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w lches die Prager Polizei ihnen' zur Rettung geschickt hatte, wurde bombardirt. Viele Studenten brachten die Nacht in den Wäldern zu; keiner mar seines Lebens sicher, die czechischen Pöbelhansen bombar- dirten selbst die Krankenwagen, auf denen die Studenten nntex starker polizeilicher Eskorte in die Krankenhäuser gebracht wurden; Bergwerks- Eleven von auswärts, die man für Studenten hielt, wurden ans den Straßen attakirt und niedergeschlagen, andere Deutsche von czechischen Doktoren überfallen und mißhandelt. Und olles das nur aus Deut schenhaß und ohne die geringste Herausforderung, wie alle Behörden zngestehen. Kronprinz Rudolf, der in Prag residirt, hat erklärt, er werde die Stadt fofort verlassen, wenn diese Greuel nicht aufhörten. Midhat Pascha, der Vater der türkischen Verfassung, ist znm Tode verurtheilt worden. Mit ihm trifft dasselbe Loos die beiden Schwäger des Sultans, Mahmud Damat und Nouri Damat Pascha, und noch sechs andere Angeklagte, die thcils der Ermordung des Sultans Abdul Aziz, theils der Theilnahme an diesem Morde schuldig erkannt wurden. Nnr zwei ehemalige Palastbeawtc, Said Bey und Riza Bey, welche der Hülseleistung bei dem Morde schuldig gesprochen wurden, sind zu zehnjähriger Zwangsarbeit verurtheilt worden. Die Härte des Urtheils gegen Midhat Pascha und die beiden Schwäger des Sultans wird allgemein überraschen und wird auch bei Denje nigen, welche nicht zu den Bewunderern Midhat Paschas gehören, Theilnahme für denselben erwecken. Ein besseres Loos wäre dem Manne, der, wie man auch über ihn urtheileu möge, das Beste seines Vaterlandes gewollt hat, zu gönnen gewesen. Hoffentlich gelangt je doch der harte Spruch nicht zur Ausführung. Abdul Hamid wird jedenfalls sich und seiner Sache den größten Dienst erweisen, wenn er Gnade walten läßt. Der Staatsprozeß gcgcn die angeblichen Mörder des Sultans Abdul Aziz wird fast von der gesummten europäischen Presse scharf verurtheilt. Neben der unerhörten Thatsache, daß mau im Mdiz-Kiosk einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren verstreichen ließ, ehe eine Anklage erhoben wurde, erregt das bei den Verhandlungen beobachtete Gerichtsverfahren, jeniehr die Elnzelheiten desselben bekannt werden, den größten Unwillen. Von den neun Angeklagten, die zum Tode verurtheilt wurden, ist es indeß nur eine Persönlichkeit, die das allgemeine Interesse auf sich lenkt und eine wirkliche Sympathie er weckt, der ehemalige Großvezier Midhat Pascha. Seine großen Verdienste um das türkische Reich sind bekannt, war er doch jahrelang der Held des Tages nnd als solcher der täglichen Beobachtung und Berichterstattung von Hunderten unterworfen. In der Türkei hat einen deutschen Staatsangehörigen dasselbe Schicksal betroffen, von welchem vor einiger Zeit der Engländer Suter ereilt wurde. Nach einer Mittheilung ans Phiiippopel ist der deutsche Forstdirektor Bernges von Räubern entführt worden, welche ein Löfegeld von 15,000 Psd. verlangen. Hoffentlich wird seitens des deutschen Auswärtigen Amtes Alles aufgebotcn, um den Geraubten aus der ihm drohenden Gefahr zn befreien. Die Strafe, welche die englischen Richter über Most verhängt haben, ist furchtbar: „16 Monate Gesängniß mit harter Arbeit", man denke: harter Arbeit! Er sagte selber, schlimmer hätte es mir in Ruß land nicht ergehen können. London, 2. Juli. Die Fenier beabsichtigten, Gladstones Schloß „Hawarden" in die Luft zu sprengen. Die Polizei traf Vorsichtsmaßregeln. Schon wieder ein Attentat, verübt im fernen Amerika. Aus Washington wird unterm 2. Juli gemeldet: Präsident Garfield wollte heute früh nach Longbranch fahren, als auf dem Bahnhof ein Mörder einen Schuß auf ihn abfeuerte. Der verwundete Präsident wurde alsbald nach dem weißen Hause gebracht, wo die Aerzte Nie manden zu ihm lassen. Die Verwundungen sollen nicht tödtlich sein. Die Umgebung des weißen Hauses ist von einer ungeheuer erregten Menschenmenge umgeben. Der Mörder soll verhaftet sein. Näheres ist noch nicht festgestellt. Präsident Garfield ist am rechten Arm und an der rechten Hüfte hinten in der Nähe des Rückgrats verwundet. Die Aerzte haben sich dahin ausgesprochen, daß die Wunden zwar nicht unbedenklich, aber nicht geradezu tödtlich sind. Der Präsident ist bei Bewußtsein und hat ein Telegramm an seine Frau gerichtet und sie gebeten, zu ihm zu kommen. Der Mörder weigert sich, seinen Namen zu nennen; es heißt, derselbe sei früher Konful in Maseille gewesen. Waterländifches. Wilsdruff. Der von den Liberalen Freibergs, Wilsdruffs und Tharandts für die bevorstehende Landtagswahl wiederum als Candidat aufgestellte bisherige Vertreter dieses Wahlkreises, Herr Stadtrath Müller in Freiberg wird sich dem Vernehmen nach im Laufe dieser Woche der hiesigen Wählerschaft in einer öffentlichen Wählerversamm- lnng, zn welcher die Wähler aller Parteien eingeladen werden werden, persönlich vorstclleu und sein Programm vortragen. — Ans Anordnung der König!. Kreishauptmannschaft Leipzig sind am Mittwoch vom Polizeiamte an 19 Einwohner (darunter Bebel, Liebknecht, Hasenclever, Hadlich, Nanert, Fink, Burkhardt), Ausweisungs befehle ergangen. Ebenfo sind von der König!. Amtshauptmannschast 14 Personen ans Vorstadtdörfern ans dem amtshauptmannschaftlichen Bezirk ausgewiesen worden. Die Ausgewiesenen haben binnen drei Tagen die Stadt und den Bezirk zu verlasse» und gilt die Ausweisung zunächst auf die Dauer eines Jahres. — Die Schäden, welche die Wolkenbrüche am 28. Mai in Niederhäslich, Tharandt, Deuben rc. an Wegen, Brücken, Wasserläu fen und Privateigenthnm verursacht haben, sind nunmehr amtlich fest- gestellt nnd belaufen sich aus die enorme Summe von 281917 Mk., wovon 60278 M. ans Gemeinden und 221639 M. auf Private kom men. Am stärksten sind die Schäden in den genannten drei Ortschaf ten, die Stadtgemeide Tharandt ist mit 26500 M., die Gemeinde Niederhäslich mit 15878 M., die Gemeinde Deuben mit 6910 Mark betheiligt. Die Schäden an Privateigenthum betragen in Tharandt 59028 M., in Niederhäslich 60652 M. nnd in Deuben 37312 M. Leider ist der seicherige Ertrag der Sammlungen diesen Summen gegenüber als ein spärlicher zu bezeichnen, namentlich fehlen die Zu flüsse aus weiteren Kreisen. — Ueber das Unwetter, das in der Tharandter Gegend in voriger Woche niedcrgegangen, liegen jetzt ergänzende Nachrichten vor. In den Nachmittagsstunden des 29. fiel in der Richtung von Hinter- Gersdorf nach Grumbach zu eine solche Waffermasse, daß abermals ein vielseitiger Schaden an Wegen und Stegen, sowie an den höher, namentlich an Berglehnen liegenden Kartoffeläckern und Feldern ver ursacht wurde. Man spricht auch von einer Wasserhose, die auf der Höhe von Grillenburg und Landberg niedcrgegangen fein foll. Die kaum hergestcllten Uferbauteu und Brücken an dem Todteichbach, an dem der gewiß vielen bekannte reizende Weg