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Spanien brennt bereits lichterloh. Die französischen Zeitungen, allen an Blödsinn voran die „Agence Havas", flammen ordentlich von Be richten über die Aufregung in Spanien, das sie völlig schlachtgerüstet hinstellen, starrend von Bajonueten, 600,000 Flinten stark. Wenn dieses furchtbare Spanien nur nicht auf den Einfall kommt, eines Tages den Kopf über die Pyrenäen zu stecken: 600,000 Mann Soldaten — das ist keine Kleinigkeit selbst für ein Land wie Frankreich —, Deutsch land aber, das von den Franzosen rechtzeitig über die militärische Macht Spaniens aufgeklärt wurde, wird sich hüten, den paar Karoli neninseln wegen die Freundschaft eines so mächtigen Königreichs zu verscherzen, so lange in Frankreich Doroulöde für einen nationalen Helden gilt. Doppelt ärgerlich muß es nun für die Franzosen sein, daß der verwünschte Bismarck nicht nur nicht erklärt, keine einzige der Karolinen mehr herausgeben zu wollen, vielmehr frei heraussagt, gar keine einzige zu wollen, wenn Spanien das mindeste Recht darauf habe, und daß zu guterletzt sich herausstellen dürfte, daß Spanien in der That kein Recht hat; bis vor zehn Jahren wenigstens hat es keins besessen und seither keins erworben. Jedenfalls wird es wegen der Karolinen-Inseln zu keiner Verstimmung zwischen Deutschland und Spanien kommen; das ist das einzige, was in der Sache bis jetzt sicher, wenn auch den Franzosen nicht ganz angenehm ist." Frankfurt a. M. Die Prämien für die Ergreifung des Mör ders des Polizeirath Rumpff im Betrage von 10,000 M. sind nunmehr zur Vertheilung gelangt. Gendarm Götz von Hockenheim, welcher den Lieske anhielt und bei seiner Flucht einfing, erhielt 7000 M.; der eine der beiden Rinkleff 1600 M., der Andere 1300 M. 1000 M. wurden anderweitig vertheilt. Mainz, 27. August. Ein grauenhafter Fund wurde heute Morgen am Rheine hier gemacht. Unfern der Trajektboote fand man an dem Kopfende eines Klosses eine in einen Frauenmantel eingehüllte männ liche Leiche, an welcher der Kops, die beiden Arme und Beine fehlten. An dem Ufer gewahrte man auf mehrere Schritte hin große frische Blutspuren, so daß es unzweifelhaft ist, daß die Leiche in der Nacht hier in den Rhein getragen wurde. Auch ist es an dem Rumpfe leicht ersichtlich, daß das Verbrechen erst während der Nacht geschehen ist. Die Untersuchung ist im Gange. Man vermuthet in dem Ermordeten den Meßfremden Bletz, den Zuhälter der auf den Messen bekannten Kitthändlerin Amalie M ..... von hier. Dieselben hatten vor einiger Zeit bei dem hiesigen Standesamt eine Aufgebotsverhandlung eingeleitet, doch soll sich auch ein Metzger um die Amalie M. bemüht haben. Einzelne wollen in dem Tuch, in welches der Rumpf des Ermordeten eingehüllt war, den Regenmantel dieser M. erkennen. Ein Vertreter der Staatsbehörde hat sich bereits heute früh nach Frankfurt a. M. begeben, um auf der dortigen Messe Recherchen anzustellen. Leute, welche die Leiche gesehen haben, versichern, daß die Zerlegung derselben nur von einem tüchtigen Metzger vorgenommen sein könne. Die Beine seien sauber abgesägt und der Kopf mit großem Geschick herausge schnitten. Verletzungen (Stiche, Hiebe u. s. w.) am Rumpf sind nicht konstatirt worden. Kopf, Arme und Beine fehlen bis jetzt noch. Der Rumpf ist in das Hospital verbracht worden und wird dort bis auf Weiteres verwahrt. Rudolf Herzog, der bekannte Modewaarenhändler in Berlin giebt für seine