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Dank für die Unterstützung zu sagen, welche die Reichsregierung auf der westafrikanischen Konferenz dem Kongo-Unlernehmen lieh. In Baden-Baden empfingen die Majestäten auch ihr kürzlich vermähltes Enkelpaar, den Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Baden, die am letzten Sonnabend unter überaus herzlicher Begrüßung ihren feierlichen Einzug in Karlsruhe gehalten. Gegen Mitte dieses Monats wird der Kaiser und das Kronprinzliche Paar nach Berlin zurückkeh ren, während die Kaiserin erst später nachfolgt. In Berlin sind durch ein Versehen 6 Personen vergiftet wor den. Bei einem Droguenhändler arbeiteten Rohrleger, denen der er stere zum Vesper „einen Schnaps" verabreichte, den er selbst herge stellt, d. h. gemischt und von dem er selbst auch den ersten Schluck genommen hatte. Er hatte unvorsichtiger Weiser Blausäure zugegossen. Er selbst, sein Portier und ein Arbeiter sind bereits todt, 3 andere Arbeiter liegen schwer krank darnieder. Die Hoffnung, daß die zur deutschen Kriegsflotte gehörige Kreu zerkorvette „Augusta" doch noch zurückkehren könne, darf nun doch als aufgegeben betrachtet werden. Nach einer vom Chef der Admira lität abgegebenen Erklärung müssen Schiff und Besatzung als ver loren gegangen und umgekommen betrachtet werden. Ueberall in Deutschland wird man schmerzliche Theilnahme für die Angehörigen der 223 Offiziere und Mannschaften empfinden, welche ourch diesen Unglücksfall in Trauer versetzt sind; möge ihnen der Gedanke, daß im Kampf mit Sturm und Wellen auch ihre Gatten, Söhne und Brüder für das Vaterland gestorben sind, zum Tröste gereichen. Jede Nation, welche eine Marine unterhält, muß auf solche Verluste gefaßt sein. Für diejenigen Personen, welche durch den Unglücksfall ihre Ernährer verloren haben, zu sorgen, wird die Regierung ohne Zweifel als eine Pflicht des Reiches anerkennen; sollte dazu eine Vorlage an den Reichs tag erforderlich sein, so wird die Zustimmung des letzteren sicherlich nicht fehlen. Aus dem Königreich Sachsen befanden sich auf dem verunglückten Schiffe der Matrose Lucas aus Leipzig, Matrose Meißner aus Oelsnitz, Matrose Teich aus Zwickau, Matrose Wolf aus Oberkunnersdorf und der Materialienverwalter Rehn aus Dresden. Die „Norddeutsche Allgem. Ztg." schreibt unterm 1. Oktober: Dem socialen Frieden zu dienen, ist die Bestimmung der am heutigen Tage ihre praktische Wirksamkeit beginnenden Unfallversicherung der Arbeiter. Wenn man zurückdenkt an die Kämpfe und den Widerstand, welche zu überwinden waren, ehe der Gedanke seine gesetzgeberische Verwirklichung fand, dem Leben des Arbeiters Nothstände nach Mög lichkeit fern zu halten, welche aus mit seiner Berufsthätigkeit verknüpften Unfällen ihm erwuchsen, ihm und seinen Angehörigen eine billige öffent lich rechtliche Versorgung für diese Nothstände zu gewährleisten; wenn man ferner erwägt, welche Schwierigkeiten und aufopferungsvollen Arbeiten jener Gesetz gewordene sociale Friedensgedanke erforderte, um die Organisation seiner Ausführung zu vollenden: dann wird man heute auf allen Seiten, die den socialen Frieden wirklich fördern wollen, gewiß mit Befriedigung den Beginn der Verwirklichung jenes Ge dankens für das praktische Leben begrüßen. Heute wollen wir nicht rechten mit den Gegnern des Staatsocialismus, die in jenem hart näckigen Kampfe uns gegenüber standen; sondern nur daran erinnern, wie der grundlegende Inhalt der socialreformatorischen Pläne siegreich alle Widerstände überwunden hat, und daß heute bereits die zweite große Maßregel aus dem Rahmen dieser