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haben am 20., 21. und 22. Dezember aufrührerische Negerparteien in Kamerun mit Waffengewalt niedergeschlagen. Mehrere Häuptlinge und größere Zahl ihrer Krieger gefallen, vertrieben oder gefangen, Ortschaften vernichtet. Unter schwierigen klimatischen und Terrainver hältnisfen Haltung der Truppen vorzüglich. Diesseitige Verluste: „Olga"-Matrose Bugge todt; 4 schwer, 4 leicht verwundet; unter letz teren Unterlieutenant von Ernsthausen. Autorität der Flagge und Ruhe am Ort wicderhergestellt." Ter Kaiser hat befohlen, daß dem Geschwader feine Anerkennung ausgesprochen werde. Ueber dieselbe Affaire dringt die „Kölnische Zeitung" eine Depesche ihres Korrespon denten Zöller aus Kamerun, datirt St. Vincent, 9. Januar, worin es heißt: „Unsere Kriegsschiffe „Bismarck" und „Olga" langten am 18. Dezember in Kamerun an und landeten am 20. daselbst 330 Mann mit vier Kanonen, weil Hickorytown und Foßtown den König Bell verjagt, die Kaufleute bedroht und Belltown verbrannt hatten. Hickorytown wurde bei geringem Widerstande ohne Verlust genommen. Ein Offizier der „Olga", welcher erfahren hatte, daß die Foßleute Woermanns Agenten Pantanius gefangen genommen hatten, versuchte mit seiner Abtheilung dessen Rettung. Unter heftigem Feuer landete die Abtheilung in Belltown und stürmte einen 100 Fuß hohen Ab- Hang mit Verlust von einem Todlen und mehreren Verwundeten. 60 Mann hielten das Plateau zwei Stunden lang gegen 400 aus Busch werk feuernde Feinde. Als Unterstützung von der Fregatte „Bismarck" anlangte, wurde Foßtown mit Hurrah gestürmt und niedergebrannt. Inzwischen ermordeten die Empörer Pantanius. Am 21. Dezember wurde das verödete Foßtown abermals besetzt; am 22. Dezember bombardirte die Korvette „Olga", den Fluß befahrend, Hickorytown. Die Ordnung ist jetzt völlig hergestellt. Alle gute Dinge sind drei! So hat auch der französische Mi nisterpräsident Ferry gedacht und sich in der Person des Generals Lewa! den dritten Kriegsminister genommen. Und es wurde hohe Zeit, daß der General Campenon seinen Posten niederlegte. Wie sich jetzt herausstellte, weigerte er sich nicht nur, neue Regimenter für Tonkin zu mobilisiren, sondern er drohte auch die ganze auswärtige französi sche Politik zu zerstören. Campenon war ein Deutschfeind ersten Ranges! Unter dem neuen Minister Lewa! sind bereits umfassende Truppensendungen nach Ostasien angeordnet und man hofft nun die Chinesen baldigst zur Ruhe zu bringen. In einem größeren Gefechte sind sie wieder einmal geschlagen. Die Gesammtzahl der bei den Erdbeben in Süd-Spanien Um gekommenen wird auf 2500—3000, der materielle Schaden (ohne Vieh) auf 30 Millionen Lr. geschätzt. 66,000 Hektoliter Getreide wurden vernichtet. Die Lage in den betroffenen Distrikten ist sehr traurig. Es herrscht starke Kälte und alle Wege sind zerstört. In einem Haus zu wohnen wagt Niemand mehr. Der König hat 10,000 Pesetas ge geben, die Königin Isabella 5000. König Alfonso ist in Begleitung des Ministers des Innern am Donnerstag Abend noch Andalusien ab gereist, um die Wirkungen der Erdbeben in Augenschein zu nehmen. WaterländischeS — Die Kaiserliche Postbehörde hat, wie gemeldet wird, die Ein führung einer „Soldaten.Briefmarke" genehmigt. Es