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WM,UM Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt fiir die Königl. Amtshanplmannschaft zn Meißen, das Köniql. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 45. ErsHeiat wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Nont«i» und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 3. Freitag, den 16. Januar 1885. Kommende Mittwoch,"Len 21- Januar d. I. Nachmittags 3 Uhr, gelangt im Nollau'schen Gasthofe in Kesselsdorf s1 Pferd, brauner Wallach, 1 Rollwagen, 1 Wirthschaftswagen und ein Kutschgeschirr gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Wilsdruff, am 15. Januar 1885. MattheS, Gerichtsvollzieher. LageSgefchichte. Den aufständischen Schwarzen in Camerun verdankt der Reichs tag seinen besten Tag. Die Summe für den Gouverneur-Posten in Camerun (und für die wissenschaftlichen u praktischen Pioniere, welche drüben das Land erforschen und den Kaufleuten und Kolonisten die Wege" bahnen?) sind mit einem Schlage bewilligt, nachdem sie vorher von dem Reichstag zur Kommission verschoben und verschleppt worden waren und von neuem zur Kommission zurückgewiesen werden sollten. Wie ein Blitz schlug die Nachricht von dem von Engländern und Polen angezettelten Ausstande ein, den unsere jungen Seeleute sofort niedergeworfen haben. Richter selber rief nun: Die deutsche Flagge ist engagirt, alle Parteien müssen einig sein! Und es wurden alle einig und bewilligten, was von Bismark verlangt worden war, alle bisffanf unsere Schwarzen und -- Bamberger. — Bismarck war ruhig und entschieden ins Zeug gegangen. Der Worte, sagte er, sind genug gewechselt, lassen Sie uns Thaten sehen, die Abstimmung. Die andern Nationen warten nicht auf uns, sie sind uns schon voraus. Wolle« Sie keine Kolonialpolitik, so sagen Sie's. Dann verkaufen wir unsre Kolonien wieder, ziehen uns auf die Thüringer Berge zu rück und sehen das Meer mit dem Rücken an. Die Verantwortung trifft Sie, meine Herren! — Wörmann hatte schon vorher nachge wiesen: Wir treiben keine Eroberung?-, sondern eine gesunde Handels- Politik. — Windthvrst ergab sich nicht so leicht. Er wollte die Sache nochmals an die Kommission verweisen, das heißt verschleppen, aber dasmal ließen ihn die Dentschfreisinnigen im Stich und sogar ein Theil des Centrums, er malte die Gefahren grau in grau. Deutsch land bat Feinde ringsum, es darf sich durch Unternehmungen zur See nicht schwächen, alle Wünsche des Kanzlers darf man nicht erfüllen. Bismarck antwortete sofort: Wir sind nicht von Feinden, sondern von befreundeten Regierungen umgeben, von Oesterreich und Rußland, wir Drei können schon einen Stoß aushalten. Sogar mit Frankreich ste hen wir so gut, wie niemals seit t866; auch Englands Regierung wird nicht als Feind auftretcn. Nur Herr Windthorst kennt vielleicht einen Feind! (Rom und den Ultramontanismus). — Das brachte Windthorst in Harnisch. Es ist kein Kunststück, sagte er giftig, mit 2 Millionen Soldaten gute auswärtige Politik zn machen; es werden sich aber auch andere Männer finden, die verständige Politik machen können. Streichen wir doch ein paar Armeekorps zu Gunsten der Marine. Gewiß, antwortete Bismarck, jeder würde an meiner Stelle, auf die Armee gestützt, es ebenso gemacht haben, namentlich der Herr Vorredner. — Die Rede Bismarcks ist eine der stärksten Bürgschaften für die Festigkeit des europäischen Friedens, die sich in dem bis an die Zähne bewaffneten Europa denken lassen. Deutschland ist von Freunden umgeben, konnte er sagen, und er nannte außer Oesterreich und Rußland auch