Volltext Seite (XML)
Tharandt, Nossen, Ziebenlehn und die Umgegen-tn. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Witsdruff. 45. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen Nr. 67. Freitag, den 21. August , , , 1885. Bekanntmachung, Das Fahren mit Veloeipeden auf öffentlichen Wegen betreffend. Nach Gehör des Bezirksausschusses wird im Anschluß an die in anderen Bezirken getroffenen Bestimmungen Folgendes angeordnet: 1 ., das Fahren mit Veloeipeden auf allen öffentlichen Wegen des amtshauptmannschaftlichen Bezirks hat mit größter Vorsicht zu erfolgen und ist insbesondere beim Herannahen von Fuhrwerken oder Reitern nur ganz langsam zu fahren. 2 ., Sobald Pferde beim Anblicke eines im Gange befindlichen Velocipedes unruhig oder scheu werden, so hat der Velocipedfahrer unverzüglich anzuhalten, abzusteigen und zu warten bis die Pferde vorüber sind oder sich beruhigt haben. 3 ., Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Vorschriften werden, insoweit nicht andere Strafbestimmungen einschlagen, nach § 366, 10 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 60 M. —. oder Haft bis zu 14 Tagen geahndet werden. Meißen, am 14. August 1885. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bosse. Auktion. kommenden Montag, den 24. A°ugufi -. I., Nachmittag 3 Uhr, gelangen im XoiiLu'8«Lon 6u8tboko na L«88«Is- ckvrt 1 Stück auf dem Halme anstehender Hafer, 101 Zeilen Kartoffeln, 38 Zeilen Runkelrüben und Kraut, sowie Betten, Bettstellen und Matratzen gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Wilsdruff, am 17. August 1885. MattheS, Gerichtsvollzieher. Bekanntmachung. Die diesjährigen Pflaumen- und Grummetnutzungen der hiesigen Stadtgemeinde sollen nächste Mittwoch, den 26. dieses Monats, Nachmittags 6 Uhr, meistbietend unter den vorher bekannt gemacht werdenden Bedingungen im hiesigen Schießhause verpachtet werden. Wilsdruff, am 19. August 1885. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. DageSgeschichte. Berlin. Dem Wiener Männergesangverein ist nicht nur bei seiner Ankunft hierselbst, sondern auch bei seinen Gesangsaufführungen eine Aufnahme sonder Gleichen begegnet. Das erste Concert fand Sonnabend Abend statt. Schon während der einzelnen Gesangsnum mern brach eine Stimmung los, der man im Konzertsaale sonst nicht begegnet. Der Beifall war au sich ein endloser, der zu spontanem Jubel sich steigerte und mitten in den musikalischen Vortrag eines Lie des Hineinplatzle, als derselbe die nicht ohne besondere Betonung vor getragene Stelle enthielt: „Ich grüße Dich, Deutschland aus Herzens grund!" als aber am Schluffe des ganzen Programms, dem stürmi schen Dank des Publikums Folge gebend, die Wiener „Das deutsche Lied" von Kalliwoda intonirten und mit geradezu hinreißendem Feuer sangen, da entwickelte sich eine beispiellose Scene. Tosend brach der Jubel los, immer stärker schwoll er an, Damen und Herren stiegen auf Stühle, sie winkten mit Hüten und Tüchern, aus dem Podium flatterten Hunderte von Notenblättern, hinauf und hinunter rief man sich freundliche Worte zu, von der Galerie herab forderte ein alter würdiger Herr zu einem Hoch auf die Sänger auf, was dröhnend ausgebracht wurde kurz, es war eine Scene so außergewöhnlich, daß selbst die Wiener, welche an Ausbrüche warmblütigen Empfindens gewöhnt sind, überrascht, hingerissen und gerührt waren. Dem Konzert folgte ein Kommers der die gleiche Stimmung zu Tage förderte. Sonntag Abend hielten die Sänger das zweite und letzte Konzert ab. Der Er trag der Musikaufführung ist zu wohlthätigen Zwecken bestimmt. Mon tag Nachmittag haben die Sänger dem Kaiserpaare in Babelsberg eine Huldigung dargebracht. — Se. Maj. der Kaiser lebt, wie man hört, auf Schloß Ba belsberg gemäß dem Anrathen der Aerzte im Großen und Ganzen wie es in Gastein der Fall war, d. h. der Kaiser meidet Anstrengung und Ermüdung und bringt, soweit es thunlich ist, viel Zeit in freier Luft zu. Der Kaiser selbst ist wie seine Arzte dauernd mit der Heil wirkung der Gasteiner Bäder zufrieden und schreibt denselben den Haupt- anthal an der wiedergewonnenen Kräftigung zu. Allseitig hegt man unter diesen