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hört mal, Kinder, und thut, was ich Euch sage, aber ohne Murren! Geht auf dem Wege zurück, den Ihr gekommen, und am Kanal ent lang nach der Fabrik." „I, wo werden wir denn," sprach trotzig ein Barsche, „das ist ja ein Umweg von einer Viertelstunde, und diese Gasse führt gerade vor das Haus des Kommerzieurath Etwvld." „Ja, und seine Papiermühle liegt dahinter am Wasser," fügte ein anderer erklärend hinzu. „Durch eine Seitenpforte gelangen wir —" „Mir ganz egal," rief König jetzt schon energischer, „ob Seiten pforte oder Hauptportal. Hier kommt jetzt keiner mehr durch." „Aber warum denn nicht, Herr König?" fragte ein Mädchen. „Herr Du meine Güte!" rief gutmüthig polternd der Alte. „Seid ihr denn alle so dumm? Seht Ihr denn die Fußspuren da nicht, die zum Thatorte heranführen? Und die soll ich mir verwischen lassen? Denke nicht dran! Also sucht Euch einen anderen Weg nach der Fa brik; und Du Koch's Wilhelm lauf' mal nach der Wache —Du hast die längsten Beine — und melde: „Nachtwächter König — Mord, Schwedengasse — bittet um Succurs, und nicht zu wenig." Man konnte ihm nicht ernstlich böse werden dem urgemüthlichen Alten, und so entfernten sich die Arbeiter nach noch einigem unnützen Hin- und Herreden in der gewünschten Richtung. Die in athemloser Hast erstattete Meldung brachte die Polizei nicht minder schnell zur Stelle. Uniformirte Beamte besetzten sofort die beiderseitigen Zugänge zu der Gasse, und der Polizeikommissar mit einem kleinen Stab Kriminalbeamten nahm den Thatbestand auf. Unter den letzteren befand sich auch der wegen seiner großen Schlau heit und Zähigkeit in Verbrecherkreisen sehr gefürchtete Assessor Solt- mann, ein noch junger Mann aus guter, aber verarmter Familie, wel cher zuerst aus Mangel an Beförderung auf diese Bahn gedrängt worden war und dann aus innerster Neigung darauf beharrte. Er war der Erste, welcher bei der Besichtigung der Fußspuren auf die überraschende Thatsache aufmerksam machte, daß neben denen des Ermordeten nur noch die einer — Dame sichtbar waren. Diese Spuren waren wegen ihrer Schmalheit und des hohen Absatzes in dem hart gefrorenen Schnee besonders scharf markirt. „Vielleicht eine Eifersuchtsscene und ein Selbstmord des jungen Mannes," sagte der Kommissar. Er nahm zusammen mit Soltmann die Körpervisitation des Ermordeten vor, während andere Beamte die Fußspuren genau ausmaßen und auf Papier skizzirten, sowie auch je nen in der Richtung folgten, aus welcher sie gekommen waren. We gen der frühen Stunde und der Entlegenheit des Orts konnte man die Untersuchung mit aller Ruhe und Umsicht zu Ende führen. Ein Selbstmord konnte nicht vorliegen, da keine Waffe gefunden wurde; die Dolchstöße in der Brust, deren einer das Herz durchbohrt hatte, waren von einem Anderen geführt worden. Der Ermordete war ohne Papiere. Die Taschenuhr und ein breiter Siegelring waren ihm entwendet worden. Letzteres bekundete ein durch langes Tra gen entstandener Fleischeindruck am Ringfinger der rechten Hand, und von der Uhrkette war noch der Haken an der Westenöffnnng befestigt; sie war nicht vorsichtig abgenommen, sondern hastig abgerissen worden. In der Westentasche wurden nur einige kleine Münzen gefunden; es war also anzunehmen, daß auch das Portemonnaie des Ermordeten gestohlen worden war. „Also doch ein Raubmord," sagte der Kommissar, „und noch dazu von einem Frauenzimmer verübt. Auch ein seltener Fall." Soltmann schüttelte bedenklich den Kopf. Das thut kein Raub mörder, Herr Kommissar," sagte er, auf die unter der Weste verbor gen gewesenen Brillant-Chemisettenknöpfe deutend. „Doch doch, lieber Soltmann," antwortete jener leichthin. „Die Mörderin, noch ein ganzer Neuling im Handwerk, hat nur schlecht ge arbeitet und diese Dinge in der Hast vergessen. Von banger Furcht gescheut — denn gestört konnte sie hier Niemand haben — ist sie ge flohen." „Hat aber doch nichts vergessen, was uns über die Persönlichkeit des Ermordeten einen Anhaltspunkt hätte geben können," entgegnete Soltmann. „Sehen Sie da, Herr Komissar, selbst die gezeichnet ge wesenen Ecken der Wäsche sind herausgerissen." „Wie? was?" rief staunend der Andere. „Wahrhaftig! Und was meinen Sie dazu, Soltmann?" „Hier liegt ein Geheimniß vor," entgegnete der Assessor, „dessen Begründung uns trotz aller