Volltext Seite (XML)
bringt ihm nach seiner Weise Huldigungen dar, blos um seiner Gunst willen. Aendern sich die Umstande, so andern sich zugleich auch die Meinungen der Menschen. Heute rufen sie: Hosiannah! und mor gen: Kreuziget ihn! Wir brauchen nur in der Ge schichte der allerneuesten Zeit ein klein wenig uns umzusehen, um unsre Behauptung bewiesen zu sehen, ohne in die weitere Vergangenheit zumckzu- gehen- lind wenn nicht eher, so wird doch Mancher noch nach seinem Tode mit Ruhm und unverdienten Lobreden überschüttet, reift im schwülen Dunstkreise der Schmeichelei die letzte Lüge. Was weiß da der feile, der charakterlose Lobredner nicht Alles zu rüh men an einem Manne, der reich war im Leben und eine angesehene, einflußreiche Familie hinterlaßt! Thatcn, die manchmal eher Strafe als Ruhm ver dient hatc/n, werden so darqestellc, daß sie zum nachakmungswerthen Verdienste werden. Doch mit dem letzten Worte Dessen, der in so ruhmredneri- scher Weife da oder dort sich ausgesprochen, verweht auch der letzte Hauck des gestreuten Weihrauchs. Was aber der Geschickte anheim gefallen, wird vorurthcilsfreier beurtheilt. Nur das wirkliche Verdienst, nur das uneigennützige, aufrich. lige Streben eines Mannes, der Well und seinen Mitmenschen zu nützen, wird ihm zum bleibenden Ruhme Die aufrichtige Uneigennützigkeit ver langt ihn nickt diesen Ruhm: was sie chut, lhut sie nur aus innerm Drange, ihrem eignen Charqkrer, ihrer Gemüthsbcfckaffenheit zu folgen. Wer für die Welt nur wirkt, um ihren Ruhm zu' ernten, der ist nicht uneigennützig; früher oder spater kommen die Absichten zu Tage. Erwerbet Euch Rcichthum, erwerbet Euch Ehre, Ansehen, Einflug und Macht: mit dem letzten Worte Eurer Speichellecker und Lobrcdncr ist Euer Andenken dahin, wenn Ihr der Nachwelt nicht solidere Denkmale hinterlassen habt. Geld, Ansehen, Ehre und Einfluß gehen auf Andere über: nur das reine Streben nach allgemeinem Wohl gräbt sich unvergeßlich den Namen in die Herzen der Ueberlebenden, wie in das Duck der Geschickte, selbst wenn Verfölgung, Kerker, Verban nung ihr LooS war. 2. „Heute roth, morgen todt!" sagt ein altes auf die tägliche Erfahrung gegründetes Spräch- wort. Betrachter man aber das Durcheinanbertrei- ben der Menschen, das Drängen nach Amt und Ansehen, das Jagen nach Geld, das Haschen nach Reichthum und Mackt, so sollte man nicht meinen, daß sic von der Wahrheit dieses Sprüchworles stets überzeugt waren. Wie viele schändliche Jntriguen werden gespielt, wie viel grenzenloses Unheil wird gestiftet der irdischen Güter halber, von denen Keiner weiß, wie manches Stündlein er sie besitzen, wohl aber Jeder versickert ist, daß Niemand sie über die letzte Secundc hinaus mitnehmcn kann. Wie man chen schweren Stein ladet man sich für die Ewigkeit auf das Gewissen, um heute zu erschwingen, zu erlisten, zu erbeuten, was uns der Tod vielleicht morgen schon wieder entreißt. Und wer es auf die ihm von Golt vergönnte Lebcnsfrist besitzt, wie bläst der sich damit auf, als könnte er Allmacht und Unsterblichkeit durch diesen irdischen Götzen erwerben! Wie lhut er nicht Andern, die von der Glücksgöttin minder bedacht sind, Unrecht mit seinem Stolze, Unrecht durch unbescheidenen Gebrauch des Ein flusses, den sein Rcichthum ihm gewährt, ganz ab- gciehen davon, daß die Nutznießung desselben bei Manchem schon auf Unreckt sich gründet. Wie Mancher, der fein Lebtag nicht wußte, Aas Arbeiten und Sparen ist, der seine schönen Kapitalien Von den Eltern und Verwandten geerbt und nie sich zu bekümmern nölhig hatte, woher ihm Unterhalt komme, schilt fleißige und häusliche Leute Lumpen, weil sie, vom Glück nicht begünstigt, arm blieben. Aber Erben ist keine Kunst, das Glück kein Verdienst. Heute rolh, morgen todt. Was Einer heule auf dem Wege der Sünde erhaschet, oder was er durch Zufall erhalt, was er durch Ungenügfamkcil gewonnen, durch Geiz zusammengcsckarrt, es hal's morgen ein Anderer in den Händen und mackt cs den blanken Thalern wie Christus seinen Jüngern, er sagt: „Gehet Kin in alle Well.'' Er lacht den Erblasser noch in's Grab hinein aus, und nennt ihn, der den Reichthum nicht zu genießen wagte, einen Dummkopf. Was hat es dem Geizigen ge nützt, daß er fick plagte, um Rcichthum zu erwerben, daß cr bei vollen Kisten und Kastcn darbte? Heute roth., morgen todt — und der Inhalt seiner Kisten und Kasten zerstäubt wie Holzmehl nach allen Winden! Darum, Ihr, die Ihr Euch aufblaset >m Stolz über'Eure irdische Habe, Alle, die Ihr Eure Gewalt mißbraucht, die Ihr den Redlichen überlistet und den Kutmüthigcn drückt, die Ihr den Armen um sein Reckt bringt und Sünde über Sünde auf Euer Gewissen häufel: heute rolh, morgen lobt. Habt Ihr kein anderes Verdienst mit über die Grabeskluft hinüber zu nehmen, als Euer schlech tes Gewissen und Euern Mammon, dann seid Ihr des Grußes keines Biedermannes wcnh, Euer Stündlein kann schlagen, ehe Jhr's meinet; denn wisset, das Sprnchwort sagt: „heute rolh, morgen todt!" Die neue Regierungsvorlage über das Versammlung^- und Vereinsrecht. Mittels Dekrets vom 17. Januar ist ein neuer Gesetz-Entwurf der Regierung über das Vcr- sammlungs- und Vcreinsrecht bei den Kammern eingelaufen. Wir khcilcn daraus Folgendes mit:. Die Zusammenberufung von Versammlungen, in welchen öffentliche Ang.legcnhciten erörtert werden sollen, ist wenigstens 24 Stunden vorher mit An gabe von Zeit, Ort und Zweck schriftlich der Poli zeibehörde anzuzeigcn, der Beamte hat dann eine schriftliche Bescheinigung auszustcllcn. Unter den Unterzeichnern der Anzeige muß sich mindestens ein Gcmeindeglicd des Ortes befinden, wo die Versamm lung abgehaltcn werden soll. Versammlungen, deren