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4. Beilage Freitag, 14. Mai 1909. Leipziger Tageblatt. Mutze ft «irden. Rr. IS». 19S. Jahrgang. Edith Vnrknerr Liebe. 22) Roman von Fr. Lehne. Al- er nach Hause kam, lag ein Brief von Martha da, der mit der letzten Post gekommen tvar. Anfänglich wollte er ihn gar nicht lesen, um sich die weihevolle Stimmung nicht zu verderben; aber die Neugierde, zu wissen, was sie rhm wohl zu schreiben hatte, überwog doch, so das; er den Brief schließ- ltch öffnete. Beim Lesen furchte sich seine Stirn, und er biß sich heftig auf die Lippen. „Warte, mein Püppchen, wenn du denkst, daß du mich tyrannisieren kannst, bist du halt im Irrtum. Noch hast du mich nicht fest!' murmelte er. In kurzen, kalten Worten teilte ihm Martha mit, daß sie nach den Kritiken, die heute in der Mittags- und Abendzeitung standen, nicht den Mut habe, in das Konzert zu kommen, um sich nicht einer nochmaligen Blamage auszusetzen. Er solle sich daher nicht wundern, wenn er sic nicht sehe: außerdem sei sie von den Aufregung» viel zu angegriffen. Er möge sie deshalb entschuldigen und werde ihr sicher ihr Fernbleiben nicht verdenken können „Nein, wirklich nicht", dachte er ingrimmig. Früh schon am anderen Morgen ging ec zu Hildebrandts. Martha, die ihn hatte kommen sehen, triumphierte. Sic wollte sich anfangs gar nicht sehen lassen, 'denn sie fühlte sich doch immer als die Beleidigte. Aber sie besann sich doch anders — sie mochte den Be» grüßungskuß des Geliebten nicht,-ntbehren und kam deshalb, in ein ver führerisches Matinee gehüllt, ins Wohnzimmer. Bei seinem Anblick stutzte sie und tat, als wolle sie nicht eintredm. „Ah, du bist es, Lucian? So früh vermutete ich dich noch nicht! Verzeih, ich bin noch nicht angezogen —" und kobett faßte sie nach dem Halsausschnitt ihrer Morgenjacke. Er machte aber keine Anstalten, sie in die Arme zu schlichen, wie sie 'm stillen gehofft hatte. Kalt sah er sie an. „Ich wollte dir nur danken für deine liebenswürdigen Zeilen von gestern abend Nun weiß ich halt, weshalb du nit im Konzert warst!" „Nein, ich traute mich nicht", sagte sie trotzig; „die Leute hätten ja mit Fingern auf mich gezeigt." „Und ich? An mich dachtest du wohl nit, der ich doch schon wieder dem Publikum gegennberstehen mußte? Das fiel dir nicht ein, mir Trost und Sicherheit durch deinen Anblick zu geben?" L>ie zuckle die Achseln. „Du bist's gewohnt! Aber ich, die ich so viel von deinem Stück ge sprochen und Reklame gemacht habe! Glaubst du, mir wäre das an genehm gewesen? Förmlich Spießruten hätte ich ja laufen müssen, nach dem mein Bräutigam so zerpflückt wurde von den Kritikern. Du hast sie doch gelesen und weißt —" „Nein", unterbrach er sie trocken, „noch nit!" „Wiie, du hast die Kritiken noch nicht gelesen? Du hattest wohl Furcht?" fragte sie verwundert und entrüstet zugleich. Sie stand auf und nahm von dem Schreibtisch einige Zeitungen, die sie vor ihn auf den Tisch warf. „Hier sind sie; wenn du Lust hast, kannst du sie gleich lesen." Er faltete die Blätter ohne eine Spur von Erregung auseinander, und Martha beobachtete ihn scharf. „Auch noch rot angestrichen! Ich danke dir für diese Aufmerksam- keit!" sagte .r spöttisch. „Nun wohl, dann will ich dir den Gefallen tun und gleich lc'cn, obwohl ich jene Kritiken erst heute abend mit den Be richten über gestern lesen wollte, 's wär' halt ein Abmachen gewesen!" Er las die Rezensionen aufmerksam durch; dann legte er die Zei tungen wiever zusammen und sagte gemütlich: „'s ist hart und bitter, das zu lesen; aber noch härter ist's, daß die Leut' halt recht haben. Im übrigen hab' ich die Aufführung des Schau spiels sofort zurückgezogen, 's ist nun mol geschehen, ein zweites Mal macht man halt solche Dummheid-n nit wieder!" „Dummheiten nennst du das? Nur Dummheiten nennst du, was deinem ganzen künstlerischen Renommee geschadet hat?" Martha lachte nervös auf, als sie das sagte. „Meinst'?" fragt,? er da in seltsamem Tone und sah sie mit den strählenden blauen Augen an. Dabei siel ihm auf, wie unvorteilhaft und fast häßlich Martha in der Morgeubeleuchtiing erschien, der Teint so fahl trotz des Puders, de: auf ihrem Gesicht lag. Da kam ihm der Gedanke an Edith, die gerade des Morgens immer so rosig und irisch, Ivie zum Anbeißen anssah. Wie hatte er nur ein so kurzsichtiger, blöder Tor sein können! Aber schließlich, nenn eimem das Messer so eklig an der Kehle sitzt, wie ihm damals, da ergreift man wohl blindlings die rettende Hand — besonders, wenn sie einem so sehr entgegenkommend geboten wurde, wie ihm in diesem Falle. Der bittere Nachgeschmack kommt dann allerdings später! „Du bist so sonderbar heute, Lucian — gar nicht, als ob dich das trifft, was hier geschrieben steht." Verwundert sah Martha ihren Verlobten an und deutete