben. Wohl wissend, daß das Skän- dewescn in Oesterreich nur noch als Schatten einer einstigen Volksvertretung ein kümmerliches Dasein friste, stürmten am 13. d. M. die Bürger Wiens Mit den Studenten das Ständehaus, die Stände nunmehr zu entschiedenerem Handeln aufzufordern. Die Stande, schon langst im vergeblichen Kampfe gegen die Obmacht, verfügten sich auf die Burg, forderten die Entlassung des Verhaßten und brach- ten die Verlangen des Volks und der Zeit vor das Ohr des Kaisers. Metternich suchte im Minister- rathe nochmals zu täuschen, wie er schon immer getäuscht. Es war zu spät. Ganz Wien stand auf. Die Bürgergarde und ein Theil des Militairs (Reg. Palombini) schloß sich dem Volke und den Studenten an. Ersteres eröffnete das Zeughaus, die Massen drangen nun nach der Burg, wo sie jedoch bereits die Erklärung vorfanden, daß der Kaiser Preßfreiheit und Nationalgarde be willige, auch jedem sonstigen, vom Volke gestellten billigen Verlangen gern entgegen kommen werde. Metternich floh! Was wird eine freie österreichische Presse uns alles aus den Tagen Metternichs zu er zählen haben!!! — Am Palais Metternichs hatte das Volk einen Galgen aufgerichtel und daran das Bildniß des Fürsten aufgehängt; die Behörde wagte es den ganzen Tag nicht, den Galgen mit dem Bilde zu entfernen. — So hat denn endlich die gerechte Vergeltung einen Mann ereilt, der seit langen Jahren die Geschicke der deutschen Völker in seiner Hand gehabt und mit den Rechten ganzer Nationen ein frevelhaftes Spiel getrieben. Mit dem Fluche nicht Oesterreichs allein, sondern ganz Deutschlands beladen, irrt der Urheber der geheimen Wiener Conferenzbeschlüsse landesflüchtig umher, nicht wissend, wo er ein Asyl finde, um von den Zinsen seiner Millionen in verborgener Zurückgezo genheit zu leben. Das Gewissen dieses Mannes muß furchtbar erwacht sein und ihm erzählen von den Sünden des Diplomaten und Menschen und