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Tharandt, Nossen, Aiebenlkha nnd die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. 45. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnemenlpreis vierteljährlich I Mark. Einzelne Nummern 10 Psg. — Inserate Werden Montags . und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 59. Freitag, den 24. Juli 1885. TageSgefchichte. Berlin. Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst ist, wie man der „Köln. Ztg." von hier telegraphirt, zwar „noch nicht förmlich zum kaiserlichen Statthalter von Elsaß-Lothringen ernannt, jedoch unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß die kaiserliche Ernennung dem nächst erfolgen wird, da er diese ihm angebotene Stellung jetzt end- Ailtig angenommen hat. Die Wahl, welche die Reichsregierung in chm getroffen hat, ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen die glück lichste, die getroffen werden konnte. Der Süddeutsche wird den El- sässern doppelt willkommen sein, zumal er jetzt während seines elf jährigen Aufenthalts in Frankreich die beste Gelegenheit gehabt hat, die guten wie die schlechten Seiten französischer Verwaltung kennen zu lernen; die altdeutschen Beamten aber können um so mehr mit seiner Wahl zufrieden sein, als der Fürst die Grundlagen seiner Ver- waltungsthätigkeit sich im preußischen Staatsdienst, als Auskultator in Ehrenbreitstein und als Referendar in Potsdam, gelegt hat. Was aber das Wichtigste ist, Fürst Hohenlohe hat in seinem reichbewegten Leben, vor Allem als bayerischer Minister nach 1866 und als deut scher Botschafter in Paris seit 1874, auf den schwierigsten, verant wortungsreichsten Posten stets bewiesen, daß er der richtige Mann an richtiger Stelle und ganz und tadelsfrei seiner Aufgabe gewachsen war. So wird denn auch jetzt allseitig die Erwartung und das Vertrauen gehegt, daß seine Berufung als Statthalter für die Reichslande eine neue glückliche Aera bedeuten werde. Der Fürst ist erst 66 Jahre alt, vollauf rüstig; zu seinem guten Willen bringt er die beste Arbeits kraft mit. In den maßgebenden Kreisen Frankreichs aber wird der Fortgang dieses alle Zeit als maßvoll, patriotisch, entgegenkommend und taktvoll bewährten, ausgezeichneten Diplomaten als ein schwerer Verlust empfunden werden. Sein Nachfolger, als welcher in unter richteten Kreisen der Botschafter in Petersburg, General Schweinitz, angesehen wird, wird große Mühe haben, diese Lücke voll auszufüllen." Berlin. Die Beerdigung des Maurer Dassel, Mitgliedes der Streik-Kommission, welcher bei einer Schlägerei zwischen streikenden und arbeitenden Maurern tödlich verletzt worden war, sollte sich nach der Absicht der die Streikbewegung leitenden Maurer durch einen öffent lichen Aufzug zu einer großen Arbeiterdemonstration gestalten. Das Berliner Polizeipräsidium hat indessen den öffentlichen Aufzug auf Grund des Sozialistengesetzes verboten. — Die Beerdigung hat in aller Stille aus dem städtischen Kirchhofe in Friedrichsfelde stattgefun den. Es war aber ständig eine größere Zahl von Schutzleuten zur Verhinderung aller Ausschreitungen konzentrirt. — Die streikenden Maurer sind von ihrem Beschlusse, die Arbeit nur dann aufzuuehmen, wenn alle Meister 50 Pf. pro Stunde zahlten, wieder abgekommen. Es ist ein Beschluß angenommen, daß bei den Meistern gearbeitet werden kann, die 50 Pf. zahlen. Damit ist der Strike in der Haupt sache vorbei, denn tüchtige Arbeiter erhalten sofort 50 Pf. Berlin, 21. Juli. Die heutige Versammlung der sinkenden Maurer beschloß, die Lohnkommission zu ermächtigen, mit einzelnen Meistern und Bauunternehmern zu verhandeln und bei solchen