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Reichstag nach seinem Wiederzusammentrete» eine Fluth von Arbeiter petitionen gegen die geplante Maßregel vorfinden dürfte. Eine Ma jorität für den Antrag ist nn Reichstage noch nicht gesichert. Die Berliner Geschäftsleute sind mit dem Weihnachtsmarkt sehr zufrieden. Vortreffliche Geschäfte wurden gemacht in der „Confektion", von den Stoffhändlern, Möbelfabriken und Metallwaarenhändlern. Auch die Juweliere jubeln. Elberfeld, 27. Dezember. Gestern Abend 9 Uhr fuhr der Deutz-Berliner Kourierzug im hiesigen Güterbahnhof auf ven Aacheu- Berliner Kourierzug auf; 9 Personen wurden rheils schwer, theils leicht verwundet. Neue Wassersnoth wird befürchtet. Dem „Berl. Tageblatt." gingen aus Karlsruhe, Mainz und Köln nachstehende telegraphische Meldungen zu: Karlsruhe, 27. Dezember. Infolge des gestern eingetretcneu Südwestwindes herrscht hier andauerndes Regenwetter. Die Flüsse sind in rapidem Steigen begriffen. Der Rhein ist bei Waldshut um l^s, bei Kehl um i Meter, der Neckar bei Heidelberg um 3, bei Mannheim um 2'/^ Meter gestiegen. Mainz, 27. Dezember. Der Oberrhein und der Neckar sind in starkem Steigen begriffen. Der Pegel zeigt hier 3,11 Meter, 54 Cen- timeter mehr als gestern. Köln, 27. Dezember. Infolge des 36 Stunden fast ununter brochen anhaltenden und noch fortdauernden Regens ist der Rhein seit Sonntag um 1,80 Meter gestiegen und steigt stündlich circa 8 Ctm. Es werden viele neue Ueberschweinmungen befürchtet. 8 Grad Wärme. Lasse sich Jeder sein Pfeifchen Tabak oder seine Cigarre noch im alten Jahre schmecken, im neuen Jahre werben beide vielleicht theurer werden. In allerhand offiziösen Zeitungen tauchen Vorschläge auf, die dahin gehen, im Deutschen Reiche die Berechtigung zum Handel und zur Fabrikation vom Besitze eines Berechtigungsscheines abhängig zu machen, für den je nach dem Umfange des Geschäfts eine jährliche Gebühr von 30 bis 500 M. entrichtet werden soll. Der Reinertrag dieser (Lizenz) Steuer ist auf 93 V2 Mill. M. berechnet. Ferner wird vorgeschlagen, auf alle im Reich zum Verbrauch gelangenden Tabak fabrikate einen nach ihrem Verkaufspreise (incl. des Stempels) steigenden Stempel (etwa in Form von Banderolen) zu legen und zwar würde derselbe schwanken, bei inländischem Fabrikat: u) bei Cigarren von 5—100 M. per Mille, b) bei Cigarretten von 5—10 M. Per Mille, a) bei Rauchtabak von 10—24 Pf. per Pfund, ck) bei Schnupftabak durchgängig 10 Pfg. per Pfd., s) bei Kautabak von 25—40 Pfg. per Pfd. Ausländische Tabakfabrikate sollen den selben Stempel tragen wie die gleichwertigen inländischen Fabrikate, und überdies mit einem Jmportstempel belegt werden, während alle zum Export ins Ausland gelangenden deutschen Erzeugnisse nur einen Fabrikationsstempel tragen sollen, der bei Cigarren mit 1 Mark per Mille, bei Cigarretten 50 Pfg. per Mille, bei Rauchtabak 1 Pf. per Pfund, bei Schnupftabak 1 Pf., bei Kautabak 2 Pf. per Pfund vor gesehen ist. Alle Surrogate des Tabaks würden Tabak vollkommen gleich geachtet werden. Vaterländisches. Wilsdruff. Wir machen die Eltern unserer Schulkinder noch hierdurch ganz besonders auf die im heutigen Blatte befindliche Be kanntmachung des Schulvorstandes aufmerksam, wonach die