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Der Wirth des blauen Engels hatte sich stets seiner Meuschcu- kenntniß gerühmt und versichert, daß er sich in seinem Leben noch nie mals getäuscht und jedem bei ihm einkehrenden Fremden an der Nase angesehen habe, was er sei und wohin er gehöre. Ach, und jetzt hatte ihn sein Scharfblick so sehr im Stich gelassen, daß er einen Straßenräuber für einen wahrhaft vornehmen Atann ge halten! Er grollte diesem Paul Pasko, soweit cs sein gutes, leicht bewegliches Herz nur immer zuließ, denn cs war zu unverschämt vou dem jungen Burschen, daß er selbst einen so erfahrenen Mann, wie Monsieur Picard doch nun einmal war, ganz unerhört getauscht. Mit der Erregbarkeit eines echten Franzosen vcrurthecktc er jetzt ebenso rückhaltlos diesen Paul Pasko, wie er ihn damals vcrlhcidigt und nun war er noch weit mehr von seiner Schuld überzeugt, als der Banquier, trotzdem er ihn noch nicht wiedergesehen. Es war gar kein Zweifel, — der Banquier hatte ja die Persön lichkeit des Straßenräubers so genau beschrieben: und sie stimmte so vollständig mit dem Fremden überein. Wo hatte er nur seine Augen gehabt, daß er nicht gleich gesehen, daß cs mit diesem Paul Pasko nicht seine Richtigkeit hatte. Der junge Mensch war so stolz und hochfahrend aufgetreten, hatte in den wenigen Tagen seines Aufenthaltes un blauen Engel so ver schwenderisch gelebt wie ein Fürst. Das allein Hütte seinen Verdacht erregen müssen! Auch hätte er die Frage nach einem Passe wie eine Beleidigung ausgenommen und damit den Oberkellner wirtlich so ein- ! geschichtert, daß er nicht weiter darnach zu fragen gewagt. Ein Fehler, der ihm jetzt die höchste Unannehmlichkeit Anträgen konnte, wie Mon sieur Picard sich seufzend selbst gestand. Es war nicht mehr zu ändern und vielleicht gelang es ihm, bei der Vernehmung über diesen heiklen Punkt geschickt hinwegzujchlüpseu. Darauf hin wollte der Wirth des blauen Engels im Ternuu vor allen Dingen sein Augenmerk richten und mit diesem Entschlusse betrat er das Gerichtszimmer. Wirklich ging auch der ihn vernehmende Rath über diesen Um stand leicht hinweg; er machte zur großen Herzeuserleichterung des Herrn Picard ihm weiter keinen Vorwurf, daß er den beiden Fremden nicht ihre Pässe abverlangt hatte und ließ sich nur von dem Wirth des blauen Engels die kleinsten Einzelheiten über Paul Pasko und seinen Begleiter erzählen. Nachdem Monsieur Picard mit geläufiger Zunge und diesmal 'bereitwilligst Alles zum Besten gegeben hatte, was er wußte und mit seiner Erzählung zu Ende war, fragte der Gerichtsrath erwartungsvoll: „Und Sie getrauen sich, den Fremden, der Ihnen damals die Banknote gab, unbedingt wiederznerkennen? > „Ich habe für Gesichter ein vortreffliches Gedächtniß," versicherte sogleich der geschmeidige Wirth. Der Gerichtsrath befahl jetzt, den Gefangenen hcreinzuführen und der klein Frauzofe richtete sogleich seine scharfen, blitzenden Augen nach der Thür. Kaum war der Augeklagte auf der Schwelle erschienen, rief Herr Picard mit gewohnter Lebhaftigkeit: „Ach, mein Gott, Mon sieur Pasko, Sie sind es wirklich?!" Der Angeredete richtete seine großen blauen Augen so kühl und befremdet auf den kleinen Mann, daß jeder Andere stutzig geworden wäre. Nur Herr Picard ließ sich dadurch nicht irre machen und fuhr eifrig fort: „Kennen Sie mich wirklich nicht, Herr Pasko? Besinnen Sie sich nur! Ich bin ja der Wirth des blauen Engels in Triest, bei dem Sie mit Ihrem Frennde mehrere Tage logirt haben! ' Es ist freilich schon über ein Jahr her." „Sie irren sich, mein Herr! Ich war niemals in Ihrem Hotel!" sagte der Angeklagte und betrachtete dabei den Wirth des blauen Engels so ruhig, als habe er ihn wirklich im Leben nie gesehen. „Das ist stark!" sprudelte Monsieur P card hervor, „Sie wollen mir ableugnen, daß Sie bei mir gewohnt haben?" Plötzlich besann er sich, daß dem jungen Manne dies Leugnen gar nicht zu verargen sei und dies stimmte ihn ruhiger. „ES thut mir sehr leid, Monsieur Pasko," suhr er mit bedau erndem Achselzucken fort: „aber ich muß die Wahrheit sagen. Ich erkenne Sie ganz genau wieder und ich täusche mich nicht." .