Geschäftsanzeigen in den Zeitungen jetzt jährlich 400,000 Mark aus. „Als ich nicht inserirte," sagte er jüngst im Kreise seiner Freunde, „hatte ich so geringen Umsatz, daß ich besser gethan hätte, das Geschäft zu schließen. Dann begann ich zu inseriren. Ich wen dete im ersten Jahre 1000 M. daran, und mein Umsatz stieg auf 30,000 M.; im dritten Jahre verwendete ich 10,000 M. auf Inserate, mein Umsatz bezifferte sich auf Hunderttausende und jetzt beträgt er Millionen und mein Gewinn steht im Verhältniß dazu. Alles was ich habe, mein Weltname, mein Milllonengeschäft, verdanke ich nicht allein der Reellität der Geschäftsführung, sondern zu der Macht der Zeitungsanzeigen. Ich bin zu der Gewißheit gekommen, daß heut zutage kein Geschäft ohne die Macht der Zeitungsannoncen in die Höhe kommen und gewinnbringend sein kann." Die Hamburger Bankdiebe sind in Paris gefaßt. Man fand noch 100,000 M. in ihrem Besitz. Vor anderthalb Jahren hatten sie in Stockholm ebenfalls einen Bankdiebstahl begangen, das führte zu ihrer Entdeckung. Daß die Begegnung der beiden Kaiser von Rußland und Oesterreich in Kremsier im Wesentlichen dem europäischen Frieden dienen wird, darüber kann keinerlei Zweifel bestehen. Wohl aber sind die Ansichten darüber, in welcher Weise dies geschehen dürfte, welcher Art die Abmachungen sind, die zwischen den beiden Souveränen statt finden, sehr verschieden und besser wäre es am Ende von den offiziösen Blättern, sie erzählten uns etwas, sofern sie nämlich selbst etwas wissen, anstatt, daß sie ihre ganze Thätigkeit in dieser Richtung lediglich auf das Dementiren beschränken. Aus Berlin und Wien sind Aeußerungen in solchen Blättern, die den Regierungen nahe stehen, noch kaum laut geworden und was aus St. Petersburg kommt, das sieht auch wie die Vorsicht in höchst eigener Person aus. Trotzdem ist es etwas und deshalb drucken wir's für unsere Leser hier ab. Das offizielle „Journal de St. Petersbourg" sagt: Wir schrieben am 16. September vorigen Jahres, daß die Dreikaiser-Zusammenkunft von Skierniewice die Auf merksamkeit der ganzen Welt auf sich lenke, und daß sie in Wirklichkeit nicht der Ausgangspunkt einer neuen Situation sei, sondern die Weihe eines glücklicher Weise bereits bestehenden Zustandes, ein vollständiges Zeugniß für das über alle große Fragen, die die öffentliche Meinung beschäftigen, vorhandene Einvernehmen und eine neue Bürgschaft für den allgemeinen Frieden. Zwei Tage später waren wir in der Lage, zu konstatiren, daß die aus Skierniewice eingelaufenen Nachrichten unsere Vorhersagungen in vollem Maß bestätigten und daß sowohl die persönlichen Gesinnungen der drei Monarchen, wie die Anschauungen und Gesichtspunkte ihrer Minister sich als vollständig übereinstimmende ergeben hätten, und wir fügten hinzu, daß ein allgemeines Sicherhetts- gefühl sich aus der Thatsache ergeben werde, daß das gegenwärtige friedliche Einvernehmen nicht beruhe auf abstrakten Theorien oder zu fälligen Gefühlen, fondern auf der Ueberzeugung einer praktischen Ueber einstimmung der Interessen, welche zu einer dauerhaften Einigung führen müsse. Das Jahr, welches verstrichen ist, seitdem diese Vorhersagungen ausgesprochen wurden, hat die letzteren sicherlich nicht widerlegt; wir sind daher berechtigt, uns in der Hoffnung zu wiegen, daß die Begeg nung zu Kremsier nicht weniger fruchtbar an glücklichen Resultaten sein werde und daß die Freundschaftsbeziehungen zwischen den Sou veränen ebenso