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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.06.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080629024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908062902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908062902
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-06
- Tag 1908-06-29
-
Monat
1908-06
-
Jahr
1908
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Rr. 178. 1V2. Jahrg. Leipziger Tageblatt. Moulag, 2d. Jmii 1908. schuldig gemacht bat, insofern er Gegenstände, von denen er gan, genau wissen mußte, da» deren Geheimhaltung im Interesse der Sicherheit des Deutschen Reiches lag, zur Kenntnis einer fremden Macht gebracht bat. Er soll nämlich in der Zeit von 1906 dis 1908, wo seine Verhaftung erfolgte, einem srauzösischen Kapitän des Nachrichten bureaus mündlich und schriftlich Auskünfte über die Geschoßausrüstung einzelner Fcldartilleriercgimenter, über Munitionswagen und die Be schaffenheit der Geschähe, die Bedienung und Einteilung derselben ge geben haben. — Sofort, nachdem die Verlesung deS Eröffnungsbeschlusses erfolgt war, erhob sich der Reichscnnoalt Dr. Richter und beanwagte, daß die Oeffentlichkeit für die ganze weitere Dauer der Verhandlung ausgeschlossen werde, da schon in einer öffentlichen Verhandlung im vor liegenden Falle eine Gefährdung der Sicherheit des Deutschen Reiches zu befürchten sei. Es müsse nämlich zur Sprache gebracht werden, in welcher Art und Weise die Agenten und Funktionäre der französischen Heeresverwaltung in Deutschland die Spionage vorbereiteten und bc- treiben, welche Mittel sie in Anwendung bringen und welche Wege sie gehen, um deutsche Staatsangehörige auf die schiefe Ebene zu bringen und sie zu dem so schweren Verbrechen des Verrats am eigenen Vaterland» zu verführen. In der Dache selbst werde sich die Verhandlung in erster Linie nicht darum zu drehen Haven, tvas der Angeklagte Egensperger verraten und ob er etwas verraten habe, sondern darum, ob das, was er seinen Auftraggebern zur Verfügung gestellt habe, im Interesse der Sicherheit deS Deutschen Reiches geheim zu halten war und ob er gewußt lmben muß, daß diese Dinge geheim gehalten werden mußten. Der An geklagte Egensperger ließ durch seinen Verteidiger, Justizrat Dr. Eick hoff, auf diesen Antrag des ReichAanwalts Dr. Richter hin die Er klärung abgeben, daß er selber wünsche, die Verhandlung möge unter Ausschluß der Oeffentlfchkeit stattfinden. Nach kurzer Be ratung faßte der Gerichtshof den Bescheid, die ganze Verhandlung hinter verschlossenen Türen zu führen, der VcrhandlungSsaal wurde also geräumt. Das Urteil. wurde gegen Z4>1 Uhr verkündet. Egensperger wurde wegen Ver brechens gegen!j 1 des Spionagegesetzes zu drei Jahren Zucht haus und Nebcnstrasen verurteilt. Er hatte bereits im Mai 1906, als er im Feldartillerieregiment diente, sich von einem französischen Emissär dingen lassen, ist dann später nach Belfort gegangen und bat einem fran zösischen Offizier längere Zeit mündliche und schriftliche Nachrichten übermittelt. 45. Deritfchev Zonvnalisten- und KchriftsteUertag. (Telegraphischer Bericht.) 