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WochcMM für Wilsdruff, Tharandt, Stoffen, Siebenlehn und die Umgegenden 1878. Ireitag, den 22. Aovcmöcr Nr. 93. Srschel»t wöchentlich 2 Mal> (Dienstag und Freitag) NbonnementSprelS vierteljährlich 1 Mark Line einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag« bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal ( Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Line einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags LiS Mittag 12 Uhr. für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißelns Königs Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Wchtunddreißigster Jahrgang. In der Nacht zum 7. dieses Monats sind aus zwei Gutsgebüuden zu Weistropp mittels Einsteigens folgende Gegenstände, als: ein defecter graumelirter Stoffrock mit Sammetkragen, ein rothlederneä Portemonnaie mit gelbem Bügel und 4 M. 50 Pf. Inhalt, eine getragene blautuchne Jacke mit braunem Unterfutter, sowie ein Paar grauwollne Strümpfe, spurlos entwendet worden, was hierdurch zur Ermittelung der Thater und Wiedererlangung der gestohlenen Gegenstände öffentlich bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 20. November 1878. Or. Gangloff. Bekanntmachung. Diejenigen hiesigen Einwohner, welche den am 1. ds. M. fällig gewesenen ll. Termin Einkommensteuer noch unberichtigt ge lassen haben, werden hiermit aufgefordert, denselben bei Vermeidung excecutivischer Beitreibung ungesäumt an hiesige Stadlkämwerei zu bezahlen. Wilsdruff, am 21. November I878. Der Stadtgemeinderath. Tagesgeschichte. Berlin , 19. Nov. Die bei Eröffnung des Landtags gehaltene Thronrede erwähnt die schmerzlichen Ereignisse im Sommer, die jedoch gleichzeitig den patriotischen Volkssinn bewährten und hofft, daß die traurigen Verwirrungen durch vertrauensvolles Zusammenwirken der staatserhalteiidcn Kräfte überwunden werde. Die Hauptaufgabe sei die Lösung der finaucielleu Schwierigkeiten. Bis Abhülfe durch die dem Reich überwiesene Besteuerung geschaffen, seien die erforderlichen Mittel durch eine Anleihe aufzubringen. Die Thronrede kündigt Vor lagen wegen Aenderungen ministerieller Nessortverhältuisse, Auf bringung der Gemeindeabgaben, Ausführung der Reichsjustizgesetze Aufhebung der akademischen Gerichtsbarkeit, Bildung von Meliorations genossenschaften und Errichtung provinzieller Landesculturrcnteubanken an. Falls die Vorarbeiten znm Staatsankauf wichtiger Privatbahncn, sowie zum Bau dringlicher Eisenbahnen rechtzeitig beendigt seien' wird die Vorlage betreffs der Ordnung des Eisenbahnwesens und Ergänzung des Eisenbahnnetzes gemacht werden. Für öffentliche Wasserstraßen werden weitere außerordentliche Mittel beabsichtigt. Eine Depesche meldet, daß die aus Amerika zurückgekehrte Tabaks- Kommission sich gegen die Einführung einer Fabrikatsteuer für Tabak in Deutschland ausgesprochen haben soll. Der „Reichs-Änz." macht das Verbot des allgemeinen Sänger bundes der vereinigten Liedertafeln von Hamburg, Altona und Um gegend, der Mitgliedschaften der socialistischen Arbeiterpartei Deutsch lands in Karlsruhe, Pforzheim, Baden und Bruchsal, des Gewerbe- Vereins deutscher Gold- und Silberarbeiter wie der verwandten Be- rufsgenossen m Gmünd, des Volksvereins in Crimmitschau, des Ar beiterfortbildungsvereins in Schenodvitz, des Arbeitcrbildungsvereins „Vorwärts" in Zwickau, der Arbeiterverein in Chemnitz, Thcrburg und Umgegend, der Druckschrift „Die Zukunft, socialistische Revue", erster Jahrgang, erstes Heft, Berlin 1877, und das Verbot der Nummer 18 nnd des ferneren Erscheinens des „Chemnitzers Be obachters" bekannt. In Berliner Blättern werden über die Opfer des Socialisten- gesetzes interessante Berechnungen angestellt. Nicht weniger als 102 Vereine und Gewerkschaften, 28 Zeitungen und 88 nichtperiodische Druckschriften sind im Laufe von drei Wochen verboten worden. Die Nachricht, daß Bebel, Liebknecht und Hasselmann nach Zürich über siedeln wollen, um dort eine socialdemokratische Zeitung zu gründen, ist wiederholt ausgetaucht, scheint aber nicht begründet zu sein, zumal da man in der Schweiz keine Miene macht, diesen Gästen eine be sonders wohlwollende Aufnahme zu bereiten. Eine andere Nachricht Hasenclever den ehemaligen Leipz. „Vorwärts" einmal wochent ich m Paris (deutsch) drucken lassen wolle. ^nn Einzuge des italienischen Königspaares am 17. Nov. w Neapel wurde auf den König Humbert ein Attentat von einem Mörder, Namens Passamanta, unternommen, wobei der König mit einem Dolchmcsser am linken Arme verwundet wurde. versetzte dem Mörder einen Säbelhieb auf den Kopf und der Ministerpräsident Cairoli hielt den Mörder an den Haaren fest, wobei auch Cairoli am linken Oberschenkel verwundet wurde. Da rauf wurde der Mörder von einem Kürassicrofficier entwaffnet und