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Beilage zu No. 59. ?ie Lage der Einwanderer in den gereinig ten Staaten von Nordamerika. M«itn Bortrag , gehalten im Club der Landwirthe in Berlin von Herrn Rittergutsbes Neuhauß-Selchow. (Fortsetzung und Schluß.) Als ich mit der Northern Pacific-Bahn von Portland nach Minnea- stet ez mir auf, in den kleinen Städten Schaaren von un- ?Wftigten Arbeitern anzutreffen. Man sagte mir, daß diese nun ^August nach den nördlichen Staaten gekommen seien, um hier in Ernte, die 'in 8 Tagen begann, noch Beschäftigung zu suchen. M ich von Castleton nach Dalrywpel ging, begleiteten mich 4 Arbeiter, EM aus Kansas, einer aus Californien, einer aus Oregon und einer M Ohio, die so weit hergekommen, um sich dort für die Erntearbei- welche etwa 4 Wochen dauerten, engagiren zu lassen. Von diesen Unten hörte ich höchst interessante Schilderungen über das Leben der uhnarbeiter in Amerika, wie sie doch sehr sparsam sein müßten, um weiten Reisen bezahlen und um sich in den oft sehr langen Arbeits- pMn durchhelfen zu können, die plötzlich alle Ersparnisse konsumirten. Nach Bekanntmachungen des New-J. Handels-Blattes vom 26. fremder sind von den 3500000 Arbeitern^, die es in Amerika etwa Wen sog, circa 350000 ohne Arbeit, also 10 Proz. Wo sie -"deit und Unterhalt finden werdens weiß man noch nicht. Aber es Mrt in Amerika ein großes Sicherheits-Ventil für unbeschäftigte Weiter und Abenteurer in den Minendistrikten. Der Reichthum an „ MN ist hort enorm, so auch an Metallen aller Art, wie an Gold ^"Silber. Das Waschen des Goldes habe ich noch bei Central City Colorado gesehen, wo Chinesen ein Flußbett, welches früher schon "mal durchwaschen war, nochmals nach Gold ausspülten. In der Wen Sonne im wilden Gebirgsthale war dies eine schwere Arbeit, , " es war immer noch leichter auszuführen, als der Bergbau. Ich "m verschiedenen Gold und Silberbergwerken in Colorado 200 und gM Fuß tief im Stollen gewesen und habe mich von der mühsamen ewmnung der Gold- und Silbererze überzeugt. Es machte dort den . ^druck, als sei das Gebirge bei der ersten Revolution gehoben und ! Met W seien bei der zweiten Pression die die edlen Metalle führen- " Erze in die schmalen, oft nur V, Zoll breiten Fellsrisse hin- .^^dreßt. Solche Gold-, Silber- und andere Matalladern liegen y?' d"' etwa neben einander. Man sprengt, diesen Adern folgend, "ge in die Felsen, um darin arbeiten zu können und um das, das . "Metall führende Erz zu sammeln. Es gehört nicht viel Einbildung W, um sich klar zu machen, welche schwere Erzgewinnung in diesen, M Sprengarbeiten mit Qualm angefüllten, dunklen Räumen ist. l2 ? betrugen im vergangenen Sommer in den Minen 10 bis diß , Tag. I" den weiten Gebirgsthälern jener Minen- sieht man von der Sohle des Baches bis fast an die Berg- itoll ' !" denjenigen Klüften, wo die Felsen zerrissen waren, die Erd- die Berge getrieben. Es sieht aus, als wären da zahllose die» Fuchsbaue ausgewühlt. Die des Bergbaues Kundigen suchen pudern auf, nehmen dort, wenn sie solche gefunden haben, gegen ^ Mung einen Schursschein von der Regierung auf, und verkaufen un Private oder Gesellschaften zur Ausbeute. Der Einzelne ^»diesen Bergbau jetzt kaum betreiben, da die Anlagen der Stollen, ! jv ^preiiggeräthschaften und die Gewinnung des Erzes aus dem l große Anlage-Kosten beanspruchen. Man sieht in den jetzt M^ Mllch besetzten Distrikten Tausende von Schachten, aber wenn <»ird Erschaut, wo in Amerika überall Gold und Silber gefunden ^ind^sch bi? Ausdehnung dieses Abbaues doch noch in Äüliv" Farida, Alabama, Mexiko, Colorado, Californien, Oregon, ikmu i" Idaho rc. und besonders in neuerer Zeit in Montana sey., Mn Minen dieser Erze. Es umfassen diese Distrikte der Fel- Läng allein eine größere Ausdehnung als 1000 engl. Meilen MBreite. Welche unermeßlichen, kaum von Weißen betrete- KM a" sind dort noch undurchforscht. Daß diese Erzlager einen