wird da durch einem doppelten Uebelstande abgeholfen. Da der nothwendige Vermerk „Soldatenbrief" „Eigene Angelegenheit des Empfängers" ost den größten Theil der Vorderseite des Couverts einnimmt, so kommt es oft vor, daß die Adresfe und namentlich der Bestimmungsort, für welchen zu wenig Platz übrig bleibt, kaum zu lesen sind. Außerdem wird auch noch zuweilen von Seiten der Anverwandten der Franka- turvermerk vergessen, so daß, falls nicht ein gefälliger Postbeamter den Vermerk nachholt, der Soldat Strafporto zu zahlen hat. Es ist deshalb eine Marke eingeführt von der Größe der gewöhnlichen Brief marke, welche den für Soldatenbriefe nöthigen Vermerk enthält. — Leipzig, 8. Januar. Eiu Aufsehen erregendes Ereigniß trug sich gestern Abend in einer Restauration am Bayrischen Bahnhof zu. Ein dort als Gast anwesender Gewerbtreibender zog plötzlich einen geladenen Revolver aus der Tasche und drückte ihn auf sich los. Er erreichte zwar nicht seine Absicht, sich zu tödten, brachte sich aber eine schwere Verletzung in der linken Seite bei, sodaß seine Unterbringung im Krankenhause sich uothwendig machte. Die Ursache zu dieser trau rigen That soll, wie verlautet, Liebesgram gewesen sein. — Lommatzsch. Kürzlich ist der 9 Jahre alte Sohn des Weiß gerbermeisters Saß hier dadurch tödtlich verunglückt, daß er beim Schlittenfahren infolge Umstürzens seines Kinderschlittens mit dem Kopfe auf einen Stein fo stark aufgeschlagen, daß der Tod angenblick- lich eingetreten ist. — In Langwolmsdorf bei Stolpen hatte am Sonnabend ein Knecht des Freigutsbesitzers F. eben eingespannt, als die Pferde durch gingen. Bei dem Bemühen, das Gefährt zum Stehen zu bringen, wurde der Unglückliche von einem Pferde geschlagen und überfahren, so daß er bewußtlos liegen blieb und schon nach 4 Stunden seinen Geist aufgab. Die Pferde wurden in Altstadt, ohne weiteren Schaden angerichtet zu haben, aufgehalten. — Wie schnell sich fröhliche Lust in herben Schmerz verwandeln kann, erfuhr leider am Dienstag Nachmittag die Familie des Bäcker meister Krauße aus Döbeln, welche eine Schlittenpartie nach Gleis berg unternommen hatte. Lustig und Wohlgemuth war K. mit seiner Frau, seiner 63jährigen Schwiegermutter und seinen beiden Kindern, einem Mädchen von 6 und einem Knaben von 4 Jahren, nach Gleis berg gefahren und halten sie einige frohe Stunden bei den dortigen Verwandten verweilt. Als aber Nachmittags die Familie in dem Schlitten zur Abfahrt Platz genommen hatte, wurden plötzlich die Pferde fcheu, gingen durch und haben durch Umwerfen des Schlittens die Insassen an eine Gartenmauer heftig geschleudert, sodaß das kleine Mädchen, ein bildschönes Kind durch eine Gehirnerschütterung nach wenigen Minuten eine Leiche war. Die verehel. Krauße und die Frau Juliane Wahle haben bedeutende Kopfwunden erhalten und befinden sich in ärztlicher Behandlung. Der kleine Knabe ist zwar nicht ver letzt worden, aber bedenklich erkrankt. An der Unglücksstätte war eine breite Blutlache zu sehen. — Beim Eisholen verunglückte ein Arbeiter auf dem Schloßteich in Chemnitz dadurch, daß die Scholle, auf der er stand, beim Heben der Säge abbrach, wobei er ins Wasser stürzte. Der Verunglückte wurde als Leiche an's Ufer gebracht. — Am Abend des 5. d. M. ließ sich auf