Meistern die Arbeit wieder aufzunehmen, welche in der Lohnkommission in ge nügender Form erklären, 50 Pf. Stundenlohn zu zahlen, Sonnabends um 4*/, Uhr Feierabend zu geben, sodaß per Woche 59 Stunden ge arbeitet, 60 bezahlt werden. Der Streik wird fortgesetzt, bis eine Ver sammlung sämmtlicher hiesiger Maurer denselben für beendet erklärt. Die preußischen Kreise Sprottau, Freystadt und Glogau sind von einem furchtbaren Hagelwetter heimgesucht worden, welches einen ziemlich bedeutenden Schaden angerichtet hat. Die Firma Krupp in Essen hat für die italienische Regierung vier Strandgeschütze anznfertigen, welche an Größe und Schwere alle bisher fabrizirten Geschütze übertreffen dürften. Das erste fertige Geschütz hat aus dem der Firma gehörenden Schießplätze bei Meppen seine Probe zu bestehen; dasselbe wird auf zwei extra hierzu gebauten Wagen mit zusammen 16 Achsen transportirt. Die Wagen wiegen zusammen 78,000 Kilo nnd die sie verbindende Traverse l9,3M Kilo. Das Rohr selbst hat das respektable Gewicht von 120,000 Kilo. Zu einem Schuß aus diesem Riesengeschütz gehören 295 Kilo Pulver, und die hierzu zu verwendende Granate hat ein Gewicht von 1050 Kilo. Die garantirte Schußweite beträgt nicht weniger als 15,5 Kilometer, also circa 2 deutsche Meilen. Zum Transport dieses Ungeheuers sind der Sicherheit halber Brücken rc. gestützt worden. Auch in Hamburg geht's ernstlich an die Feuerbestattung. Die Bürgerschaft hat einen Antrag auf Zulassung derselben ohne Wider spruch angenommen. Der „Krefelder Ztg." schreibt man von Wesel: Ein Unteroffizier der hiesigen Garnison, welcher überführt, ein anonymes Schreiben an den Oberst gerichtet zu haben, in welchem er über angebliche Miß stände seines Regiments in dennnzirender Weise vorgegangen, von der Unwahrheit seiner Auslassungen aber überzeugt wurde, hat eine Fest- ungsstrafe von 5 Jahren erhalten. Gmunden, 19. Juli. Gestern Nachmittag brach über Gmunden ein furchtbares Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen los. Der Blitz schlug wiederholt in den See, riß vom „Hotel Kogel" ein Stück Gesimse los und schlug dann in ein oberhalb Kogel gelegenes Häus chen, aus dessen Fenster vier Kinder schauten; eines derselben blieb todt, ein zweites wurde am Arme gestreift, die anderen konnten erst, nachdem sie lange bewußtlos gewesen, wieder ins Leben zurückgerufen werden. Der Wolkenbruch richtete vielfachen Schaden an und die Fluthen drangen stromartig in die Häuser. In den Spalten der tschechischen Organe wird der Kampf gegen das Projekr einer Zollunion mit Deutschland mit großer Heftigkeit fortgeführt und ein Jeder ein Verräther an der österreichi schen Monarchie, ein „Bismarcker", ein Annexionist u. dergl. genannt, welcher auch nur mit einem einzigen Gedanken an ein engeres Zoll- bündniß mit Deutschland zu denken wagen sollte. Zwar wissen die Tschechen sehr gut, daß dieses Zollbündniß noch in weitem Felde steht, und daß durch Zwischenzölle jeder nachtheiligen Ueberstürzung vorge beugt werden soll; aber es sind ja überhaupt nicht die Sorgen um die wirthschaftlichen Interessen der Monarchie, sondern lediglich poli tische Gründe, welche die Haltung der Tschechen bestimmen, obwohl sie selbst zugestehen müssen, daß dieses Bündniß bei geschicktem und vorsichtigem Vorgehen von großem wirthschaftlichen Nutzen für die Monarchie sein würde, wie dies auch die Ungarn erkannt haben. Diese aber würden, beiläufig erwähnt, gewiß niemals dieses Zollbündniß ver langt haben, wenn durch dessen Aufrichtung die Unabhängigkeit der Monarchie Gefahr liefe, womit sie auch ihre eigene Selbstständigkeit, auf welche sie so eifersüchtig sind, einbüßen