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an den Heizungsfond Ausdruck zu geben, so würde das beabsichtigte Werk bald reälisirt werden können. In anderen Städten finden sich auch wohlhabende Leute bereit, von ihrem Wohlstände dem kirchlichen Gemeinwesen einmal ein Geldopfer zu dringen; möchten sie auch in unsrer Stadt Nachahmer finden! — Im Interesse der hiesigen Arbeitgeber glauben wir nochmals darauf Hinweisen zu müssen, daß von ihnen alle der allgemeinen Ge meindekrankenversicherung beizutreten habenden Personen spätestens am dritten Tage nach Beginn der Beschäftigung bei dem Herrn Stadtkämmerer Harder im Kämmereigebäude an- und spätestens am dritten Tage nach Beendigung des Ärbeitsverhältnisses wieder abzu melden sind. Zuwiderhandlungen sind nach H 81 des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1883 mit Geldstrafe bis zu 20 Mark zu belegen, auch können bei gewährten Unterstützungen Ersatzleistungen eintreten. — Am Mittwoch Abend gegen halb 9 Uhr entstand in hiesiger Stadt Feuerlärm; es sollte in der Stockfabrik des Herrn G. Fischer brennen. Ehe jedoch die in Masse zur Hülfeleistung herbeiströmende Menschenmenge sowie die freiw. Feuerwehr am Brandplatze ankam, war der ganz unbedeutende Brand bereits gelöscht. Es war eine kleine im Arbeitsgebäude auf einem Ofen zum Trocknen befindliche Partie Stöcke in Brand gerathen. — Domprediger Franz in Meißen hielt am 25. d. M. seine Abschiedspredigt. Seit nahezu 50 Jahren weilt derselbe in Meißen und über 40 Jahre sind ihm in seiner Stellung als Domprediger verflossen. Außer seiner Stellung als Domprediger unterhielt Franz lange Jahre aus eigenen Mitteln ein Progymnasium, das im engen Anschluß an die Fürstenschule organisirt war, an welches Mancher noch in Dankbarkeit zurückdenken wird, der hier seine Vorbereitung erhielt. Als später (1875) eine städtische Realschule mit Progymna sium gegründet wurde, trat der Domprediger als erster Oberlehrer der neugegründeten Anstalt in städtische Dienste, in welcher Stellung er bis 1883 verblieb. — Dem Vernehmen nach soll der Kaiser die Todesurtheile gegen die im Leipziger Anarchistenprozeß verurtheilten Reinsdorfs und Genossen bereits bestätigt haben. — Der Jahresbericht des Landes-Obstbauvereins für das Königreich Sachsen auf das Jahr 1884 bezeichnet dieses Jahr als ein ungünstiges Obstjahr; nur in den höheren Gebirgslagen sei die Kern obsternte eine bessere gewesen, weil dort die Baumblüthe erst nach jener kalten Frühjahrsperiode eingetreteu sei, welche die Blüthe im Niederlande zerstörte. Der Bedarf an Obst mußte deshalb aus anderen Gegenden bezogen werden. So hat beispielsweise die Obst- verwerthungsfabrik der Gärtnerlehranstalt zu Rötha ihren Bedarf zum Mosten in mehreren Wagenladungen vom Rhein her kommen lassen, wobei sich der Centner einschließlich Fracht auf 5 Mark stellte. Die Kirschenerte war eine Mittelernte, die Pflaumenernte nur thcilweise gut, im Allgemeinen unter Mittel. Die Anzahl der Bezirks-Obstbau- Vereine ist auf 30 stehen geblieben, die Anzahl der korporativen Mit glieder der letzteren Vereine ist ebenfalls gleich, nämlich 105, geblieben, nahezu gleich auch die Anzahl der persönlichen Mitglieder, welche am Jahresschluß 2666 betrug. — Gin Fleischermeister in Callnberg kam kürzlich Abends, an die Füße frierend, nach Hause. Ohne Weiteres begab er sich zu Bett und, wie fast allseitig Gebrauch ist, fand er in seinem Bett eine mit heißem Wasser gefüllte kupferne Wärmflasche vor. Nichts