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Goldwäscher einen glänzenden Ertrag versprach und das vorher völlig verödcie Thal belebte sich plötzlich mit Menschen aus aller Herren Länder, die nun mit rastlosem Fleiß den Boden nach den verborgenen Schätzen durchwühlten, um das rasch Erworbene ebenso rasch und eif rig wieder zu vergeuden. Gewöhnlich betreiben die Goldwäscher das Geschäft gemeinschaft lich. Einige Abenteurer rotten sich zusammen und durchschweifen die Gegend, bis sic eine einträgliche Stelle finden, die ihnen eine lohnende Ausbeute verspricht. Man trennt sich dann ebenso rasch wieder, wie man sich gefunden hat. So waren auch zwei Deutsche seit acht Tagen zufammengeblie- ben und hatten sich, von der Sucht nach Gold verlockt, immer weiter in die Berge verirrt. Das Glück war ihnen günstig. Seit gestern hatten sie eine Stelle gesunden, die sich als außerordentlich reich erwies und ihnen in kurzer Zeit einen großen Gewinn versprach. Die beiden Deutschen warfen endlich, nach rastloser, mehrstündiger Arbeit, Kelle und Schaufel hin, um ihr Frühstück einzunehmen, das freilich nur aus getrocknetem Fleisch, hartem Brot und einem Schlucke Wasser bestand: aber die Hoffnung, in kurzer Zeit ein glänzendes Vermö- gen „herauszuwaschen", würzte ihr Mahl und belebte ihre Herzen. Während der eine Deutsche sich nach dem Essen eine Cigarre anzün dete, holte der Andere ein zerknittertes Zeitungsblatt hervor und ver tiefte sich in seinen Spalten. Er mußte die Zeitung schon zur größ ten Hälfte gelesen haben, denn er war bereits bei den Inseraten ange langt, denen er aus Langeweile jetzt ebenso viel Aufmerksamkeit schenkte, wie gewiß früher dem politischen Theil. Plötzlich hielt der schon be jahrte Mann im Lesen inne, sein wettergebräuntes Antlitz belebte sich und er blickte von der Zeitung auf seinen Kameraden hinüber, der so schweigsam weiter schmauchte, wie er es von ihm gewöhnt war. Er hatte ihn niemals nach Namen und Herkunft gefragt — das war unter Goldwäschern ohnehin nicht Sitte — sie hatten sich beide zu sammengefunden, weil der Andere ebenfalls noch ein Stück weiter in die Berge gewollt und so waren sie aufgebrochen, ohne mehr als die gewöhnlichen Redensarten mit einander auszutauschen. Obwohl sein Begleiter zwanzig Jahre jünger war, zeigte er gar nichts von jugendlichem Frohsinn, sondern eine düstere Verschlossen heit, die überall, nur nicht hier in dieser menschenöden Gegend abge- stvßen hätte, wo Jeder den Anderen seines Weges ziehen ließ und sich wenig darum kümmerte, welches Gesicht der Einzelne mit sich her- umlrug. Um so merkwürdiger war es, daß plötzlich der alte Goldwäscher seinen Kameraden aufmerksam betrachtete, noch einmal den Blick in die Zeitung warf, dann wieder die harten grauen Augen auf dem jungen Mann ruhen ließ und wie befriedigend von seiner Beobach tung mit dem Kopfe nickte. „Thormählen!" rief er plötzlich und als der Andere unwillkürlich sich umwandte und ihn ganz verwundert anstarrte, stieß der Alte ein selbstzufriedenes kurzes Lachen aus: „Dachte mir's schon! Stimmt ja Alles! Das Grübchen im Kinn, sogar die weggeschnittene Warze im Gesicht, die schon wieder ein Bischen zum Vorschein kommt." Der junge Mann nahm seine Cigarre aus dem Munde, wollte sprechen, schwieg aber und blickte nur finster und mißtrauisch auf fei nen Kameraden. „Könnte mir taufend Thaler verdienen, Hinrich Thormählen", fuhr der Alte mit der Laune eines alten Jägers fort, den plötzlich ein Wind schußrecht gekommen. „Calculire aber, daß hier mehr abfällt, als die lumpigen tausend Thaler, und mag sich deshalb ein Anderer das Geld auflesen." Da der Andere noch immer schwieg, obwohl sich in seinem Ant litz ebenso viel Unruhe