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Beilage zu No. 63 Oidmmg im Esie» ist bei Kindern einziihaltcn? Von Hofrath I)r. Krug, prakt. Arzt in Chemnitz. Bei der Frage über eine rationelle Ernährung der Kinder fpielt "ur „Was soll das Kind essen?" sondern auch das „Wie soll » Kmd essen?" eine hervorragende, nicht zu unterschätzende Rolle, ^«^Enllich wir Aerzte kommen nicht selten in die Lage, nach dieser j Mng hin Fehler und Mißgriffe in der Ernährung der Kinder selbst ^iMnilien ksnstatiren zu müssen, die sowohl ihren äußeren Verhält- "ls ihrem inneren Herzensdrange nach gern Alles aufbieten wollen .Mch können, um ihren emporwachsenden Lieblingen durch zweck- gut zubereitete, reichlich gebotene Nahrung in ihrer körperlichen 2»>Mung und Weiterentwickelung helfend und fördernd unter die öck n" Seifen. Und doch macht letztere oft geling trotz aller mütter- , be und aufopfernden Pflege nicht die gewünschen Fortschritte, " ein Stillstand, ja oft ein Rückgang in der körperlichen Ent- ihrer Pflegebefohlenen ein, dessen Ursachen sie sich absolut * Mi ^"^n können, obwohl dieselben für den objektiv Beobachtenden ""Hb liegen und bei unparteiischem Einblick in die Ber- io zu sagen mit Händen zu greifen sind. silier . diesen Ursachen rechnen wir in erster Linie den Mangel iüillm^^bn Ordnung im Essen der Kinder, weshalb eine kurze Be- der oben angeregten Frage: „Wie und wann soll das eine gewisse Berechtigung beanspruchen darf, und Verf. daher nicht unzeitgemäß zu sein, wenn er der ^l^Mtung der Frage an dieser Stelle einmal näher zu treten sich kindliche Magen besitzt, namentlich während der ersten Lebens- °es Kindes, noch nicht jene Berdauungs- und Widerstandsfähig- Ksül^" die ihm behufs der Ernährung des kindlichen Körpers zu- Nahrungsmittel, wie solche in späteren Jahren, unter sonst Verhältnissen, vorhanden zu sein pflegt; er bedarf neben einer dornigeren Auswahl in dec Qualität und Quantität der Nährstoffe Vj mehr Zeit zu deren regelmäßiger Zuführung. Wird diese ^"bgehalten, werden dem kindlichen Magen, nachdem er vielleicht d,r°fkurzer Zeit seine gewöhnliche Mahlzeit eingenommen, noch dj, Nahr- oder Genußmittel zugeführt, so wird dadurch nicht blos "'Ht vollendete — Verdauung des bereits Genossenen andern die neue Zufuhr bedingt, indem sie sich dem halbver- ^nbrei beimilcht, in letzterem einen ebenso unliebsamen als Gährungsprozeß, durch welchen eine abnorme Gasentwicke- ^'ichikic "°^^lgenden Explosionen nach Oben und Unten erzeugt, «dir M "der eine größere oder geringere Menge unverdauter fester flz n !Wer Massen in Magen und Eingeweiden deponirt wird, welche «>bk' schädlicher Ballast dort liegen bleibt, und zu den unlieb- Verdauungsstörungen Anlaß giebt. b Zeit, innerhalb welcher ein Kind das Genossene normal ver- bben kann, ist nach dem Alter des Kindes, aber auch nach Kon- > Dtoffreichthum und Menge des Genossenen eine verschiedene. "d kleines Kind, was noch an der Mutterbrust genährt ! »"Zweite Nährmittel noch nicht erhält, wenn es sich an der b^ttl getrunken, nach zwei und einhalb bis drei Stunden bereits her '""gen nach neuer Nahrungszusuhr zu erkennen giebt, und sol- eü mos während der Tages-, sondern auch während der Nacht- so kann bei größeren Kindern von 2—6 Jahren recht galten? vierstündige Pause zwischen den einzelnen Mahlzeiten inne- an ! solche, welche die Schule besuchen, sind schon in Folge me im Elternhause übliche Frühstücks-, Mittags- und Abend- , nden, so daß sie im Durchschnitt dreimal des Tages sich dessen, wenn ihnen auch von den meisten Müttern noch eine Verzehren während der Schulpausen mitgegeben wird. Ab meser Zeitfrage des Essens der Kinder ist aber nicht blos M der'.»"^bicher ihnen das Essen geboten und die Perioden, inner- !