nochmals nachdrücklich auf die Zeitungen. „Nein, das trifft mich nit mehr", entgegnete er ruhig — „seit gestern abend nit mehr", fügte er in Gedanken hinzu; er sagte aber weiter nichts, da Martha nicht fragte, wie das Konzert gestern verlaufen war, trotzdem sie wußte, daß er eine große Aufgabe zu lösen gehabt hatte. Seine große Ruhe in dieser Angelegenheit, die sie so stark erregt, hatte, machte Martha sehr nervös; sic vermochte sich kaum mehr zu be herrschen. „Ich begreife dich einfach nicht, Lucian! Ich würde mich zu Tode schämen, wenn ich so etwas von mir lesen müßte! Mich geht's doch ebensoviel ar., wie dich!" rief sie aufgebracht. „Du hättest nur hören lollen, was ich in den Pausen habe anhören müssen — so recht aus dem Hinterhalt, mit Sticheleien, auf die man nichts erwidern kann! Man hätte sich nach den Ankündigungen und Erzählungen doch mehr ver- sprachen und so weiter! Und dann diese höhnischen, triumphierenden Gesichter! Man kann sich kaum wieder mit dir sehen lassen!" schloß sie mit einem schrillen Auslachen, jede Vorsicht vergessend. Da wurd: Lucian ganz bleich; ein entschlossener kalter Ausdruck trat in sein Gesicht. Anfänglich hatte er mit einem amüsierten Lächeln zugehört; aber das war »hm doch zu viel! Er stand auf. „Das sollst du auch nit mehr, Martha, das will ich dir ersparen! Du sollst nit mehr nötig haben, dich meiner zu schämen. Ich geb' dich frei!" Er zog den glatten goldenen Reif vom Finger und legte ihn auf den Tisch. Starr vor Schrecken stand Martha da. Das hatte sie doch nicht gewollt! Sie war keines Wortes mächtig. Ihre Ellern, die bisher schweigend dem Wortgeplänkel der Verlobten gelauscht, suchten jetzt zu vermitteln. Marthchen habe es doch nicht so gemeint — sie sei so schrecklich ner vös, das müsse man auch bedenken. — Doch kurz schnitt Waldow jedes Wort ab. Seine Geduld war zu Ende. Er sei auch nervös, sagte er, und Martha habe soeben bewiesen, daß sie nicht zur Frau eines Künstlers tauge; eine solche müsse ihren Mann trösten, aufheitern, ihm treulich zur Seite stehen, wenn ihm etwas miß lungen sei, sie dürfe ihm aber keine Vorwürfe machen und ihn in seinem Ehrgefühl nicht kränken. Wenn Martha jetzt schon so rücksichtslos sei wie würde da ihre Ehe später verlaufen! Er sehe kein Glück mehr darin. „Neberlege es dir, Lucian", flehte Frau Hildebrandt, „ich bitte dich." Doch er schüttelte bestimm! den Kopf. „Was gibt's da noch zu überlegen? Ich lasse mir viel gefallen — aber soviel nimmer! Lang' genug hab' ich Marthas Vorwürfe über mein Mißgeschick angehört; aber beleidigen lasse ich mich nit! In jedem Wort, das sic mir gesagt, lag eine Beleidigung! So zeigt sich Liebe nit, wohl aber Eitelkeit! Es tut mir leid, daß alles so gekommen, ist aber nun nit mehr zu ändern! Lebt wohl!" Festen Schrittes ging er zur Tür. Martha starrte ihn mit großen Augen nach. Ihr war, als ob ein böser Traum sie narrte! Es konnte doch nicht wahr sein, daß Lucian sie aufgab — nein, das war unmöglich! Mit beiden Händen faßte sie nach ihrem Kopf und brach dann mit einem Schrei zusammen. Sie wollte nichts sehen, nichts hören, leise weinte sie vor sich hin. Mittags verschmähte sie Speise und Trank. Vor sich hinstarrend log si>: auf dem Diwan in ihrem Zimmer — und wartete! Lucian mußte I« zu ihr zurückkehren — es war ja nicht zu fassen, daß sie ihn verlieren sollte! Gegen Abend öffnete ihre Mutter die Tür des Zimmers und trat vorsichtig ein. „Hier, Marthchen, sind die Zeitungen. Das Abendblatt ist soeben gekommen, und zu Mittag hast du die „Neuesten" doch auch nicht gelesen. Es steht 'was von Lucian drin! Ist die Migräne besser? Dann will ch Licht machen!" Mit fiebernden Händen entfaltete Martha die Zeitungen und suchte gierig die Berichte über das Konzert des verflossenen Abends. Was las sie da — „er wolle gut machen, was er am Abend vorher verbrochen —" das waren die Worte unseres hochgeschätzten Künstlers Lucian Waldow. „Und wie hat er sie eingelöst! Wir danken ihm für sein herrliches, unvergleichliches Spiel! Er hat sich selbst übertroffen! Tosende Beifallsstürme, nicht endenwollende Hervorrufe erfüllten den Saal — möge er uns noch recht lange erhalten bleiben " Marthas Augen weiteten sich, als sie auch in dem anderen Blati eine ebenso begeisterte Kritik las. Voller Erregung sprang sie auf; sic hatte ihre Migräne vollständig vergessen. Was war das? Wie mußte Lucian gestern abend gefeiert worden »ein! Und sie Törin war in ihrer Verblendung zu Hause geblieben! Sic hatte in kindischem Trotz ges hmollt, wahrend er umjubelt worden war wie nie zuvor! Einem König — einem Sieger gleich! (Fortsetzung folgt.) * * * sAuf Wunsch wird der Anfang dieses Romans neu hinzutretenden Abonnenten kostenlos nachgeliefert.) vsil iisldilülks! 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