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Wochenblatt für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die König!. Amtshanptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einu ntvierzigfter Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AbonnementSpreiS vierteljährlich t Mark. Eine einzelne Nummer kästet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erschein» wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag. AbonncmentsprciS vierteljährlich 1 Ma Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Nr. 33. Dienstag, den 26. April 1881. Bekanntmachung. Unter Hinweis auf die Vorschrift in § 14 der Verordnung vom 2. April 1879, die Aufbringung des Bedarfs für die katholischen Kirchen und Schulen in den Erblanden betr., (Gesetz- und Verordnungsblatt vom Jahre 1879 Seite 165) werden die Herren Gemeindevor stände sowie Herr Bürgermeister von Wilsdruff veranlaßt, Verzeichnisse über die in ihren Orten wohnhaften katholischen Glaubensgenossen unter Benutzung des der obgcdachten Verordnung sud 1) angefügten Schemas und mit genauer Angabe der Einkommensteuer-Sätze anzu- fertiqen und solche bez. Vacat-Scheine bis zum znm 2. Mai dss. Js. hier einzureichen. Meißen, den 21. April 1881. Die Königliche Amtshanptmannschast. v. Bosse. Bekanntmachung. Mit dem am 30. dieses Monats fälligen I. Termin Einkommensteuer sind gleichzeitig die Pachtgelder für Eommun- lnndereien, sowie der II. Termin städtische Anlagen, RathSgeschoß, Erb- und LaaSzinfen spätestens bis zum bei Vermeidung von Weiterungen an die Stadtkämmerei abzuentrichten. Wilsdruff, am 23. April 1881. Der Stadtrath. Ficker, Brgmstr. Die neuen Finonzquellen. Der Reichskanzler bedarf zur Durchführung seiner umfassenden Pläne sehr bedeutende Geldmittel. Die Summen, welche z. B. die Verstaatlichung des Schulwesens und die Erleichterung der Communal- Armenlasten erfordert, entziehen sich noch jeder Berechnung, so hoch ge griffen würden die Beträge sein, welche dafür etwa anfzuwenden sind. Der Reichskanzler selbst täuscht sich auch über diesen Punkt wohl schwer lich, und nur ganz allmählig, wenn überhaupt, wird er der Ausführung der Gedanken, die er ab und zu hingeworfen, näher treten. Die ersten Schritte, welche er zur Erlangung der Geldmittel ge- than, sind nicht verheißungsvoll. Dem gegenwärtigen Reichstage liegen Gesetzentwürfe vor wegen Einführung einer Wehrsteuer, Erhöhung der Brau- mrd Stempelsteuer; außerdem ist Besteuerung des Einkommens, das aus Capital- und Rentensitz fließt, in Aussicht genommen. Mit Ausnahme der letzten Steuer und desjenigen Theils der Stempclab- gosten, welcher sich als Börsensteuer darstellt, ist auf Genehmigung der betreffenden Vorlagen schwerlich zu schwören. Jndeß wird auch hier gelten, was bezüglich der Pläne gilt, zu deren Aussicht der Kanzler das Geld bedarf: er wird über die Aufbringung der Gelder mit sich reden lassen, wenn nur die Richtung im Allgemeinen ungeschlagen wird, welche er sich vorgezeichnet hat. Vor einer Erhöhung der Zölle — so hat der Kanzler ausdrücklich erklärt — schreckt er keineswegs zurück, wenn sie dem Reiche beträcht liche Einnahmen verheißt. Eine schärfere Heranziehung direkter Steuern, soweit sie die größeren Einkommen betrifft und die Ein kommen aus der bloßen Arbeitskraft und dem Grundbesitz freiläßt, scheint gleichfalls auf seinem Programm zu stehen. Außerdem soll ganz besonders das' System der indirekten Steuern ausgebildet werden. Der Branntwein freilich, welcher sich hier als sehr geeig neter Steuergegenstand darbietet, will Fürst Bismarck nicht an der Quelle, nicht in der Brennerei versteuern, sondern erst dann, wenn er in den Verbrauch übergeht, in den Schaukstätten. — Daß der Tabak „noch mehr bluten soll", hat Fürst Bismarck ebenfalls hervorgernfen. Schwerlich hat er darunter nur eine erhöhte Besteuerung des Tabaks verstanden, vielmehr gewinnt es immer mehr den Anschein, als ob er auf das Tabaksmonopol zusteuere, welches so erhebliche Beträge liefern würde, daß es wohl begehrenswerth für einen Staatsmann er scheinen kann, der zur Durchsührung so umfassender Pläne große Geldmittel braucht. Alle diese so tief einschneidende» Pläne werden vermuthlich noch Jahre hinaus die öffentlichen Verhandlungen beherrschen. Für heute kam es nur darauf an das Programm in flüchtigen Umrissen zu zeigen, welches der Kanzler durchzuführen beabsichtigt und zu welchem die Parteien künftig werden Stellung nehmen