8.L8. WormS, 29. Juni. In der alten Nibelungen- und Lutherstadt Worms trat heule unter Beteiligung von Delegierten der journalistischen und schriftstellerischen Verbandsvereine aus allen Teilen des Reiches und auch aus Oester reich-Ungarn und der Schweiz der 15. Deutsche Journals st en- und Schriftstellertag zu seinen Verhandlungen zusammen. Mit allgemeinem Interesse sieht man dieser Tagung in den beteiligten Kreisen entgegen. An erster Stelle steht das Privatbeamten- Versicherungsgesetz zur Erörterung. Den zweiten Punkt der Tagesordnung bildet ein Referat des Chefredakteurs Stof fers - Düsseldorf über die Kgl. Literarische Sachverständigen kommission und die Presse. An dritter Stelle wird sich der Journalisten, und Schriftstellertag mit der Schaffung von Aus führungsbestimmungen für die zu bildenden Schiedsgerichte zu befassen haben. Dann steht die Frage der Geltendmachung von Nachdrucksforderungcn zur Verhandlung. Hierzu hat der .Herausgeber der ,Lit. Praxis", Chef redakteur Große-Bcrlin, einen längeren Antrag eingebracht, in dem den Journalisten und Schriftstellern empfohlen wird, solche Forde rungen im allgemeinen nur aus zivilrechtlichem Wege geltend zu machen und die Klagen in erster Linie gegen die Verleger zu richten. Die Stellung von Strafanträgen gegen Redakteure trotz erfolgter Erfüllung der Honorarforderung soll als nicht standesgemäß angesehen werden. Ein weiterer Punkt der Tagesordnung betrifft die Anbahnung von Verhandlungen mit dem Verein Deutscher Zeitungsverleger zum Zwecke der Schaffung eines Normalvertrages für Nedak - teure und Journalisten, Bildung einer Derbandsgeschäfts- stelle, Satzungsänderungen usw. Schließlich wird die Han-Molitor-Affäre voraussichtlich einen breiten Raum in den Erörterungen einnehmen, da hierzu sowohl von Berlin als auch von München Anträge vorliegen. Ein 'olcher des Berliner Journalisten- und Schriftstellervereins (Ur- hcbcrschutz) besagt: „In jüngster Zeit sind zahlreiche Fälle bekanntgeworden, in denen Redakteure wegen Aufnahme von Artikeln, die sie nicht für verfänglich halten konnten, zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Dies ist in den beteiligten Kreisen recht unangenehm empfunden worden und hat trotz des Vertrauens zu der absolutesten Unparteilichkeit der deutschen Richter den Gedanken aufkommcn lassen, daß seitens der Ttralgerichtshöfe, die ja sowohl die Schuldfrage als auch die Höhe der eventuell zu findenden Strafen aus dem Gesamtergebnis der von ihnen geführten Verhandlungen fcstzusetzen haben, hierbei nicht die erforder liche Rücksicht darauf genommen wird, daß Redakteure bei Herstellung der Zeitung in der Regel einen schnellen Entschluß fassen müssen, und daß dabei nicht immer diejenige Ueberlcgung eintreten kann, die im anderen Falle vielleicht zu manchem Bedenken führen würde. Der in Worms tagende 15. Delegiertentag des Verbandes Deutscher Journalisten- und Schriststellervereine spricht die Hoffnung aus, daß für die Zukunft die beteiligten Strafrichter bei der Verband- lung von Preßprozessen sich stets die Situation der Redakteure ver gegenwärtigen werden, in der sie sich zur Zeit der Aufnahme respektive Abfassung inkriminierter Artikel befunden haben. Dann werden auch die ergehenden Urteile nicht mehr Anstoß zu erregen geeignet sein und das Vertrauen in die Unparteilichkeit der deutschen Gerichte wird un erschüttert erhalten bleiben." Vertreten sind auf der Tagung u. a. der Verein Berliner Presse, der Verein Berliner Journalisten, der Berliner Journalisten- und Schrislstellerverein (Urheberschutz), der Deutsche Lehrer-Schriftsteller- bund, die Journalistenvereine von Mannheim, München, Wien, Ham