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feder zum gewissenhaften, exacten, kunstgewerblichen Arbeiten bildet. Diese Ostern wird wieder eine derartige Ausstellung stattfinden. Avelsto!z und Bürgerthum. Culturgeschichtliche Erzählung von E. Heinrichs. NnchdruN verboten. (Fortsetzung.) Elftes Capitel. Die sechste Stunde war crichienen, und auf dem „Neuen Hause" sowohl, als ringsum in der Eileunede war Alles in feierlicher, froher Erwartung. Es wurde bereits die Nachricht überbracht, der König würde bald erscheinen, er mache nur noch einen Abstecher nach Schlaf; „Fantasie". Und so verhielt es sich auch wirklich; vor Wallmodens Garten hielt die königliche Equipage mit einem prächtigen Viergespann. Der Monarch stand drinnen an seines Lieblings Lager und schaute düster und bekümmert auf den Kranken nieder, der mit gefchlossenen Augen ohne Bewußtsein vor ihm lag, — nur ein leises Stöhnen, das znwellen feinen Lippen entfloh, verkündete das Leben. Hinter dem König stand der Landfyndicus v. Wüllen, bleich und beklommen; er hörte, wie Jener, des Krauten Hand ergreifend, mit leiser, aber fester Stimme sprach: „Ich werde den Verruchten nicht schonen." Der Landfyndicus sah cs nicht, wie der dritte Begleiter des Königs, der Kammerjunker v. Albendyl, ein hämisches Lächeln unterdrückte und sich dann rasch abwandte. Der arme Pompejus v. Pontpietcin erfreute ssch ebenfalls des königlichen Besuches. Welch' eine Tücke des Schicksals für ihn, der für solche Huld so empfänglich, daß er die Ehre in bewußtlosem Zu stande genoß! Fort ging es darauf im Galopp hinaus nach der Eilenriede. Das Metier war herrlich, Frühlingslüfte wehten und das frlfche Grun schimmerte im Glanz der heiteren Abendsonne. Als König Georg das fröhliche Volksgetiimmel erblickte, erheiterte sich fein Antlitz, und er lächelte dankend und grüßend dem jubelnden Volke zu. Auch ihn schien die frische Waldlust im Lenzgrün, wie nicht minder die frische Volksnatur zu erquicken und zu erheitern. „Ist doch ein ganz anderes Volk, als die Engländer," sprach er vergnügt in seiner alten Weise, „kernig und treu, fest wie dieser Wald. — Ja, ja, Junker Horace! — es ist wahr, — ich liebe Alles, was deutsch ist, ganz besonders. Wie die beiden Brüder sich aber gleichen, es ist erstaunlich, ich hätte heute Morgen darauf schwören mögen, daß Er der Richard v. Albendyl fei. Nun, feine Gegenwart hier in Han nover hätte ihm auch die verdiente Strafe für Alt und Neu einbringen sollen." Der freche Junker verneigte sich lächelnd und ehrfurchtsvoll, ohne die geringste Befangenheit zu zeigen, während der Landfyndicus, welcher neben Albendyl ebenfalls dem Könige gegenüber faß, ihn fcharf und überrascht von der Seite anblickte. Der Argwohn beschlich seine Brust und setzte sich dort in wenigen Minuten mit Ueberzeugungskraft fest. Hurrah, hoch! — Das war ein jubelnder Empfang; nur bürgerlich Blut, nur Volk, wohin man fah, kein Mitglied des „Neuen Clubs" ans der „Neuen Schenke" durfte diesen Raum betreten, der König befand sich inmitten seines wirklichen Volkes, umgeben von deutschem Wald. „Da ist, hol' mich der Kuckuck! der Präsident aus der „Neuen Schenke, der alte Landfyndicus," vefetzte Meister Blome feincm Freunde Conrad Ziehn zu, „und der Andere ist der —" „Um Gotteswillen, das ist der eine Hofherr, welcher mich gestern Abend nach dem Rittmeister fragte," flüsterte der Schulmeister in großer Aufregung. „Darbte ichs mir doch, — o, jetzt mußt Du sprechen, Conrad! jetzt zeige, daß Du das Herz auf dem rechten Fleck hast und zum Pastor auch wirklich taugst. Es handelt sich hier »in Leben und Tod, ist also für Dich eine Gewissensfache," setzte Meister Blome mit Pathos hinzu. „Ach, die schöne Rede, wir haben sie nicht gehört," murmelte der Schneider, als er sah, daß Herr Josias Burchard bereits feine kurze Anrede an den König beendigt hatte. Dem armen Maune waren die Worte fast in der Kehle stecken geblieben beim Anblick des Landsyn- dicus, jenes Mannes, der ja mit ihm verwandt, und welcher einst feine Familicnehre so frech anzutasten gewagt. Als Herr Josias geendet, winkte der König ihm freundlich zu und sprach: „Ihr Gesicht