Weih nachtsferien bis mit dem 7. Januar 1883 dauern, der Unterricht in den hiesigen Schulen somit erst am 8. Januar seinen Anfang nimmt. — Wie aus Wien verlautet, wird Se. Maj. der König Albert den in seinem Besitze befindlichen Marschallstab des Königs Sobieski der Wiener Kommune für die Dauer der historischen Ausstellung, welche 1883 anläßlich der Sekularfeier zur Befreiung Wiens von der Türken belagerung stattfindet, überlassen. — Der Rückgang der Leipziger Messen hinsichtlich des Fremd.'n- desuches wird durch Angaben des soeben veröffentlichten l 882er Jah resbericht der Leipziger Handelskammer belegt. Danach stellte sich die Zahl der für solche Meßbesucher, die sich länger als 3 Tage in Leipzig aufhalten, ausgegebenen Fremdcnkarten im vorigen Jahre 19131, während sie im Durchschnitte der Jahre 1866 bis 1870 noch 30 000 betragen hat. — Eine für alle Hausbesitzer wichtige Entscheidung das Reichs gerichts möchten wir hierdurch zur weiteren Keuntniß bringen. In einem sächsischen Städtchen wurde ein Einwohner, nachdem er bei Glatteis vor einem Hause, vor welchem zu streuen unterlassen war, hingestürzt und einen bösartigen Schenkelbruch erlitten hatte, der ihn schließlich arbeitsunfähig machte, klagbar gegen den betr. Hausbesitzer. Die Sache kam bis vor das Reichsgericht und hat letzteres den Haus besitzer zur Tragung aller Kosten einschließlich der während der Krank heit verausgabten Gebühren, sowie zu einer an den Beschädigten zu zahlenden lebenslänglichen Pension verurtheilt. — Waldheim. Auf dem Rittergute Ehrenberg stürzte am 20. Dez. der 37 Jahre alte Handarbeiter Gottlob Wehrmann aus Wald heim so unglücklich von einer Bodentreppe herab, daß er auf der Stelle seinen Geist aufgab. Die Untersuchung wird ergeben, ob und in wie weit ein Verschulden andrer Personen vorliegt. — Tags darauf wurde in der Papierfabrik zu Kriebstein der Maschinengehilfe Gießner aus Wallwitz von einer Welle erfaßt und so schwer verletzt, daß er nach zwei Stunden verstarb. Aosen im Schnee Novelle von Emilie Heinrichs, sviachdruck verboten.^ (Fortsetzung.) Die heisere Stimme, welche in solcher Weise Ordnung zu schaffen suchte, gehörte einem Manne und vorsichtig packte der Doktor seine» Stock, um sich beides, Menschen wie Vieh, vom Leibe zu halten. Jetzt wurde die Thür ein wenig geöffnet, so daß der Lichtstrahl nur den Doktor traf. „Was wünschen wir denn, mein feiner Herr?" fragte die heisere Stimme mit unverkennbarem Hohne, „wen suchen wir hier in diesem Hause der ehrlichen Arbeit? — Haben sich wohl in der Nummer ge irrt, wie? — Wollen vielleicht nach Numero 20, — wie? — Hier ist Nummer 25, Herr Aristokrat!" „Eure Nummer ist mir gleichgiltig, Mann!" versetzte der Doktor barsch, „ich suche arme Menschen, Bettelvvlk, um damit zu theilen. Das Haus der Arbeit braucht mein Gold nicht!" Er wandte sich bei diesen Worten rasch der Hausthüre zu. Im nächsten Momente stand der Mann mit dem Licht in der Hand an seiner Seite und legte ihm die Linke schwer auf die Schulter. Doktor Altmann blickte ihn starr an, er kannte keine Furcht, obwohl der An blick dieses Menschen im Stande sein konnte, Furcht einzuflößen. Es war eine große, robuste Gestalt mit einem verwüsteten Gesicht, rothem Bart und verglasten