burg, Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Nürnberg, Mainz, Karlsbad, Frankfurt a. M-, Danzig, Halle und Darmstadt, der Schlesische Jour- nalisten- und Schriststcllcrverein, der Verein Thüringer Presse, ver Deutsche Schrifrstellerinnenbund, der Verein Niedersächsische Presse, der Württembergische Journalisten- und Schriftstellcrverein und der Züricher Presseverband. Die -Verhandlungen begannen heute vormittag im Festfaale des hiesigen Kasinos, und zwar wurden sie eingeleitet mit der Hauptversammlung der Pcnsionsanstalt Deutscher Journalisten nnd Schriftsteller. Die Hauptversammlung wählte Direktor W e n z c l - Berlin zum Vorsitzenden und S ch a u m b e r g - Ddünchen zum Schriftführer.' So dann erstattete Pr a g e r-München den Geschäftsbericht, dem wir entnehmen, daß die Anstalt im verflossenen Jahre rund 290 000 .il. außerordentliche Einnahmen hatte, ferner 56 000 an Zinserträgen erzielte. An Mitgliederbeiträgen gingen rund 90000 .< ein. Besonders betont wurde, daß im verflossenen Jahre durch die An gliederung der Witwen- und Waisenversicherung der Wirkungskreis der Anstalt wesentlich erweitert worden ist. Der Mitglicderzuwachs hielt in erfreulicher Weise an. DaS Gesamtvermögen der Anstal: be trug am Schlüsse des Jahres 1907 1 500 000 es ist bis auf einen kleinen Teil in mündelsichercn Hypotheken angelegt. An der Debatte über den Geschäftsbericht, in deren Verlauf verschiedene Vorschlag» zur Erhöhung der außerordentlichen Einnahmen gemacht wurden, be teiligten sich Wenzel-Berlin. Tith-Zweibrücken, Morasch-Stuttgart, Dr. Clagrs-Hannover, Großc-Derlin, Feller-Karlsbad, Frau Namspeck- Darmstcdt, Schaumberg-München, von Hahn-Leipzig und Schwcder-Berlin. Nach der Genehmigung des Verwaltnngsbudgets für 1909 m>t 19 000 .tl. wurde der Zuschuß für die Versicherungsrente wiederum wie im Vorjahre auf 80 festgesetzt. Bei den Ergänzunqs- bzw. Neu wahlen für den Aufsichtsrat und Vorstand wurden gewägst: in den Vorstand Chefredakteur Max Scharre-München (der zweite Vorsitzende des Vereins Deutscher Redakteure), in den Aufsichtsrat Cbef- redakieur Fricke-München nnd Geschäftsführer Helfreich-München, Dr Nnaar-Szintmiklosy-Wien, Bart-München, Frau Nlla Wolss-Franck- Berlin, von Hahn-Leipzig. Abend? fand in den „Zwölf Aposteln" eine Begrüßungs'cier statt, bei der Chefredakteur von Trützschler-Wolfsenstein die Delegierten namens des Wormser Jonrnalistenvereins willkommen hieß. Hy. Hauptversammlung -es Vereins Deutscher Ingenieure. Dresden, 29. Juwi. Aus allen Teilen Deutschlands und des Auslandes sind die Mit glieder des Vereins Deutscher Ingenieure in großer Zahl in Dresden zur diesjährigen 19. Hauptversammlung eingetroffen. Der Dresdner Bezirksverein Deutscher Ingenieur, der sich infolge des Aufschwunges Dresdens als Industriestadt jeit seiner Gründung am 13. Januar 1897 die 5. Stelle unter den 16 Bezirksvereinen des Gesamtvereins und trotz seiner Jugend die erste unter den vier sächsischen Bezirksvereinen (Dresden, Chemnitz, Leipzig, Zwickau) errungen hat, hat für die dies malige Tagung ein außerordentlich umfangreiches Programm ausge arbeitet, das in wissenschaftlicher Beziehung eine reiche Fülle des Inter essanten und Lehrreichen bietet. Dem Ehrenausschutz gehören sämtliche sächsische Staatsminister, die Präsidenten der beiden Ständekammern der Dresdner Oberbürgermeister, Vertreter des Ministeriums, der Technischen Hochschule und andere namhafte Gelehrte und Industrielle Sachsens an. Unter dar Gästen erregt natürlich die Hauptainfmerkfamkeilt Graf Zeppelin, d-r geniale Erfinder und Luftschiffer. Er wird heute im König!. Schauspielhaus einen Vortrag über feine Erfahrungen beim Bau von Luftschiffen halten. Sonst wurden noch besonders bemerkt der Vorsitzende des Gesamtvereins Deutscher Ingenieure, Dr. E. Slaby, Geh. Neg.