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war von den Wiener Offiziösen in Abrede gestellt worden. Trotzdem erhält sich dasselbe mit einer Hartnäckigkeit, welche darauf hindeutet, daß die Nachrichten von einer beabsichtigten Konferenz der beiden Staatsmänner einer gewissen Grundlage nicht entbehren. Besonders die „Kreuzzeitung" macht sich zum Träger dieser Nachrichten, nach ihr ist diese Begegnung gesichert, wenn auch der Ort derselben noch nicht bestimmt sei und werde sie die Grundlage für die weiteren Verhand lungen über das handels-politische Verhältniß zwischen Oesterreich- Ungarn und Deutschland schaffen. Auch die signalisirte Reise des rus sischen Ministers des Auswärtigen, des Herrn v. Giers, wird mit einer Zusammenkunft mit auswärtigen Staatsmännern in Verbindung gebracht. Wiener Blätter wissen bereits zu melden, daß Herr v. Giers demnächst eine Kur in Marienbad gebrauchen und daß er daselbst eine Zusammenkunft mit dem Grafen Kalnoky haben werde; auch wird ver- muthet, daß der russische Staatsmann den Weg nach Marienbad über Varzin nehmen werde. Indessen sind diese Mittheilungen doch noch recht unbestimmt und begnügen wir uns, sie vorläufig ohne einen weiteren Kommentar zu registriren. Berlin, 3. August. Zur Feier des sünfundsiebzigjährigen Be stehens der hiesigen Universität begaben sich etwa 2000 Studenten in festlichem Zuge nach dem Denkmal Friedrich Wilhelm III. und legten daselbst einen Lorbeerkranz mit der Inschrift: „Dem Gedächtnisse des königlichen Gründers ihrer Hochschule, die Berliner Studentenschaft" nieder. Hierauf fand in der Aula der Universität der übliche Festakt mit Preisvertheilung statt, die Festrede hielt Prof. Dernburg. Die „Nordd. Allg. Ztg." wendet sich gegen einen Artikel des „Temps", welcher die Vermehrung der französischen Kavallerie längs der französischen Ost- und Südgrenze empfiehlt, und sagt: „Man hat in Deutschland Zeit gehabt, sich an die kriegerischen Vorbedeutungen zu gewöhnen, die jenseits der Vogesen niemals schweigen und gelegent lich mit Crescendo betont werden, man hat aufgehört, die französische Nation mit den Pariser Chauvius zu identifizieren; wir halten es aber für unsere Pflicht, diese Erscheinungen öffentlich zu kontroliren und beide Nationen im Interesse ihres Friedens aufmerksam zu machen, wenn Staatsmänner, höhere Offiziere oder angesehene Preßorgane Krieg gegen Deutschland predigen oder wie der „Temps" und kürzlich der Deputirte Cassagnac den Kampf in den Vogesen bevorstehend, als unwandelbares Ziel jeder französischen Politik in Aussicht stellen. Wenn man aber sieht, daß sich der „Temps" jetzt auf chauvinistische Agitation einläßt, so liegt darin ein Symptom, daß die sriedliche Entwicklung der nachbarlichen Beziehungen Frankreichs, wie sie von Deutschland angestrebt werden, den Stimmungen der Leser des „Temps" nicht entspricht und daß unsere Bestrebungen, die guten Beziehungen zu Frankreich zu pflegen und die Politik der Versöhnung anzubahnen, bisher kein Glück gehabt, keine Gegenseitigkeit gefunden haben. Wir müssen uns gegen unseren Willen die Sorge ausdrängen lassen, daß Frankreich nur auf eine günstige Gelegenheit warte, um allein oder verbündet mit Anderen über uns herzufallen. Trotz aller Verdächtig ungen und Verleumdungen eines Theiles der ausländischen Presse kann auch im Auslande kein aufrichtiger Zweifel bestehen, daß die deutsche Politik der Friedensliebe und dem Friedensbedürfnisse des deutschen Volkes in vollstem Maße entspricht und daß Deutschland sicherlich