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WocheMM für für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einuu-vierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich S Mal Dienstag und Freitag) AbonnementSyreiS vierteljährlich I Mark. Eine einzelne Nummer testet 10 Pi- Inseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Ersche ne wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) AbonnementSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseiatenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 43 Dienstag, den 31. Mai 1881. Bekanntmachung. Im Laufe des Monates Juni ist die Landtagswahlliste einer Revision zu unterwerfen. Indem wir vorschriftsgemäß auf diese Revision aufmerksam machen, bringen wir zugleich zur öffentlichen Kenntniß, daß die Liste für den hiesigen Ort zu der Bctheiligten Einsicht in der hiesigen Rathsexpedition ausliegt. Etwaige Einsprüche dagegen sind rechtzeitig und spätestens zum Ende des siebenten Tages nach dem Abdrucke eines Wahlausschrei- bens in der Leipziger Zeitung bei uns anzubringen. Nach Ablauf von weiteren 14 Tagen wird die Liste geschlossen, auch werden alle bis dahin in dieselbe nicht eingetragenen Personen von der Wahl ausgeschlossen, sowie auch etwaige bis dahin nicht erledigte Reclamationen unberücksichtigt gelassen werden. Uebrigens hat Jeder, welcher seine Stimmberechtigung auf Steuerentrichtung außerhalb des hiesigen Orts zu gründen gemeint ist, solches zur Berücksichtigung unter Beibringung des nöthigen Nachweises hier anzuzeigen. Wilsdruff, am 30. Mai 1881. Der Stadtgemeilldcrath. Ficker, Brgmstr. Dank. Herrn Restaurateur Ott» Weißbach in Grumbach, welcher die hiesige Bewohnerschaft von dem Herannahen der am 28. ds. Mts. stattgehabten Hochfluth noch rechtzeitig in Kenntniß setzte sowie Herrn Gemeindevorstand Ludewig daselbst, welcher Herrn Weißbach zu Ausführung dieser hochherzigen That bereitwilligst Pferd und Wagen zur Verfügung stellte, fühlen wir uns veranlaßt, auf das Wärmste für diesen Beweis der Menschenliebe, insolge dessen großer Schaden verhütet und die Gefahr gemildert worden ist, hiermit öffentlich zu danken. Wilsdruff, am 30. Mai 1881 Der Stadlgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Gambettas Sieg. Der feit einigen Monaten in Frankreich hin und her schwankende Kampf ist zum Austrag gebracht. Die Deputirtenkammer hat sich für die Listenwahl entschieden, das bisherige Verfahren, wonach in den Arrondissements je ein Deputirter gewählt wurde, wird aufgehoben, Hinfort erfolgt die Wahl der Volksvertretung durch das ganze Depar tement, der Wähler wählt nicht Einen Deputirten für sein Arrondisse ment, sondern so viel Deputirte, als sein Departement zu ernennen hat, und diejenigen Candidaten, welche im ganzen Departement die meisten Stimmen auf sich vereinigen, gelten als gewählt. Gambetta, welcher diesen neuen Wahlmodus vertrat, hat einen neuen Triumph gefeiert über den Präsidenten der Republik, Grevy, welcher an dem bisherigen Wahlverfahren festhalten wollte. Die Vernichtung des lokalen Einflusses der Wählerschaften, die Stärkung des Einflusses der in den großen Städten vorhandenen pro fessionellen Politiker, die Abhängigkeit der Gewählten von ihrer Par teileitung sind von dem neuen Verfahren unzertrennlich. Die Folgen sind der Stärkung des Einflusses Gambetta's günstig. Die Zahl der Deputirten ist durch das neue Wahlgesetz von 532 auf 590 erhöht; da Deputirtenkammer und Senat gemeinsam als Nationalversammlung den Präsidenten der Republik wählen, so sind die Aussichten Gam betta's den ihm abgeneigten Senatoren gegenüber ebenfalls günstiger geworden. Die eine Thatsache, daß der Kampf um die Wahlreform, welcher sich zu einem Duell zwischen Gambetta und Grevy zugespitzt hatte, zu Gunsten des ersteren entschieden wurde, ist bedeutsam genug. Gambetta hat wieder einmal gezeigt, daß er allein der in Frankreich maßgebende Mann ist, er wird in Kurzem die erste Stelle der Republik, von welcher er sich'bis jetzt klüglich fernhielt, übernehmen müssen, um der von ihm ausgeübten Gewalt auch äußerlich den ihr gebühren den Stempel aufzudrücken, — das ist der Sinn dieses neuesten Tri umphes Gambetta's. Ein Tropfen Wermuth freilich fällt in diesen Freudenbecher des Kammerpräsidenten. Den Sieg verdankt Gambetta nicht nur seinen eignen Getreuen, sondern auch den Bonaparlisten und Legitimi sten, welche offen erklären, sie hälten für das Listenscrutinium ge stimmt, damit Gambetta endlich bald an die Spitze der Regierung komme und sich möglichst schnell abwirthschafte. Sie wissen sehr wohl: ein Mann, der sich immer im Hintergründe hält und das, was er er reichen will, immer durch vorgeschobene Personen verficht, ist weit Peniger faßbar, als Einer, welcher auch offen die von ihm angestrebte Gewalt ausübt, überall mit seiner Persönlichkeit einstehen