-Rat, Professor an der Technischen Hochschule in Charlotten- burg, ferner Verawerksdirektor Treutler-Kohlscheid bei Aachen, König!. Baurat O. Taakes-Hannover, Henri Cox, Direktor der Maschinewt- fabrik Eßlingen, Cannstatt, C. L. I. Hartmann, Vorstand des Dampf- kesselrevifionsbureans-Hamburg, F. Schmelzer, Baurat und Direktor des Wasserwerks Frankfurt a. O., A. W. G. Rohn, Direktor der Oskar Schimmel L Co. A.-G.-Chemnitz, .Kgl. Geh. Baurat Dr. Th. Peters- Berlin u. a. — Eine Reihe wichtiger Anträge liegt der diesjährigen 49. Hauptversammlung vor, von welchen namentlich derjenige, das Technolexikon betr., besondere Bedeutung bat. In seiner Versammlung vom 8. April d. I. hat der Vorstandsrat beschlossen, bei der Hauptver sammlung folgenden Antrag zu stellen: Der erweiterte Vorstand wird ermächtigt, in Verhandlung mit dem Reiche und den Staatsbehörden darüber zu treten, ob und in welcher Weise das Techuolexikon in Ver bindung mit dem Verein Deutscher Ingenieure verwirklicht werden kann. — Ferner hat u. a. der bayrische Bezirksverein folgenden, Ver waltungsingenieure betr., bemerkenswerten Antrag eingebracht: Der bayrische Bezirksverein richtet an den Verein Deutscher Ingenieure die Bitte, bei den Negierungen der deutschen Staaten dahin vorstellig zu werden, daß neben den aus der Universität bervorgeqangeuen Akade mikern auch solche Diplomingenieure zur praktischen Ausbildung in den Geschäften der höheren Verwaltung zugelassen werden, welche auf der Technischen Hochschule (oder der Universität) ein noch zu bestimmendes Maß von Kenntnissen aus dem' Gebiete der Stoatswissenschaften er worben haben. Diesen als Verwaltungingewieuren zu bezeichnenden Akademikern soll hiermit die Möglichkeit geschaffen werden, in ähnlicher Weise, wie dies für Referendare angeordnet ist, sich in den einzelnen Zweigen der Landesverwaltungen zu unterrichten. Ueber den gestern von der Stadt Dresden gebotenen Begrüßungs abend im Zentraltheater haben wir schon berichtet. Heute vormittag fand nun die Eröffnung der Versammlung im Kgl. Schauspielhause statt. Erschienen waren hierzu König Friedrich August, Staatsmmister Graf von Hohenthal, Justizministcr Dr. von Otto, Kriegsminister Freiherr von Hau sen und Kultusminister Dr. Beck. Das Parkett und die Ränge waren von einer glänzenden Festverscrmmlung besetzt. Geh. Rast Slaby-Berlin eröffnete die Sitzung mit einem Willkommvnsgruß an die Teilnehmer, worauf Staatsminister Graf v. Hohenthal die Versammlung im Namen der Staatsregierung begrüßte. Oberbürger meister Beutler sprach im Namen der Stadt Dresden und der Dirck- tor der Technischen Hochschule, Prof. Dr. Möhlau, begrüßte die Ver sammlung im Namen der Technischen Hochschule Dresden. Hiercun schloß sich die Verleihung der Grashof-Denkmünze an den Grafen Dr. ing. Zeppelin und Prof. Dr. Stadola- Zürich. Kommerzienrat Hallbau er-Lauchhammer wurde sodann zum vr. lux. bouoris asrma seitens der Dresdner Technischen Hochschule ernannt. Nach der Erstattung des