England, Italien und Spanien. Von Deutschland und Frankreich sagte er, beide Regierungen seien überzeugt, daß es kein größeres Uebel gebe als einen Krieg zwischen beiden und zwar nicht blos für den Besiegten, sondern auch für den Sieger. Man muß diesen Friedensversicherungen um so mehr Glauben schenken, weil die vorsichtige deutsche Reichspolitik selbst auf die Sicherheit des Frie dens baut und die Zeit für geeignet hält, um ohne Furcht vor einer europäischen Verwicklung ihre Kräfte in überseeischen Unternehmungen zu verwenden. Alle englischen Zeitungen sprechen sich zustimmend zu den Er klärungen des deutschen Reichskanzlers Fürsten Bismarck in der Reichs tagssitzung am Sonnabend aus. Die „Times" beeilen sich, das rich tige Gefühl und den guten Sinn der Erklärung hervorzuheben. Daß einzelne delikate Fragen zwischen England und Deutschland entstehen könnten, sei wohl möglich, doch liege kein Anlaß zu ernstlichen Miß verständnissen vor, England sei verpflichtet, die legitimen Rechte der übrigen Mächte zu deren kolonialer Ausdehnung zu achten. In Eu ropa habe England Deutschland stets als eine große Sicherheit für den Weltfrieden anzusehen. Ebenso liege auch in der Entfaltung von Kolonisationsunternehmungen seitens Deutschlands kein Anlaß zu Be unruhigungen für England. — Der „Standard" sagt, mit Deutsch land deshalb streiten, weil es genommen, was England hätte(vor ibm nehmen können, sei lächerlich. Nichts sei einer großen Nation un würdiger, als vage und unpraktische Eifersüchteleien. — Die „Daisy News" bemerken, soweit sie sehe, habe die deutsche Kolonialpolitik überall der unverständlichen Panik, welche sie zuerst in England er regt, den Boden entzogen. Noch immer gehen dem Reichskanzler aus Anlaß der Reichstags abstimmung vom 15. November zahlreiche Zustimmungsadressen zu, von denen einzelne bis über 10,000 Unterschriften tragen. Um eine Vorstellung von der Ausdehnung zu geben, den diese Kundgebungen erreicht haben, genügt K, zu bemerken, daß das Gewicht derselben tageweise annähernd einen Centner erreicht. Dem Bundesrath ist eine weitere Eingabe an den Reichskanzler bezüglich der Erhöhung der Getreidezölle zur Kenntnißnahme mitgetheilt worden. Dieselbe istammt aus dem Königreich Sachsen, ist mit 4122 Einzelunterschriften, sowie Unterschriften von 455 land- wirthschaftlichen Vereinen mit zusammen 24,684 Mitgliedern und der Unterschrift eines Gewerbevereins mit 54 MitgliedernFversehen. Be antragt wird, daß ein Zoll von mindestens 3 M. Pro Doppelcentner auf ausländisches Getreide eingeführt werde und daß derselbe Zoll sich auch auf die Oelfrüchte, als Raps und Rübsen, erstrecke. Aus Frankfurt a. M. wird unterm 13. Januar berichtet: Po- lizeirath Dr. Rumpff ist heute Abend 10 Uhr vor seinem Hanse er stochen aufgefunden worden. Der Polizeirath war Abends halb 8 Uhr nach Hause gegangen. Der Mörder lauerte in dem Vorgarten des Hauses auf. Beide Dolchstiche" durchbohrten dasWerz. Eine Beraubung hat nicht stnttgesunden, deshalb wird Mord aus Rache angenommen. Auf die Entdeckung des Thäters, von dem man noch keine Spur hat, sind 3000 Mark Belohnung ausgesetzt. Das nächste allgemeine deutsche Bundessängerfest soll nach einer jetzt gefaßten Entschließung.in'Wi en^abgehalten werden. Italien scheint seit längerer Zeit durch die sachliche Politik des Fürsten Bismarck frostig berührt zu sein; seit geraumer Zeit ist von ihm als Bundesgenosse nicht mehr die Rede, nun steht es wie Herkules am Scheidewege. England ist ihm als glückverheißende Göttin erschie nen, komme zu mir, lockt es mit der ihm eigenen Süße