muß und Von allen Seiten angegriffen werden kann. Darum wollen sie den Tag der Uebernahme des Präsidiums durch Gambetta beschleunigen. Und da Gambetta natürlich gleichfalls nicht immer im Hintergründe bleiben will, sondern nur so lange, als er nicht ganz bestimmt auf Erfolg bei dem Griff nach der höchsten äußeren Gewalt rechnen kann, so läßt er sich diese Beschleunigung auch gefallen. Aber als schlau berechnender Genuese vergißt er keinen Augenblick, daß er sich auf die Leute, welche ihm jetzt den Sieg verschafft, nicht verlassen kann. Da rum ist jetzt nach erlangtem Siege sein ganzes Streben darauf gerichtet, die eben von ihm geschlagenen republikanischen Parteigenossen, welche Anhänger Grevy's sind und der Listenwahl widerstrebten, auszasöhnen. In den lockendsten Tönen singen jetzt die Organe Gambetta's den Republikanern von der Richtung Grevy's das Lied von der Versöh nung vor, und das Streben, eine große republikanische Partei zu bilden, welche später die Stütze Gambetta's abgeben kann, tritt deutlich zu Tage. Auf dieses Ziel werden künftig die Bemühungen des Kammer präsidenten gerichtet sein. Die klug berechnende Kampfesweise Gam ¬ betta's kann gar nicht besser charakterisirt werden, als durch dieses Verhalten nach einem eben erfochtenen Siege. Er geht vorsichtig und schrittweise vor, und es fällt ihm nicht ein, vorzeitig auf errungenen Lorbeeren auszuruhen. Tagesgeschichte. Ueber den Handelsvertrag Deutschlands mit Oesterreich- Ungarn und der Schweiz schreibt das „Berl. Tagebl. folgendes: Bezüglich der Schweiz tritt allerdings eine unliebsame Veränderung nicht ein, dagegen enthält der Abschluß eines Mristbegünstigungsver- trages mit Oesterreich auf 6 Jahre das beschämende Zugeständniß, daß die wirthschaftspolitische Reaktion die Möglichkeit eines förmlichen Handelsvertrages zwischen den beiden so eng befreundeten Nachbar- reichen auf Jahre hinaus ausgeschlossen erscheinen läßt. Wir glaube« nicht, daß der Reichstag, dem die Verträge demnächst zugehen werden, das Urtheil der Offiziösen unterschreiben wird. Der Reichstag wird nicht umhin können, zu konstatiren, daß die Verheißungen, welche ihm bei Inangriffnahme der zollpolitischen Reaktion gemacht worden sind, in keinem Punkte Erfüllung gefunden haben. Anstatt daß Deutsch land mit der Waffe seines neuen Tarifs andere Staaten zu Konzessio nen für seine exportbedürftige Industrie zu zwingen vermag, liegt nur die Thatsache vor, daß unser für die Geschäftswelt Deutschlands wichtigstes Nachbarreich sich ausdrücklich die Handhabe reservirt, seine Tarife noch weiter hinaufzusctzen. Die Bildung der Tarife ist gänz lich gescheitert und die deutsche Geschäftswelt muß sich bei Zeiten darauf gefaßt machen, daß an Stelle der ihr verheißenen Stabilität völlige Unsicherheit vorhanden ist, indem österreichischerseits für eine ganze Anzahl Zollpositionen Erhöhungen im Werke sind, gegen welche Deutschland zu schützen die Aufgabe unserer HandelsvertragS-Dele- girten hätte sein müssen. Das Mißlingen dieser Aufgabe macht das Resultat der Verhandlungen zum einem höchst unerfreulichen. Der Triumphzug Gambetta's in seiner Vaterstadt CahorS ist am 25. Mai in Scene gegangen. Mit den Lorbeeren der Listen-Ab- stimmung geschmückt hielt Gambetta feinen Einzug. Artilleriesalven, das Absingen eines eigens komponirten Cantus: „8ulut xranä oitovsn!^ Der Präfekt, der Bürgermeister und Gambettas alter Vater empsingen Gambetta. Thränenreiche Umarmung von Vater und Sohn. Militär bildete Spalier bis zum Wagen, ganz Cahors war am Bahnhof ver sammelt und der Jubel endlos. Darauf Fahrt durch die Stadt, die voll von aus Blumen aufgebauten Triumphbogen ist. Am Abend fand Illumination statt. Das Geburtshaus Gambettas ist mit einer Gedenktafel geschmückt worden; es werden Erinnerungsmedaillen an den Besuch verkauft. Fünfzehnhundert Personen hatten sich zur Audienz bei dem Kammerpräsidenten eingeschrieben. Paris, 27. Mai. Man traut kaum seinen Augen, wenn man die Blätter liest. Wäre Gambetta gestern Präsident der Republik, ja Diktator auf Lebenszeit geworden, so könnte eS nicht anders sein. Die Briefe und Depeschen der liberalen Blätter aus Cahors sind die Berichte glückseliger Unterthanen. Gambetta empfängt den Komman danten und die Offiziere der Garnison und sagt ihnen, das Alles, was die Armee angehe, ihn außerordentlich interessire. Der Depu tation der Tribunale sagt er, man werde mit der Umänderung des ! Gerichtspersonals nicht allzu streng verfahren, die Frage habe jetzt ein friedlicheres Ansehen. Die Winzer kommen im Nationalkostüm mit ! Strohhüten und versichern Gambetta, daß ihre Weine und ihre Herzen ihm gehören. Er fragt nach thren Familien und nach der Reblaus, spricht ihren Dialekt, und die Winzer scheiden, entzückt von seiner Herab lassung. Einer Deputation der Handelsreisenden sagt er: Ihr seid