Geschäftsberichtes sprach Geb. Hosrat Prof. Dr. Hempel- Dresden über die Trinkwasserversorgung der Städte vom chemischen Standpunkte aus. Graf Zeppelin hielt sodann einen Vortrag über das lenkbare Luftschiff. Der Vor tragende war der Gegenstand außerordentlich lebhafter demonstrativer Ovationen. Deutsches Reich. Leipzig, 29. Juni. * Tie Gesellschaft des Verbandes Sächsischer Industrieller zur Entschädigung bei Arbeitseinstellungen zählt, wie sie uns mit teilt, über 1100 industrielle Betriebe als Mitglieder. U * Im Reichstage sind zurzeit drei Mandate erledigt, Czar- nikau-Kolmar-Dilehne durch den Tod des Abg. Zindler (Kons.), Prenzlau- Angermünde durch den Tod des Abg. v. Winterfelbt-Menkin (Kons.), Memel-Heydekrug durch die MandatSniederlegung des Abg. Schwabach (Natl.). Das erstgenannte Mandat wird am 30. Juni besetzt werden, die Ersatzwahlen für die beiden anderen finden erst später statt. * Eine Oberbürgermeisterkonfcren; fand, wie uns aus Kassel telegraphiert wird, gestern nachmittag auf Wilhelmshöhe statt. Dort batten sich die Oberbürgermeister von Köln, Aachen, Düsseldorf, Krefeld, Elberfeld, Essen und Kassel zur Besprechung wichtiger kommunaler An gelegenheiten zusammengefunden. Auch Exzellenz Becker, der frühere Kölner Oberbürgermeister, nahm an der Sitzung teil. * Zum neuen Wctngesetz. Eine von 500 Winzern deS Mosel-, Saar- und Ruhrgebietes besuchte Winzerveriammlung in Trier be schloß einstimmig, den neuen Gesetzentwurf als gänzlich verfehlt zu verwerfen. * Ter bayerische Landesverband des Tentschcn Flottenvercins hielt gestern in München eine Delegiertenversammlung ab, in welcher über die Danziger Tagung Bericht erstattet wurve. Auf Anfrage teilte der Vorsitzende Oberstleutnant a. D. von Spies mit, Prinz Rupprecht von Bayern habe sich in einem Schreiben erfreut darüber geäußert, daß die Danziger Verhandlungen in versöhnlichem Geiste geführt worden seien. Da jedoch erst die Zukunft zeigen könne, wie daS neue Präsidium seine Ausgabe auf Grund der Danziger Beschlüsse aufsasse und in welchem Sinne der Verein künftighin geleitet werde, sei er zurzeit nicht in der Lage, sich über die Wiederaufnahme des Protektorats auszusprechen. Der Prinz stimme völlig überein mit den Anschauungen, die Prinz Heinrich von Preußen in seinem Telegramm an die Danziger Tagung ausgedrückt habe. Freiherr von Würzburg bedauerte, daß in einem Teil der Presse die Danziger Beschlüsse als ein Sieg der extremen Richtung gefeiert würden; allerdings seien die Dan ziger Resolutionen nicht klar, sie litten an großen Schönheitsfehlern. Redner sprach sich unbedingt dagegen aus, daß der Fwttenverein als politischer Verein erklärt werde. Der bisherige geschäftssührende Aus schuß wurde alsdann durch Akklamation wiedergewäylt. * Alexander Meyer In Friedenau bei Berlin ist im Alter von 77 Jahren am Sonnabend der frühere Reichstags- und preußische Land- tagsabgeordnete Alexander Meyer gestorben. Geboren 1832 in Berlin, wandte er sich dem Journalismus zu, war 1866—71 Handelokammcr- sekretär in Breslau, dann Generallekrelär des Deutschen HankelKiages in Berlin und von 1876—79 Cbefredalteur der »Schlesischen Presse". Von 1878—88 und 1892—93 gehörte er dem preußischen Abgeordneten hause an, von 1881—96 zuerst als Mitglied der nationalliberalen, dann nach der Sezession der deutsch-freisinnigen Partei und schließlich der Freisinnigen Vereinigung dem Reichstage an. Er war