wie gespannte Erwartung abspiegelte, begann der alte Goldwäscher von Neuem: „Rathe Dir doch, nicht mehr mit dem alten Gesicht herumzulaufen, wo Dich Jeder erkennen muß. Ha ben hier genug arme Teufel, die auf tausend Thaler anbeißen, und dann könnte doch dem Hinrich Thormählen eine Suppe eingebrockt lverden." Jetzt konnte der junge Mann nicht länger an sich halten. Wie " auch seine Lippen zusammenpreßte, er keuchte doch endlich mit ver- slörtem Antlitz hastig hervor: „Du schwatzest da wunderlich. Was ist Du in den Kopf gefahren?" „Lies selbst! Es steht groß und breit da. Zur Rettung eines unschuldigen! Tausend Thaler Belohnung !" — Mit zitternder Hand kuff der junge blonde Mensch nach dem Zeitungsblatte und seine un ruhig zuckenden Augen irrten über die Annonce Helenens hinweg, die uuch in dieser kleinen kalifornischen Zeitung stand. Je weiter er las, je bleicher wurde sein Gesicht. Die Buchstaben führten einen Tanz vor M auf. Ihm war, als ob alles Blut sich zu seinem Herzen dränge, als müsse er einen lauten Schrei ausstoßen; aber mit furchtbarer Ge walt beherrschte er sich noch und nur das Zeitungsblatt krampfhaft Ammmenballend, starrte er zu Boden, ohne zu antworten, ohne den Blick zu erheben. „Nicht war? 's stimmt! Hab recht gesehen!" fragte der Alte und betrachtete die inneren Verzweiflungsqualen des jungen Kamera- ben mit sichtlichem Behagen. „Könnte das Geld haben, ist mir zu lumpig. Sehr gut beschrieben. Eine Krähe wäre im Stande, rauszufinden. Möcht aber nicht an Deiner Stelle sein! Hab' bwnchen tollen Streich gelebt, aber kann ruhig schlafen. Ein junges, uubsches Gesicht kommt mir nicht im Traum und frägt, warum ich's A Seite ^schafft. — Und ein Unschuldiger muß dran glauben!? — pacht' doch nicht an Deiner Stelle sein, Hinrich Thormählen. Na, magst Du mit Dir selber abmachen; denkst sonst, daß Dein Ka- bferad nur ein altes Weib sei, das nicht als schwatzen kann." Und Ach-L" weiter zu beobachten, ging er wieder an seine o . Der junge Mann verharrte in finsterem Hinbrüten noch eine lange Seine Seele schien nach irgend einem Entschlusse zu ringen. A. stieß einen leisen Seufzer aus und in seinen hellgrauen Augen IHtMmerte etwas wie eine Thräne. „Ich will ihn retten", murmelte " vor sich hin. „Hab' ich doch ohnehin keine Ruhe mehr." — Da ntl fein Blick auf feine gefüllte Tasche, die feinen bereits eingesammel- -en Schatz enthielt. — Welch' ein herrliches sorgenfreies Leben winkte M mit diesem Besitz! — Seine guten Gedanken waren wieder ver bogen; rasch erhob er sich und so schweigsam wie sonst arbeitete er on der Seite seines Kameraden weiter und nur die fieberhafte Hast, mit der er sich jetzt feiner Beschäftigung hingab, verrieth, wie er sich oetauben und in seinem Innern etwas zum Schweigen bringen wollte. Ebenso wortkarg, wie früher, legten sich dle beiden Goldwäscher «ach vollendetem Tagewerk zur Ruhe. Mit keinem Worte wurde mehr 'E Zeitungsannonce erwähnt; aber als der Alte am andern Morgen ^wachte, war fein Kamerad an seiner Seite verschwunden. — „Dachte mir es schon! Hält's aber nicht nöthig gehabt", sagte er vor sich PW und ging nun allein an seine Arbeit, mit demselben Gleichmuth, mit dem er bisher an der Seite des Jüngeren ausgehalten hatte. Der Andere hatte sich mitten in der Nacht von seinem Lager ge schlichen, um in rastloser Wanderung sogleich nach San Francisco aufzubrechen. Dort angelangt, war es sein Erstes, nach einer deut schen Zeitung zu greifen; er durchflog den Jnsertionstheil und zuckte zusammen, als er wieder dieselbe Aufforderung fand, die ihn Plötzlich aus den Goldminen Hinweggetrieben. Nur war jetzt die Summe er höht und für die Entdeckung Hinrich Thormählen's eine Belohnung von zehntausend