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»MMsM TtMiA, Rolsci!, §ithtil!t!in und die llmurutiidkn. El mksh ! att für die König!. Mus!)EUmrii!MM zu V'eißrn, das König!. Amtsgericht and den MldlrM ^ii Wüsdrvf. 45. ^»scheint wöchentlich zweimal, Dienötags und Freitags — Abonnementpreis vierteljährlich I Mark. Einzelne Nummern 10 Pjg. — Inserate werden Montag« und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 9. Freitag, den 30. Januar 1885, DageSgeschichtr. Se. Majestät der Kaiser hat aus seiner Privatschatulle den Be- trag von 20,000 Francs für die Opfer der Erdbeben in Spanien gespendet. Was das Befinden des Kaisers anbetrifft, so geht es Sr. Majestät bis auf geringe, von dem letzten Unwohlsein zurückgebliebene Schwäche ganz wohl. Allerdings muß sich der Monarch noch große Schonung auferlegen und sich bei seiner Arbeit, von der er alle schleu nigen Sachen sofort erledigt, ab und zu einige Ruhe gönnen. So wird auch alles vermieden, was den hohen Herrn irgendwie aufregen oder anstrengen könnte. Immer und immer wieder steigt das Projekt der Einführung des Tabaksmonopols drohend auf, und neulich hat bekanntlich der Statthalter von Elsaß-Lothringen demselben das Wort geredet. Ist auch keine Aussicht vorhanden, daß der jetzige Reichstag anderer Meinung als frühere sein und einem daraus bezüglichen Regierungs vorschlage beistimmen würde, so wurde am Sonnabend im Reichstage wieder der Versuch gemacht, Gewisses über den Standpunkt der Re gierung zu erfahren. Allein auch diesmal, wie schon vor Kurzem ein Mal, erfolgte von der Regierungsbank nur eine ausweichende Ant wort. Die weitverbreiteten Befürchtungen werden hierdurch nur neue Nahrung erhalten. In Parlamentskreisen gilt die Postsparkassenvorlage für definitiv abgelehnt. Der von dem Abgeordneten Ackermann im Reichstage eingebrachte und von einem Theile des Centrums unterstützte Antrag zur Gewerbe ordnung, welcher einen Befähigungsnachweis eingeführt und die Jn- nungsvorrechte erweitert wissen will, dürste schwerlich eine Majorität finden, da ihn auch die Freikonservativen zurückweisen. Wenigstens kann man dies aus einem Artikel der freikonservativen „Post" ent nehmen, der sich gegen den Antrag wendet und hierbei zugleich aus- sührt, daß auf dem Gebiete des Gewerbewesens endlich einmal Ruhe nothlhue. Man will wissen, daß der Artikel zugleich die Anschauun gen der Regierung in dieser Frage theilt. Zwischen Preußen und Rußland ist eine Ucbereinkunft abge schlossen worden, in welcher sich beide Staaten zur gegenseitigen Aus« lieserung ihrer Unterthanen verpflichten, welche sich 1., Verbrechen und Vergehen oder Vorbereitungen dazu gegen den deutschen (russischen) Kaiser, resp. deren Familienmitglieder, 2., vorbedachten Mordes oder Versuches eines solchen und 3., der ungesetzlichen Anfertigung oder Aufbewahrung von Sprengstoffen schuldig gemacht haben. Die Kon vention besagt ferner, daß die Auslieferung unter Umständen auch von solchen Personen erfolgen kann, die sich anderer Verbrechen, als der oben angeführten, schuldig gemacht haben und hebt bei dieser Gelegen heit die zwischen beiden Staaten bestehenden freundschaftlichen und gut nachbarlichen Beziehungen hervor. Man hat es hier mit dem ersten Versuche zu thun, auf dem Wege internationaler Ucbereinkunft den von den Anarchisten und der ihnen verwandten Elemente drohenden Gefahren entgegenzutreten nnd in Hinsicht auf die Wichtigkeit dieses Unternehmens kann man nur mit dem „Journal de St. Petersbourg" übereinstimmen, welches die Hoffnung ausspricht, die deutsch-russische Uebereinkunft werde nicht vereinzelt