wie die politischen Beziehungen zwischen den Regie rungen noch befestigter und konsolidirter daraus hervorgehen werden. Wir haben sicherlich nicht nöthig, besonders hervorzuheben, daß die Abwesenheit des Kaisers Wilhelm und des Fürsten Bismarck keinerlei Abschwächung in den herzlichen Beziehungen bedeutet, welche in so glücklicher Weise zwischen Deutschland und den beiden anderen Reichen bestehen. Eine abscheuliche Kunde kommt aus Trautenau. Ju einem dieser österreichischen Stadt benachbarten Dorf, Königinhof mit Namen, ist ein deutscher Turnverein aus Trautenau, der dorthin einen Ausflug gemacht hatte, von Czechen geradezu überfallen worden. Die Czechen waren in gewaltiger Ueberzahl, so daß die deutschen Turner sich nur zusammenschließen konnten, um den Rückzug anzutreten. Dabei wur den sie von einem Steinhagel überschüttet. 9 Turner sind wehr oder weniger stark verwundet. Eine strenge Untersuchung, heißt cs, sei an geordnet. Wir wollen's hoffen und sind begierig, was dabei herauS- kommen wird. Die Czechen fangen an, es doch zu bunt zu treiben. Wieder ein großes Unglück zur See! Der englische Dampfer „Bangalore" hat im Golf von Aden Schiffbruch gelitten. Dabei sind 100 Personen ums Leben gekommen. Bis zum 21. August sind in Spanien seit Ausbruch der Epide mie, also etwa seit Anfang Juni, 156,077 Personen an der Cholera erkrankt und 61,521 Personen gestorben. Und doch sollen diese Zahlen noch nicht zutreffend sein; man muß, heißt es, wenn man richtig greisen will, beide Zahlen um etwa ein Drittel ihres Betrages erhöhen! Allein am 22. August sind 5664 Erkrankungen und 1721 Todesfälle vorge- kommen. In der Umgegend von Madrid nimmt die Seuche zu. Vaterländisches Wilsdruff. Die Petition an die hohe Staatsregierung und den hohen Landtag, die Fortsetzung der Eisenbahn von hier nach Mohorn-Nossen betreffend, ist von 3l5 Einwohnern unterzeichnet worden. — Burkhardtswalde. Am Mittwoch fand im hiesigen Gasthof eine Versammlung von Landtagswählern statt, wie solche bereits vor mehreren Wochen in Limbach und Röhrsdorf stattgefunden Haden. Herr vr. Oulkkrlu entwickelte sein Programm als Üandtags-Candi- dat. Die Hauptpunkte aus seinem Bortrag waren ungefähr folgende: „Erhalten des Guten und Gesunden" und „Ein mäßiger Fortschritt". Als Gutes und Gesundes hob der Vortragende vorzüglich unsere säch sische Regierung hervor, ferner die Selbstständigkeit Sachsens, die er bei Mehrung und Stärkung des Reiches gewahrt wissen wolle; das wahre Christenthum müsse aber vor Allem erhalten bleiben. Als verbesserungsbedürftig wurde Verschiedenes erwähnt, z. B. Regulirung des Besteuerungsmodus zwischen Stadt und Land, Aenderungen am Einkommensteuergesetz, Ermäßigung der Grundsteuer. Ausstellungen an dem weitläufigen Apparat der Selbstverwaltung. — Bei der Discussion wurde Herr vr. Calberla gefragt, wie er zur Bahnfrage, ferner zur Einführung der obligatorischen Arbeiterbücher und zur Handwerkerfrage stehe. Weitere Wünsche wurden laut über Wasser« laufsregulirung, Vagabundennoth, Unterstützung zur Aufbringung des Schulgeldes u. s. w. Vor Schluß der Versammlung wurde festge stellt, daß die Anwesenden sämmtlich mit der Wahl des Candidaten einverstanden sind. — Piskowitz bei Taubenheim. Vergangenen Montag, als den 24. August d. I., fand die zahlreich besuchte 1. Generalversammlung der Ländl. Bezirks-Schuhmacher-Jnnung zu Piskowitz bei Taubenheim im Gasthaus zu Piskowitz statt. Die seit längerer Zeit