„Und dennoch geschieht es," sagte der Angeklagte mit trübem Lächeln. „Die Aehnlichkeit zwischen mir und dem Herrn, der bei Ihnen eingekehrt, mag groß sein, aber ich war es nicht." Der kleine Franzose verlor schon wieder die Geduld; er hatte sich eines Gefühls von Mitleid gegen den jungen Mann nicht erwehren können; dies freche hartnäckige Leugnen übte jetzt dieselbe Wirkung aus, die es auf Hartenberg hcrvorgebracht, es empörte ihn und überhob ihn jeder weiteren Rücksicht. „Das können Sie mir wirklich keck ins Gesicht behaupten?" rief er und fein fonst so freundliches Wirthsgesicht erhielt einen zornigen Ausdruck. „Wissen Sie auch, daß ich selbst nach vieleu Jahren jeden Fremden wiedererkenne, der einmal bei mir eingekehrt ist und bei Ihnen sind's etwa vierzehn Monate. Herr Gerichtsrath!" wandte er sich zu dlcscm, da er sah, daß der Angeklagte eine vornehme Handbewegung machte, als wolle er solch thörichtes Geschwätz von sich abwciscn. „Ich bc- theuere Ihnen, daß jener jnnge Mann da vor ctwa einem Jahre bei mir logirt hat. Das ist dasselbe hübsche Gesicht, das mir damals so gefiel und mich durch seine Freundlichkeit bestach; sreiltch war cs nicht so blaß wie heute, aber das Gefangniß nimmt wohl Jedem die frische Farbe. Es ist bei mir gar keine Täuschung möglich, Herr GerichtS- rath, das ist der Reisende, ans dessen Händen ich die gcraublc Bank note erhielt und der mir seinen Namen darauf setzcu mußre." Mosieur Picard war einmal in's Feuer gerathen und dann nicht leicht zu dämpfen. Wie ein Strom entquollen die Worte aus seinem beredten Munde und er focht dabei mit den Händen in der Luft, so daß er unter andern Umständen einen höchst komischen Eindruck ge macht hätte. (Fortsetzung folgt.) Eine MLmme aus ärztlichen Kreisen. Das übereinstimmende Lob und die allseitige Anerkennung, welche man aus den verschiedenen Kreisen der hiesigen Bürgerschaft über die neuerdings bekannt ge wordenen sogenannten Voß'schen Katarrhpillen vernimmt, lassen es wünschenswerth erscheinen, auch ein Urtheii aus ärztlichen Kreisen zu hören. Der in Frankfurt a. M. lebende prakt. Arzt Or. insä. Wittlinger, welcher mit den Voß'schen Katarrhpillen die vielseitigsten praktischen Versuche bei verschiedenen Erkrankungsfällen der Ath- mungsorgane anstellte und interessante Berichte darüber veröffentlichte, entnehmen wir letzteren nachstehende Mittheilungen: „Auf einen Fall von chronischen Lungenkatarrh, in welchem die Pillen ganz ausgezeichnete Dienste leisteten, will ich etwas näher eingshen. Pat ent litt an dem erwähnten Uebel schon mehrere Jahre. Während des Sommers befand er sich ziemlich wohl; gegen den Herbst hin aber trat der Katarrh regelmäß g ein und dauerte dann mehr oder wenig anhaltend den ganzen Winter hindurch bis in den Frühling hinein fort. Der Husten war bei nicht beträchtlicher Schleimabsonderung heftig, trat namentlich ansallsweise auf und war dann immer mit geringerer oder stärkerer Schwerathmigkeit verbunden. Bei der rationellsten Behandlung konnte dem Patienten während der letzten vier Winter nur vorübergehend eine nennenswerthe Erleichterung verschafft werden, und war ich namentlich im letzten Winter oft ge- nöthigt, zum Gebrauch des Morphiums zu greisen, um dein Kranken nur während derblacht die so sehr gewünschte Ruhe zu verschaffen. Mit dem Eintritt des Herbstes meldete sich dann auch in diesem Jahr der Katarrh an und trat gleich in den ersten Tagen mit voller Heftigkeit auf. Ein Versuch mit den mshrerwähnten Pillen erschien inir vollkommen gerechtfertigt. Patient nahm alle 2 Stunden 3 und vor Schlafen gehen 6 Pillen. Schon nach zwei Tagen trat eine namhafie Besserung aller Er scheinungen ein und nach weiteren acht Tagen befand sich der Patient in einem höchst befriedigenden Zustande. Der Husten hat bedeutend abgenvmmen, ein dickacher Schleim wird in geringer Menge, aber ohne alle Anstrengung ausgeworsen und die Nächte verlaufen ohne größere Störnngen, Erfolge also, die zum Fortgebrauch des Mittels ausforLern. — Der letzte zur Beobachtung gekommene Fall betrifft einen siebenjährigen Knaben, welcher nach den Masern, die nicht zur ärztlichen Behandlung kamen, einen heftigen Husten wochenlang zurückbehalten hatte, welcher das Kind in der letzten Zeit während der Nacht dergestalt quälte, daß es nicht zum Schlafe kommen konnte. Die dem Alter des Patienten entsprechenden beruhigenden Mittel hatten kaum einen Erfolg, was mich bestimmte, versuchsweise die Pillen zu verordnen; 2 mal 2 Stück innerhalb 2 Stunden am Abend genommen, übten eine sehr zufrieden stellende Wükung aus und bei in derselben Weise fortgesetztem Gebrauch war der Husten in wenigen, Tagen als beseitigt zu betrachten." Diese günstigen Erfolge können nur anregen, die Voß'schen Katarrhpillen, welche Von dem Apother W Voß in Fiankfurt a M. heracstellt werden und in kleinen Blechdosen mit gesetzlicher Schutzmarke und dem Facsimile des Verfertigers versehen, zn dem billigen Preis Pro Dose 75 Pfg in den Apotheken erhältlich sind, — in gleichen Erkrankungssällen zu versuchen. In Wilsdruff sind dieselben bei Herrn Apotheker Leutncr zu haben. Schädliche Stoffe enthalten die Katarrhpillen nicht, welche die Anwendung etwa bedenken ließen; die Bestandtheils sind jedem Fachmann bekannt. Von R. 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