unter keinen Umständen beabsichtigt, seine Nachbarn anzugreifen; aber Keiner, dem das Wohl Deutschlands am Herzen liegt, wird sich der Besorgniß erwehren können, daß der von Frankreich seit vierzehn Jahren ersehnte Tag der Revanche noch immer das Mittel bietet, womit jeder Parteimann in Frankreich seine Landsleute für sich zu interessiren und, wenn die Umstände günstig, sortzureißen vermag. Die Möglichkeit für jeden Ehrgeizigen, Feuer anzublasen und einer friedliebenden Regie rung durch Appell an die Revanche Schwierigkeiten zu bereiten, oder vorhandene regierungsseitig zu überwinden, läßt uns befürchten, daß unsere französischen Nachbarn auch heute auf den Frieden mit Deutschland keinen höheren Werth legen, als zu irgend einer Zeit seit 200 Jahren." Die erste Anklage wegen Vergehens gegen das Krankenkassenge setz gelangte vor einigen Tagen vor dem Schöffengericht zu Berlin gegen den Stepper Kubik zur Verhandlung. Der Angeklagte beschäf tigte drei Stepperinnen, die er vorschriftsmäßig bei der dortigen Orts krankenkasse angemetdet hatte. Das Krankengeld zog der Angeklagte seinen Arbeiterinnen allwöchentlich ab, übersah aber, daß er nach dem Gesetz verpflichtet ist, ein Drittel des Krankenkassenbeitrags aus eigenen Mitteln zu zahlen und daher nur berechtigt war seinen Arbeiterinnen zwei Drittel der Beiträge in Abrechnung zu bringen. Wegen Verstoßes gegen diese Bestimmung erfolgte gegen Kubik die Anklage. Er ent schuldigte sich mit Unkenntniß des Gesetzes, wohingegen der Staats anwalt geltend machte, daß dieser Einwand nicht glaubhaft sei, ande rerseits aber erschwerend wirken muß. Jeder Staatsbürger sei ver- verpflichtet, sich mindestens mit den, seine persönlichen Verhältnisse be treffenden Gesetzen vertraut zu machen. Er beantragte 40 Mk. event. 8 Tage Gesängniß. Der Gerichtshof nahm auf die vom Angeklagten angeführte Entschuldigung aber dennoch Rücksicht und erkannte nur aus 8 Mk., event. 2 Tage Gesängniß. Karlsbad. Am Abend des 3. August traf hier die Exkai serin Eugenie unter dem Inkognito einer Gräfin Pierrefonds zu mehr wöchentlichen Curgebrauche ein; sie hatte sich jeden offiziellen Empfang verbeten. Die höhe Dame sieht recht wohl aus und gab ihrer Freude Ausdruck, das liebe Karlsbad wiederzusehen. In ihrer Begleitung be findet sich ihre getreue Hofdame Le Betronne-Bourbaki, ihr Geheim- secretär Pietri folgt erst in einigen Tagen nach. Prinz Victor Napo leon, welcher schon im Vorjahre mitkommen sollte, ist vorläufig zurück geblieben. Die Curdauer ist ans 4 Wochen festgesetzt. Wien, 5. August. Die „Presse" meldet: Der Entrevue zwischen den Kaisern von Rußland und Oesterreich, welche am 24. bis 26. August in Kremsier stattfindet, wohnen auch die Kaiserinnen von Oester reich und Rußland, wahrscheinlich auch der Kronprinz Rudolf bei. Die Anwesenheit der beiderseitigen Minister des Aeußern und des Grafen Taaffe ist zweifellos. Marseille, 4. August. Die Cholera ist thatsächlich hier aus gebrochen. Gestern sind dreißig Personen der Seuche erlegen. Unter den Gestorbenen ist auch der portugiesische Konsul. Madrid, 31. Juli. Die amtliche„Gazetta" verzeichnete für den Mittwoch und Donnerstag in 16 Provinzen 6000 Erkrankungen an Cholera und 2650 Todesfälle. Auf die anderen Provinzen entfielen 1000 Erkrankungen und 470 Todesfälle. Heute verzeichnet das Blatt aus 299 infizirten Orten 2366 Erkrankungen und 3971 Todesfälle, in Madrid 40 refp. 24. Im Monat Juli sind in 17 Provinzen 61,320 Erkrankungen und 26,839 Todesfälle vorgekommen, in Madrid allein 375 