kommt mir sehr bekannt vor, wie heißen Sie doch, mein weither Freund?" „Mein Name ist Josias Burchard, Ew. Majestät zu Befehl!" lautete die leise, gepreßte Antwort. „Ah, richtig, wo hatte ich denn mein Gedächtniß, — Herr Josias Burchard!" rief der König mit gewinnender Freundlichkeit, durchweiche jedoch ein tiefes Mitleid mit dem Geschick dieses Mannes leuchtete. „Es freut mich, einen Mann an der Spitze dieser geselligen Vereinigung zu finden, dessen ehrenvoller Name mir Bürge für eine würdige und vernünftige Benutzung dieses „Neuen Bürgerclubs" ist. Ich muß Euch gestehen, Herr Josias Burchard, daß ich mir im Grunde von solchem Clubwesen für den fleißigen Bürger nicht viel verspreche, es reizt nur an zum Müßiggang und Hang zum Vergnügen." „Ew. Majestät mögen im Grunde wohl Recht haben," versetzte der Kaufmann bescheiden, doch niit wiedergewonnener Festigkeit, „nur möchte ich um die Gnade bitten, meine Ansicht darüber vortragen zu dürfen." „Redet frei und offen," sprach der König huldvoll. „Majestät werden mir recht geben, wenn ich behaupte, daß unser Bürger cbcnsalls in der Cultur fortschreiten muß, soll er nicht endlich, besonders andern Völkern gegenüber, Zurückbleiben und in der modernen Welt fremd weiden. Nun wohl, wie der Herr Landfyndicus v. Wüllen fchon längst dies eingefehen und mit edler Opferwilligkeit an Zeit und Vermögen uns cm JntelÜgenz-Comtoir schuf, nm Handel und Gewerbe zu heben und den Sinn fürs Gemeinwohl zu fördern, so ist er auch wiederum mit gutem Beispiel vorangegangeu, indem er die Schranken der Geselligkeit in seinem Kreise erweiterte und für den vornehmeren Mann diebeengende steife Etiquette abstreifte. Nun, Ew. Majestät, sollte denn da der Bürger ewig im allen Triebrade der Gewohnheit bleiben? Nicht ich habe freilich diese Idee angeregt, sie stammt aus einem klügeren Kopfe, und wahrscheinlich auch aus einem Men Herzen, das trotz des Standesuuterfchiedes warm für das Wohl des Volkes schlägt. Ich habe mich dieser Idee angeschlossen, als ich den wabreu Kern derselben erkannte, und dieser Kern ist nicht eigentlich Geselligkeit oder gar Vergnügungssucht, sonder« unser Club ist gegründet auf Sittlichkeit und Beiehrung, er fvll durch das Band der Gesellig keit den Schatz der gegenseitigen Kenntnisse öffnen und die Herzen bilden, auf daß Gefühl für Menschenleid und Menfchenwohl in sie hineinziehe. Und, Majestät verzeihen, daß ich es erwähne, es soll kein eitel Lvbgeschrei sein, ich wollte Ew. Majestät nur mit Zahlen überzeugen, — fchon der erste Tag unserer Vereinigung brachte ein günstiges Ergebniß für die Armen unserer Stadt. Erlauben Ew. Majestät, den Beweis darzubringen?" Ler König, welcher mit sichtlich steigendem Interesse zugehört, nickte freundlich, und der Kaufmann winkte dem Schulmeister, welchem man die Armenkasse zur Verwaltung übergeben. Conrad Zllhn erhielt von Meister Blome einen freundschaftlichen Rippenstoß, der ihn zur Eile antreiben sollte, und in großer Verwirrung näherte sich der Schulmeister, um die zierlich ausgestellte Abrechnung der bereits verausgabten Armenfumme mit einem tiefen, ziemlich lin kischen Bückling zu überreichen. Der König nahm das Papier und durchlas es aufmerksam. „Das freut mich, — wirklich, das freut mich recht sehr," sprach er dann, beifällig nickend, „von diefer Seite habe ich die Sache noch nicht betrachtet. Ich sand vielmehr nur ein Nachäffen darin, als wäre der Bürger nicht mehr zufrieden und strebe danach, die Lustbarkeiten der vornehmen Stände zu genießen." „Dann stände es freilich sehr schlimm um Ew. Majestät Bürger schaft," versetzte Herr Josias mit freiwüthigem Stolze, „Handel und Gewerbe sind die Grundpfeiler des Staates, und der Bürger darf deshalb stolz auf seinen Stand sein. Doch wehe ihm, wenn er diesen gerechten Swlz in verdammlichen Hochmuth ausarten läßt, und sich und feinen ehrwürdigen Stand vergißt, dann sind die Grundpfeiler untergraben, denn nur die Gleichheit der Gesinnung, Bildung und Classen kann in der Geselligkeit, wie in der Familie die rechte Harmonie hervorbringen." (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * 28 Wochen im Starrkrampf. Ende Juni