Bahnhof Schönberg eiu junges 18 Jahre altes Mädchen durch eine von Reuth kommende Maschine in selbstmörderischer Absicht überfahren. Die Bedauerns- werthe war sofort todt, da der Ober- und Unterkörper fast vollständig von einander getrennt und gräßlich verstümmelt wurden. Das Mäd chen befand sich in schwangerem Zustande, was wohl auch das Motiv zu der schrecklichen That gewesen sein dürfte. Die Grafen von Dürrenstein. Original-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) Erstes Kapitel. Im Sturm. Mit Blitzesschnelle brauste der Kourierzug durch die anbrechende Dunkelheit. Regen und Hagel prasselten mit furchtbarer Gewalt gegen die Koupee-Fenster. Es war ein grausiger Aufruhr in der ganzen Natur. Aengstlich drängten die Passagiere sich dichter aneinander, als könnten sie gegenseitig sich schützen vor dem entfesselten Element; denn immer wütheuder tobte und heulte der Sturm, bis er zum Orkan sich steigerte und der Zug dicht vor einem Gebirgsstädtchen Halt machen mußte, da der Führer sich außer Stande erklärte, mit der Maschine weiter zu kommen. Die Angst der Passagiere hatte durch dieses Vorkommniß den höchsten Grad erreicht; doch wurden sie durch die tröstende Erklärung des Schaffners, daß von der nahen Station eine zweite Lokomotive requirirt werde, insoweit beruhigt, um wenigstens ihre Lage durch Aussteigen und unnütze Klagen nicht noch mehr zu verschlimmern. Man sah die Lichter der kleinen Stadt, welche in einem anmu tigen Thalgrunde sich lang gedehnt dahinstreckt, ganz deutlich hervor- blitzen in der anbrechendcn Dunkelheit. — Ringsum starren düstere Bergriesen auf die Noth der Menschenkinder herab und schauerlich heulte der Orkan um die Felsenhäupter, welche in majestätischer Ruhe seiner Wuth spotteten. Das Fenster eines Koupees erster Klasse wurde trotz des Sturmes geöffnet, und im selben Augenblick eilte auch schon der Schaffner her bei, um dem einzigen Insassen dieses KouPeeS die nöthige Mittheilung zu machen. „Wird der Aufenthalt lange währen?" fragte der Passagier, ein junger, ernst blickender und sehr vornehm aussehender Herr, kürz, aber freundlich. „Hoffentlich nicht, Ew. Gnaden!" versetzte der Schaffner unterwürfig. „Oeffnen Sie die Thür!" befahl der Herr im selben Tone. Der Schaffner gehorchte und verneigte sich tief, als der Passagier ausstieg, ihm ein Geldstück in die Hand drückte, seinen Regenmantel fest nm sich zog, die Reiscmütze in die Stirn schob und sich dann mit festen Schritten entfernte. Von der zweiten Klasse her näherte sich eilig ein ebenfalls junger, sehr anständig gekleideter Mann, welcher, einen forschenden Blick in das geöffnete Koupee werfend, den Schaffner hastig fragte, wohin sich der vornehme Passagier begebe. Jener schloß das Koupee und musterte den jungen Mann. „Wer hat Ihnen erlaubt, das Freie zu suchen?" fragte er barsch. „Die Sorge um meinen Gebieter," versetzte jener ungeduldig; „ich bin der Kammerdiener des Herrn Grafen und für feine Sicher heit verantwortlich. Mein Herr ist leidend, um Gottes willen, sagen Sie mir rasch, welchen Weg er genommen hat." Der Schaffner deutete ihm ganz bestürzt die ungefähre Richtung an, welche der Herr Gras eingeschlagen, worauf sich der besorgte Kammerdiener eiligen Schrittes entfernte. „Schöne Geschichte, einen