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welche sie im Karolahause gefunden, sondern besonders auch von der Leutseligkeit und Theilnahme der geliebten Landesmutter. Atle 14 Tage war die Königin bei ihrem Rundzange durch die Klankenzimmer auch an ihrem Bette erschienen, hatte namentlich mit ihr über ihre Krankheit und Familienverhältnisse eingehend sich unterhalten und durch verschiedene Erfrischungen und andere Geschenke sie, wie die übrigen Kranken erfreut. Zu den Lichtpunkten im Dunkel ihrer Leiden zählte die Kranke den Tag, an welchem die hohe Frau ihr, wie allen Kranken des Karolahauses, vor ihrer Abreise in die Schweiz Persönlich die „letzten Rosen" aus ihrem Garten brachte. Zur Weihnachtszeit aber hatte nicht blos sie selbst mit ihren Leidensgenossen die königliche Huld unter dem leuchtenden Ehristbaum in reichen Geschenken erfahren dürfen; dieselbe freigebige Hand hat auch ihren Kindern daheim reich lich gespendet. — Bautzen. Im Burglehn, dem gefährlichsten Theil der Stadt, brach am 29. Januar ein Schadenfeuer aus. Durch schnelle Hülfe wurde das Feuer noch vor deni Eintreffen der Feuerwehr und ohne größeren Schaden angcrichtet zu haben, gelöscht. Wie in vielen Fällen, hatten auch hier in der betr. Wohnung unbeaufsichtigt gebliebene klei nere Kinder mit Feuer gespielt und so das in der Stube stehende Bett in Brand gesetzt. — Borna. In Haselbach bei Regis hat ein schon längere Zeit leidendes Mädchen, die Tochter eines Oekonomen, die nächste Ostern konfirmirt werden sollte, einen entsetzlichen Entschluß ansgenihrt. Während sich die Eltern zu einem Schmause in der Nachbarschaft begeben hatten, entfernte sich das Kind unbemerkt ans dem Hause, ging nach der nahegelegenen Eisenbahn, legte sich auf die Schienen und ließ sich von einem herankommeuden Zuge überfahren; den Kopf vom Rumpfe getrennt, wurde die Leiche des unglücklichen Kindes gefunden. — Oschatz, 30. Januar. Heute fand in unserem prächtigen Gotteshause in Gegenwart der Gemeinde durch Superintendent Schöu cke die Einweisung des Diakonatsverwesers Silex statt. — Nachdem neuerdings in Leipzig an vier verschiedenen Kassen Falsifikate von Hundcrtmarknoten der Neichsbank vorgekommen find und möglicherweise derartige Scheine auch hier sich ein stellen könnten, so machen wir daraus aufmerksam, daß sich diese Falsifikate von den echten dadurch unterscheiden, daß ihnen das Wasserzeichen fehlt und ihre Farbe eine sehr blaß-blaue ist. Ferner ist auf den Falsifikaten auf der Vorderseite unten die Strafandrohung schlecht ge druckt, ebenso ist der Druck des rothen Adlers auf der Vorderseite undeutlich ausgeführt. Die rothen Nummern auf der Rückseite sind nicht aufgcdruckt, sondern durch den Pinsel aufgetuscht. Die Falsifikate tragen nicht gleichlautende sondern verschiedene Nummern. — Auf dem Kalkwerk Venusberg bei Scharfenstcin sind dieser Tage durch Explosion von Dynamitpatrouen, welche Arbeiter zum Trocknen auf den Ofen gelegt hatten, 3 Leute, zwei leicht und einer schwer verunglückt. Das Gebäude, in welchem dies geschah, ist demo- lirt worden. ' Eine Winternacht. Erzählung von Ludwig Habicht. Verfasser der Romane: „Auf der Grenze", „Der rechte Erbe". Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) In den langen Winterabenden besonders waren es die Erzählungen der Polin, die der völlig vereinsamten jungen Frau über manch' lang weilige Stunde hinweghelfen mußten, wenn der Kleine schlief und ihr Gatte in Dienstgeschästen nach auswärts mar. Das Haus lag so einsam, daß der Hauptmann stets zum Schutz seinen Bedienten zurücklicß, sobald ihn der Dienst abrief, der noch immer beschwerlich und anstrengend genug war. Eines Tages entstand sogar das Gerücht, daß man dennoch einen kleinen Aufstand im Herzog- thum Posen versuchen und eine Anzahl Verwegener sich über die Grenze schlagen wolle. Alle Truppen wurden in dieser Gegend zufammen- gezvgeu, und auch der Hauptmann Wildenthal mußte mit dem größten Theil seiner Leute dahin folgen. Der Orr war einige Meilen entfernt und die Abwesenheit des Hauptmanns konnte deshalb wohl mehrere Tage dauern. Auf so lange Zeit hatte er noch niemals seine Gattin verlassen dürfen, und das Herz der jungen Frau war von namenloser Unruhe erfüllt; aber sie mochte nicht durch das leiseste Zeichen verrathen, wie es in ihr aussah; im Gegeutheil zeigte sie sich muthig und gefaßt, so daß der Hauptmann freudig uud anerkennend beim Abschied ausrief: „Du bist doch die ächte Frau eines Soldaten!" Sie lächelte und sah ihm noch einmal tief und innig in die Augen; — ein letzter Kuß und er schwang sich auf's Pferd. Die junge Frau sah ihm noch lange nach, wie er auf dem zwischen mächtigen Zaunhecken cingeschlossenen, schmalen Wege dahinritt, bis seine hohe, kräftige Gestalt ihren Blicken entschwand. Erst jetzt machte ein Thränenstrom ihrem beklommenen Herzen Luft. Der Hauptmann hatte zum größeren Schutz noch einen Soldaten in der Wohnung zurücklassen wollen, aber seine Gattin hatte davon nichts wissen mögen. „Dieser zweite Mann fällt uns bei nuferer be schränkten Wirtschaft nur beschwerlich, und Du weißt, daß ich mich auf unseren Johann völlig verlassen kann," war ihre Erklärung, und der Hauptmann beruhigte sich auch dabei; denn der ehrliche Pommer war nicht nur ein höchst treuer, zuverlästigcr Bursche, sondern auch em riesenstarker Mensch, der es schlimmsten Falles mit mehreren Geg nern zugleich aufnahm und dessen ungeheure Körperkräfte bei den Polen bereis gefürchtet waren. Wie fest und muthig sich auch Frau v. Wildenthal gezeigt, um ihrem Gatten den Abschied nicht noch schwerer zu machen, sie wurde doch heute eine qualvolle Unruhe nicht los, über die sie sich selbst vergeblich Rechenschaft zu geben suchte, und der graue, düstere Winter- tag war ganz geeignet, ein ohnebin sorgenvolles Herz noch schwer- müthiger zu stimmen. Schon die Nacht halte eine leichte Schneedecke gebracht; aber vom Morgen bis zum Abend fiel jetzt der Schnee un aufhaltsam in so dicken, schweren Flocken, daß bald die ganze Land schaft dicht verhüllt war. Frau v. Wildenthal saß am Fenster und blickte mit den seltsamsten Empfindungen in dies Schneegestöber hinaus. Wie anders hatte sie einen solchen Schneefall in der Hauptstadt begrüßt! Dort war es so lustig und erheiternd, vom wohlgeheizten Zimmer dem Spiel der Schneeflocken zuwschauen, der herrliche Genuß einer Schlittenfahrt winkte,v und welchen Reiz hatte cs gerade, in einer solchen Wiuternacht einen glänzenden Ball zu besuchen. — Hätte sie sich wohl je träumen lassen, daß sie einmal unter ganz anderen traurigen