einer der bedeu tendsten und beliebtesten Redner, die der Reichstag jemals besessen hat. bas wohl im stillen, reibt sich die Hande und denkt: ratet ihr nur; vermutlich wollte ich bloß Formen, wo ihr allegorische Geheimnisse wohnt. Indessen glaubt ja bekanntlich der Mensch, wenn er nur Worte hört (oder Kunstwerke sieht), eS müsse sich dabei auch etwas denken lassen, nnd so denkt er sich in den auf den Giebeln der Südseite angebrachten überlebensgroßen Figuren eines ruhenden Jünglings und eines rubendcn Mädchens naturgemäß den über Wissen und Welt grübelnden jungen Menschen, den die Sehnsucht zum Studium treibt. Die großzügige Plastik dieser beiden Gestalt,» ist ein Werk des Pros. Habich-Stuttgart. Ihnen gegenüber thront aus einem Giebel die epbesische Diana, ein Kunstwerk, das die freie BehandlungSwei'e des Prof. Brütt-Weimar zeigt. Von diesem Künstler stammt auch der Giebelichmnck deS Lstflügrls (Archäologisches Institut), wo wlr einen P! önir als Las Zeilen ewiger Verjüngung und die derbe, kraftstrotzend« Figur des Zyklopen Polyphem gewahren. Es sind dies wohlangebrachte Remi- nizenzen aus dem ewigen Frübling HomerS. Am Haupteingang des Nord flügels ruhen die Säulen auf den markigen Kolossen eines Löwen nnd eines Schlangengewühl». Vielleicht bedeutet Las die Krait und die Klugheit, auf denen Fortschritte der Wissenschaft nur aufgebaut werden können. Hier prangen an den Giebeln auch die von Brütt entworfenen Gestalten der vier Fakultäten und in der Mitte dieser Hauptfassade erbebt sich eia Türmchen, das das UniversitätSwappen mit dem Bild des Kurfürsten Johann Friedrich, in Kupfer getrieben und gemalt, zeigt. Kleinere, schön ausgesührte Arbeiten, wie am Westgiebel ein Christuskopf, am Turmportal ein Nestchen, aus dem Vögel fliegen und ihm wieder zufltegen, viele neue Kap-tällormeir im kleinen Hof, schöne Schlußsteine zeigen, wie der Bildhauer Neumeister (Jena) frisches Formaesühl gewahrt hat. Im Vestibül, in das wir eintreten, aber waltet die Kunst des Jenaer Malers Erich Kuithan, der ornamental in ganz freier Behandlung das Kreuzgewölbe ausmalt und so dem lauschigen, dämmer-gebeimnisvollen Eintrittsraum in dies Haus der Wissen schaft einen ganz be anders warmen Ton gibt. Dort, wo der Eingang ist, steht in Goldschrist Schillers Wort gemeiselt, das in der Tat trefflich in dies Haus paßt: Rur dem Ernst, den keine Müh« bleichet. Rauscht der Wahrheit lies versteckter Born. Und Prof. Sascha Schneiders überlebensgroßes Wandgemälde, zwei Männerfiguren darstellend, Las Alter, dar die Fackel der Jugend reicht, weist ebenso wie dieser Spruch auf die ideale Bedeutung dieses Hauses bin. In der Aula wird uns von der gegenüberliegenden Wand das große Reiterbild des Kurfürsten Johann Friedrich entgegen grüßen, das fein Schöpfer, der fürstliche Maler Prinz Ernst von Meiningen, der Universität zum Geschenk macht. Porträts der Fürsten der Erhalterstaaten, von Prof. Hans Olde-Weimar nnd E. Großrr-Berlin gemalt, sollen die ln mattem Hellblau gehaltene LängSwand zieren. Ja dem Korridor de» 1. Geschosse» wrrden auch die großen Gemälde Platz finden, die di« alten Jenaer Studenten mit einem Aufwand von mehr al» 12 000 spendet haben: von Otto Ubbelohd« (Goßfelden): „Die Begrüßung Jodann Friedrichs 1552 am Fürnenbrunnen durch Professoren und Studenten"; von Ernst Liebermann (München)! „Pro'. Weigel auf seinem Hanse, die Studenten an einem Globus über