des'Versprechens, laß die rauhe Tugend Deiner bisherigen Freunde fahren, die doch nur Leistungen von Dir erwarten, Dich als dienende Magd benutzen wollen, ohne Dir dafür etwas zu bieten. Unter meinem Schutze kannst Du Deiner südlichen Phantasie freien Lauf lassen, selbstständig handeln und vor allen Dingen bei der neuen Theilung der Welt, wovon Du, wie es scheint, durch Bismarck ausgeschlossen werden solltest, nach Herzenslust zngreifen. In der That! Bei der Zusammenkunft in Skierniewice war von Italien auch nicht mit einem Sterbenswörtchen die Rede; die Annäherung der Bismarck'schen Politik an Frankreich, wird Italien ganz besonders unangenehm berührt haben; zu Thaten hat es sich ja auch schon aufgerafft, es sendet Schiffe und Truppen nach dem Rothen Meer. Wir haben nichts dagegen cinzuwenden denn Italien hatte ja schon vor uns in Afrika politisch festen Fuß gefaßt, und was die Schwenkung auf Englands Seite betrifft, so wünschen wir, daß ihm dessen Freundschaft gut bekommen möge, wir rathen ihm aber, das Beispiel des Herkules zu befolgen, der den Pfad der Prüfungen und der Tugend betrat. (Nachrichten aus Rom stellen als Zweck der italienischen Expedition nach dem Rothen Meer die Züchtigung der Mörder der italienischen Forschungsreisenden unter Bianchi hin.) Der Sultan hat für die Hinterbliebenen der bei dem großen Erdbeben in Spanien Verunglückten 500 Pfund (9250 M.) gespendet. Nach einer Korrespondenz aus Madrid, 6. Januar im Pariser „Temps" schätzt man die materiellen Verluste in Folge des Erdbe bens auf 30 Millionen Pesetas (24 Mill. Mark) ohne das Vieh. An Getreide sind 66,000 Hektoliter zu Grunde gegangen. Ganze Flecken sind vollständig zerstört. In Alhama sind von t757 Häusern 1462 ganz zerstört, nur 147 können noch bewohnbar gemacht werden; 318 Personen, darunter 118 Kinder, sind todt, 284 verwundet, davon 67 schwer. In Albunuelas, Arenas del Rey, Dorkal und Santa Cruz sind zusammen 2500 Häuser zerstört, 700 Personen todt und 500 ver wundet. Der Transport der Verwundeten ist ungemein schwierig, da die Straßen bodenlos sind und Kälte eingetreten ist. An 40 Orten der Provinz Granada haben die Häuser gelitten, und viele Personen sind verletzt worden; Todte hat es hier nur wenig gegeben, dagegen ist viel Vieh umgekommen, im Schätzungswerthe von 4 Millionen. Die Provinz Malaga hat weniger gelitten als Granada; hauptsächlich berührt wurde die Gegend zwischen der Küste und dem Gebirge. Man zählt in der ganzen Provinz 100 Todte und 300 Verwundete. Be trächtlicher sind die Verluste an Gebäulichkeiten. Am 5. Januar wurde in Malaga wieder eine Erschütterung verspürt, begleitet von unterir dischem Getöse. Das Meer war so stürmisch, daß mehrere Schiffe strandete». In Andalusien dauern die Erschütterungen fort, doch ver ursachen sie nur materielle Verluste, da die Bevölkerung meist noch im Freien sich befindet. Vaterländisches. — Eine neue amtliche Veröffentlichung der obersten Kirchenbehörde Sachsens, den Spiritismus betreffend, bestätigt, daß im Laufe des letzten Jahres aus den bisher am meisten betroffenen Ephorien des Erzgebirges ein siegreiches Bekämpfen der Bewegung durch die Be mühungen der Geistlichen zu verzeichnen gewesen sei, daß aber trotzdem die von Seiten des Spiritismus drohende Gefahr für weitere Kreise der evangelischen Landeskirche in Sachsen noch immer nicht unterschätzt werden dürfe. Es werde vielmehr dieser Erscheinung fortgesetzt die höchste Beachtung seitens der Geistlichen und Kirchenvorstände zu schenken sein, und überall solle ihrem Treiben, als einer der Kirche feindseligen