äußeren Merkmale so bald nicht gelingen wird." „Oder nur zu bald und in einer Weise, welche einen unerhört sensationellen Gerichtsfall im Gefolge haben dürfte." Der diese Worte sprach, war der Detektiv Neubert, welcher mit noch einem Kollegen den Fußspuren gefolgt war. „Wie meinen Sie das, Neubert?" fragte der Kommissar, während Soltmann mit ungläubigem Staunen emporblickte. „Erwägen Sie die Thatsache," sprach triumphirend der Detektiv, „daß Fußspuren unweit von hier beginnen und auch enden." „Vor einem Hanse doch nicht?" „Vor einem Hause." „Vielleicht vor einer unbewohnten alten Barracke, womit nichts gewonnen wäre." „Nein, aber vor dem Hause des Kommerzienraths Etwold." „An dessen Thür?" „An einer zum Hofe führenden kleinen Seitenpforte; und das ist ein Glück, denn vor dem Hauptportal ist alles zerstampft. Es müssen gestern Abend sehr viele Wagen dort vorgefahren sein." „Wenn Sie sich nur nicht irren," sagte der Kommissar. „Wir müssen sogleich Einlaß durch die kleine Pforte suchen." Er, Soltmann und Neubert begaben sich eiligst nach dem Hause. Die näherbezeichnete Seitenpforte war, wie zu erwarten, von einem Portier bewacht, der aber den „im Namen des Gesetzes" Ein laß begehrenden Beamten sofort, wenn auch mit sehr verdutzter Miene, öffnete. „Sollte mich wundern," murmelte er, jenen nachblickend, „wenn das nicht dem Anarchisten Matthies gilt." Trotzdem schon mehrfach heute hier hindurch gegangen worden war, waren die verfolgten Spuren doch noch zu erkennen. Sie mün deten an einer Seitenthür des Hauses. Diese Thür war nicht ver schlossen und unbewacht. Nach kurzer Berathung und ohne von Jemand bemerkt worden zu sein, traten die drei Männer hier ein. Ueber eine steile Wendeltreppe gelangten sie zu einem Korridor in erster Etage. Diesen hinaufgehend, hatten sie zur Rechten die Hof fenster, zur Linken eine Reihe von Thüren, deren Aufschriften die Ge schäftsräume oder Büreaux des Kommerzienraths erkennen ließen. Zuletzt kamen sie an eine Glasthür und durch diese in den pracht voll dekorirten Wintergarten des Etwoldschen Hauses; derselbe war verödet. Während sich nun die Anderen der inneren'Thür des Garte» zuwandten, blieb Soltmann zurück. Sein Falkenauge irrte gierig ft chend über die Kieswege hin; aber hier war so viel gegangen iB den, daß an ein Auffinden der verfolgten Spur an dieser Stelle W zu denken war. Endlich blieb sein Blick auf einem Stückchen ausgezackter rolb» Seide haften, welches dicht bei der Thür und fast unter seinen FW lag. Mechanisch bückte er sich darnach. „Ein Fetzen rolher SM' murmelte er, „aber in einem so außerordentlichen Falle darf man unbeachtet lassen." Er steckte das Zeng ein und folgte dem Kommissi Diefer und Neubert waren in einem der angrenzenden S»ü»> — man befand sich hier in den Prachträumen des palastartigen H»»' ses — auf Diener gestoßen, welche dort mit Aufräumungsardeil!» beschäftigt waren. Von ihnen erfuhren sie, nachdem sie sich legitimirt hatten, dW> am Abend zuvor einen großen Maskenball gegeben. Die Dienel sprachen von mehreren hundert Gästen. Dieser einzige Umstand, Vas erkannte Jeder sofort, erschwerte die Untersuchung ungemein. Die Herren ließen sich nun in das Parterre hinabführen und deni Kommerzieurath melden. Indessen tauschten sie ihre Meinungen niU einander aus. An das beigesteckte Stückchen Seide dachte Soltm^ momentan nicht. (Fortsetzung folgt.) WermifchteS. . * Ein Riesenkäse. In Cast Aurora, Erie County, N. die Firma Richardson, Veebe u. Co. einen Käse machen lasse», wetw-r 3300 Pfd. wiegt und der größte jemals hergestellte sein soll, Herstellung des für einen Händler in Buffalo bestimmten Käses NM" 16 Tons Milch erforderlich. Drei andere große Käse im GewW von einer halben bis ein und einer halben Ton sind von den HM lern in Liverpool und London bei der oben genannten Firma besM worden. , * Ein echter Dankte besucht seinen kranken Freund. „Wiege»' es Dir?" fragt er voll Theilnahme. „Well',, antwortetet«! der Kram- „schlecht. Der Arzt sagt, jowie ich mich auf die linke Seite lege« würde, müsie ich sterben." „Nicht möglich", ruft der andere, „W nicht denkbar!" „Was", ruft der Kranke wieder, „Du glaWt » nicht?" „Nein!" „Nun gut denn, mein Arzt ist ein tüchtiger Dwmi ich kann mich unbedingt auf ihn verlassen. Und deshalb wette ich o( Dollars, daß es so kommen wird, wie er