resp. 230. Wie man dem „Standard" meldet, erkrankte in den Bädern von Beteln der Hauptkoch des Etablissements, angeb lich an Cholera, und sofort flohen 300 hervorragende Gäste, zu Wagen und zu Fuß, nach der nächsten Eisenbahnstation. Die Panik verbreitete sich nach den anderen Bädern der baskischen Provinzen und die Leute fliehen zu Hunderten nach den französischen Grenzprovinzen. Die Po lizei in Madrid isolirt die Häuser, wo Choleratodte sich befinden, so strikte, daß die Familien der Armen nicht die Erlaubniß zur Beerdig ung der Todten erhalten können. Gestern lagen 70 Leichen offen auf dem allgemeinen Friedhöfe außerhalb der Stadt. Die unteren Klassen der Bevölkerung sind gegen die Behörden und Aerzte sehr erbittert und täglich kommen Demonstrationen gegen dieselben vor. Und den noch ist die Panik ganz ungerechtfertigt bei 40 Erkrankungen und 24 Todesfällen in einer Bevölkerung von 460,000 Seelen. Vaterländisches — Bei dem am Mittwoch über unsere Gegend ziehenden Ge witter schlug der Blitz in eines der sogenannten Waldhäuser bei Hin- tergersdorf ohne zu zünden, erschlug jedoch 2 Kühe, welche dann sofort noch abgestochen wurden. — Dresden, 5. August. Das „Dresdner Journal" enthält heute eine Verordnung des Ministeriums des Innern, durch welche die Er gänzungswahlen für die Zweite Kammer der Ständeversammlung auf den 15. September d. I. angeordnct und die betreffenden Behörden angewiesen werden, die zu Veranstaltung dieser Wahlen erforderlichen Einleitungen sofort zu treffen. — Zum Dresdner Tischlerstrike wird berichtet: „Die soge nannte Lohnkommission der Dresdner Tischlergesellen, an deren Spitze ein bekannter Sozialdemokrat stand, der seit Jahr und Tag arbeitslos war, erklärt nunmehr auch ihrerseits den Dresdner Tischlerstrike für beendet. Sie muß zugestehen, das sämmtliche Innungsmeister — bis auf fünf — den Forderungen der Gesellen nicht nachgegeben ha ben, während 40 sogenannte „Fabrikanten", die nicht zur Innung ge hören, die höheren Löhne bewilligten und einige Werkstätten wenigstens eine Lohnerhöhung von 10—15 Proz. zugestanden. Der Strike hat volle 10 Wochen gedauert! Erreicht wurde verhältnißmäßig nur sehr wenig! — Welche Summe an Arbeitslohn und an Verdienst ist da bei für beide Theile verloren gegangen?! Enormer Nachtheil auf bei den Seiten ist das Fazit! Den alleinigen Nutzen vom Dresdner Tischlerstrike haben uur die sozialdemokratischen Führer der „Ange führten" davongetragen! — Lommatzsch, 2. August. In Folge der trockenen Witterung dieses Sommers haben sich die Feldmäuse außerordentlich vermehrt und richten bereits viel Schaden an. Auch die Maulwürfe scheinen in ungewöhnlicher Menge vorhanden zu sein. Erfreulicher ist für die Jäger die Wahrnehmung, daß Hasen und Rebhüner ebenfalls sehr zahlreich sich zeigen. — Nossen, 1. August. Heute Morgen in der 5. Stunde brannte hier das zur Fischer'schen Papierfabrik gehörige Maschinenkesselhaus nieder. Die Entstehungsursache des Feuers ist zur Stunde noch nicht aufgeklärt. — Tharandt, 31. Juli. Heute fand bei der Köhlerhütte im „Breitengrund" des Tharandter Staatsforstreviers durch den Geheimen Oberforstrath Dr. Jud eich, in Anwesenheit des Professor Neumeister, des Revierpersonals und der gesammten Tharandter Holzhauerschaft die Ueberreichung der großen silbernen Medaille für Treue in oer Arbeit an den Holzmacher Göpfert in Hintergersdorf statt. Der selbe ist gerade vor 40 Jahren als Holzhauer auf dem Tharandter Reviere eingetreten. — Forchheim, 31. Juli. Der Hausbesitzer und Handarbeiter