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DageSgeschichte. Dem Frühschoppen am Dienstag bei dem Reichskanzler wohnten weit über 300 Personen bei; es waren zahlreiche Mitglieder des Bun desraths, die Staatsminister und Reichstagsabgeordnete erschienen. Von Ersteren waren unter Anderen Graf Lerchenfeld-Koefering, Herr furth, v. Puttkamcr, v. Scholz, Maybach, Friedberg, Bronsart von Schellendorf, von Letzteren die Konservativen fast vollständig erschienen. Auch von den Nationalliberalen fehlten wenige, von dem Centrum waren unter Anderen anwesend v. Franckenstein und Windthorst, mit welchem sich der Reichskanzler längere Zeit unterhielt. Von den Deutschfreisinnigen war u. A. Vizepräsident Hoffmann anwesend. Der Fürst und die Fürstin Bismarck, die Grafen Herbert und Wilhelm Bismarck, wie Graf und Gräfin Rantzau machten in liebenswürdigster Weise die Honneurs. Die Unterhaltung gestaltete sich sehr lebhaft und trug einen durchaus zwanglosen Charakter. Im Nebenraume konzertirte die Kapelle des zweiten Garderegiments. Der „National- Zeitunq" zufolge antwortete der Reichskanzler bei dem Frühschoppen auf die Frage Windthorst's, ob der Reickskanzler auf die Verhandlung des Auslieferungsvertrages mit Rußland großen Werth lege, daß er auf die Annahme des Vertrages allerdings großen Werth lege. Der Schluß des Reichstags wird nach den Aeußerungen des Fürsten am Sonnabend erwartet. Nach einem Bericht des Präsidenten des Reichsversicherungsamtes an de» Bundesrath sind die Vorbereitungen zu der Ausführung des Unsallversicherungsgesetzes, speziell die Bildung der Berufsge nossenschaften, so weit vorgeschritten, daß das Gesetz vollständig am 1. Oktober in Wirksamkeit treten kann. Die preußischen Lehrer werden sich freuen. Das Pensions- gesetz ist am Freitag vom Abgeordnetenhaus definitiv angenommen worden, nachdem es aus dem Herrenhaus mit einigen Veränderungen zurückgekommen war. Diese Veränderungen betreffen allerdings gerade zwei Punkte, welche das Abgeordnetenhaus früher durchaus nicht ge nehmigen wollte, die Herabsetzung des Staatszuschusses zu den Pensionen auf 600 M. und die Heranziehung der Nachfolger der zu pensioniren- den Lehrer zur Pensionslast; die Regierung hatte aber erklärt, daß das Gesetz nur so und nicht anders für sie annehmbar sei und darauf hin gab man im Abgeordnetenhaus nach. Das war klug, denn sonst hätten die Lehrer wiederum das Nachsehen gehabt. Ein Ehrenzeugniß für den guten Geist in der Borsig'schen Fabrik in Berlin ist es, daß dieselbe mehr als 700Personen zählt, welche seit länger als 25 Jahren ununterbrochen in derselben als Be amte, Werkmeister und Arbeiter beschäftigt sind. LhliraM, WDi, Aikbrnlkhn Md die UnlMlldtN. Amtsblatt für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 45. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementprcis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Psg. — Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 39. Freitag, den 15. Mai 1885» marktorte Meißen betragen: Pf. für 50 Kilo Weizen, 50 50 50 50 50 50 10 12 8 11 7 4 2 Weizenmehl, Roggen, Roqqenmehl, Hafer, Heu, Stroh. Bekanntmachung, die Vergütung für Landlieferungen betreffend. Die nach H 19 Absatz 2 und 3 des Kriegsleistungsgesetzes vom 13. Juni 1873 im Falle der Ausschreibung von Landlieferungen für deren Vergütung auf die Zeit bis zum 1. April 1886 maßgebenden Durchschnittspreise der letzten zehn Friedensjahre in dem Haupt- Mark 73 . 74 - 61 - 11 - 73 . 22 . 