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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn uud die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Oerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 23. Januar l863. 4. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Bon dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljabrgang beträgt >0 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. SämmtUche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Slück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl «in der Nedaciion). als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Jnscratc nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Lanke angenommen, nach Befinden honorirt. 2,. Umschau. Die Verfassungswirren in Preußen lassen noch keinen Ausgang erblicken. Die Thronrede, vom Minister von Bismark bet der Eröffnung der Kam- mersitzungen verlesen, ist zwar in der Sprache ge mäßigt, zeigt aber keine Nachgiebigkeit der Minister gegen die Abgeordneten. Bei den Mehrforderungen für die Armee will die Regierung stehen bleiben. Der Präsident des Hauses, Grabow, eröffnete die Sitzungen mit einer Rede, worin er mit schneiden der Schärfe die Maßregeln des Ministeriums gei ßelte, die Verantwortlichkeit für den unglücklichen Streit von dem Hause ablehnte und zum Festbalten ermahnte. Bei Eröffnung der letzten Session im vorigen Jahre hielt der Hosprebiger Hengstenberg eine Predigt voll von Beleidigungen gegen die Abgeordneten, die er Verräther, Treulose, Eid brüchige nannte. Diesmal blieben die meisten Ab geordneten bei dem Gottesdienste aus und die Kreuzzeitung beschuldigt sie deshalb, sie wollten auch von Goit Nichts mehr wissen. — Die Kammer wird eine Adresse an den König richten; doch ver spricht man sich wenig Erfolg davon; mehr hofft man von einer Bittschrift, welche die rheinischen Millionäre, längst als treue Unterthanen bekannt, an Se. Majestät geschickt haben und worin sie den König beschwören, den Weg zu verlassen, der den Staat gefährde, Preußen ohnmächtig macke und das Ansehen deS Königs untergrabe. — Die Mi nister verfahren gegen Lie Abgeordneten der Fort schrittspartei rücksichtslos; Beamte dieser Partei werden aufgefordert, zwischen ihrem Amte und dem Mandate zu wählen. Großes Aufsehen in der Kammer erregte daS Schreiben eines Pastors, der sein Mandat niederlegte, weil das Confistorium es ihm unmöglich machte, einen Stellvertreter für sein Amt zu beschaffen. — Das Regieren scheint immer sauerer zu wer den, die Grtecken können keinen König finden; in Kurheffen will Niemand Minister werden. Der Kurfürst läßt seine Räthe oft wochenlang nicht vor sich, genehmigt keine Gesetze, die ihm vorgelegl werden und will am allerwenigsten davon hören, mit Preußen wieder in Verbindung zu treten. Da haben denn die jetzigen Minister abgedankt und noch sind keine neuen gesunken. -— Die englische Regierung hat den Herzog Ernst von Coburg zum König von Griechenland vorge schlagen und er scheint nicht abgeneigt, die Krone anzunehmen. Die Coburger sind unglücklich und wollen noch gar nicht daran glauben. Wenige Monarchen sind so beliebt wie der Herzog, dessen Land im Falle der Annahme an den zweiten eng lischen Prinzen fiele. — Ein alter Veteran, Oberst Sukow in Stuttgart, ist gestorben und wie! Aus einer Abend« gcsellschafl heimkehrend, gerielh er in das Eüdränge, das den Wagen der Schauspielerin Friederike Goß mann umwogte, wurde hin und her gestoßen, fiel und starb an den erhaltenen Verletzungen. Ein merkwürdiges Ende für den Veteranen, der als blutjunger Offizier dem mörderischen Gedränge auf den Brücken der Beresina glücklich entkommen war.— Aus Südamerika kehrte ein Reisender in seine Vaterstadt Kassel zurück, in seiner Begleitung be fand sich seine Haushälterin, eine.Muhameda« ne rin, mit der er sich verlobt hatte. Er begab fich nach Eisenach und begehrte dort von dem evan gelischen Pfarramt die Trauung, die ihm aber ab« geschlagen wurde. Es heißt nun, die Muhamedanerin werbe zum Ehristenthum übertreten. —