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VocheMM für für für die Königl. Amlshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einun-vierzigster Jahrgang. Erschein wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonncmentspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag. Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. SM? WilsdnlA TEmmnöt/ Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 15.Menstag, den 22. Februar 1881. Das 10. Stück des Gesetz» und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1880 enthält: No. 56. Verordnung, die Abtretung von Grnndeigenthum zu Erbauung der Wilkau-SauperSdorser Eisenbahn betr.; vom 5. November 1880. No. 57. Verordnung, die Abtretung von Grundeigenthnm zu Erbauung der Schwarzenberg-Johanngeorgenstadter Eisenbahn betreffend; 5. November 1880. No. 58. Bekanntmachung, die Richtungslinie der Wilkau-Saupersdorfer Eisenbahn betr.; vom 18. November 1880. No. 59. Verordnung, die Prüfung von Feldmessern betr.; vom 20. November 1880. No. 60. Verordnung, Ergänzungen und Aenderungen der deutschen Wehr-Ordnung vom 28. September 1875 betreffend; vom 23. November 1880. No. 61. Verordnung, die Verpflegbeiträge für Gefangene der Landcsstrafanstalten und für Sträflinge, welche" in den Landesstrafanstalten zu Dresden und Chemnitz längere als fünfmonatige Gefängnisstrafe verbüßen, belr.; vom 7. December 1880. Ns. 62. Verordnung, die Berpflegbciträge für Zöglinge der Landes-Erziehungs- und Besserungsanstalten belr.; vom 7. December 1880. No. 63. Verordnung, die Vcrpflegbeiträge für Zöglinge der Laudesblindenaustalt zu Dresden nebst Hilfsaustalt zu Moritzburg und den Blindcuvvrschulen zu Hubertusburg und Moritzburg betr.; vom 7. December 1880. No. 64. Verordnung, die Verpflegbeiträge für Zöglinge der Erziehungsanstalt für blödsinnige Kinder in Hubertusbnrg betr.; vom 7. December 1880. No. 65. Bekanntmachung, eine Abänderung der Statuten der Spar- uud Leihcasse zu Grimma betr.; vom 30. November 1880. No. 66. Verordnung, die Justizstatistik betr.; vom 15, December 1880. Gedachtes Stück des Gesetz« und Verordnungsblattes liegt in hiesiger Rathsexpedition zur Einsicht aus. Wilsdruff, am 21. Februar 1881. Der StMlMneindcralh. Ficker, Brgmstr. Tligesgeschichte. Die am 17. Febr. stattgefundene Präsidentenwahl im Reichstage stellt uns wiederum vor die Thatsache einer konservativ-klerikalen Alliance. Der Abgeordnete Richter-Hagen hatte den Antrag gestellt, das bis herige Präsidium durch Akklamation wieder zn wählen, diesem Anträge wurde jedoch mit Rücksicht auf die Geschäftsordnung widerfprochen, und so mußte denn zur Wahl durch Stimmzettel geschritten werden. Nun hatte Graf Armin sich durch umsichtige und unparteiische Leitung der Geschäfte fast bei allen Parteien des Hauses Sympathien erworben, wie er sich denn überhaupt des Rufes eines ausgezeichneten Maunes erfreut, und seine Wiederwahl war auch den Liberalen willkommen; er hatte jedoch erklärt, daß er die Wahl durch eine konservativ-klerikale Koalition nicht wieder und auch dann nicht annehme, wenn ein Cen trumsmitglied die erste Vicepräsidentenstelle erhalte. Von 274 Stim men erhielt nun Graf Arnim am ersten Tage 147 Stimmen, während 91 auf den konservativen Abg. v. Seydewitz fielen. Arnim war so mit gewählt. Zum ersten Vicepräsidenten wurde jedoch trotz der Ar- nim'schen Erklärung der