41 Königliche Amtshauptmannschast Meißen, am 7. Mai 1885. v. Boffe. Bekanntmachung. Der Umbau der Fahrbahn auf der Niederwartha er Elbbrücke ist beendet und kann der öffentliche Fahr- und Fußverkehr auf derselben nunmehr ungehindert wieder stattfinden. Meißen, am 11. Mai 1885. Königliche Amtshauptmannschast. I V Gilbert, Bez.-Ass. Bekanntmachung, Durchschnittspreise für Marschfourage betreffend. Von der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden sind die Durchschnittspreise für Marschfourage in dem Hauptmarktorte des hie> siqen Bezirks, der Stadt Meißen, auf den Monat März dieses Jahns folgendermaßen festgestellt worden: 7 Mark 65 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 - 69 - - 50 - Heu, 1 - 90 - - 50 - Stroh. Königliche Amtshauptmannschast Meißen, am 7. Mai M. v. Bofse. Im englischen Unterhause ist die „neue Ueberraschung" enthüllt worden, die sonderbarer Weise bereits vor einigen Tagen von Peters burg her in Aussicht gestellt wurde. Sie besteht in der Seitens der Regierung offiziell erfolgten Erklärung von dem demnächst erfolgenden Rückzüge der englischen Truppen aus dem Sudan. Der Vormarsch auf Khartum ist aufgegeben. Selbst Suakim soll geräumt werden, wenn für die Besetzung desselben ein Arrangement mit einer anderen Macht getroffen sein wird, und diese andere Macht wird doch wohl nur Italien sein, dem schließlich die Ehre zugedacht zu sein scheint, den — schmählichen englischen Rückzug zu decken und noch einige Kastanien aus dem Feuer zu holen. Der Sieg des Mahdi und der Verlust des ganzen Sudan für Egypten sind damit besiegelt. Die russisch-englischen Verhandlungen über die afghanische Frage, welche in London geführt werden, sind, wie der Premier Gladstone im Parlament mitgetheilt hat, bereits zu einem zwischen den beiderseitigen Vertretern vereinbartem Abkommen gediehen, das bereits der russischen Regierung zur Genehmigung mitgetheilt worden ist, und, wie Gladstone hofft, von derselben ratifizirt werden dürfte. Der Ab schluß einer förmlichen Konvention wird dann beabsichtigt, wenn die Grenzlinie zwischen Afghanistan und Rußland festgestellt ist. Petersburg. Die Friedensstimmung macht sich überall geltend. Der Umschwung ist rasch und man darf wohl behaupten, unerwartet eingetrelen. Denn zuletzt glaubte hier Niemand mehr, daß die russische Regierung sich auf eine Grenzregulirung einlaffen würde, durch welche sie möglicherweise Pendjeh verlieren würde. Man be hauptet jetzt, der Finaazminister habe beim Zaren stark für den Frie den plaidirt und von den Finanzen des Landes ein wenig erbauliches Bild entworfen, daß der Kaiser zu der Ueberzeugung gekommen sei, daß das Land durch einen Krieg in unabsehbare Kalamitäten gerathen werde. So wie sich die Dmge nunmehr entwickelt haben, war der ganze Putsch eine Thorheit, "und wenn der General Komaroff auf Drängen der hiesigen Kriegspartei die Afghanen angegriffen hat, so ist es letzterer zuzuschreibeu, daß das Land beträchtliche Summen ver loren hat. — Das Marineministerium hat der hiesigen Handelswelt einen derben Schlag versetzt. Der Kronstädter Hafen soll fortan für Handelsschiffe geschlossen blejben und in Zukunft nur der Kriegs marine dienen. Die Verfügung ist ganz plötzlich und überraschend ge kommen und hat in kaufmännischen Kreisen die größte Entrüstung her vorgerufen. Die Eröffnung der Schifffahrt steht unmittelbar bevor; die friedlicheren Aussichten hatten die gesunkenen Hoffnungen unserer Handelskreise wieder etwas gehoben und nun fährt das Marineministe rium störend dazwischen. Man hofft, daß der Kaiser die Verfügung zurücknehmen wird, denn was daraus werden soll, wenn die Handels-