Verhältnissen einen Winter zubringen würde?! Während diese Jahreszeit in der Hauptstadt eine Fülle der köstlichsten Vergnügungen bot, gehörte hier ein wahrer Heroismus dazu, um diese entsetzliche Einsamkeit zu ertragen. Der kleine Curl war eben eingeschlafen, sie konnte um so ungestörter ihren Gedanken nachhängen, und wie sie sich auch zu beherrschen suchte, es waren keine freundlichen Gedanken, die bei ihr einkehrten; — eine namenlose, unbestimmte Ängst und Unruhe erfüllten ihre Seele. Matuschka war mehrmals in's Zimmer gekommen, und Frau v. Wildenlhat hatte sich schlafend gestellt, weil sie dem Mädchen ihren Geulüihszustand nicht verrathen mochte, nud dann war die Polin wieder leise und vorsichtig hinausgeschlichen. Wirklich verfiel auch die junge Frau, während sie in ihrem Lehnstuhl am Fenster saß und schwermüthig- träumerisch zum Fenster hinausschaute, in eine Art Halbschlummer, aus dem sie rasch wieder erwachte, denn es war ihr, als ob sic ihr Kind weinen gehört. Sie erhob sich und trat an das Bettchen des Kleinen, der aber süß und ruhig weiter schlief. Als sie wieder auf ihren Sitz zurückgehen wollte, blickte sie zufällig zum Seitenfeuster hinaus und sah zu ihrer Verwunderung Matuschka unfern des Hauses in der kleinen schmalen Gasse stehen, au scheu, nie im eifrigsten Gespräch mit einem Manne. Der hohe Heckeuzaun deckte die Beiden so voll ständig, daß von dem Mädchen nur der Kopf zum Vorschein kam, während der etwas größere Mann noch ein wenig mit den Schultern hervvrragte. Obwohl die junge Frau von den Gesichtszügen des Mädchens nichts sehen konnte, mußte es doch Matuschka sein, die dort mit einem Fremden sprach, denn wer anders hätte bei einem solchen Wetter sich hier in der Nähe des Hauses uuterbalten sollen? Und es war ihr schwarzes Haar, ihre rvthe Mütze, obwohl der fallende Schnee beinahe ihren Kopf völlig eingehüllt hatte. Das Gesicht des Mannes dagegen war dem Haufe zugekehrt und Frau v. Wildenthal vermochte es deutlich zu beobachten Wie unheimlich funkelten die dunklen, tiefliegenden Äugen des Mannes! Er schien sehr aufmerksam auf die Worte des Mädchens zu lauschen und ein tückisches Lächeln spielte dabei um seine Lippen. Der Mensch machte auf die junge Fran einen höchst nnan- genehmen Eindruck. Was wollte er hier und warum unterhielt sich, trotz des abscheulichen Wetters, Matuschka mit ihm so lange?! — Wohl eine halbe Stunde standen die Beiden noch im eifrigsten Gespräch. Endlich verschwand der dunkle Kopf Matnschka's; der schwarz bärtige Manu warf, wie es Frau v. Wildenthal vorkam, noch einen boshaften, zornigen Blick auf das Gartenhaus und dann verlor er sich auch in der Gasse. Die Polin war so leise in das Haus geschlüpft, daß die junge Frau ihre Rückkehr nicht hörte, und als sie jetzt nach ihr rief, erschien Mam chka sogleich und gab auf die Frage wo sie gewesen sei, ganz unbefangen zur Antwort: „Habe Holz geholt, wird sehr kalt werden!" „Wer war der Mann, nut dem Du soeben gesprochen hast?" fragte Frau v. Wildenthal darauf die Polin. Jetzt zuckte die Dirne doch zusammen, faßte sich aber rasch und antworte verlegen mit den Augen zwickernd: „Wer soll es gewesen sein, gnädige Frau? Vetter von mir!" ihrer Herrin nach Dienstboten art ruhig üverlasseud, wie sie über diesen „Vetter" denken