konnte ihm willkommener sein, als dieser Wärmapparat, und zögerte er natürlich nicht, von ihm Gebrauch zu machen. Allein dies sollte leider für den Mann recht verhängnißvoll werden. Er ward nicht gewahr, daß er einen seiner Füße etwas verbrannte, und da nicht sofort entsprechende Behandlung angewendet wurde, trat Brand an der wunden Stelle auf, dem sich später selbst Blutvergiftung anschloß. Gar bald sah man sich ärztlicherseits genöthigt, den Fuß zu amputiren, und wenige Tage später gab der Bedauernswertste seinen Geist auf. — Am Sonntag Vormittag ist in dem zum Kgl. Steinkohlen- Werk Zaukeroda gehörigen Albertschachte der Häuer Patzig aus Nieder hermsdorf durch ein Plötzlich hereinbrechendes Stück Dachkohle ge- tödtet worden. ) — Kürzlich brachen auf der Pleiße in Crimmitzschau 7 Kna ben, welche sich auf dem Eise umyertummelten, ein. Dieselben konn ten dem nassen Elemente, wenn auch zum Theil nur mit Mühe, sämmtlich wieder entzogen werden. — In Lengenfeld i. V. wurde der Jnspectov deS dortigen unteren Bahnhofes wegen eines bei der Kassen-Revision vorgefundenen Defizits von ca. 700 Mark zur Haft gebracht. — Die Zahl Derjenigen, welche die Feuerbestattung der Bei setzung in die Erde vorziehen, wird, namentlich auch in Deutschland, von Jahr zu Jahr größer. Im abgelausenen Jahre 1884 ist der Leichenverbrennungsapparat zu Gotha, ein Siemens'scher Gasregene rativofen, 69 Mal benutzt worden. Es wurden 32 Personen weib lichen und 37 männlichen Geschlechts ihrem ausdrücklich ausgesprochenen Wunsche gemäß nach ihrem Hinscheiden durch Feuer bestattet. Seit Fertigstellung des Verbrennungsofens in Gotha, die 1879 geschah, sind nun überhaupt 215 Feuerbestattungen erfolgt. Große Bemüh ungen für anderweite Errichtung von Verbrennungsöfen werden inner halb Deutschlands, namentlich in Berlin, Hamburg und Dresden be merkbar. Berlin dürfte gegenwärtig der Sitz der gesammten Beweg ung für die so sehr alte und doch auch wieder neue Bestattungsform der menschlichen Leichname sein. Die Grafen von Dürrenstein. Original-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Der alte Dürrenstein tritt nun zu dem Kind," fuhr der Baron weiter erzählend fort, „fragt nach seinem Namen und meint, daß sein Neffe diese Kleine einst heirathen solle, worüber jener aus's Neue in Helles Lachen ausbricht, während mein verhöhntes Kind sich weinend in tödtlicher Angst aufrafft, um den beiden schrecklichen Männern zu entfliehen. — Nun geschieht das Unglaubliche, der junge Graf will seine zukünftige Braut umarmen, worüber der Alte in solche Wuth geräth, daß er seinen Hirschfänger zieht, und den übermüthigen Neffen mit der flachen Klinge schlägt. Ich habe diese Geschichte erst vor zwei Jahren ausführlich erfahren, da Regina nach ihrer Heimkehr auf meh rere Wochen schwer erkrankte, und überhaupt noch zu jung war, um den vollen Ernst der Situation begreifen zu können. Sie dürfen da bei kemen Augenblick den wilden, unbändigen Charakter der beiden Menschen außer Acht lassen, lieber Pfarrer! Einen Moment stand der junge Graf wie erstarrt nach dieser Beschimpfung, jeder Bluts tropfen war aus seinem Gesicht entwichen und wild das Kind bei Seite schleudernd, daß es betäubt niederstürzte, raffte er die Flinte, welche ihm entfallen, auf und richtete den Lauf auf die Brust des Onkels. ,Blut für diesen Schimpf!' knirschte der wilde Jüngling — und bevor der alle Graf sich recht besinnen konnte, donnerte der zweite Schuß durch den stillen Wald. Mit