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I WÄsLrEer Tasevlatt I u 2. Blatt Nr. 256 — Freitag, den 2. November 1934 Wir Volk. Volk, vom gebundenen Raum Sind deine Werke umgrenzt, Volk du, von Taten und Traum Ist deine Seele bekränzt. Sieh, durch dein blühendes Land Rattert der dampfende Zug, Und deine schwielige Hand Führt durch die Erde den Pflug. In deiner Wälder Dom Läutet der einsame Wind. Auf deiner Väter Strom Fährt schon dein jauchzendes Kind. Auf deiner Felsen Grat Horstet der stolze Aar. Durch deiner Felder Pfad Geht deiner Herden Schar. In deinem gastlichen Heim Knistert das Feuer im Herd. Neben dem Sang und dem Reim Ruht noch zum Schutze das Schwert. Volk, deine Sichel ertönt Rauschend im Korn. Volk deine iriml Blume und Distel und Dorn. Ferdinand Oppen der g. Astern für das Winterhilfswerk Sebnitz! Jedem von uns ist dieses kleine Städtchen tun Eingang zur Sächsischen Schweiz als Stadt der Blumen industrie bekannt. Enge Straßen mit vorspringenden Holz giebeln geben der Stadt ihr Gepräge. Die Bevölkerung hat die Ruhe der bodenstündischen Industrie in sich ausgenommen. Weit über Sachsens, ja sogar Deutschlands Grenzen hinaus ist der Name der Stadt mit den Namen der Blumenfabriken, die sich längs der Straßen hinziehen, verknüpft. Neben "dem Fabrikbetrieb nimmt die H e i m i n d u st r ie einen großen Platz ein. Kaum ein Haus, in dem nicht Frauen und Männer, ja sogar Kinder über einem Stoß bunter Papierschnitzel sitzen und durch mühsame Arbeit des Klebens die verschiedenfarbigen Blumen anfer- tigen. Vom einfachsten Muster bis zu wahren Kunstwerken wechseln die Motive. Kaum traut man seinen Augen, daß Menschenhand Wunder der Natur so getreu nachbilden kann. Sie sind nicht anspruchsvoll, diese Arbeiter der Heimindustrie; ihr Lebensunterhalt gestattet es kaum. Gering, oft sehr gering fällt ihr Verdienst aus. Allein glückliche Menschen haben wir vor uns. Menschen, die in ihrer Arbeit Lebensinhalt finden. Seit Jahren allerdings ist in die Häuser der Vlumenstadt graues Elend eingezogen. Versailles und seine bitteren Folgen haben die Ausfuhr abgsschnitten. Deutsche Erzeugnisse finden im Ausland keinen Absatz mehr. Macht los standen die vergangenen Regierungen diesen Erscheinun gen gegenüber. Nichts wurde getan, um das Absterben dieses Industriezweiges zu verhindern, nichts um Not und Sorge von Familien abzuwälzen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die Blumenfabriken für immer ihre Tore schließen würden. Dem Nationalsozialismus blieb es Vorbehal ten, zum erstenmal seit den Tagen des Beginnes der deut schen Not der Bevölkerung wirkliche Hilfe zukommen M lassen. Als im vorigen Jahr zur Weihnachtszeit das Winterhilfswerk Christrosen als Anstecknadel herausgab, und als jeder Volksgenosse als Zeichen seiner Verbundenheit mit dem Volksganzen diese Christrose trug, hatte die Seb nitzer Industrie über zwei Mililonen dieser Rosen beraestellt. Zur ersten NSV-Sammlung im Marz dieses Jahres würde die Stadt mit einem Auftrag von über 750 000 Narzissen bedacht. Nun kommt mit dem Beginn des zweiten Monats des diesjährigen Winterhilfswerkes wiederum die Kunstblumen stadt von Sebnitz zu ihrem Recht. EineMillionAstern als Anstecknadeln für den Monat November werden benö tigt. Wieder arbeiten ganze Familien in den kleinen nied rigen Stuben. Wieder laufen die Maschinen. Glück kommt über einfache Volksgenossen. Im nächsten Monat wird in ganz Deutschland das Zeichen der Hilfsbereitschaft, die Aster, getragen werden. Darüber hin aus kann jede geschickte Hausfrau aus einer Anzahl dieser Blumen, die aus verschiedenen Teilen bestehen, wundervolle Geschenk- und Gebrauchsgegenstände arbeiten. Auch im