>uch"^bses Angebot des Essens wiederholt wird, sondern nament- Zeitdauer, binnen welcher sie das ihnen Dargebotene diel» w" bmvr nicht zu unterschätzenden Wichtigkeit ist, da gerade Achtung hin durch das Zuschnellessen von den Kindern « d^^m^wußt vielfach gesündigt wird. Langsam essen, gehörig ""dedj^ ?psflen in der Mundhöhle mit dem zu deren Verdauung , i r Mundspeichel mischen — das sind drei Bedingungen Men Ernährung, für welche, namentlich was das erste Er- Langsamessen, anlangt, die Kinder aber meist gar kein , Nr e haben, wenn ihnen solches nicht anerzogen wird. Je !°">nit da« ^meckt, desto schneller essen sie, desto unverdauter >^"dk l.j Genossene in den Magen, desto weniger ist letzterer im Köm»^ für eine normale Sästebildung und Stoffzufuhr Ugewcik fügend vorzubereiten und weiter zu verwerthen. Das 'M ihnen also nur einen vorübergehenden Genuß, dem nicht Ä" ivi^.?äbr später ein unliebsames Mißbehagen folgt, welches, ^iidjan» bryolt austretend, zu ernsten und dauernden Gesundheits- ,, Äjj ?" !"^n kann. > Ü ihrer «^"en das Wohlbefinden und eine normale Weiterentwicke- !l!^rham,„ "er am Herzen liegt, sollten daher bezüglich der Auf- solax^^ biner gewissen Ordnung des Essens derselben hauptsäch- "" ein Punkte im Auge behalten nnd durch Erziehung letz- s, ^nn auch unbewußtes, doch strenges und konsequentes nick, gewöhnen: Sie sollen ihren Kindern nicht zu oft l - «uck n Virlerlei durch einander — zu essen geben, sie sollen 'S tüntr"l^ > ^bht geben, daß diese das ihnen Gebotene nicht zu in itder m,^^"^bU' sondern sich zu dessen Verzehren — gleichwie lanas.o^en körperlichen Leistung — die nöthige Zeit nehmen, die ki°^ bssen. Sie werden dann in der großen Mehrzahl der euugthuung haben, daß ihre Kinder bei verhältnißmäßig Freitag, den 7. August 1885. mäßiger — vielleicht selbst geringer — Kost besser gedeihen und sie durch ihr blühendes, gesundes Aussehen und ein kräftiges, normales Emporwachsen mehr erfreuen, als es bei Kindern einer benachbarten — vielleicht auch besser situirten — Familie der Fall ist, trotzdem dieselben in Hülle und Fülle leben, und ihnen kein Wunsch, keine De likatesse versagt wird. (Chmn. Tgbl.) Vermtheilt. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Die Verhaftung Doktor Eschenburg's verbreitete sich in der näch sten Umgebung von St. Pauli wie ein Lauffeuer. War doch verjünge, lebenslustige und freundliche Arzt überall beliebt. Eschenburg hatte sich erst seit einigen Jahren als Arzt in Hamburg niedergelassen und konnte sich nicht rühmen, eine glänzende Praxis zu besitzen. Der vor nehme nnd reiche Hamburger ist für Fremde nicht so leicht zugänglich, deshalb hatte auch Eschenburg seine Wohnung in St. Pauli aufgeschla gen und hier, mit dem Schiffsvolke und den niedrigen Ständen, kam dem Sohne der Rheinlande sein frischer und fröhlicher Sinn sehr zu Statten. Bald war der junge Arzt in dieser Vorstadt Hamburgs all gemein beliebt und deshalb erregte die Nachricht von seiner Verhaftung die allgemeinste Theilnahme. Viele wollten es gar nicht glauben, daß der lustige, stets zu Scherzen und harmlosen Späßen aufgelegte Doktor Eschenburg ein Mörder sein könne und dennoch ließen die ermittelten und rasch bekannt gewordenen Thatsachen kaum noch einen Zweifel anfkommen. Wer den jungen Arzt und seine Wirthschafterin persönlich nicht kannte, glaubte schon weit eher an die Sache und wußte Beweg gründe für das Verbrechen zu finden. — Es hatte ohnehin an bösen Zungen nicht gefehlt, die es als höchst unpassend getadelt, daß Doktor Eschenburg eine noch ziemlich junge Wirthschafterin besaß, als aber des Doktors intimster Freund, der Advokat Doktor Overkamp, eines Tages dies Gerede einzelner Uebelwollender erwähnte, hatte Eschen burg lachend erwidert: „Lieber Paul, soll