Astronomie unterrichtend"; von Prof. HanSW. Schmidt (Weimar): „Goethe uns Carl August ans dem Scyloßbof"; später noch von Erich Kuithan (Jena): „Schiller» erste Vorlesung". Wir beschränken unser» Rundgang auf den hauptsächlichsten bildnerischen Schmuck, sehen im kleinen Hof noch ein von Bildhauer Zauche (Weimar) ausgefübrtes Relief, die Gründung der Universität darstellend, betrachten im großen Hose den mit feinem Gefühl entworfenenBrunnen, Lein nur die große Haube nicht aut steht, und steigen rasch noch den 42 Meter hohen Turm hinauf, dessen goldenes Haupt die Urkunde enthält, wo wir oben in Abenddämmerung über da» Städtchen Hin schauen, da» die Sorgen nicht kennt, die unser Führer, der ausgezeichnete Leiter de» Baues, RegiernngSbaumeister Karl Dittmar, hat, daß auch das, was nun noch fehlt, bis zum Tage der Einweihung wirklich fertig wird. vr. L. * Ueber de» Fortschritt der Arbeiten au der Jenaer Universität berichtet au» Jena noch unser 8,-Mitarbeiler: Der Turm de» neuen Gebäudes wird dadurch einen schönen Schmuck erdalten, daß in den zwölf Nischen des Säulenganges unterhalb der Uhr die zwölf Zeichen des Tierkreises: Widder, Stier, Zwillinge usw. in nahezu manneskoken Bildhauerarbeiten eingesetzt werden. Das für den Universitätsneubau bestimmte Gemälde des alten Jenaer Schloßhofes ist von Professor Han» W. Schmidt in Weimar jetzt vollendet worden. * * Ter neue Maeterlinck. Der flämische Dichter bat nach einem Privat telegramm unseres Pariser ^.-Korrespondenten rin neue» Drama — „Maria Magdalena" — fast vollendet. Georgette Leblanc-Maeterlinck wird schon in der nächsten Pariser Spielzeit die Maria kreieren. * Ter Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses. Au» Heidelberg meldet rin Privattelegramm Misere» b'.-Korreipondenten: Der Großherzog von Baden hat nach einem Vortrag de» Finanzministers und des Minister» de» Innern den geplanten Wiederaufbau de» Heidelberger Schlosses endgültig ge nehmigt. Die Bauforderung wird schon dem nächsten kommenden Landtag vor gelegt werden. * Sin neuer Memltna im Lonbre. Der Pariser Louvre hat unlängst ein Bild von Memling neu erworben. ES stellt, wie da» „B. T." mitteilt, da» Porträt einer alten Frau dar und war im Jahre 1902 aus der Aurstelluug der flämischen Primitiven in Brügge zu (eben. Da» Bild wurde vom Louvre gegen einen Kaufpreis von 200 000 Franken erworben. ES mißt nur dreißig Quadrat zentimeter nnd bildet die linke Seit« eine» Diptychon». Die rechte Seite mit dem Porträt eines Mannes ist in Berlin. Der Pariser Louvre besitzt bereits sechs Memling». Der neue wird in nächster Zeit öffentlich ausgestellt werdrn. * Unveröffentlichte Wagner-Vrtefe. Im Julibest der „Neuen Rund schau" (S. Fischer, Verlag, Berlin) werden die unveröffentlichten Briefe von Richard Wagner an die verschiedensten Adressaten aus sech» Jahrzehnten, die ein Spiegel feines ganzen Schaffen» geben, zum Schluß geführt. Wichtig sind namentlich »ine Serie Briefe an Franz Brendel, Len Herausgeber der „Renen Zeitschrift für Musik", und Carl Riedel, den Gründer und Leiter des seinen Namen tragenden Verein» aus den Jahren 1853, 1854, 1872 und 1874. Wagner legt Brendel für seine Zeitschrift die Beantwortung der Frage nahe, au- welchem Grunde nach Weber kein« Opern wieder geschrieben worden seien. wie die Weberschen, sondern die Mryerbeerschen und Flotowschen?