der Wache übergeben. Die Bevölkerung begleitete unter begeisterten Zurufen über das Mißlingen des Attentates den König bis ins Schloß. Neapel, 18. Nov. Der König hat heute mehrere namhafte Persönlichkeiten empfangen, darunter auch einige Deputirte. Der König bemerkte, er habe kürzlich zwei Briefe erhalten, in welchen ihm mitgecheilt wurde, daß ein Attentat gegen ihn ausgeführt werden würde. Die Bewohner der Provinz Potenza, der Heimath des Meuchelsmörders, haben ein BcileidSadresse an den König gerichtet. — Der König empfing heute Abend die Deputationen des Senats «ad der Deputirtenkammer und drückte dabei ebenso, wie bei den im Laufe des Tages stattgehabten übrigen Empfängen seine hohe Be ¬ friedigung über die Gefühle der Anhänglichkeit und Ergebenheit aus, die man ihm und seinem Hause entgegenbringe. Vor dem königlichen Palais bewegte sich den ganzen Tag hindurch unter patriotischen Kundgebungen eine große Volksmenge. In Palermo fanden gleich falls während des ganzen Tages Demonstrationen der Bevölkerung statt, man brachte Hochrufe auf den König und auf das königl. Haus von Savoyen aus und rief: Tod den Mördern! Nieder mit den So zialisten!— Das Befinden des Königs ist ein vollständig befriedigendes, die Wunde Cairoli's ist 4 Centimeter lang, man hofft, daß derselbe schon morgen das Bett wird wieder verlassen können. Bei dem Einzug in Neapel hatte sich der König die Begleitung des Wagens durch Polizeiagenten verbeten, weil er in unmittelbarer Berührung mit der Bevölkerung zn sein wünschte. Der Attentäter hat gestern und heute mehrere Verhöre bestanden, derselbe versicherte, daß er keinen besonderen Haß gegen den König Humbert hege, daß er aber die Könige überhaupt hasse, ferner gab er zu, daß er sich viel mit dem Lesen von Journalen beschäftigt habe. Florenz, 19. Nov. Während der patriotischen Kundgebung für den König gestern Abend auf dem Signoriaplatze explodirte mitten unter der Bevölkerung eine Orsinibombe, wodurch zwei Personen ge- tödtet und mehrere verwundet wurden. Trotz der Erbitterung nahm die patriotische Kundgebung ihren ruhigen Fortgang. Rom, 16. Nov. Die Wassersnoth nimmt bedenkliche Ausdehnung an. Die Tiber ist während der verflossenen Nacht un erwartet angescbwvllen; der Korso ist überschwemmt von der Piazza del Popolo bis zur Via Frattina. Alle Geschäfte sind geschlossen; Hvlzbrücken werden bereit gehalten. Auf dem Ghetto ist der Anblick erschütternd, Weiber und Kinder sieyt man in banger Erwartung an allen Fenstern. Kähne mit Lebensmitteln, die militärisch besetzt sind, füllen sich mit Hunderten von Körben, welche an Stricken aus den Fenstern herabgelassen werden. Hansthüren sind bereits überflüssig, Leitern nur mit Lebensgefahr passirbar. Die berühmte Artischocken kneipe im Jndenviertel, allen Deutschen bekannt, ist mannshoch über- fluthet. Aus der Via Fiumara ist Alles geflüchtet, da die Häuser dort dem Einsturz drohen. Die Tiberinsel Quattro Cgpi ist nur noch mittelst der Brücke gleichen Namens passirbar. In der Bartho lomäuskirche steht daS Wasser mannshoch. Der Anblick des Flusses ist schreckcncrregend. An der Ponte Sisto sind alle Dammarbeiten behufs der Tiberregulirung spurlos verschwunden. Die am Ufer liegenden Gärten sind übcrfluthet. Das Theater Politeana zu Trasteveie steht ebenfalls unter Wasser. Die Verbindung von Tra- stcvere durch Longara nach dem Vatikan ist selbst für Zweispänner unmöglich, denn das Wasser übersteigt bereits die Räder der passirendett Wagen. Auf dem Petersplatz campircn Pioniere mit Rettnngskähnen. Die ganze Nacht über waren auf der obersten Kuppelspitze derPeters- kirche Leuchtfeuer angezündet, um die Umgegend Roms zu erhellen. Im Innern der Engelsburg sind alle Höfe überschwemmt. Das Ge länder der Tiber beim Platz vor der Engelsburg ist bereits vom Wasser bedeckt. Von der Engclsbrücke bis zum Petersplatz ist die halbe Straße ein Wasserfläche. Der Fluß ist nur mit Lebensgefahr mssirbar. Im Theater Apollo bei der Engelsbrücke hat die Fluth ogar die Bühne erreicht. Von der Plattform Pincio bietet sich ein mtsetzlicher Anblick: Wasser, soweit das Auge reicht. Auf Rettungs- ähneu flüchten sich die Menschen aus zahllosen isolirten Häusern, die auf großen Wiesen zwischen der Ponte Molle und der Porta Ange lika versprengt stehen. In der Via Flaminia vor der Porta del Polpolo ist jeder Verkehr eingestellt. Das Wetter ist unbeständig; der Fluß steigt fortwährend. Die höher gelegenen Stadttheile können glücklicherweise vom Wasser nicht erreicht werden. Die Piazza Na- vona bildet einen großen See; der neue Palast an der Ponte Sisto droht cinzustürzen. Ganz Rom ist auf den Beinen, Hunderte von Karren transportirc» Brückenmaterial und Möbel. Polizei, Kara- binerie und Soldaten verhalten sich musterhaft. Die Pegelhöhe be trägt augenblicklich 15,60.