kommenden Monat darf sich niemand de» Forderung des Winterhilfswerkes verschließen. Aus den Spenden aller wird Not und Elend beseitigt werden, wer den Hunderte deutscher Blumcnarbeiter und -arbeitcrinnen wieder Glück und Freude fühlen. Deutscher Arbeitsfleiß schuf die WHW-Aster! Tragt sie am 4. November als Zeichen Eures Opfers! Oer Arbeitsdienst im Winterhilfswerl Der Führer und Reichskanzler hat zu dem zweite, Winterhilfswerk des deutschen Volkes 1934/35 aufgerufen Noch größer als im vergangenen Winter mutz der Erfolc werden. Noch gibt es viele Volksgenossen, denen noch keir Arbeitsplatz vermittelt werden konnte und die sich Heutz noch in großer Not besinden. Ihnen zu helfen und mit znarbeiten am Winterhilfswerk ist eine besonders ernstz Pflicht auch des Arbeitsdienstes in den kommenden Win termonaten. Immer «wenn es zu helfen gibt, wird dei Arbeitsdienst in vorderster Front stehen. Es ist Ehren Pflicht eines jeden Arbeitsmannes und Führers, sich in Dienst der Winterhilfe voll und ganz einzusetzen. Ick ordne deshalb an: Alle Führer, Beamte, Angestellte und Arbeiter dei Arbeitsgaues 15 führen in den Monaten November bis Dezember 1934 20 Prozent der für diese Monate zu ent richtenden Lohnsteuer, für Januar, Februar, März 193k 15 Prozent dieser Steuer ab. Sämtliche Musikzüge sind sofort!m ganzen Gaubereick im Dienst der Winterhilfe in Verbindung mit den Kreis' leitungen und Fachbearbcitern der Winterhilfe kostenlos einzusetzen. Alle Abteilungen stehen dem Winterhilfswerk jederzeit zur Verfügung: 1. zum Transport von Kartoffeln unk Gemüse sowie sonstiger Lebensmittel; 2. zum Sammelp und Hcranschaffen von warmen Sachen; 3. zur Lagerung und Speicherung von Lebensmitteln, Verteilung an du einzelnen Empfänger; 4. zur Heranbringung und Ver teilung von Heizmaterial. In sämtlichen Abteilungen und Stäben sind sofori an gut sichtbarer Stelle Sammelbüchsen für das Winter hilfswerk aufznstellen, damit auch hierdurch die Sammel tätigkeit gefördert wird. Setzen wir uns alle wie immer voll und ganz ein, im Dienst der Volksgemeinschaft, dann wird der Erfolg nicht ausbleiben. laez.j v. Alten. Zur Woche des Buches. Das deutsche Volk hat einen Tag auserkoren, an dem jeder Volksgenosse, gleichgültig welchen Standes, sich Rechenschaft darüber geben soll, wie »r zum Buche steht. Die Tatsache, daß die „Woche des Buches" dabei auch eine Art Werbetag sein soll, dars in einer Zeit, die Arbeit und Arbeitsbeschaffung so zu schätzen weiß wie die unsere, niemanden, der ein Herz hat, stören. Ist doch ein jeder nicht nur dem Buche, sondern auch denen, die Bücher „wachsen" lassen, den Schriftstellern, Verlegern, Druckern, Buchbindern — um nur einige von vielen Mit arbeitern zu nennen — viel schuldig. Was für einen Kameraden habe ich im Buche? Der Wege zur Antwort auf eine solche Frage gibt es viele. Alle aber führen zu der Erkenntnis, daß diese Kameradschaft — wie jede andere auch — auf Gegenseitig keit ausgebaut ist. Das Buch wirbt um dich, weil es gelesen fein will, und du mußt es deinerseits umwerben, d. h. dich ihm erschließen, wenn es dir etwas sagen soll. Ganz sicher ist es, daß das gute Buch eine der wichtigsten Kulturgaben, das schlechte Buch aber ein böses Kulturgift ist. Der Feldzug gegen das verderbliche Buch war deshalb ein ebenso notwendiges Unternehmen wie die Werbung für das gute, das deutsche, das volk- wertige Buch eine echte Ausbautat ist. Ein wirklicher, treuer Kamerad kann nur ein edelgeistiges Buch sein. Was danke ich dem Buche? Dabei ist not wendig, zu erwähnen, daß es nicht auf die Menge guter Bücher ankommi, die ein Mensch liest, sondern auf die Vertieftheil in das Buch und seine Gedankenwelt. Es hat jederzeit