Pläne ihre praktische Wirk samkeit zum Wohle des Arbeiters zu entfalten beginnt. Nicht die ma teriellen Vortheile, welche Kranken- und Unfallversicherung dem Ar beiter bieten, werden die wichtigsten Erfolge dieser Reformen für die Allgemeinheit sein, sondern es werden das die moralischen Erfolge sein, die heranreifen werden, wenn jener Stachel der Bitterkeit, in solchen Nothständen außer der allgemeinen Armenpflege unversorgt zu sein, aus dem Herzen unserer Arbeiter geschwunden sein wird. Die Bedeu tung dieser Erfolge wird freilich nicht heute und morgen sich in ihrem vollen Umfange offenbaren; aber die nächste und kommende Generation wird sie zu würdigen wissen, und sie werden die Bedeutung derThat- sache erkennen, daß das neue deutsche Reich allen Culturstaaten auf den Wegen, die zum socialen Frieden zu führen geeignet sind, vorge gangen ist. Wenn auch mit dem Jnslebentreten der Unfallversiche rung heute der schwierigste Theil der Arbeit an diesem Theile der Ge- sammtreform abgeschlossen hinter uns liegt, so wird es doch auch in Zukunft nicht an solcher fehlen; je mehr aber die auf den socialen Frieden abzielende Wirkung erkennbar wird, desto leichter werden die noch kommenden Mühen und Opfer getragen werden. Da aber diese socialen Reformen ihre volle Wirksamkeit erst allmählig und langsam, gleichsam unbewußt entfalten können und werden, so darf von Allen, die dem socialen Frieden dienen wollen, auch gehofft werden, daß diese Entfaltung nicht durch vorzeitige Kritik vorkommender Einzelfälle ge stört werden möge. Gerade heute aber, wo das zuerst in Angriff ge kommene Werk der Socialreform gleichsam seinen Abschluß erreicht hat, wo wir mit Befriedigung auf die Zeit des Kämpfens und Rin gens zurückblicken können, haben wir uns auch zu erinnern, daß wei tere Schritte auf dem Gebiete dieser Reform noch vor uns liegen. Nachdem aber bei diesen ersten Schritten der principielle Widerstand überwunden, der geistige Kampf um die Ziele ausgekämft ist, giebt die heute erreichte Ueberführung dieses wichtigen Schrittes in das Leben des Arbeiters die Hoffnung, daß ohne Kämpfe von gleicher Heftigkeit die weiteren Ziele der Allerhöchsten Botschaft vom 17. Nov. 1881 erreicht werden können, und daß cs unserem greisen kaiserlichen Herrn noch vergönnt sein werde, weitere Früchte heranreifen zu sehen, für die seine Sorge um die Wohlfahrt und den socialen Friede» sei nes Volkes mit väterlicher Hand die Saat gestreut und den Acker be stellt hat. Ueber die Vorgänge auf der Balkanhalbinsel läßt sich heute nicht viel sagen. Die Botschafter haben in Konstantinopel eine Vor besprechung gehabt, Herr v. Radowitz, der deutsche, ist angelangt, die Großmächte halten an einem gemeinsamen Vorgehen fest und werden bemüht sein, den Frieden aufrecht zu erhalten. Es fragt sich jedoch, ob ihnen das gelingen wird, denn unter den Völkern und den „inte ressanten" Nationalitäten der Balkanhalbinsel herrscht sehr große Er regung. Es rüstet jetzt alles, als ob das Geld auf der Straße läge. Die Türkei, Serbien, Griechenland, die Albanesen, Bulgaren, nur Ru mänien ist noch verhältnißmäßig vorsichtig, der rumänische Minister präsident ist in Wien gewesen und jetzt in Berlin angelangt. In Philippopel bei seinem Bruder ist dagegen Prinz Franz Joseph von Battenberg eingetroffen. Die bulgarischen Truppen werden nach den Grenzen vorgeschoben, die serbischen und türkischen gleichfalls. Prinz Alexander hat ein neues Rundschreiben an die Mächte erlassen, worin er erklärt, er bemühe sich die Ruhe aufrecht zu erhalten. Der Kaiser von Rußland hat die bulgarische Deputation