müssen. Tagtsgeschichle. Berlin, 16. April. Dem Bundesrathe ging ein Antrag des Reichskanzlers zu, wonach mit Rücksicht auf die fast um 2^ Millionen gestiegene Ziffer der Reichsbevölkerung eine allmähliche Ausprägung von weiteren 15 Millionen Einmarkstücken in Silber aus den im Be sitze des Reiches befindlichen, in 339 000 Pfd. bestehenden Silberbarren erfolgen soll. Die Abänderungen znr Gewerbeordnung werden in vollen Zügen fortgeführt. Es steht fest, daß den Wanderlagern und dem Hausirhandel streng zu Leibe gegangen werden soll. Die Absicht hier zu besteht ja schon seit längerer Zeit; man hat die Ausführung nur vertagt, um sich zunächst mit den Bundesstaaten über ein möglichst emgreisendes Vorgehen zu verständigen. Die Angabe, daß der Ver kehr der Geschäftsreisenden mit Mustern lediglich auf den Großhandel beschränkt werden soll, scheint indessen stark übertrieben. Wie man dem „B. T." aus Hamburg telegraphirt, ist ein Uebereinkommen zwischen dem Hambnrgr Senat und der Reichsrc- gierung über den Anschluß Hamburgs an den Zollverein bis auf die nothwendigcn Formalitäten zum Abschluß gebracht. Der Eintritt in den Zollverband wird auf 6 Jahre hinausg« schoben. Der Staat übernimmt auf seine Kosten die Anlage der erforderlich werdenden Baulichkeiten, wie Docks, Eutrepots, namentlich auf den Elbinseln, Steinwerder und Pente, sowie auch aus dem jetzigen Petroleumlager hof auf piner kleinen Elbinsel, Hamburg verpflichtet sich dagegen, während dieser 6 Jahre alljährlich 15 Millionen M. als Pauschquan tum für die obigen Einrichtungen und die Zollarversionalsummen an die Reichsregierung zu zahlen. Wie kolossal die Auswanderung aus Deutschland in diesem Jahre zugcnommen hat, erhellt daraus, daß in Hamburg von Anfang Januar bis Ende März 1881 24,635 Personen über das Weltmeer befördert wurden, während von 1871 bis 1880 während des ersten Vierteljahres höchstens 9000 Auswanderer befördert wurden, gewöhn lich weit weniger. Auch durch Berlin sind viele Auswandererzüge gekommen. Die Deutschen find unter allen Völkern die reiselustigsten. Die Schweiz, das Stelldichein aller Völker, wurde 1879 von 1,400,000 Fremden besucht. Unter diesen waren 900,000 aus Deutschland und Oesterreich, 28,000 aus England und 20,000 aus Frankreich. Zu den Lichtpunkten in der sonst nicht eben glänzenden wirth- schaftlichen Lage gehört die allgemeine Anerkennung, welche unsere Industrie auf den australischen Ausstellungen in Sidney gefun den. Trotz der hohen Schutzzölle der englischen Kolonien ist damit die Aussicht auf ein neues und lohnendes Absatzgebiet eröffnet. In Melbourne hat vor kurzem die Preisvertheilung stattgefunden, bei welcher nach telegraphischen Privatberichten, die von dort eingetroffen sind, zahlreiche deutsche Firmen der Ehre der Prämiirung theilhaftig wurden. Naturgemäß ist die Zahl der ersten Preise nur eine be schränkte, umsomehr muß aber die Thatsache ihrer Verleihung ins Gewicht fallen. Von deutschen Firmen wird in dieser Beziehung die bedeutende Posamentiermaarenfabrik von Bacher und Leon, die im sächsischen Erzgebirge sehr umfangreiche Etablissements besitzt, genannt. Dieselbe ist, wie jetzt in Melbourne, so auch im vorigen Jahre in Sidney mit dem ersten Preise ausgezeichnet worden. Sind die russischen Nihilisten so liebenswürdige Leute, daß Deutsche ihre Affen machen? In Fürth erhielt der Bürgermeister einen Brief von einem Ungenannten: mach' Deine Rechnung mit dem Himmel, Du mußt sterben wie Kaiser Alexander! — Der Bedrohte oder vielleicht nur Genarrte hat der Polzei den Bries übergeben. Die populärsten Männer der 1848er Revolution waren Robert Blum und Friedrich Hecker. Blum fiel in Wien unter den Kugeln des Windischgrätzischen Standesgerichtes, Hecker hat am 28. März d" I. auf dem Friedhose von Sumerfield seine letzte. Ruhestätte gefunden. Er war drüben Farmer geworden. Wie angesehen er war bis zuletzt, zeigte die Beerdigungsfeier. Die Züge der Ohio- und Mississippi-Bahn brachten Tausende von Freunden, namentlich deutsche Turn- und Ge sangvereine, Abgesandte der Illinois-Regimenter, die er im Bürger kriege geführt hatte u. s. w. Acht deutsche und amerikanische Redner sprachen an dem Grabe. Gambetta hat ein Osterei in einem zierlichen Schächtelchen ge schickt bekommen. Der vorsichtige Mann ließ es von seinem Diener öffnen und was fand man? — Einen niedlichen Dolch, eine Pistole, eine Guillotine und ein Fläschen Blausäure; dabei ein Zettelchen, aus.