bestandenen Bestrebungen, für das Schuhmacher-Handwerk eine, in den König!. Gerichtsamtsbezirken Meißen und Wilsdruff gelegenen ländlichen Ort schaften umfassende Innung zu schaffen, haben dahin geführt, daß die Gründung der Innung, sowie das deshalb aufgestellte Jnnungsstatut am 4. August l885 die Genehmigung der Königlichen Kreishaupt mannschaft erhalten hat. So wurde denn nunmehr das genehmigte Statut zu Gehör der Versammlung gebracht. Unter Leitung des pro visorischen Vorstandes fand alsdann die Wahl des Vorstandes der neuen Innung statt. Nach Berathung verschiedener Anträge und Ver kündigung des Protokolles wurde die in bester Harmonie verlaufene Generalversammlung vom Obermeister mit einem kräftigen Segens wunsche geschloffen. Möge das angefangene Werk fröhlich weiter gedeihen. — Eine Rohheit, wie sie zum Glück vereinzelt dasteht, ist von mehreren Personen in einem Koupee 1. Klasse auf der Eisenbahnstrecke von Meißen nach Dresden ausgeführt worden. Dieselben fuhren mit dem sogenannten „grauen Zuge" nach Dresden zurück und mußten wegen Ueberfüllung des Trains in die 1. Klasse placirt werden. Darin haben sie nun wie wahre Vandalen gehaust. Vorhänge und Gepäck netze schnitten sie ab, ebenso den Plüschbezug von den Sitzpolstern und warsen Alles zum Fenster hinaus auf die Strecke, wo die Gegen stände am anderen Morgen von den Bahnwärtern gefunden worden sind. Leider sind die rohen und frechen Buben an dem betreffenden Abend ungehindert entkommen, doch steht zu hoffen, daß sie durch die eingeleitete Untersuchung ermittelt und so einer exemplarischen Strafe nicht entgehen werden. — Leipzig, 26. August. Am heutigen Vormittag fand im Reichsgerichtsgebäude in Sachen des Mörders des Polizeirathes Dr. Rumpff, Julius Lieske, die Revisionsverhandlung statt. Den Vorsitz führte der Senatspräsident Dr. Hocheder, die Reichsanwaltschaft war vertreten durch den bei der Reichsanwaltschaft angestellten Staatsan walt Treplin, für Lieske war dessen Vertheidiger Justizrath Dr. Fels von Frankfurt erschienen. Nach kurzer Verhandlung wurde die eingelegte Revision verworfen und somit das ausgesprochene Todes- urtheil aufrecht erhalten. — Löbau. In der Nacht zum 4. Juli d. I. wollten einige un bekannte Männer mehrere Tausend sächsischer Cigarren über die Grenze schmuggeln, als ihnen in der Nähe des Grenzortes Ebersdorf plötz lich mehrere Personen in Civil den Weg vertraten und sie unter dem Vorwande, daß sie sich Finauzwachleuten gegenüber befänden, zur Herausgabe der Cigarren aufforderten. Die Schmuggler hatten na türlich nichts Eiligeres zu thun, als unter Zurücklassung ihrer einen Werth von mehreren Hundert Mark repräsentirenden Waaren schleu nigst die Flucht zu ergreifen. Die vermeintlichen „Finanzer" hatten guten Grund, von der Verfolgung abzustehen und brachten ihren Raub in Sicherheit. Da die Schmugler sich selbstverständlich hüteten, von der Sache zu reden, wurde die Gaunerei erst jetzt durch Zufall entdeckt, und es sitzen bereits zwei der falschen Zollorgane aus Voits« berg hinter Schloß und Riegel. Bermtheilt. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Das Goldfieber lockt immer wieder eine abenteuerliche Menge in den fernen Westen Amerika's. Sobald das Gericht von neu entdeckten Minen sich verbreitet, dann stürzen verwegene Gesellen wie Raubvögel an den Ort, um sich zuerst der reichen Beute zu bemächtigen. Erst kürzlich war wieder eine Gegend aufgefunden worden, die für die