einem Angstschrei stürzte der Majoratsherr nieder, während der Mörder, noch einen wilden Blick auf ihn werfend, wie Kain davonstürzte. Dies Alles war das Werk weniger Minuten gewesen. Tie beiden Grafen, Gäste des Grafen Stromberg, waren zusammen in den Forst gegangen, um ein Wild zu erlegen und Leonies Kind mußte ihren Weg kreuzen, um die un schuldige Ursache einer so fürchterlichen Katastrophe zu werden." Der Baron hielt erschöpft inne vnd senkte den Kopf, wie gebeugt unter dem Gewicht einer solchen Erinnerung. Auch der Pfarrer athmete schwer und schien tief erregt zu sein von dem grauenvollen Hintergrund dieser Erzählung. Endlich hob der Baron das Haupt und sprach mit gedämpfter Stimme weiter: „Das lange Ausbleiben meiner Regina beunruhigte mich, zumal mir daran gelegen war, die letzten Stunden ihres Anblicks mich noch zu erfreuen. Man sagte mir, daß sie wie gewöhnlich in den Park und von da wahrscheinlich in den Wald gegangen sei. Hier fand ich sie endlich, besinnungslos am Boden liegend, sie und meinen Todfeind. Als ich mein Entsetzen überwunden, untersuchte ich den Grafen, der regungslos auf dem Gesicht lag und sah auch schon im nächsten Augen blick einige Leute, unter ihnen den Grafen Stromberg, welche von dem Hund des Erschossenen herbeigeholt worden waren. Es war für mich keine angenehme Situaiion, da meine Feindschaft mit dem Ma- joratsherrn von Dürrenstein in den betreffenden Kreisen hinlänglich bekannt war, man somit an ein Zusammentreffen mit ihm und an eine Gewaltthat von meiner Seite zweifellos glauben mußte. Ich theilte dem Grasen in wenigen Worten meine soeben erst erfolgte An kunft mit und während ich mich mit meinem bewußtlosen Kinde be schäftigte, ordnete jener die Ueberführung des Verwundeten nach seinem Schloß an. Ich brachte Regina, welche endlich die Augen aufschlug, rasch heim und ließ mir dann die mysteriöse Geschichte von ihr be richten. Sie war mit zehn Jahren sehr klug und verständig, faßte rasch und scharf auf und wußte mir deshalb die vorhin geschilderte Szene ziemlich genau zu wiederholen. Mein Entschluß war bald ge faßt. Ich ließ anspannen und fuhr zum Grafen Stromberg, um diesem das Nölhige mitzulheilen und die für mich doppelt fatale Situation zu klären. Als ich dort erschien, war bereits ein Arzt geholt worden, welcher eine schwere, doch hoffentlich nicht tödtliche Verwundung kon- statirte." „Ah, Gott sei Dank!" sprach der Pfarrer, als der Baron eine Pause machte, „mir fällt ein Alp von der Brust." „Ja, hochwürdiger Freund!" nickte Baron Einsiedel, „mir erging es damals ebenso. Ich athmete erleichtert auf und bat den Grafen Stromberg um eine Unterredung unter vier Augen. Er hörte erstaunt und erschreckt meine Miltheilung an, fand dieselbe durch des jungen Dürrensteins seltsames Verschwinden auch bestätigt und kam mit mir dahin überein, die schreckliche Geschichte zu verschweigen, um dem Ver wundeten später die volle Freiheit darüber zu bewahren. Derselbe blieb also auf dem Schloß des Freundes und genas langsam unter seiner Pflege, ohne daß es diesem gelungen, eine Erklärung über den räthselhaften Vorfall zu erhalten. Die Angst und Aufregung hatten meine Tochter auf's Krankenlager geworfen; ich wich nicht aus ihrer Nähe trotz der Ungeduld meiner Gemahlin und hatte die Freude und Genugthuung, mein Kind schon nach wenigen Wochen dem Institut wieder übergeben zu können. In dem unstäten Leben, das dieser kurzen Rast nun folgte, blieb ich doch im Briefwechsel mit dem