muthmaßlichen Geisteskranken so ganz allein zu lassen," brummte der Schaffner, langsam den Zug entlang schreitend. „Via, mich kann keine Schuld treffen, wenn etwa ein Un glück passiren sollte." Vom wilden Sturm unwiderstehlich vorwärts getrieben, eilte der Graf dem nahen Gebirge zu. Er schien mir der Gegend sehr vertraut zu sein, denn trotz der zunehmenden Dunkelheit fand er mit Sicherheit den ziemlich breiten Gebirgspfad, welcher im Zick-Zack zur Höhe hin aufführte. Hier, zwischen schützenden Felswänden, mußte er stehen bleiben, um Athem zu schöpfen. Stockfinstere Nacht umgab ihn, der Regen prasselte auf ihn herab, und der heulende Orkan knickte die Stämme dr schlanken Fichten und Tannen wie dünnes Rohr, daß der furcht lose Wanderer all augenblicklich in Gefahr gerieth, von den umherge schleuderten Aesten erschlagen zu werden. „Das rechte Wetter sür die Heimkehr des Büßers!" lächelte er wehmüthig. „Ob er erwartet wird? O, wie der Sturm so köstliche Melodien mir zulrägt, wie die Windsbraut die Stimme des Ewigen hinausträgt in die bedrohte Schöpfung, um ihr zuzurufen, wie sie ein Atom nur fei in ner Hand der zürnenden Allmacht! Für mich ruht Balsam in dieser Donnerstimme, da sie ein Pfand mir fein soll der Erlösung und der Reinigung von dem wilden Sturm des zügel losen Zähzorns." Nur mühsam arbeitete er sich jetzt weiter durch den tobenden Orkan, welcher zwischen den hohen Felswänden noch grausenvoller durch die Finsterniß wurde. Der einsame Wanderer schien endlich die Unmöglichkeit, ohne einen leitenden Lichtstrahl weiterzukommen, einzusehen; rasch entschlossen drückte er sich fest gegen eine Felswand, zog eine kleine Blendlaterne nebst Feuerzeug hervor und versuchte es beharrlich, ein Licht zu entzünden, was der Sturm regelmäßig aus löschte. Doch hatte er bei diesen Versuchen einen Felsspalt entdeckt, wo ihm endlich das Kunststück gelang und das sorgfältig von der Blende geschützte Licht seinen leitenden Strahl auf den einsamen Berg pfad warf. „Gelobt fei Gott!" sprach der Graf, „jetzt werde ich leicht die Höhe erreichen." Er schritt, mit dem Sturme kämpfend, ruhig weiter. Gespensterhaft flackerte der Lichtschein an dem Felsgestein hinauf; doch vom jähen Entsetzen gepackt, sah der Wanderer urplötzlich, wie dem Abgrund entstiegen, einen zweiten menschlichen Schatten, der sich riesenhaft dehnte, und ihn mit langen Geisterarmen zu umfangen drohte. „Spukgebild!" rief er, sich bekreuzigend, und im nächsten Augen blick hatte seine Hand einen Revolver hervorgezogen. Donnernd dröhnte ein Schuß durch den heulenden Sturm, so daß derselbe einen Moment entsetzt zu verstummen schien, um dann mit verdoppelter Hef tigkeit wieder loszurasen. Was war geschehen? — Ein Mord? — Eine blutige Gestalt lag regungslos am Boden, während sich nach einer Weile das Licht in rasender Eile abwärts bewegte. Drüben auf dem Bahndamm brauste die zweite Lokomotive heran, welche von den Passagieren, die voll Angst und Grausen eine kleine Ewigkeit darauf gehofft und geharrt hatten, mit einem lauten Hurrah begrüßt wurde. Im letzten Augenblick erschien athemlos der vornehme Passagier, nm sein Koupee erster Klasse wieder allein zu besteigen. Er sah fürch terlich zerzaust und erschöpft aus, hatte jedoch nichts von seiner stol-