Umständen die Hoffnung, daß auch das Reiseprogramm des Monarchen für den Herbst einschließlich der Theilnahme an den Kaisermanövern keine Abänderung erfahren werde. — In Berliner, der russischen Botschaft nahestehenden Kreisen gilt es nunmehr als beschlossene Sache, daß das russische Kaiser- Paar nach der Begegnung mit dem Kaiser und der Kaiserin von Oesterreich sich zum Besuch der dänischen Königsfamilie von Krem ser bezw. Gmunden nach Kopenhagen begeben werde. Dort werden gleichzeitig der König und die Königin von Griechenland, sowie der Prinz und die Prinzessin von Wales erwartet. Die Reise von Oester reich nach Dänemark führt durch Deutschland und bei dieser Gelegen heit würde sich, wie man meint, eine Zusammenkunft des russischen Kaiserpaares mit dem Kaiser von Deutschland leicht bewerkstelli gen lassen. Bei allen diesen Angaben ist jedoch zu berücksichtigen, daß aus hinlänglich bekannten Ursachen die Reisepläne des Zaren häufig noch im letzten Augenblicke eine vollständige Aenderung erfahren. Ein Unglücksfaü, der bedauerliche Opfer gefordert hat, hat sich Montag Abend im Norden Berlins ereignet. Das Laboratorium des Feuerwerkers Massow, bei Reinickendorf gelegen, ist in Folge Selbstentzündung einer Rakete in die Luft geflogen. Ein Arbeiter, der völlig zerrissen wurde, blieb auf der Stelle todt, ein andererstarb im Laufe des Abends, zwei weitere sind schwer verletzt, doch hofft man sie am Leben zu erhalten. 525 Staatsanwälte giebt's im deutschen Reich. Wohl dem, der frei von Schuld und Fehle bewahrt die kindlich reine Seele! In Appenrod im Kreise Alsfeld kam am Sonnabend ein Groß feuer zum Ausbruch. Die Kirche, das Schulhaus und 22 Hofraithen sind abgebrannt, etwa 20 Familien obdachlos. In Oesterreich richten sich die Blicke mehr und mehr auf die bevorstehende Begegnung zwischen dem österreichischen und dem russi schen Herrscher in Kremsier, durch welche das mährische Landstädtchen, gleich Gastein, einen historischen Namen erhalten wird. Bereits sind daselbst alle Vorbereitungen zu einem würdigen Empfange der beiden Kaiserpaare getroffen, ebenso haben alle Beamten auf den österreichi schen Eisenbahnstationen, welche die russischen Majestäten passiren werden, die striktesten Verhaltungsmaßregeln erhalten. Kaiser Franz Joseph und die Kaiserin Elisabeth werden einige Stunden vor den russischen Gästen in Kremsier erwartet. Marseille, 17. August. Im Laufe des Tages sind 24 Cho leratodesfälle vorgekommen. Spanien. Vor zwei Monaten, am 14. Juni, räumte die Ma drider Amtszeitung das Grasstren der Cholera in sieben Provinzen ein. Die Seuche war indeß schon Ende März in Jativa aufgetreten und hatte in der Umrunde von Valencia und Murcia seit Wochen gewüthet. Vom Beginn ihres Ausbruches bis heute hat die Epidemie 56,699 Todesfälle unter 145,000 erkrankten Personen verursacht. Ab- gesihen von einigen großen Städren, wie Murcia, Valencia, Granada, Saragossa, Carthagena und Teruel, ist die Seuche am verhängniß vollsten in den ländlichen Kreisen, die in der Nähe von Flüssen und in sumpfigen Gegenden gelegen sind, gewesen. In dieser Woche ist die Cholera in mehreren nördlichen Provinzen aufgetaucht, wo sie die Slädte heimzusuchen scheint. Tolosa, San Sebastian und Logrono haben am meisten gelitten. Während der letzten Zeit hat sich auch in Madrid eine Zunahme der Seuche gezeigt. Nach einer ungefähren Schätzung sind 60,000 Spanier aus dem Königreiche geflüchtet. Viele andere flüchten nach den nicht angesteckten Distrikten. Es sterben mehr Erwachsene als Kinder. Trotz der furchtbaren Krankheit, welche die Bevölkerung Spa niens decimirt, hat diese die Lust an aufregenden Vergnügungen nicht verloren. In Vittoria fand in den ersten Tagen d. M. ein Stierge fecht statt, und dabei ereignete sich eine Scene von ganz schauerlicher Art. Der erste Stier war erlegt, die gefallenen Thiere, Stier und und einige Pferde, wurden fortgeschafft und das reichlich verspritzte Blut ward mit frischem Sande bedeckt, als das Zeichen für den zwei ten Stier erscholl. Das Thier erschien am Eingänge, argwöhnisch die glühenden Augen rollend, und brach dann beim Erblicken des Torero,