Grafen Strom berg und erfuhr von diesem, daß der Majoratsherr von Dürrenstein vollständig wieder hergestellt sei und hartnäckiges Schweigen über die Ursache seiner Verwundung sowohl als auch über das räthselhafte Verschwinden seines Neffen Albrecht bewahre und im finsteren Menschen haß sich einsam hinter die Mauern seines Schlosses zurückgezogen habe, während die Gräfin, seine Schwägerin, mit dem Grafen Franz, ihrem zweiten Zwillingssohn und muthmaßlichen Majoratsherrn, das alte Stammschloß verlassen und nach einem dem Grafen gehörigen Gutt übergesiedelt sei. Was aus dem verschwundenen Albrecht v. Dürren stein geworden, wußte Stromberg mir nicht zu sagen, und so vergaß ich die tragische Geschichte im Strudel der Welt, dem ich in toller ver blendeter Liebe für meine Frau nun einmal unrettbar verfallen war. Als der Traum zu Ende gegangen, mein Rausch einer unausbleiblich entsetzlichen Ernüchterung gewichen war, sah ich mich am Rande eines Abgrundes, der meine Ehre, mein Vermögen, die Zukunft und das Glück meines Kindes verschlang. Während meine Gemahlin in Paris zurückblieb, eilte ich nach Hause, um aus den Trümmern zu retten, was möglich war. Das Resultat war gleich Null, ich vermochte es nicht einmal, meine Ehre unverletzt dem Zusammenbruch zu entreißen, da ich Unseliger das Ver mögen meines einzigen Kindes, welches die todte Mutter hinterlassen, bis auf einen geringen Bruchtheil für eine Fremde vergeudet hatte. O, hochwürdiger Herr, könnte ich jene Zeit aus meinem Lebensbuch tilgen! Da stand ich zum letztenmal in dem Schloß meiner Väter, das nun in fremde Hände übergehen, vielleicht zu einer Fabrik umge wandelt, dem Gründerschwindel dienen sollte. Scheu durchwanderte ich die Ahnen-Galerie, und mir war's, als ob die lange Reihe meiner Vorfahren zürnend ihre Augen abwandten von dem unwürdigen Enkel, dem letzten ihres an Ruhm und an Ehren so reichen Stamme-, Wie ein Geächteter entfloh ich diesen Räumen und eilte hin zu der stillen Klause, wo die Mutter meines Kindes schlummerte. Als ich die Stufen zu der Gruft zögernd betreten wollte, bebte ich wie ein Verbrecher zurück. Durfte ich es wagen, dieser heiligen Stätte mich zu nahen? Müßte der Schatten der Dahingeschiedenen den unwürdigen Vater nicht von dieser Schwelle des Friedens hinwegscheuchen? Sollte ich den zürnenden Geist der Mutter beschwören, deren Kind ich arm und hei- mathslos gemacht? — So entfloh ich auch hier wie ein Verbrecher und eilte hinaus, als ob das Gericht mir auf den Fersen säße. Ich mußte fort, fort um jeden Preis, ohne Rückblick, ohne Wiederkehr! Als ich durch die Halle dem Ausgang zuschritt, trat ein Mann aus einer Nische mir entgegen, bei bestem Anblick ich wie vom Blitz getroffen stehen blieb. — Es war der Majoratsherr von Dürrenstein! Er schritt auf mich zu und blieb dicht vor mir stehen, um mich mit kaltem Blick zu fragen, ob er mich auf einige Minuten unter vier Augen sprechen könne. Ich verbeugte mich und schritt voran nach meinem Zimmer. ,Jch komme' so begann er in einem kalten, geschäfts mäßigen Tone, ,um dieses Schloß zu kaufen; da ich nicht will, daß auf Leonies Tochter ein Schatten von Unehre haftet, so will ich den höchsten Preis zahlen. Ihre Gläubiger sollen befriedigt, Ihnen dadurch die bescheidenen Mittel geboten werden, mit Ihrer Familie anderswo, einfach aber sorgenfrei leben zu können.' O, mein Freund!" fuhr der Baron nach einer kleinen Pause mit gepreßter Stimme fort; „mein selbstverschuldetes Geschick hatte mich