Kl emm von hier, der vor einiger Zeit feiner Ehefrau im Schlaft Abends 11 Uhr tödtliche Schnitte in den Unterleib beigebracht hatte, woran die unglückliche Frau nach wenigen Tagen des qualvollsten Todes sterben mußte, ist von den Gerichtsärzten im k. Landgericht ZU Freiberg für irrsinnig und unheilbar erklärt worden; in Folge dessen wird derselbe heute an die Irrenanstalt in Colditz abgeführt werden. — Zwickau, 3 August. Eine hier wohnhafte 20 Jahre alte, unverheirathete Fabrikarbeiterin hat gestern Mittag ihr neugeborenes Kind, einen Knaben, bald nach der Geburt mittelst Erdrosselns durch ein Taschentuch und bez. Erstickens durch das Verstopfen des Mundes mit einem zweiten Tuch getödtet. Die Rabenmutter ist alsbald nach Auffinden des gemordeten Kindes in einem Keller verhaftet worden. — Jene fchöne Affaire, welche sich, wie wir mittheilten, am ver gangenen Montag Abend auf dem Böhmischen Bahnhof in Dresden abspielte, hat bereits ihren Abschluß gefunden. Drei der Herren, welche sich so gröblich gegen drei junge Italiener benommen, sind we gen der von Ihnen provozirten Skandalszene mit Polizeistrafen be legt worden nnd zwar der Hauptbetheiligte mit 30 Mark und die an deren beiden mit je 20 Mark. — Die beleidigten Italiener sehen auch von Erhebung von Privatklagen ab, da ihnen die betreffenden säch- fischen Herren ihr Bedauern über den Vorfall ausgesprochen und um Entschuldigung gebeten haben. Außerdem haben sich die Herren frei willig erboten, zur Sühne einen Beitrag für einen wohlthätigen Zweck zu verwenden. — In Wallbach bei Leisnig ereignete sich am Freitag Nachmit tag das bedauerliche Unglück, daß der im 12. Lebensjahre stehende ein zige Sohn des Gutsbesitzers W. E. beim Korneinfahren mit der Wendegabel in ein Auge gestochen wurde, wobei das unglückliche Kind so schwer verletzt wurde, daß der Tod bald darauf eintrat. — Das neueste Heft der Mittheilungen des kgl. statistischen Bü- reaus kommt auf die Berufszählung vom 5. Juni 1882 zurück. Aus der Abtheilung „Landwirthschaft" ist über die Verbreitung landwirth- schaftlicher Maschinen im Königreiche Folgendes zu entnehmen: I" ganz Sachsen gab es nach erwähnter statistischer Aufnahme unter 192,291 Landwirthschaftsbetrieben deren 18,801, welche landwirth- schaftliche Maschinen benutzten, und zwar: 9 Dampfpflüge, 2155 Säe- Maschinen, 1173 Mähmaschinen, 1415 Dampfdreschmaschinen; als Be triebsmaschinen waren in Verwendung 92 Lokomobilen, 319 stehende Dampskessel mit 113 ohne Triebwerk. — Im Hinblick auf die bevorstenden militärischen Herbstübun gen wird darauf aufmerksam gemacht, daß cs sich empfiehlt, Postsen dungen für die an den Uebungen theilnehmenden Truppen zur Ver meidung von Verzögerungen nicht nach den in kurzen Zwischenräumen wechselnder Marschquartieren, sondern stets nur nachdem ständige" Garnisonsorte zu richten. Für die richtige Leitung dieser Briefe wird postseitig demnächst besondere Sorge getragen. Ferner ist es dringend nothwendig, in den Briefaufschriften den Familiennamen, den Dienstgrad und Truppentheil — Regiment, Bataillon, Compagnie, Schwadron, Batterie, Kolonne rc. — genau anzugeben. — Plauen, 3. August. Der 25 Jahre alte, hier beschäftigte Maurerpolier Prell aus Kaschwitz hatte sich am 26. Juli beim Ke gelschieben in Kanschwitz einen Schiefer in einen Finger gestochen und die Wunde wenig beachtet. Er ging wieder auf Arbeit, mußte aber am dritten Tage, da sich der Finger verschlimmerte, auf Anrathen des Arztes die Arbeit einstellen. Am Sonnabend Abend ist nach dem„V.