v. I. machte die interessante Nachricht die Runde durch die Blätter,^ daß in dem Jvhanuitcrlrankenhause zu Niederweisel (bei Butzbach in Oberhcssen) ein 13jähriges Mädchen feit fechs Wochen an Starrsucht leide, das heißt regungslos und anscheinend schlafend fein Dafein friste. Der „Bvckenheimer Anzeiger" theilt jetzt mit, daß dieses Mädchen seit Kurzem wieder genesen ist, nachdem es 28 Wochen in solchem Zustande ver brachte. Ueber 60(X) Aerzte, deutsche, frauzösische, englische u. s. w., haben während dieser Zeit sich an Ort und Stelle von diesem seltenen Krankheitsfalle überzeugt. Das Mädchen wird den Winter über zu weiterer Beobachtung noch in genannter Anstalt verbleiben. * Ein Patriarch in den Wäldern von Kalifornien ist vor einiger Zeit gefällt und der größte Theil seines Holzes nach Sau Franzisko gesendet worden. Der Baum war bekannt unter dem Bei namen „Old Moses", der alte Moses. Nach der Anzahl seiner Jahres ringe zählt derselbe 4840 Jahre. Die Höhlung in dem Jauern seines Stammes war so geräumig, daß nicht weniger als 300 Personen in derselben Plih finden konnten. * Affen verbrannt. Ein Unglück hat sich in der Nacht vom 11. zum 12. Jumar im Antwerpener Zoologischen Garten ereignet. Das Affenhaus ist abgebrannt, und die darin befindlichen 79 armen Vierhänder sind fämmtlich umgekommen. Es waren seltene, schwer zu ersetzende Arten darunter. * Vcrnrtheiluuz eines Arztes wegen fahrlässiger Impfung. In Folge Vaccinativn mit Lymphe von nicht gefunden Stammimpflingen sind in dem der Provinz Brandenburg liegenden Dorfe BrahUtz von 68 vaecimrü n Kindern 30 und in benachbarten Orte Hoheumutzcn von 6k weitere 28 eikrankt und von den erstgenannten 2 gestorben. Der Arzt, ein I)r H., wurde wegen fahrlässiger Tödtung dci 2 Gestorbenen und der Schädigung von 56 anderen zu 300 M. (cvcut. 20 Tage Gefäugniß) verurchellt. * Ein beherzigenswerther Mahnruf. Das „Ilmenauer Nachrichtsblatt" bringt folgenden Mahnruf an die Hausbesitzer rc.: Uebt immer Eure Bürgerpflicht, Auch wcnu es schneit und friert. Vergeßt das Afchestreuen nicht, Sonst werdet Ihr notirt. Der Paragraph steht nicht zum Spaß In unserm Ortsstatut, Und wer schon auf dem ..... Pflaster saß, Der weiß, wie weh Das thut! * Wunderschwindel. Vor einiger Zeit erblickten Bauern, wie aus Gadjatch im Gouvernemcut Pnllawa gemeldet wird, welche aus einem Brunnen Wasser schöpfen wollten, ein auf der Oberfläche des Wassers schwimmendes Heiligenbild. Während sie noch darüber be- riethcn, wie man im gegebenen Falle sich zu benehme» habe, langten ein paar Bauernmädchen mit Eimern au und erzählten, daß sie das Bild vor eiiügen Stunden in der Luit schweben und dann in den Brunnen sinken gesehen. Die Nachricht über das Erscheinen des Bildes, welchem mau natürlich sofort wunderthätige Kraft zuschrieb, verbreitete sich blitzschnell in der ganzen Gegend. Der Gutsbesitzer, auf dessen Grund der Brunnen sich befindet, erbaute sofort über diesen eine Kapelle, zu der das Volk in Schaarcn zu strömen begann. In Folge dessen standen an Sonn- und Feiertagen die benachbarten Kirchen leer und fanden sich die Geistlichen veranlaßt, über den Vorfall der Polizei Anzeige zu machen. Der Polizeibeamte des Ortes besuchte in Folge dessen die Kapelle, nahm das Bild an sich und deponirte es bei der Polizeiverwaltnug. Wie sich später erwies, gehörte das Bild dem spekulative» Gutsbesitzer, der ein sehr gutes Geschäft gemacht hat, da er das Geld und die Sache», welche von den frommen Wallfahrern der Kapelle gefpeudet wurden, zu eigenem Besten verwendete. * Ein Schulinfpektor im „Speckkreise" fragte einen Schul knaben: was heißt das, Du sollst Dein Brod essen im Schweiße Deines Angesichts?— „Das heißt", antwortete der rüstige Sprössling dcs uährhaflen Bauernstandes, „Du sollst so lange essen, bis Du schwitzest." * Oberförster: „Wie mir vom Forstamt geschrieben wird, Herr Tanngipfel, sinv Sie hierher versetzt worden, weil Sie ein Spielratz sind; das muß von jetzt an aufhören!" — Forstgehilfe: „Leider ist es so! Ja, wer das verdammte Tarocken lassen könnte!" — Ober förster: „Ah so, Sie spielen Tarock! Das ist gescheidt, uns fehlt gerade ein Vierter!"