Frhr. zu Frankenstein (Centrum) mit 149 Stimmen gewählt, während der Candidat der Liberalen uud Freikon- servativen Stephani-Leipzig 101 Stimmen erhielt. Zum zweiten V>ce- präsidenlen endlich wurde Ackermann-Dresden mit 172 Stimmen wie« der gewählt. Getreu seiner Erklärung, lehnte Graf Arnim die Wahl ab. Das betreffende Schriftstück wurde heute von dem Vicepräsidenten verlesen und von der Linken mit „Bravo", von dem Centrum mit Ge lächter begrüßt. Noch unmittelbar vor der Wahl war es ungewiß, wer zum ersten Präsidenten gewählt werden würde. Endlich entschied man sich für den Unterstaatsjekretär v. Goslar (deutfchkvnservativ) der mit 150 Stimmen gewählt ward. Die Liberalen und Freikvnserva- tivcn hatten 89 weiße Zettel abgegeben. — So ist denn ein Uuter- staatssecretär des Preuß. Cultusministeriums erster Präsident des deut schen Reichstags. Der geneigte Leser mag seine Betrachtungen darüber anstellen! Die Woche fängt gut an, könnte man sagen. Verstimmung, Er bitterung und Kampf im Reichstage über die Präsidentenwahl, die doch nichts ist als ein Messen der Kräfte; Verstimmung, bittere Erin nerungen und Vorwürfe und persönliche Kämpfe im Herrenhaufe — wohin ist die „angenehme Temperatur" gekommen! Mit einem Sprung sind wir mitten in der großen und lärmenden Politik. Die Klagen über die politische Windstille sind verflogen wie das Jammern im Januar, daß wir keinen ordentliche» Winter bekommen. Mancher singt nun: Politisch Lied ein garstig Lied. Wir müssen das Wetter nehmen, wie's kommt und daran denken, daß jeder Sturm die Luft reinigt. Was das Jammern über die Zustände in Deutschland betrifft, so machte Fürst Bismarck, den man gern für das Wetter in Deutsch land verantwortlich macht, seinem Herzen im Herrenhause mit folgender Rundschau Luft: „Wenn ich unsere Lage mit der anderer Länder ver gleiche, so finde ich, es geht uns im Ganzen besser, als den meisten andern Ländern. Sehen Sie doch einmal sich in Europa um, vom äußersten Osten, bis zum äußersten Westen, von der reichsten und uns in der Civilisation wenigstens gleichstehenden Nation bis zur Spitze von Morea, von Gibraltar bis zur Newa, finden Sie irgendwo Zu stände, mit denen Sie zu tauschen bereit, finden Sie irgend ein Laud, dessen Zustände so verführerisch auf Sie wirken, daß Sie sagen möchten, da laßt uns hinziehen, daß wir den schweren Druck, den gefährdeten Zuständen der düsteren Zukunft, die wolkenschwer über uns hängen, und wie alle die Zeitungsphrasen lauten, entrinnen und endlich in den sichern Hafen einlaufen; ich will kein Land nennen. Deshalb haben die Klagen viel Unberechtigtes, und wir können es bei uns noch recht lange so aushalten, wie es jetzt ist. Das war aber nur das sanfte Präludium oder Vorspiel. Die vollen Register zog der Kanzler, als sein früherer College, der Finanzministcr Camphausen, gegen die jetzige Finanzwirthschaft und gegen den dauernden Steuererlaß eine von dem vollen Gewicht seiner Autorität getragene Opposition erhob, indem er sagte, die jetzige Finanz- und Steuer-Politik widerstreite der alten uud gesunden preußischen Politik. Da brach Bismarck los. Es geht, antwortete er, in der Finanzwirthschaft wie niit einem Land- gute: ein heruntcrgewirthschaftetes Gut kann mau nicht leicht wieder in die Höhe bringen. Herr Camphausen hat als Finanzminister die sieben fetten Jahre für sich gehabt und er hat nichts dafür