bleiben, sondern im Interesse der Solidarität aller Monarchien wie der gejammten Gesellschaft weiter befolgt werden, um sich gegen die Unternehmungen einer Verbrecher gruppe zu schützen, die maßlos in der Befriedigung ihrer furchtbaren Leidenschaften sei. Die „Kölnische Zeitung", welche sich von dem Abgeordneten Eugen Richter schon manche Beschimpfung hat gefallen lassen müssen, schreibt Folgendes üderden Parlamentarier: Wir sind gegenüber Herrn Richter durch kein Gesetz geschützt und haben ihn doch schon vor Jahren unter umständlichster Begründung einen Verleumder genannt. Auch heute können wir mehr nicht thun, so sehr wir auch wissen, daß ihm das nicht genügt. Uns geht Herr Richter nur etwas an, weil er leider noch immer eine wichtige Rolle in unserem öffentlichen Leben spielt Nnd seinen Einfluß zum Unheil des Vaterlandes einzusetzen nicht er müdet. Diese Rolle wird er neben den erhabenen Männern unserer großen Zeit in der Geschichte spielen — selbst Herr Bamberger, der lediglich zum Lakaien des Herrn Richter geworden ist, wird neben >hm verschwinden — und somit unsterblich sein, wie Thersites unsterb« stch geworden ist neben Agamemnon, Odysseus und Achill. Und so >st s mit Herrn Eugen Richter: auch er wird unsterblich, denn neben den größten Männern einer großen Zeit durfte er stehen und fortge setzt ungestraft Personen schmähen, ihre Absichten hemmen, ihre Thaten bwern und verlästern, selber zu allem Thun unfähig und doch UH jur einen großen Mann haltend. „ Darmstadt, 22. Jannar. Wegen Soldatenmißhandlung wurde gestern ein Unteroffizier der Offenbacher Garnison hier vom Militär« abgeurtheilt. Wie der „T. A." vernimmt, soll derselbe zu Zuchthaus und Ausstoßung aus dem Militärverbande ver- urthnlt worden sein. rull^ Spicher von Danzig und Stettin sind bereits überfüllt von Besliv Getreide und fortwährend werden aus Südrußland, land » , Polen neue ungeheuere Massen Getreide nach Deutsch- "tgeführt und infolge Voraussicht der Erhöhung der Getreide zölle für die nächste Zeit angesagt. Und dabei herrscht in Nordruß land Hungersnoth: Deutschland, welches ohne russisches Getreide fertig werden kann, wird mit demselben überschwemmt — in den verkehrs armen Gegenden des Zarenreiches sterben die Leute Hungers, ein tief- trauriges Bild! Noch weiß Niemand, ob der in Hockenheim verhaftete Handwerks bursche der Mörder Rumpffs ist — und schon kommt die Kunde von einem zweiten verhafteten Handwerksburschen daselbst. Dieser warf in das Polizeilokal in Mannheim Abends zwei Steine, riß aus, wurde eingeholt und verhaftet. Er nannte sich Busch, antwortete auf die Frage, warum er den Stein geworfen: „aus Politik". Man fand bei ihm das wohlgetroffeue Bild Rumpffs mit der Unterschrift: „Frei heit oder Tod!" Gehört er zur Mörderbande? Hat er sich etwa freiwillig fangen lassen? — Weiter erfährt man: Am Abend, als Rumpff ermordet wurde, saßen in dem „Wiener Cafo" in der Kaiser straße drei Männer und unterhielten sich leis. Nach 7 Uhr ließ sich einer von ihnen nach dem Grüneburgweg fahren, stieg an der Ecke, 5 Minuten von der Wohnung Rumpffs, aus, kam nach einer Stunde zurück, weckte den eingeschlafenen Kutscher und fuhr nach dem Cafs zurück. Der Kutscher hat diesen Mann der Polizei genau beschrieben und diese Beschreibung paßt genau auf den in Hockenheim verhafteten angeblichen Handwerksburschen. — Aus Frankfurt a. M. wird dem „B. T." telegraphisch gemeldet: „Der Bruder des in Hockenheim Verhafteten hat bekannt, daß dieser der Mörder des Polizeiraths Rumpff sei. Der Verhaftete heißt Julius Lieske und stammt aus Zossen in der Mark Brandenburg. Er