Säuferaugen. „Na, was soll's?" fragte der Doktor, die Hand des frechen Ge sellen zornig von sich schüttelnd. „Ich bin Sozialdemokrat," grinste der Säufer, „und da der Herr soeben von Theilung sprach, muß ich doch dabei sein, wie?" „Ich denke, Ihr seid Arbeiter?" „Ja, wer hat jetzt noch Arbeit im Winter, Herr? — Meine Frau liegt krank, sechs oder sieben Würmer hungern und frieren, — gebe der Herr mir das Geld, — ich bin arm genug dazu." „Ihr duftet »ach Branntwein, Mensch," rief der Doktor, sich mit Ekel von ihm abwendend, „lieber will ich mein Geld ins Wasser werfen, als es Euch geben." „Hoho, blasen wir aus diesem Horn, Herr Aristokrat!" hohnlachte der wilde Kerl, im nächsten Moment einen schrillen Pfiff durch die Zähne ausstoßeud, „nur sachte, so lassen wir Euch nicht fort. Wir hoffen, daß Ihr den Weihnachtsmann spielen wollt. — Wir sind Bettelvolk, arme Menschen, die schon lange auf Theilung warten. Also heraus damit, Herr Weihnachtsmann, wer theilen will, findet hier sein rechtes Publikum." „Platz da, Elender!" gebot der Doktor furchtlos, „wohl suchte ich Arme, welche der Hülfe bedürfen, und habe gefunden, was ich voraus gesetzt, liederlich — verkommenes Gesindel. Noch einmal, Platz da, oder mein Stock —" Er konnte nicht vollenden, da er im selben Augenblick rückwärts zu Boden gerissen und sein Stock ihm entwunden wurde. „Mordgesindel!" sagte er zornig, „laßt die schmutzigen Hände von mir, — ich will von Euch nicht berührt werden." „So, will der Herr theilen, aber ohne Geräusch?" „Ja, Du Räuber!" Der Säufer grinste und der Doktor erhob sich unbehelligt. Als Letzterer sich umschaute, erblickte er in dem Halbdunkel mehrere un heimliche Gestalten. „Ach, Du scheinst die ganze Bande mit Deinem Pfiff herbeige- rufen zu haben," sprach er verächtlich, „konntest also allein mit mir nicht fertig werden. So viele über einen, Pfui, welches feiges Gesindel dieses Volk ist!" „Behalte der Herr seine Weisheit für sich", rief einer der wilden Gesellen drohend, „wir fackeln nicht lange mit solchem Grobian. Mach ein Ende davon, Rother!" „Ja, die Geschichte wird sehr langweilig, Herr Aristokrat!" „Wie viele seit Ihr in diesem Hause?" „Na, mit Kind und Kegel mögens an die vierzig Köpfe sein, ich nehme acht in Anspruch." „So bekommt ein Jeder eine Viertelkrone, da ich zehn Goldstücke für die Theilung bestimmt." Der Doktor nahm einige Päckchen aus der Tasche, warf sie ver ächtlich auf den Fußboden und verließ, während die Vagabonden sich gierig darnach bückten, rasch das Haus. „So, das war in der That ein überirdisch schöner Genuß," mur melte er mit triumphirendem Lachen, „0, über diese sentimentalen Gänse, welche auf Wohlthätigkeit dressirt sind; das ist die Armuth mit ihren Thränen, das der Segen der Barmherzigkeit. Ich habe an dieser einen Lektion genug und bin vom Ekel gesättigt worden." Er schritt langsam weiter, immer weiter durch die öde Winternacht; es schien dem verbitterten Manne einen wahren Genuß zu bereiten, seine Menschenverachtung aufs Neue begründet zu sehen, und ein fin sterer Zug innerer Befriedigung lag auf seinem bleichen Antlitz. In solche Gedanken versunken, hatte er nicht auf den Weg geachtet und war in eine menschenleere Gegend gerathen; er hatte auch nicht bemerkt, daß