gethan, daß uns in den nachfolgenden sieben mageren Jahren etwas blieb. Als sie aber kamen, hat er sich gegen meinen Wunsch zurückgezogen und mir große Sorgen hinterlassen. Sein Nachfolger, College Bitter, arbeitet nun daran, das wieder gut zu machen, was Herr Camphausen schlecht gemacht hat uno Hal ein Recht auf Unterstützung. Camphausens gute Eigenschaften überragen die minder guten; er hat die Kassen in vortrefflicher Ordnung hinterlassen, die eigentliche Finanzwirthschaft aber, die Voraussicht in die Zukunft, hat er nicht verstanden. Es war mir, als er noch mit vollen Händen von den Millarden gab, klar, daß das nicht dauern könne. Ich drang daher auf Erhöhung der Ta bakssteuer. Auch meine Eisenbahn-Politik hat er lauge bekämpft. Er that immer wie der Herrgott, der die Welt geschaffen, als wenn alles aufs Beste bestellt sei. Alles, was er heute beklagt, ist seine Politik. Und wenn ich heute auf das sehe, was er uns zu thuu überlassen hat, so kann ich ihm nur dankbar dasür sein, daß er abgetreten ist. — Camphausen: Mit dem Herrn Ministerpräsidenten theile ich die Freude, Laß wir nicht mehr genöthigt sind, mit einander zu wirken. Der Herr Ministerpräsident hat nur für die Seiten seiner Sache, die ihm ange nehm sind, ein Gedächtmß. Ich habe früher an eine Erhöhung der Tabakssteuer gedacht als er, er aber hat mich gehindert. Ich bedauere die lebhafte Auseinandersetzung, um so mehr als ich die größte Hoch achtung vor dem Manne hege, dem das Vaterland so vieles dankt und von dem ich nicht erwartet hätte, daß er Dienste, die man ihm geleistet hat, so schlecht lohnt. — Bismarck gibt den Vorwurf der Undankvarkeit zurück und sagt: Camphausens geplante Tabakssteuer war ein todtgebornes Kind. Er hat nichts für die Fi nanzen des Reichs gethan und sich immer in die angenehmere und unabhängigere Stellung des preußischen Finanzministers zurückgezogen. In Berlin bereitet man sich auf den Einzug der Braut des Prinzen Wilhelm und auf die Hochzeitsseier vor. Schon werden die Tribünen aufgeschlagen, Festzeitungen werden an den Straßenecken ausgeboteu, an allen Schaufenstern prangen die Portraits des hohen Brautpaares und die allgemeine Aufmerksamkeit wendet sich diesem Gegenstände zu. Selbst die häßliche Judenhetze scheint von der Ta gesordnung abgesetzt zu sein; vielleicht auch mit Rücksicht darauf, daß namentlich der Kronprinz sich sehr mißbilligend über diese traurige Agitation ausgesprochen hat. Das Programm für die Vermählungsfeierlichkeiten des Prinzen Wilhelm von Preußen ist von dem Kaiser in den Grenzen möglichster Einfachheiten festgehalten und darüber auch mit dem kron- priuzlichen Paare das Einverständnis) hergestellt worden. So hat der Kaiser wie früher die Reiterquadrille, jetzt auch das angebotue Turnier der Gardehusaren nicht angenommen. Geleitet war der Entschluß des Kaisers außer von Rücksichten der Ersparniß für die Bctheiligten von dem Gedanken gegenüber den Anerbietungen der Stadt Berlin, die über den Umfang und Glanz hinausgehen, die dem Einzuge und den Vermählungsfeierlichkeiten des krvnprinzlichen Paares seiner Zeit gegeben wurden, die Festlichkeiten thunlichst in dem damals gezogenen Rahmen festzuhalten. Stettin, 19. Febr. Wie die „Neue Stettiner Zeitung" meldet, ist gestern von ruchloser Hand an die Synagoge zu Neustettin, in welchem Oite Dr. Henrici aus Berlin emcn antisemitischen Vor-