wolle. Matuschka hatte es freilich noch niemals verrathen, daß sie auch ein Herz und ein zärtliches Verhältnis) habe; aber warum sollte sie es nicht? Sie war wohl nicht mehr die Jüngste; trotzdem konnte sie mit ihrer derben, kräftigen Persönlichkeit immerhin noch eine Eroberung gemacht haben. Frau v. Wildenthal mochte nicht weiter forschen, und die Dirne schien darüber sehr erfreut zu sein; sie zog sich rasch, erleichterten Herzens zurück Dennoch schien Matuschka ihre Verlegenheit, daß sie von ihrer Herrin bei einem Stelldichein beobachte worden, nicht so rasch über wunden zu haben, denn sie kam nicht wie sonst beständig in das Zimmer, nm sich unterwürfig nach den Wünschen der gnädigen Frau zu erkundigen, sondern hielt sich heute hartnäckig in ihrer Küche auf, und wenn ihre Dienste gefordert wurden, luchte sie so rasch wie mög lich wieder fortzukvmmen. Dabei zeigte sich eine gewisse Hast und Unruhe in ihrem ganzen Wesen. (Forts, folgt.) Vermischtes. * Ein Gaunerstückchen der raffinirtesten Art ward in einem bekannten Berliner Juwclierladen in der Nähe des Dönhofsplatzes vvllführt. Nachmittags erschien ein feingekleideter Herr, der sich im Lause des Gesprächs als Herr Manfred vorstcllte und forderte eine Remontoir-Uhr mit Kette. Er entschloß sich zu einer Uhr mit Kette zu 475 Mark, forderte einen Garantieschein und legte einen Fünfhundert- markschein znr Heransgabe von 25 Mark auf den Tisch. Gegen Abend trat ein Schutzmann in den Laden und fragte: „Hat heute ein Herr Manfred Einkäufe bei Ihnen besorgt? Nun dann sind Sie rcinge- fallcn; jener Herr ist ein seit zwei Tagen gesuchter „Fünfhundertmark- fUn-Fabrikant." Mau kann sich die Bestürzung des Juweliers denken, der sofort den Fünfhundertmarkschein aus dem Gcndspinnt nahm. Er konnte jein Erstaunen über das geschickte Fabrikat nicht unterdrücken. „Was ist nnn zu thun?" fragte er den Schutzmann. „Ich werde dem Herrn Lieutenant sofort von der Richtigkeit seiner Annahme Mittheil- ung machen. Sie wollen mir den falschen Schein anvertraucn, um ihn bei der Vernehmung des Betrügers zu verwerthen." Der Schutz mann empfahl sich mit dem Fünfhundertmarkschein. Der Juwelier aber ist bis heute weder im Besitz seiner Werthsachen, noch hat er auf der Polizei erfahren können, wer jener Manfred sei und wo er sich befindet. Der Schein war richtig, der Schutzmann aber gefälscht, jedenfalls ein Spießgeselle des rc. Manfred. * Erdbeben. Am 27. Januar Nachmittags 2 Uhr 20 Minuten ist Bern von einem heftigen Erdstoße heimgesucht worden. Derselbe ging von unten nach oben, so daß man glaubte, eine Explosion habe stattgefunden. An der Wand hängende Gegenstände blieben mehrere Sekunden in peudelartig schwankender Bewegung. Wie man versichert, sind in der Stadt mehrere Kamine eingestürzt, und die Glocken sollen angeschlagen haben. * In Hannover hat ein jüdischer Rentier Simon Coppel der Stadt ein Capital von 100 000 Mark überwiesen, dessen Zinsen jähr lich am Geburtstage des Stifters ohne Ansehen der Religion vertheilt wergen sollen; ein anderer jüdischer Geschäftsmann D. Heinemann hat 90 000 Mark zur Gründung eines Waisenhauses für Mädchen geschenkt. Kirchtnuachrichteu aus Wilsdruff. Am 5. Sonntage n. Ep. Vormittags predigt Herr k. vr. "Wahl. Nachmittags 1 Uhr predigt Derselbe.