nicht empfangen und die londoner „Times" erzählt, daß das panslavistische Komitee die Absicht gehabt habe, erst im nächsten Jahr loszuschlagen, den König von Ser bien und den Fürsten Alexander von Bulgarien abzusetzen und eine Vereinigung der Balkanstaaten unter Peter Karageorgewitsch herzustel len. Die Bewohner von Kreta wollen sich von derMürkei losreißcn und mit Griechenland vereinigen. Häufig wird die Frage aufgeworfen, wie Fürsten reisen, na mentlich ob dieselben Fahrvergünstigungen genieße». Die Antwort darauf wird manchen Leser interessiren: Der Kaiser sowohl als die königlichen Prinzen von Preußen zahlen sowohl auf Privat- als auch auf Staatsbahnen den vollen tarifmäßigen Preis, sei es für einzelne Billets, sei es für Extrazüge. Eine Ausnahme besteht für Kaiser und Kaiserin für die Strecke Cassel—Frankfurt, für welche der frühere Landesherr bei der Concessionsertheilung sich sreie Fahrt ausbedungen hatte, die auch dem Kaiser und König von Preußen als Rechtsnach folger jetzt zusteht. — Der Reichskanzler hat als solcher keine Fahr- preisvergünstigung. Dagegen wurde dem Fürsten Bismarck nach 1870 vom „Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen" ein Salonwagen ge schenkt, mit Recht freier Beförderung desselben auf allen dem Verein angehörigen Bahnen, und dies Recht auch durch Verfügung des früh eren Ministers für Handel und Gewerbe auf die Staatsbahnen aus gedehnt. In Kärnten und Tyrol ist durch mehrtägige heftige Regengüsse Hochwasser eingetreten, das theilweise riesigen Schaden angerichtet und viele Bahnverbindungen unterbrochen hat. Seitens der Behörden sind die umfassendsten Vorkehrungen zur Behebung der Störungen ange ordnet. In Böhmen setzen die Czechen ihre Gewaltakte fort. So erhielt die „Bohemia" über einen czechischen Ueberfall auf Deutsche beiNür- schau aus Kladrau folgenden Bericht: Gestern Nachmittag fuhren un ser Bürgermeister Herr Mrazek und der Brauermeister Herr Köfer stein in Geschäften nach Stein-Aujezd. Auf dem Heimweg uw halb 8 Uhr Abends stiegen sie einmal ab. Da kamen auf der Straße zwi schen Stein-Aujezd und Nürschau zwei Männer des Weges und riefen: Oo jsou to oblapoi? sWas sind das für Kerle?) Herr Bür germeister Mrazek forderte die Männer auf, sie in Ruhe zu lassen und ihres Weges zu gehen. Aber die Beiden packten ihn, warfen ihn zu Boden und hieben auf ihn los. Herr Köferstein erfaßte nun den einen Mann, der auf dem Bürgermeister lag, und versuchte, letz teren frei zu machen. Nach langem Ringen erhielt der Bürgermeister endlich die Oberhand, nahm den Peitfchenstock und vertheidigte sich so lange, bis die Angreifer einsahen, daß sie nicht Stand halten könn ten, worauf dieselben, mit gezogenen Taschenmessern drohend mid schimpfend, den Platz verließen. Herr Köferstein, der verwundet ist, liegt heute zu Bette. Herr Bürgermeister Mrazek ist mit einigen leich ten Verletzungen davongekommen. — Aus Pilsen wird gemeldet: „Gestern Nachmittags wurden die deutschen Schulkinder der Prager Vorstadtschule beim Verlassen des Schulhauses von einer Rotte czechi- scher Schulbuben mit Steinen beworfen und geschlagen. Als dec deutsche Katechet, Pater Schors, einschritt, wurde auch er in der rohesten Weise verhöhnt und mit Steinwürfen bedroht. Die Anzeige wurde erstattet." Vaterländisches. Wilsdruff. Der im Frühjahr dieses Jahres hier begründete, bereits 100 Mitglieder zählende „Gemeinnützige Verein" beginnt nächsten Donnerstag seine Thütigkeit. Für diesen ersten Vereinsabend hat Herr Pastor l)r. Schönberg in Weistropp in freundlichster Weise einen Vortrag zugesagt und wird über „Unsere