zwei jener unheimlichen Gesellen ihm geräuschlos auf Schritt und Tritt gefolgt waren. Die wilde Gesellschaft, welche sich bei der Theilung rasch geeinigt, war eben so rasch zu dem Entschluß gekommen, die lebende Gefahr zu beseitigen, um neue Beute zu gewin nen, das heißt, den Doktor stumm zu machen und zu berauben, da er, wie der Rothe meinte, mit lumpigen zehn Goldstücken nicht den Weih nachtsmann hätte spielen können. So wurden die beiden kräftigsten und verwegensten Burschen schnell zu feiner Verfolgung und zur Aus führung der schwarzen That beordert, welche an diesem Abend, wo die Straßen öde und leer waren und ein Jeder daheim am eigenen Heerd blieb, leichter und sicherer auszuführen war, zumal man in ihm den reichen, verrückten Doktor Altmann erkannt hatte, den die Welt ganz gut entbehren konnte. Der Doktor machte es ihnen auch recht leicht und bequem, da er trotz der scharfen und schneidenden Kälte langsam dahin schritt und jetzt den einsamsten Weg einschlug. Mit einem wuchtigen Schlag auf den Kopf wurde das Opfer lautlos niedergestreckt, und dann mit großer Gemüchsruhe geplündert, wobei noch ein erkecklicher Gewinn abfiel. „Der plaudert nichts aus", brummte der eine Mörder, welcher den Streich geführt, der ist stumm für immer." „Gieb ihm lieber zur Vorsicht noch den zweiten Schlag", meinte der Andere, besser ist besser, und eine doppelt gedrehte Schnur reißt nicht." „Da hört man den Seiler wieder", lachte der Erste, „denkst, er könnte Dir doch noch den Strick drehen. Thorheit, Hannes, ich bin meines Zeichens ein Fleischer, hab's aber nicht zum Gesellen gebracht, weil mir das siebente Gebot abhanden gekommen war und man mich deswegen hinter schwedische Gardinen setzte. Von einem solchen Schlage aber, wie dieser hier bekommen, lag ein Ochse und stand nicht wieder auf; ich verstehe mein Metier, und Ochse oder Mensch, es ist damit Alles egal!" „Na, dann nur vorwärts," drängte der Andere, „wollen uns durch langes Geschwätz nicht selber den Strick drehen!" Im nächsten Augenblick lag Doktor Altmann allein auf dem Schnee; die Sterne funkelten auf den Unglücklichen herab, und von ferne er klangen die Töne eines Chorals, der Weihnachtsgruß des Erlösers. — Der Erschlagene vernahm nichts davon. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. — Eine ergreifende Illustration zu der Noth, die infolge des Mißrathens der heurigen Kartoffelernte auf dem böhmischen Abhange des Erzgebirges herrscht, hat dieser Tage ein böhmischer Abgeordneter seinen Kollegen im österreichischen Reichsrathe geboten, indem er den selben eine Anzahl von Brodsorten, die gegenwärtig den armen Leuten des Erzgebirges zu Nahrung dienen, vorwies. Der „Bohemia" wird darüber geschrieben: Wem nicht gesagt wurde, daß diese steinharten ungesalzenen Klumpen wirkliches Brod seien, der war versucht zu glau ben, daß ihm halbverwittertes Gestein, vorgelegt werde. Nicht ohne tiefe Ergriffenheit vermochten die Abgeordneten dieses aus den schlech testen Ingredienzen hergestellte Nothnahrungsmittel zu betrachten. Auch der Ackerbauminister konnte sich einer Regung des Mitleids nicht er wehren, als man ihm diese ungenießbaren Teigprodukte, sowie eine Coüektion von verdorbenen Getreidehalmen zeigte. „Ich lasse mir