nach der Thalmühle vorbeiführt, sind wieder sehr beschädigt worden. Auch hatte der Schlvitz- bach wieder so viel Wasser, daß die im Bau begriffenen Mauerar« beiten, welche durch die Zerstörung der Katastrophe vom 28. Mai d. I. nölhig waren, theilweise zerstört wurden. Sowohl die Forstaka demiker, als auch die Feuerwehr haben mit großer Anstrengung gegen das nasse Element gearbeitet, Bäume gefällt und die gefährteten Stellen durch Dämmung gegen die Unterwaschung geschützt, und sich den wärm sten Dank der Bewohner Tharandts erworben. Wenn auch der Schaden erheblich genug sein wird, so sind doch diesmal die Häuser der Ueber- schwemmung nicht ausgesetzt gewesen. Wie die Einwohner jener Ge gend bei einem ausziehenden Gewitter ängstlich bewegt werden, läßt sich nach diesen Ereignissen wohl denken. — Des Kindes Engel. Aus der ersten Etage eines Hauses in Zittau siel zur Abendzeit ein etwa vierjähriges Mädchen ans dem geöffneten Fenster. Es hatte auf dem Fensterbrett gespielt, ein ihm entfallendes Stück Papier wieder erhalten wollen und war dabei, das Gleichgewicht verlierend, hinausgestürzt — erlitt jedoch nicht die ge ringste Verletzung, denn vor dem Hause stand ein znr Hälfte mit Klee beladener Handwagen, auf den das Kind so glücklich herabfiel, daß die erschreckt herbeieilenden Eltern das Mädchen munter und ohne Beihilfe vom Wagen klettern sehen konnlen. — In Neustädtel zeigte sich am Mittwoch Nachmittag eine höchst merkwürdige Naturerscheinung. Es erfolgte gegen 5 Uhr ein heftiger, gewitterhafter Regen, der im Südosten der Stadt wolkenbruch- artigen Charakter anuahm, indem auf ein verhältnißmäßig ganz eng- begrenztes Terrain unglaubliche Wassermassen niederströmteu, welche auf ihrem Fortgange verheerende Wirkungen hinterließen. In den Wegen waren mannestiefe Rinnen gerissen nnd eine Anzahl Felder war größtentheils abgeschwemmt und waren dafür erstaunliche Mengen von Steinen und Schutt aufgeschwemmt wurden. Die von der Hinter seite in die Gebäude dringenden Gewässer füllten in einer Anzahl der selben die Keller und standen in Ställen und Schuppen knietief. Nach einer Stunde hatten sich die Wässer verlaufen und mau konnte nun die volle Größe der Zerstörung übersehen. — Lanter bei Schwarzenberg, 29. Juni. Als gestern Nachmit tag um 3 Uhr eine Tranerversammlung das hiesige Gotteshaus ver lassen hatte nnd der Glöckner eben mit dem üblichen Auslauten zu Ende war, erfolgte ein Blitzschlag, durch welchen der obere Theil des Kirchthnrmcs fast gänzlich zerstört wurde. — Lauenstein. In vergangener Woche kam in Ebersdorf das 4 Jahre alte Söhnchen des Gutsbesitzers Stephan auf recht schreck liche Art ums Leben. Während der Abwesenheit der Eltern hatte nach dem Wnnsch derselben der 12 Jahre alte Sohn in einem sog. böhmischen Ofen ein tüchtiges Feuer gemacht, daß die Platten glühten und das Wasser in einem darauf stehenden größeren Topfe kochte. Der kleine vierjährige Bruder, welcher auf demmeben dem Ofen be findlichen Backofen geschlafen, hatte sich wahrscheinlich gewendet, fällt herunter auf die glühenden Platten und schreit. Der Bruder eilt her bei, will das Kind vom Ofen entfernen, wirft im Schreck aus Ver sehen einen Topf mit kochendem Wasser um nnd verbrüht noch dazu das arme Kind, welches anderen Tages seinen Leiden erlag. — Zu dem am 16. bis 18. Juli in Döbeln stattfindenden 9. sächsischen Feuerwehrtage sind die Vorkehrungen bereits in vollem Gange und hat das Komitee