gesagt hat." „Gut", ern»' dert der andere, „ich halte die Wette." Der Kranke aber ruft tnuw' phirend: „ich gewinne die Wette", legt sich auf die linke Seite »»dm bald darauf eine Leiche. Ruhig legt der Freund auf die Bettdeae 50 Dollars nieder und verläßt darauf trauernd das Haus. * In Abaschin bei Marienbad ist vorige Woche ein Mord ms' übt worden. Da kurz vorher im Orte Feuer war, welches auch m Wohnung des Gemeindevorstandes mit einäscherte, so wohnte decket» einstweilen im Wirthshause. Einige Strolche, welche jedenfalls »' Steuerkasse sich aneignen wollten, brachen ins Wirthshaus ein, nM den aber von der Wirthin überrascht und schnitten derselben mit emen> scharfen Messer den Hals durch. Um die Spuren ihrerThat zum»' wischen, zündeten sie das Haus an, doch wurde der Brand noch rech' zeitig gelöscht. Die Uebelthäter konnten noch nicht ermittelt werde». * Einer, der es nöthig hat. Man schreibt ans Wien: Wie» einmal hat das Glück einen Beweis für seine Blindheit erbracht. 2 . Haupttreffer in der letzten Ziehung der Wiener Kommunalloche U auf ein im Besitze des Barons Rothschild in Wien befindliches bo» gefallen. Es handelt sich um das nicht ganz zu verachtende Slum»' chen von 200,000 fl. * Recht traurige Zustände müssen in Kalifornien herrschen. Anzahl der Selbstmorde in San Francisco ist" — so sch" dortiges deutsches Blatt — „erschreckend groß, und tief betrübe» ist die Thatsache, daß unter den Unglücklichen, die sich in den 1 stürzen, eine überwiegende Majorität deutscher Abstammung ist- diese Bedauernswerthen sind Opfer getäuschter Hoffnungen." Da trotz dem fortwährend in Deutschland Agenten thätig sind, um Ausw» derungslustige durch glänzende Schilderungen und Versprechungen Kalifornien zu locken, so sieht sich dasselbe Blatt zu folgender 21« nung veranlaßt: „Bleibt Alle im deutschen Vaterlande, die Ich . kleines Kapital Habt, um selbständig etwas zu beginnen! Arbeit?» Ihr hier nicht, allein in San Franzisca wird die Zahl der Ardei losen auf 10,000 geschätzt!" . , , jn * Die Frau Baronin! Eine wegen ihrer Liebenswürdigkeit j Gesellschaften in Frankfurt a. M. wohlbekannte aristokratische D» mißhandelte vor mehreren Wochen ihre Köchin wegen einer g"' fügigen Ursache derart, daß dieselbe auf dem linken Ohre, wie der» s konstatirt hat, taub geworden ist. Der Vater des Mädchens verwog von der Herrschaft eine Entschädigung und zwar für zwanzig eine Rente von 500 Mark jährlich. Da sich die Herrschaft zu solchen Entschädigung nicht verstehen wollte, so übergab der Vater Sache einem Advokaten, welcher einen Ausgleichversuch machte. selbe hatte den Erfolg, daß der Baron, der Brodherr des Mädch ' sich zu einer einmaligen Zahlung von 3000 Mark und zur Trag» » der Kosten verstand. . * Alle vier. Ein reicher Kaufmann, Vater von vier reiz»"» Töchtern, empfing schon seit einiger Zeit regelmäßig den Besuch sehr feinen und gebildeten Amerikaners, der ihm von einem Geschoß freunde warm empfohlen war. Eines Vormittags meldet sich. junge Mann und bittet den Kaufmann um eine Unterredung. Herr", sagte er schwungvoll, „ich liebe Ihre Töchter, und bitte um die Hände derselben." — „Wie, alle vier?" rief der Famiüenu^ aus. „Aber mein Herr, sind Sie verrückt!" — „Doch nicht, u> Herr, ich bin Mormone." ; * Der Portraitmaler Penali in Lyon hatte sich vor KUM, mit einer reichen, schönen Fabrikantentochter, Mlle. Minnie Bern» ' verlobt. Die Hochzeitstoiletten waren bereits bestellt, der Tag ' die Trauung festgesetzt. Vor einigen Tagen sagte Penali zu , Braut: „Ich hoffe, du bist meiner dir bekannten Antipathie entE . gekommen und hast all' die Kleider ohne Tournure bestellt." Bernard lachte und sagte: „Ehe ich ein Brautkleid ohne Tour> - trage, lege ich es lieber gar nicht an." Der Künstler machte das eine kleine Szene, in der er der Braut die Wahl zwischen seiner und der Tournure ließ, und als sich die junge Dame für die letz entschied, trat er noch am selben Abende eine Reise nach Egypteu.^ * 100,000 Dollars in der Erde vergraben. Im Finanzminister> in Washington traf Anfangs der Woche ein 100,000 Dollars Ver. Staaten Papiergeld enthaltendes Packet zur Einlösung ein. einzelnen Noten waren als solche kaum noch erkennbar, da ihr sitzer, ein Farmer in Ohio, dieselben in der Erde vergraben ' indem er diesen Aufbewahrungsort einer Bank rc. vorgezogen h^'