ist seines Zeichens Schuh macher und war schon seit drei Jahren von der Heimath fern. Er kam von der Schweiz, wohin er auch jetzt zu Fuß wieder zurückwollte. Die That geschah im anarchistischen Auftrag. Der Mörder ist ein mittelgroßer, bartloser Mann von siebenundzwanzig Jahren. Der jetzt in Berlin tagende deutsche Handelstag hat folgende Resolution einstimmig angenommen: „Der deutsche Handelstag begrüßt freudig, daß die Reichsregierung einen Anfang mit einer praktischen Kolonialpolitik gemacht hat, da durch dieselbe der deutschen Industrie neue Absatzgebiete erschlossen, dem deutschen Handel kräftiger Schutz und Förderung gewährt und für die Schifffahrt vermehrter Verkehr geschaffen wird." Vorsitzender Geh. Komm. Rath Dellbrück konstatirte, es sei sehr erfreulich, daß auch diejenigen Mitglieder des Handelstages, welche der Schutzzollpolitik des Kanzlers nicht zustimmen, in dieser Frage ihr Einverständniß kund gegeben hätten. An jedem Sonnabend ist der Besuch des Parlamentshauses und der alten Festung und zugleich des Staatsgefängnisses Tower in London unentgeltlich, daher sehr stark. So auch am 24. Januar. Man kann sich daher den Schrecken denken, als Nachmittags 2 Uhr eine gewaltige Explosion in der unterirdischen Kapelle des Parlaments- Hauses unmittelbar unter dem Treppenaufgange zum Unterhause er folgte, mehrere Polizisten und Besucher schwer verwundete, Fenster und Tbüren und viele Bänke im Unterhause zertrümmerte. Feuer garben und Staubwolken flogen auf und die Besucher flüchteten nach dem Ausgang. Da erfolgte ganz in der Nähe eine zweite Explosion, welche wiederum Verheerungen anrichtete, zum Glück nicht unter den Fliehenden. In derselben Stunde erfolgte auch im Tower und zwar in dem Waffensaale eine Dynamit-Explosion, 27 Personen wurden verwundet, das Dach des „Weißen Dowers" des ältesten Theiles des Gebäudes, dessen Mauern 3—4 Meter stark sind, flog in die Luft, die Mauern erhielten große Risse, Tausende von Gewehren und Rüstungen wurden zerstört. Das ausbrechende Feuer wurde bald ge löscht. Die einzelnen Verwüstungen scheinen noch nicht festgestellt zu sein. Aufregung und Schrecken geht durch ganz London. Einstimmig werden die Fenier, wie man dort die Anarchisten nennt, als Urheber bezeichnet. Der Anarchist Reinsdorfs drohte höhnisch den Richtern und Zuhörern im Reichsgerichr in Leipzig: „Ihr werdet Euers Lebens nickt mehr sicher sein, weder auf der Straße, noch in Euren Casino's, noch in den Parlamenten!" In England ist der Anfang schon ge macht. Vaterländisches. Wilsdruff. Bei der eisigen Winterkälte der letzten Wintertage, die sich auch in unsrer Kirche für die Kirchenbesucher sehr belästigend geltend macht, muß es unsrer Gemeinde ein willkommener Gedanke und Plan sein, baldmöglichst Heizung unsres Gotteshauses zu be schaffen. Viele lassen sich in Rücksicht vuf ihre Gesundheit an solch' kalten Sonntagen vom Besuche des Gottesdienstes abhalten, den Alten und Schwachen wird er oft geradezu anmöglich! Es ist nun, wie bekannt, bereits ein kleiner Heizungsfond im Betrag von 150 Mark gesammelt worden; doch wenn zu demselben die Beiträge nicht reich licher fließen, als bisher, dürfte die Aussicht auf Heizung unsrer Kirche noch in weite Ferne gerückt sein. So Mancher giebt für nutz losere Dinge ohne Bedenken sein Geld aus, an unsern Kirchenheizungs fond denkt er nicht! Wenn nur ein Jeder sichs im Jahre zur Pflicht machte einen bestimmten Beitrag, sei er groß oder klein, demselben regelmäßig zuzuführen, oder bei jedem freudigen Familienereigniß oder sonstigen Glücksfaü seines Lebens seiner Freude durch einen Beitrag