würden. Aber es sind in erster Linie nationale Gründe, welche die Haltung der Tschechen be stimmen. Sie fürchten, daß ein Zollbund mit Deutschland im Laufe der Zeit den „deutschen Gedanken" in Oesterreich fördern und der wachsenden Slawisirung ein Ziel setzen würde. Darum eisern sie gegen die Zolleinigung, welche auch der tschechischen Arbeit ein lohnende- Feld der Thätigkeit eröffnen würde. Wien, 21. Juli. Mehrere Morgenblätter melden, es verlaute in Gastein bestimmt, daß der Kaiser von Oesterreich auf seiner Reise nach Innsbruck am 7. August Se. Maj. den Kaiser Wilhelm in Gastein besuchen werde. Riga, 21. Juli. Ein gestern Nachmittag in der Baltischen Wag gonfabrik ausgebrochenes Feuer richtete dortselbst großen Schaden an, äscherte an hundert umliegende kleinere Holzhäuser ein und beschädigte die benachbarte Filialgasanstalt. Aus Moskau wird Warschauer Blättern telegraphirt, daß daselbst am 18. Juli in verschiedenen Stadttheilen fünf Brände stattgefunden haben. Die bedeutendste Feuersbrunst war im Rogoschrevier, wo 12 Häuser niedergebrannt sind. Der Schaden hier allein beträgt über 300,OM Rubel. England. Der schon längere Zeit drohende Strike der Ar beiter in den Baumwollspinnereien zu Oldham wurde dieser Tage verwirklicht, und 15,OM bis 20,OM Arbeiter gehen müßig. Die während der letzten paar Wochen gepflogenen Unterhandlungen zur gütlichen Beilegung des Streites sind fehlgeschlagen, da die Arbeiter sich nur zu einer Herabsetzung von 5 Proz. bei kurzer Arbeitszeit ver stehen wollen, und die Spinnercibesitzer auf 10 Proz. bestehen. Der Generalsekretär des amalgamirten Vereins der Spinnereiarbeiter er ließ ein Rundschreiben an sämmtliche Spinnereidistrikte, worin um Beistand in dem Strike gebeten wird. Die Arbeiter glauben längere Zeit aushalten zu können und die Brotherren sind gleichfalls ent schlossen nicht nachzugeben. Aus New-Jork wird berichtet: Eine große Feuersbrunst in Washington zerstörte heute ein Riesengebäude, in welchem sich die Redaktionen von vier Zeitungen nnd die Bureaux der Gesellschaft für elrktrische Beleuchtung befunden hatten. Der Gesammtschaden beziffert sich auf 150,MO Dollars. Die Cholera in Spanien nimmt immer noch zu. Am 18. d. waren 1328 Erkrankungen, 621 Todesfälle; am 19. d. 1885 resp. 718 zu registriren. Nach langer Pause kommt wieder einmal eine Nachricht aus dem Sudan. Der englische Kapitän Chermside meldet, die Araber hätten an 15. und 16. Juli mit großer Macht die Vorstädte von Kassala im Ostsudan angegriffen, seien aber von der Garnison nach heftigem Kampfe zurückgeschlagen worden. Die Araber hätten 30MTodte ge habt; die siegreichen Egypter hätten gegen 1000 Ochsen und Schafe und ebensoviel Gewehre erbeutet. Vaterländisches. — Das 6. deutsche Turnfest ist, wie man aus allen Dresdner Blättern ersehen kann, in allen seinen Theilen glanzvoll verlaufen. Die Schmückung der Stadt war brillant, der Empfang der Tausende von Turngästen ein warmer, sympathischer, der Zuzug der Fremden am Festsonntag ein massenhafter, der Festzug großartig, die Begeiste rung der Turner sowie des Publikums enthusiastisch, namentlich wäh rend der Zug vor der Königsfamilie am Königlichen Schlosse vorüber- dcfilirte, wo tausendstimmige Hochs ertönten. Der Enthusiasmus deS Publikums stieg am höchsten bei Ankunft der Deutsch-Oesterreichischen Turner, mit Bouquets und Kränzen wurden die entzückten Turner von zarten Händen geradezu überschüttet. Nachmittags besuchten Ihre Majestäten der König und die Königin mir großem Gefolge nebst dem Prinzen Friedrich August und Prinzen Albrecht von Altenburg den Festplatz. Se. Maj. ließ sich die Vorstände des Turnerausschusses