ich eine reinliche und tüch tige Wirthschafterin nur deshalb entlassen, weil sie das kanonische Alter noch nicht erreicht hat? Die Katharina ist ehrlich und brav, ich habe alle Ursache, mit ihr zufrieden zu fein und ich kann sie doch nicht blos deshalb entlassen, weil sie noch nicht zum zahnlosen Mütterchen zusam- mengeschrumpft ist und weil es einigen boshaften Menschen beliebt, sie zum Gegenstände eines in jeder Beziehung grundlosen Klatschens zu machen." Advokat Doktor Overkamp war noch ein Jahr jünger als sein Freund; aber sein kühles, abgeschlossenes, ernstes Wesen ließ ihn weit älter erscheinen. Der junge Anwalt konnte in seinem Charakter, in seinem ganzen Auftreten den echten Hamburger nicht verleugnen. Er zeigte jede männliche Sicherheit und kühle Abgeschlossenheit, die dem Hanseaten eigenthümlich ist und die er gern in allen Lebenslagen be wahrt. Der Hamburger schließt sich nicht so leicht an, seine Freund schaft ist nur schwer zu erringen, wer sie aber sicherworben, der kann auf ihn zu allen Zeiten zählen. So war auch zwischen Doktor Eschen burg und Advokat Doctor Overkamp nur sehr langsam und allmählig eine Freundschaft gereift, die zuletzt trotz der Verschiedenheit ihrer Charaktere immer inniger geworden und jetzt auf unerschütterlicher Grundlage ruhte. Als Advokat Overkamp von dem Schicksale seines Freundes hörte verlor er zum ersten Male seine gewohnte ruhige Fassung —Martin ein elender Mörder?! — Es war ja unmöglich! Das Gerücht hatte gewiß übertrieben oder Alles entstellt — er mußte sich Gewißheit ver schaffen und eilte sofort auf die Polizei. Zu seiner grenzenlosen Be stürzung erhielt er die Bestätigung. Doktor Eschenburg war verhaftet worden, weil auf ihn der schwere Verdacht ruhte, seine Wirthschafterin ermordet zu haben. Der Polizeibeamte theilte dem jungen Rechtsan walte bereitwilligst mit, welche Beweise für die Schuld Eschenburg's bereits Vorlagen und dennoch konnte Doktor Overkamp nicht daran glauben. Sein Freund war nicht nur eine heilere, liebenswürdige Na tur , sondern auch ein wahrhaft edler Charakter, der eines gemeinen Verbrechens völlig unfähig war. Nicht einmal in blinder Leidenschaft oder im Rausch konnte er die That begangen haben, denn der junge Anwalt hatte stets an Eschenburg dies harmonische Gleichmaß bewun dert, daß ihn selbst im wildesten Strudel der Freude nicht verließ. Nun galt es alle Hebel einzusetzen, um vorerst eine Unterredung mit Eschenburg zu unterhalten. Obwohl der Gefangene von allem Verkehr mit der Außenwelt streng abgesperrt wurde, gelang es Doktor Overkamp doch, da er sich freiwillig sogleich zu seinem künftigen Ver- theidiger aufwarf, zu ihm zu dringen. Wie er den Freund wicderfand, das erschütterte ihn noch tiefer, als selbst die erste Unglückspost von der Verhaftung desselben. Was war aus dem heiteren, sorglosen Eschenburg im Lauf weniger Tage geworden?! — Der junge Advo kat hatte Mühe, den theuren Freund wieder zu erkennen. Er saß bleich und halb verstört in seiner Zelle und schien die Außenwelt nicht mehr zu beachten. Selbst der Eintritt Overkamp's weckte ihn nicht aus seinem düsteren Hinbrüten und erst auf dessen wiederholte Anrede erhob er das Haupt und blickte wie geistesabwesend auf den Freund. „Lieber Martin! Ist es denn wirklich möglich, daß ich Dich hier aufsuchen muß?!" rief der Anwalt tief ergriffen aus und reichte Eschen burg die Hand." Ein trübes Lächeln irrte über das Antlitz des jungen Arztes. „Ja, mir ist auch Alles wie ein wüster Traum und doch weiß ich, daß es daraus kein Erwachen giebt." „Nein, theurer Freund! Du hast kein Recht, sogleich völlig zu- . verzweifeln. Es ist freilich entsetzlich, daß überhaupt auf Dich ein so I abscheulicher Verdacht fallen konnte; aber nun ist es unsere Pflicht,