Thalern geboten worden. Mit heftiger Geberde zerknitterte der junge Mann die Zeitung in seiner Hand, dann sah er sich nach allen Seiten scheu um, als müsse Jeder das Signalement gelesen haben und könne sofort, wie der alte Goldwäscher, die Aehnlichkeit mit dem dort beschriebenen Hinrich Thor mählen entdecken. — Er eilte sogleich in einen Barbierladen, ließ sich das blonde Haar ganz kurz scheeren und betrachtete sich dann auf merksam im Spiegel; aber er war mit dieser Verwandlung noch nicht zufrieden. Er kaufte sich einen falschen Bart und glaubte sich nun völlig geschützt; aber als er an der Wirthstafel saß, bemerkte er, daß sein Gegenüber ihn scharf und aufmerksam ansah und dann nachsann, wo er wohl das Gesicht schon gesehen habe. (Fortsetzung folgt.) Stadtgememderathssitzung vom 27. August 1885. 1-, Nahm man Kenntniß vom Resultate der am 16. dsS. Mts. stattgefundenen Sitzung des Ausschusses des Krankenversicherungsver bands im Amtsgerichtsbezirk Wilsdruff; 2 ., wurden die auf die diesjährigen Pflaumen- und Grummet nutzungen der hiesigen Stadtgemeinde gethanen Höchstgebote ange nommen; 3 ., soll die Gasse am alten Friedhöfe dieses Jahr noch gepflastert werden, falls die Pflasterung der Berggasse nicht zu spät beendet wird; 4 ., beschloß man, die auf dem Feldgrundstücke des Herrn Stadt gutsbesitzer Wegerdt noch defecte städtische Thonröhren-Wasserleitung in einer ungefähren Länge von 90 Meter im Anschluß an die neuer dings umgelegte Strecke durch Legung eiserner Röhren Herstellen zu lassen; 5 ., wurden sämmtliche städtische Rechnungen, einschließlich der Sparkassenrechnung, auf das Jahr 1884 justifizirt; 6 ., will man auf das Gesuch des provisorischen Comitees für Errichtung einer Arbeiter-Colonie im Königreich Sachsen um Gewäh rung einer Unterstützung zunächst abwarten, wie sich dieses Project gestalten wird; 7 ., faßte man Beschlüsse in vier Unterstützungswohnsitzsachen; 8 ., soll eine Reparatur der Fenster im Parterre des Rathhauses vorgenommen werden. Wilsdruff, am 29. August 1885. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. Ungarisches Dampfmehl! das ergiebigste, was es giebt, empfiehlt ausgewogen Caffee-, Mehl- und Butterhandlung, Freibergerstraße No. 4. Feinste Tafelbutter ist frisch angekommen und empfiehlt Freibergerstraße No. 4. lO. Einzig in seiner Art! Auf die beliebteste und verbreitetste Zeitung der Reichs hauptstadt, den „Berliner Lokal-Anzeiger", welcher vom 1. September a. o., außer Montags,' täglich (2—3 Bogen stark in großem Format) erscheint, nehmen alle Postämter Deutschlands Probe- Abonnements zum Preise von 50 Pf„. pro Monat September entgegen. Roman-Anfang wird gratis nachgeliefert. Eine Oberstube nebst daranstoßender Schlaf-Kammer, Boden- Kammer, Küche und Kellerbenutzung ist zu vermiethe« Freibergerstraße No. 155. Lum Mittwoch, den 2. September, zur Sedanfeier öffentliche Ballmusik. Hochachtungsvoll 8vdumullu. Marktbericht. Wocheumarkt zu Wilsdruff, um 28. August. Eine Kanne Butter kostete 2 Mark 20 Pf. bis 2 Mark 30 Pf. Ferkel wurden eingebracht 200 Stück und verkaufte Paar 15 Mark — Pf bis 27 Mark — Pf. Meißen, 29. August. 1 Ferkel 5 Mk. — Pf. bis 11 Mk. — Pf. Eingebracht 360 Stück. 1 Läufer 20 Mk. — Pf. bis 30 Mk. — Pf« 1 Kilogramm Butter 2 Mk. 40 Pf. bis 2 Mk. 60 Pf. Dresden, 28. August. (Getreidepreife.) An der Börse: pro 1000 Kilogramm: Weizen, inl. weiß 175—180 M., Weizen, gelb 170—175 Mk., fremder Mk. Korn 145—149 Mk., Gerste 150—160 Mk. Hafer 148—152 Mk.— Auf dem Markte: Hafer pro Hektoliter 7 Mk. 60 Pf. bis 8 Mk. 40 Pf. Kartoffeln 4 Mk. 50 Pf. bis 5 Mk. - Pf. Butter 1 Kilogramm 2 Mk. 20 Pf. bis 2 Mk. 60 Pf. Heu pro Centner 3 Mk. 40 Pf. bis 4 Mk. —Pf. Stroh pro Schock 27—30 Mk.