Colonieen" sprechen, hat somit ein Thema gewählt, das für Jedermann von hohem Interesse ist und deshalb wohl nicht nur ein starker Besuch Seiten der Mitglieder des Vereins, sondern auch von durch Mitglieder eingeführ ten Gästen zu erwarten steht. — Wie wir hören, wird Herr Musikdirektor Spüring in den nächsten Tagen eine Abonnementliste für mehrere Winter-Abonne- mentconzerte cirknlireu lassen, möge dieselbe recht gute Aufnahme finden. — Herr Balletmeister Förster aus Dresden beabsichtigt, wie schon früher erwähnt, in de» nächsten Tage» hierselbst im Hotel zum Adler einen Cursus in der modernen Tanzkunst und Tournüre für Damen und Herren zu 'errichten. Die Abonnementsliste zu demselben ist be reits in Circulation gesetzt und steht zu hoffen, daß sie rasch die ge nügende Anzahl von Einzeichuungen finden wird, um den Cursus lebensfähig zn machen. Das Honorar für de» ganzen Uiiterrichts- Cursus beträgt netto 16 Mark. Herr Ballelmeister Förster ist seit Jahren in größeren und kleineren Städten in höhere» Lehr- und Er ziehungs-Instituten als Tanzlehrer erfolgreich thätig und stehen ihm darüber die vorzüglichsten Referenzen und Anerkennungen, auch gegen wärtig von Freiberg, wo derselbe nm Gymnasium und anderen am Platze bestehenden Schulen mit bester Zufriedenheit unterrichtete, zur Seite. Namentlich besitzt Herr Förster neben der methodischen Lehre der modernen Tanzkunst ein ausgezeichnetes Talent, Bälle und andere sonstige Arrangements mit Grazie, Geschmack und großem Geschick in Szene zu setzen. — Der Umstand, daß die jederzeit Aufenthalt verursachende nnd kostspielige Umladung der Güter, welche von schmalspurigen Bah nen auf normalspurige oder umgekehrt übergehen sollen, bei zerbrech lichen Artikeln, wie Glas, Töpferwaaren rc., wenn sie in Wagenla dungen versendet werden, mit außerordentlichem Zeitaufwand und em pfindlichen Verlusten durch Bruch verbunden ist, hat dazu geführt, Transportmittel zu koustruiren, welche die Beförderung solcher Wagen ladungen auf Bahnen mit verschiedener Spurweite ohne Umladung er möglichen. Die sächsische Staatseisenbahn-Verwaltung hat nun zunächst sogenannte Umsetzkästen Herstellen lassen, dns heißt einfache Wagenkästen von 10,000 Kilogramm Tragkraft, ohne eigenes Untergestelle, welche sowohl auf schmalspurige wie normalspurige Untergestelle aufgesetzt werden können. Die Untergestelle bestehen aus je einem Paare ein facher zweiachsiger Wagen nach Art der Langholzwagen und haben in der Mitte eine Oeffnung zum Einlasse der an der unteren Seite der Umsetzkästen befindlichen zwei Bolze». Die Hauptschwierigkeit besteht hier darin, daß die schweren Kästen bis zu einer gewissen Höhe geho ben werden müssen, um die Umwechselung der Untergestelle zu ge statten. Es muß also auf der Uebergangsstation jedenfalls ein be sonders leistungsfähiger Krahn aufgestellt werden. Auf den sächsischen Staatseisenbahnen sind derartige Umsetzkästen bisher nur für den Trans port der Schmalspurbahn Klotzsche-Königsbrück zur Anwendung ge kommen. Der Krahn auf der Umladestation Klotzsche hat circa 5717 Mark gekostet und ist derart konstruirt, daß die Kästen zunächst geho ben und dann vermittelst Laufwinden seitwärts nach dem parallel lau fenden Gleise der anderen Spur fortbewegt werden. Natürlich erfor dert dieses Verfahren, so rasch es auch vor sich geht, doch immerhin die Verwendung zahlreicherer Arbeitskräfte. Im Uebrigeu haben sich diese Umsetzkästen bisher, soviel bekannt, vollständig bewährt. — Der große Aufschwung, den die Königliche Altersrentenbank in letzterer Zeit genommen hat, rührt unter Anderem von dem Uni-