l^M" Zusammenhang haben, wurde mir von vielen Geologen gleich- drüben bestätigt, und das die Silbererze in besonders großem vorhanden sind, wurde von allen Fachkennern betont, ebenso, "1 d Wer sei, daß man, wenn man erst mit billigeren Arbeitern schwierigen, mühevollen Bergbau herangehe und das Kapital dix M an die Gold- und Silbergewinnung harantreten werde, um "verschlossenen Distrikte zu durchforschen, der Ertrag der „Wen Minen sich unberechenbar steigern werde. In den sehr Silberschmelzen in Colorado sah ich das weiße Metall in sol- d M wie unsere in Körben gebackenen Landbrode. Der Sil- i lon , b ""d die nicht in Cours zu bringenden Dollars in Washing- ! schy?^ Denver waren überwältigend. Man hat in den Gewölben nicht mehr Platz und der Direktor Silvar in Denver sagte ^"en das Ausland nicht endlich den Markt eröffnete, müßte Um Kießlich noch anstatt von Kupfer von Silber Kessel machen, Wia > Werden. Das Silber ist durch Schmelzen verhältniß- ^3,'Wt Md sicher aus dem Erz auszuscheiden, nicht so das Gold, sührenden Erze werden in durch Dampf oder Wasserkraft ^it Quetschen zerdrückt und dann unter Zufluß von Wasser , h Stampsen, ähnlich unseren Eichenlohestampfen, möglichst Zotten Dieses feine Pulver wird mit Wasser über Kupfer- filber ' welche mitQuecksilber überzogen sind, geleitet, wo das Queck- ^old Golde eine Verbindung eingeht. Das so extrahirte ! wwein grünlicher Schlamm aus und wird alle Tage ein- hhru.j Gummi von Kupferplatten abgeschabt. Das durch Quecksilber Msaesn, ausgeschiedene Gold wird bestmöglichst auf Filztüchern bleib, als schwere Theile wie Steinpulvcr liegen ' Lurch dieses sehr mangelhafte Verfahren soll man, wie allge- Freitag, den 24. Juli 1885. mein bestätigt wurde, nur etwa 40 Proz. von dem vorhandenen Gold zu gewinnen im Stande sein. Die vollständige Pulverisirung deS Er zes unter Zuführung von Wasser soll nämlich nicht ausführbar fein, auch soll durch das Wasser viel Quecksilber „krank", nicht zum Extra- hiren fähig werden; auch soll das bisher angewandte Verfahren der Ausscheidung des Goldes vom Quecksilber noch sehr mangelhaft sein. In Denver wurden mir die Silberschmelzen bereiwillig gezeigt, aber in die Räume, wo jetzt Gold ausgeschieden wird, wurde Niemand zu gelassen. Man sagte mir, ein Professor habe ein Verfahren entdeckt, wonach man anstatt 40 Proz. jetzt 80 bis 90 Proz. Gold gewinne. Dies Patent sei ihm von der Regierung abgekauft und werde danach jetzt gearbeitet, was Niemand sehen dürfe. Die neuesten Nachrichten, welche ich aus Amerika erhielt, scheinen diese Angaben zu bestätigen. Man ist dort auf dem Wege, den Goldausscheidungsprozeß wesentlich zu verbessern. Man will die Goldgewinnung auch in der Weise mit großer Avance betreiben, daß man gelernt hat, das Gold führende Erz trocken, viel feiner, als mit Wasser zu pulverisiren. Dies Pulver wird in erwärmten Cylindern durch Schnecken mitQuecksilber gemischt und wird somit das Erkranken des Quecksilbers vermieden. Man glaubt schon durch die neuen Verfahren die Goldgewinnung verdop peln zu können. — (Es sollen auf der Erde jährlich circa A)0 Mill. Mk. Gold gewonnen werden.) Auch die schon einmal extrahirten ge mahlenen Quarze und sogenannten Tailings glaubt man nochmals mit Erfolg bearbeiten zu können. Es bliebe mir nun noch übrig, über diejenigen Einwanderer zu sprechen, welche „bestellt" waren, und über die, welche beabsichtigten, Grundbesitz zu erwerben. „Bestellte" nenne ich diejenigen, weichender Passageschein geschickt, und welchen bei freier Kost ein Tagelohn von 1—I V2 Mk. für etwa ein Jahr in Aussicht gestellt war. Ein Arbeiter erhält in Amerika monatlich 60— 80 Mk., in der Ernte wohl 120 Mk. und mehr bei freier Kost. In vielen entlegenen Distrikten hält eS den Farmern schwer, Arbeiter zu bekommen, welche dort auch längere Zeit aushalten. Sie schreiben deshelb nach Hause, schildern ihre glänzende Lage, fordern auf, ihnen zu folgen, verbrechen