alle Hände voll zu thuu. Die meiste Arbeit liegt dem Wohnungsausschuß ob, denn er hat die Aufgabe, den zu diesen Tagen hier zusammenströmenden 2000 Feuerwehrleuten ein bequemes und freundliches Unterkommen für zwei Nächte zn ver schaffen, wozu die Einwohnerschaft der Stadt in entgegenkommendster Weise die Hand geboten hat. Auch beabsichtigt man, eine der Bedeu tung des Tages entsprechende Festschrift herauszugeben. Hoffentlich wird der Himmel diesen Tagen ein freundliches Gesicht zeigen. — Zur Verbesserung der Poficinrichtungen im Ober-Postdt- rektionsbezirk Dresden sind in Clausnitz, Hänichen bei Possendvrf, Herzogswalde, Kemnitz, Kesselsdorf, Kleinwaltersdorf, Klotzsche, Malsch witz, Müdisdorf, Nentmannsdorf, Ober-Blasewitz, Rammenau, Ruppen dorf, Schlottwitz, Tolkewitz, Weigmannsdorf und Zehista Posthilf st ellen eingerichtet. Den PosthllfsteUen werden durch die bei ihnen regelmäßig vorbeisührenden Posten Briese, Zeitungen und gewöhnliche Pallete überwiesen, welche daselbst zeitiger als bei der Bestellung durch die Landbriefträger in Empfang genommen werden können. Auch be fassen sich die Posthilfstellen mit der Annahme von Briefen und ge wöhnlichen Palleten. Die Inhaber der Pvsthiisstellen sind eidlich verpflichtet. — Dresden. In seinem eigenen Daheim, dem „Carolahaus", hielt vorige Woche der Albertvereiu unter Theilnahme Ihrer Ma jestät der Königin seine diesjährige Hauptversammlung ab, worin über die stattgehabte Thütigkeit die erfreulichsten Beweise erbracht werden konnten. Der Verein hat bis jetzt durch diverse Arrangements 129,000 Mark vereinnahmt, während durch die Lotterie 305,000 M. disponibel wurden; trotz dieser respektablen Summen wird es jedoch fortdauernd der regsten Unterstützung bedürfen, um die großartigen Einrichtungen, welche in den letzten Jahren in's Leben gerufen wurden, stets in dem zu erwünschenden Stande zu erhalten. Wie sich das Ca rolahaus jetzt präsentirt, ist es eine Musteranstalt, bei der Alles be rücksichtigt worden ist, was die Neuzeit auf demGebiete der Hygiene mit sich gebracht hat. Do Gcist im Fvrsthausc. (Fortsetzung.) „Lieber Sohn! Ich habe Dich in dem Glauben gelassen, Du seiest mein Sohn, dann in dem, ich sei Dein Oheim; sth stehe aber in keinerlei verwandt schaftlichen Verbindung mit Dir, und das Wenige, was ich über Dich weiß, findest Du in den nachstehenden Zeilen. Wenn ich Dir dies nicht früher mittheilte, so geschah es zuerst aus dem Grunde, daß solche Mitthcilungen an einen Unmündigen ganz zwecklos gewesen wären und fie vielleicht auf das ja fv gern romantischen Einwirkungen sich hingebende jugendliche Gemüth einen verdüsternden Eindruck gemacht haben würden und Dich zu nutzlosen, wo nicht selbst gefährlichen Schritten verleiten konnten. Warum Dich beunruhigen, aufregen? Das, was Du damals erfahren hättest, konntest Du ganz unbeschadet der Sache auch dann noch erfahren, wenn Du zum Manne gereift wärest, der mit ruhigem, besonnenem Blicke die Sachlage überschaut und wohl znr Erreichung seiner Wünsche wirkt, aber sich nicht zu abenteuerlichen Schritten hinrcißen läßt. Und zweitens hoffte ich auch wieder, daß im Laufe der Zeit doch irgend ein günstiger Umstand eintreten würde, der Alles klar machte und Dir zeigte, wo Du Deine Eltern — so sie noch leben — und Deine Verwandten suchen und finden könntest. Bis heute allerdings ist kein solcher Umstand cingetreten, und ost dies später geschehen wird, das weiß nur Gott.