— Warum seien alle Opern der „absoluten" Musiker, z. B. Hiller, David und Schumann ver unglück!? Er beantwortet die Frage selbst damit, daß kein drängender Inhalt zum Komponieren wie zum künstierischen Schaffen vorhanden und das „Wie, Was und Ob de» Komponieren»" zu einem Akt reiner Willkür geworden sei: „Die Form — als reine Technik — bestimmt einzig da» Musilmachen, d. h. das Variieren der alten Form ohne Inhalt!" In einem anderen Briefe ist die Rede von „Lohengrin": „Was wird nur mit dem Lohengrin in Leipzig werden? Die „Elsa" von der „Meyer" — das ist ja gräßlich! Ach, wenn die Menschen wüßten, wie wenig und unrichtig sie mich kennen lernen! Mitunter erfahre ich Dinge, die ich — in bezug auf Entstellung — doch nicht für möglich dielt!.... Da» Drolligste ist, daß kein Mensch aus der hochweisen Kritik einmal dahinter kommt, wie sie nach diesen Aufführungen eigentlich gar nichts von meinem Werke wissen können! Mir bleibt wirklich nur—Lachen und Verachten!" — Den ihm befreundeten Carl Riedel bittet Wagner, zn der, nach mals so berühmten Aufführung von Beethoven» IX. Sinfonie die im erforder lichen Vortrage geübten Sänger und Sängerinnen Leipzig» zur Teilnahme auf- zufordrrn. Die Ausführung sand 1872 statt und Wagner hatte im Vollgefühle seiner künstlerischen Macht ganz richtig prophezeit: „Gelingt alles, so wird wahrscheinlich keiner der Teilnehmenden bereuen, dabei gewesen zu sein. E» würde einmal etwas andere» sein, al» wa» sonst gewöhnlich vor sich geht." * Arthur Rtkisch in Prag. Im V. philharmonische» Konzert, da» kürzlich, wie unser L - Korrespondent meldet, in der jetzt in Prag eröffneten Ausstellung gegeben wurde, dirigierte Professor Nikisch Smetana» „Moldau", Tschaikowskys „Sinfonie patsthique", Anton Dvorak» „Capriccio" und die „Dannhäuser"-Ouverture. Die Wiedergabe aller Werke löste Stürme von Beifall aus. Zuletzt brachte da» entflammte Publikum dem Dirigenten Ovationen, die erst dann endeten, al» da» Orchester sich der Huldigung lebhaft anschloß. * von den Münchener Festspiele». Im diesjährigen Mozart.Zyklus werden ausschließlich Münchener Künstler beschäftigt sein, nämlich die Damen Fay, Tordek, Bosetti, Koboth, Burk-Berger, Preuße und Hemvel, sowie die Herren Feinhals, Gillmann, Walter, Bauberger, Felmy, Steglitz, Brodersrn u. a. In dem Wagner.Zyklus treten aus die Herren Knote, Bauberger, Lohsiag, Bender, Felnbal», Walter, Brodersen, Geis, Briesemeister, Kran», Zador, Whitehill, Breuer und die Damen Faßbender, Burk-Berger, Preuße, Wittich, Koboth, Fay, Morena, Gineiner, Bosetti, David, Höfer, Plaichinger usw. * Kleine Chronik. In Cassel ist, wie un» ei« Privattelegramm unsere» Ll-Korrespondenten berichtet, der Schriftsteller Franz Trrller gestorben. Er war Dramatiker, hatte zahlreiche Erzählungen veröffentlicht, die sich einen Kreis nicht allzu anspruchsvoller Freunde erwerben dürften, und sich namentlich als Leiter verschiedener Volksbühnen verdienstlich gemacht. Er starb al» Fünfund sechziger. — Professor Laurenz Müllner von der Wiener Universität, an der er eine Lrhrlanzel für Philosophie innehat, begeht heute seinen 60. Geburt-tag. — An» Pest wird gemeldet: Der frühere Husarenosfizier Johann MatovanSky und seine Gemahlin haben ihre Gemäldesammlung, ia der insbesondere hollän dische Meister nnd Maler de» achtzehnten Jahrhundert» vertreten sind, dem ungarischen Museum der schönen Künste zum Geschenk gemacht.
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