Menschen gegeben, die nur mit einigen wenigen Büchern umgeben, dabei jedoch zu einer scbr hohen Bildungsstufe gelangt sind. Ist doch Bildung nicht „Vielwissen", sondern „Rechtwissen"! Das sind auch vor allem die Menschen, die im „B n ch e der Natur" zu lesen verstehen; so der Bauer, der sich oft auf seine Bet bücher, Kalender und seine Zeitung beschränkt und den noch mehr weiß als ein Massenleser. Jeder mag sich die Frage, ob ihm das Buch etwas bedeute, selbst beant worten. Da ist ganz gleichgültig, ob er mit Bismarck meint, auf einer einsamen Insel mit der Bibel und einigen Bänden Goethe auszukommen, oder ob er an Hand der neuesten Erscheinungen mit den hin- und her gehenden Wellen des Zeilmeeres schwimmen will. Viel leicht hat auch jener alte Herr recht, der aus eine Frage hin einmal sagte, er kaufe sich soviel sorgfältig ausge wählte Bücher, wie er nur bezahlen könne; nie aber würde er vergessen, was ihm als Knaben der „Robinson" und „Sigismund Rüstig", was die Klassiker dem Jüngling, Werke von Storm, Raabe und Fontane dem reifen Manne gaben, und was Wilhelm Busch, einige Gelehrte und verschiedene Nachschlagwerke heute noch dem Greise bedeuten. „Wenn ich dabei auch die Lebenden, die hente Schaffenden, stets bedenke und ihnen mit Dank und Achtung meinen Zoll zahle", setzte jener alte Herr hinzu, „so entspringt das zu gleich einem starken Kameradschaftsgefühl, das ich jenen Autoren gegenüber empfinde. Denn sie als Gebende und ich als Nehmender sind aus einem Kulturboden er wachsen, ans dem deutschen Volkstum, dessen treuester Anwalt das alte Buch stets war und das neste Buch immerdar sein wird!" z. Ausruf zur „Woche des Deutschen Suches" 4. bis 11. November 1934. „Deutsche Volksgenossen! Der Nationalsozialismus hat uns zu einer Volksgemeinschaft fest zusammengefügt. Volksgemeinschaft ist Gemeinschaft des Blutes, der Ge schichte und des Geistes. Täglich erleben wir diese Zu sammengehörigkeit aufs neue. Kameraden, Arbeiter der Stirn und der Faust! Wir haben die Schranken nieder- gerissen, die Euch den Anteil am Geistesgut der Nation verwehren sollten. Das Kulturgut im Buch ist nicht eine Angelegenheit des einzelnen, nicht nur sür eine Schicht der „Gebildeten" bestimmt, sondern das Deutsche Buch ist für jeden geschrieben, der den Weg zum Geistesgut der Nation sucht. Das politische Buch läßt Euch die Größe deutscher Geschichte und die Bedeutung der nationalsozialistischen vsr Iori Ms »sksnknsÄ Roman von Lurt lVlartUn . ^Us Rsoktö vorbobalteu. — Naodckruolc verboten 28 Lop^risskt Verlass „Neues Toben", La^r. Einarn „Und warum meldeten Sie sich mit Ihrer Forderung nicht sogleich nach Herrn Gerdahlens Tod? Sie hätten die Erben doch sogleich verständigen sollen!" „Wie so denn? Ich brauchte das Geld bisher eben nicht." „Sie brauchten es nicht! — Aber am 23. August hätten Sie es schon gebraucht, was? — Sonst wären Sie doch nicht wiedergekommen." „Sch habe eben gefragt." Steen trat einen Schritt näher auf ihn. „Seit wann haben Sie denn die Wollwcste da?" „Ich? — Seit länger als einem Jahre." „Trugen Sie die auch am 23. August?" „Unsinn! Da wäre sie mir ja zu warm gewesen." „Ich meine nicht bei Tage. Aber vielleicht abends?" „Auch nicht." „Können Sie das beweisen?" „Was beweisen?" „Na, eben, daß Sie die Wollweste am 23. August nicht trugen." „Herrgott, ich trug sie eben nicht!" „Wo waren Sie denn am 23. August abends?" „In Dernestadt." „Immer?" „Nein. Bis gegen neun Uhr vielleicht. Ich ging dann über Land, wollte frühzeitig tn Dingelbach sein. — In Mäuselwitz übernachtete ich." „Wann waren Sie dort?" „Nachts gegen ein Uhr." „Warum fuhren Sie nicht mit der Dahn?" „Da hätte ich einen großen Umweg machen müssen. Ich