einen für hiesige Ver hältnisse hohen Lohn und den Passageschein frei, wenn mandann ein Jahr bei ihnen arbeitet. Der Farmer macht dabei ein gutes Geschäft, denn so billig arbeitete ihm in Amerika bisher Niemand, weil der Arbeiter dort dabei nichts ersparen kann. Bei der jetzigen großen Arbeitslosigkeit hat die Zahl der Bestellten sehr abgenommen. Auf Seite 147, 148 sagt Douai in Armin Tenner: Unter den Männern sind noch am günstigsten die deutschen Bauerknechte und Bauersöhne daran, welche von Haus aus an schwere Arbeit und dürftige Lebens weise gewöhnt sind. In einer längeren Reihe von Jahren ist es ihnen bisher meistens gelungen, zuerst ein passendes Stück Land, dann etwa- Vieh und zuletzt eine Hütte zu kaufen und, während sie noch immer als Knechte fortarbeiten, in müßigen Stunden so viel Boden aufzu brechen und zuletzt zu bestellen, daß sie am Ende selbständiger Farmer werden können. Aber das machen ihnen nur wenige nach, welche nicht von Jugend auf Bauern gewesen sind. Andererseits ist in den besse ren Distrikten noch kaum Regierungsland zu finden. Zahllose Löhn arbeiter, sagt Douai weiter, welche durch Arbeitslosigkeit zur unge wohnten Farmerei getrieben worden sind, kommen bei dieser Beschäf tigung nicht vorwärts; das wissen auch die zahllosen, jetzt brodlosen Arbeiter sehr wohl; sie mögen alle die dazu nöthigen Arbeiten am Ende ebenso gut erlernen, aber sie haben nicht den Bauernverstand und die Bauerngenügsamkeit, sie besitzen nicht die erforferliche Entsa gung und Knauserei, Ausdauer und Schlauheit. Am schlimmsten sind die gelehrten, sogenannten Lateiner, daran, selbst wenn sie ein Kapitäl chen mitbringen, und das bedarf kaum einer Erklärung, sie kommen je länger desto weniger vorwärts! Nach dem Schluffe meines etwa 11,OM engl. Meilen langen Weges durch Nordamerika legte ich mir die Frage vor: wenn Du Dich als Farmer in Amerika ansiedeln wolltest, wohin würdest Du nun gehen? Ich muß es offen gestehen, — mit Objektivität habe ich mich zu unterrichten gestrebt — ich wüßte diese Frage nicht positiv zu be« aniworten. Unter dem 38 Breitengrade ist es so heiß, daß dort nur 1 Proz. Fremde wohnen. In Virginien, Kentucky, dem südlichen Ohio, Illinois, in Missouri, Kansas und Nebraska ist es sehr fruchtbar, aber sehr heiß und mit den Negern kaum zu leben. In dem herrlichen Californien ist das Land zu theuer, 30—100—2M Dollars Pro Acre. Im Osten wären noch ausgebaute Farmen von Jankes preiswürdig zu kaufen von 40 Dollars und mehr pro Acre, ebenso in Indiana, dem sehr fruchtbaren Illinois, Iowa, aber dazu gehört Geld, da der Ac^ e Land hier 40—200 Dollars zu kosten pflegt. In den nördlichen Diürikten Wisconsin, Minnesota, Dacota hört es mit dem Anbau von Winterweizen auf. In Wisconsin, in dem außerordentlich viele Deut sch,, Mecklenburger, einen sehr sauberen, sorglichen Feldbau betreiben, hat es mir sehr gefallen, aber die Farmer, die ich in Dacota traf, die von Wisconsin nach dort übergesiedelt, tadelten das Klima und beson ders den Boden, der in Dacotä viel reicher, wie mir scheint, aber sehr trügerisch ist. Im James- und Redriver-Thale ist die Ackerkrume sehr tief mit lehmiger Unterlage, aber in dem anderen Theile soll wegen der meistentheils sehr flachen Ackerkrume mit Unterlage von Kies und Geröll, wegen der so großen Hitze und Dürre im Sommer, ebenso wegen Heuschrecken und sonstigem Ungeziefer, wegen sehr heftiger Si ppenstürme, die, wie Adolph Ott (Basel, Verlag von Schneider) berichtet, im Durchschnitt der Jahre Vir des Gesammtertrages an Ge treide und größeren Fruchtsorten in Nordamerika vernichten, die Zu kunft der Farmer keine absolut rosige sein. Es liegen mir Berichte vom Januar d. I. vor, nach denen die Kälte an der Northern Paci fic Bahn auch in diesem Winter entsetzlich hart aufgetreten sein soll. . Im Walla Walla County verlor ein Heerdenbesitzer in Folge von s großer Kälte und Futtermangel von 9M Rindern 7M Haupt. Man