yutte auch keine Verbindung abends." „Wie kommt es, daß Sie sich noch so genau erinnern, wo sie am 23. August abends waren?" „Na, jetzt hören Sie schon auf! Erst fragen Sie das Blaue vom Himmel herunter, und wenn ich antworte, dann jMsn Sie wieder^ warum jch das noch weiß!" „Es ist doch schon ziemlich lange her!" „Ich weiß es aber eben noch!" „Und wo waren Sie von 9 Uhr abends bis ein Uhr nachts?" „Unterwegs." „Gingen Sie allein?" „Ja." „Sahen Sie unterwegs Bekannte?" „Nein. Ich ging Feldwege, immer die nächsten Wege. — Hier geht nachts kein Mensch." „So, Sie haben den Weg also abgekürzt, und da haben Sie trotzdem vier Stunden gebraucht. Man geht ja auf der Straße, — also mit Umwegen — nur drei Stunden." „Ich habe mir Zeit gelassen." „Und sind doch Feldwege gegangen, um den Weg ab» zukürzen?" „Brauche ich deshalb Umwege zu machen, wenn ich langsam gehen will?" Paul Stein schüttelte den Kopf. „Da stimmt etwas nicht." Jetzt schien aber August Holler vollends die Geduld zu verlieren. „Was, da stimmt etwas nicht? — Sie müssen es ja wis. sen! — Ueberhaupt, was ist das für eine Fragerei? Das verbitte ich mir schon dringend! Was geht denn das Sie an, wo ich bin und wo ich war, und wie lange ich meine Wege gehe! — Lassen Sie mir meine Ruhe! Und den Schein will ich auf der Stelle wiedcrhabcn!" Der Kriminalinspektor zog sein Notizbuch hervor und legte den Schein hinein. „Diesen Schein behalte ich vorläufig. Wir wollen doch erst einmal den Schein uns näher ansehen. — Er könnte ja auch gefälscht sein." Da fuhr Holler hoch. Er hob drohend die Fäuste. „Sie! Das sagen Sie nicht ein zweites Mal! Einen ehrlichen Mann so zu verdächtigen! — Ich weiß aber schon, wo ich mich hinwenden muß! Ich gehe zur Polizeidirektion. Sie haben mich öffentlich um Entschuldigung zu bitten! — Der Schein ist echt! Es ist des alten Herrn Gerdahlens Handschrift; ich schwör's! Ich stand ja dabei, wie er ihn schrieb! — Eine verdammte Schikane ist es! Aber das werde jch mir nickt aekallen lallen!" Steins Stimme schwoll gleichfalls an. „Halten Sie endlich wieder den Mund! Beschweren Sie sich über mich, wo Sie wollen! Nennen Sie mir jetzt einen einwandfrei glaubwürdigen Menschen, der Sie am 23. August zwischen neun Uhr abends und ein Uhr nachts unterwegs traf!" „Weiß keinen. Lassen Sie mich in Frieden!" „Sie wissen keinen! — Es wird Ihnen wohl auch sehr lieb sein, daß Sie keinem Menschen begegneten — auf Ihrem nächtlichen Weg hierher nach Hohenfried, was?" August Holler machte ein verdutztes Gesicht. „Wohin?" „Hierher, nach Hohenfried." „Verrückt! — Sie haben wohl schlechte Ohren? Nach mittags um vier war ich hier, aber nicht in der Nacht!" „Denken Sie einmal nach! Sie scheinen da etwas ver gessen zu haben." „Nichts habe ich vergessen!" „Doch! --- Sie haben auch Spuren Ihres Hierstms zu- rückgelassenl" „Ich? — Was? — Wo?" „Was — das geht Sie zunächst nichts an! — Wo? — Im Schlafzimmer Joachim Gerdahlens!" „Da war ich nie drin." „Lügen Sie doch nicht! Sie waren in der Nacht vom 23. August aus Hohenfried, Sie waren bei Joachim Gerdah- len! — Und jetzt sagen Sie mir, wie der Mord vor sich ging!" August Holler taumelte zurück. „Ich? — Sie wollen doch nicht sagen —?" „Allerdings will ich sagen, daß Sie mir dringend ver dächtig erscheinen, von dem Mord an Joachim Gerdahle» zu wissen." „Ich weiß gar nichts!" „Weshalb leugnen Sie?" „Ich leugne nicht! Ich weiß nichts!" August Holler sah wild um sich. Plötzlich versetzte er dem Kriminalinspektor einen harten Schlag ins Gesicht, daß er zurücktaumelte. Egon Gerdahlen, der dem Flüchtenden im Wege stand, bekam einen Hieb in die Magengegend, der ihn zu Boden streckte. Und dann war Holler zur Tür hinaus. KWjetzuug