Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für für für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiundvierzigfier Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal Di«nSt«g und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich l Mark. Eine einzelne Nummer ksste^io Ps. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags si» Mittag 12 llhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mart Eine einzelne Nummer kostet_10 Pf Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr^ 4. Freitag, den 12. Januar 1883^ Erstatteter Anzeige zufolge sind in den Nachmittagsstunden des 12. December 1882 aus einer Kammer des dem Hausbesitzer Adolf Ernst Pietzsch in Kaufbach gehörigen Hauses folgende Gegenstände, als: 1 Paar dunkelgrau melirter, fast neuer Beinkleider mit Hornknöpfen, eine Weste von gleichem Stoff mit schwarzen Perlmutter knöpfen ohne Ausschnitt, 1 Paar neubesohlter, kalblederner Halbstiefeln, deren Absätze mit Stiften versehen, endlich 1 silberne, 18linige Änkeruhr mit Goldrand, Stahlzeigern, römischen Ziffern, Sekundenzeiger, Patentglas, sowie 1 dreigliedrige silberne Uhr- kette mit Haken und einem goldenen Medaillon, enthaltend die Photographie einer jungen Frau, spur- und verdachtslos gestohlen worden, was hierdurch zur Ermittelung des Diebes und eventueller Wiedererlangung der Diebstahlsobjekte mit dem Ersuchen, etwaige Spuren der Königl. Staatsanwaltschaft beim Landgericht Dresden oder anher anzeigen zu wollen, bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 2. Januar 1883. Der Königliche Amtsanwalt. Friedrich, Res. Tcigesßeschichte. Berlin. Die Zahl der Fürstlichkeiten, welche zur Theilnahme an den Feierlichkeiten, die aus Anlaß der silbernen Hochzeit unseres Kronprinzen paares stattfinden werden, sich bereits angemeldet haben, ist eine ziem lich beträchtliche. Bis jetzt werden bestimmt erwartet: Ihre Majestäten König Albert und Königin Karola von Sachsen, der König und die Königin von Belgien, der Prinz von Wales und dessen Bruder, der Herzog von Edinburg, ersterer ohne Gemahlin, da dieselbe leidend ist, letzterer m Begleitung der Herzogin, geb. Großfürstin Maria von Rußland, der Großherzog und die Großherzogin von Weimar nebst Prinzessin Tochter, ebenso wie der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin. Noch nicht definitiv baben ihre Ankunft gemeldet: Großherzog und Großherzogin von Baden, Großherzog und Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz und der Großherzog von Hessen mit den beiden Prinzessinen Viktoria und Elisabeth. Vom russischen, österreichischen und italienischen Hofe wird Niemand erwartet. — Die am Abend des silbernen Hochzeitstages zu veranstaltende Illumination verspricht allem Anscheine nach recht großartig zu werden, denn schon jetzt treffen einige Häuser und Paläste Unter den Linden große An stalten dazu. So unter Anderen das Kultusministerium, dessen Front augenblicklich vom Baugerüst freigelegt wird. Die Fahnde dieses mo- numentalen Baues wird in glänzender Gasillumination erstrahlen. Ueber die glückliche Wirksamkeit der städtischen Verwaltung in Berlin scheint der Kronprinz eine andere Ansicht zu haben als Bis marck und Puttkamer. Sie darf sogar stolz sein auf das Lob, das ihr der Kronprinz in seinem Neujahrsschreiben ertheilt hat. „Ich zolle der Leitung der städtischen Verwaltung volle Anerkennung für die einsichtige und Planvolle Fürsorge, welche sie der körperlichen Wohlfahrt, wie der geistigen und sittlichen Bildung der Bevölkerung widmet. Wo immer ich Gelegenheit fand, städtische Einrichtungen und Anstalten zu besuchen, haben die wahrgenommenen Erfolge mich mit lebhafter Be friedigung erfüllt." So schreibt der Kronprinz. (Die Berliner Volks schulen erfordern eine jährliche Ausgabe von 5 900 000 M. Schul geld wird nicht erhoben.) Im deutschen Reichstage erfolgte am Dienstag zuerst die Be sprechung einer Interpellation der Abgg. Richter und Rickert über das Verbot der Einfuhr von amerikanischem Schweinefleisch. Nachdem Abg. Kapp in längerer Rede auseinandergesetzt hatte, daß die Behaup tungen über die Gesundheitsschädlichkeit des amerikanischen Schweine fleisches zum größten Theile unbegründet und übertrieben seien und ihre Quelle nur in den Reklamen Newyorker Firmen haben, die ihre Konkurrenten in Chicago und Cincinnati zu schädigen suchen, ergriff der deutsche Reichskanzler, der zum ersten Male im weißen Vollbarte vor dem Hause erschienen war, das Wort. Er bedauere, daß er auf die Theilnahme an der Trichinendebatte verzichten niüsse, vielmehr führe ihn eine soeben erhaltene Ordre des Kaisers her, in welcher der selbe auf Grund eines ihm am Montag gehaltenen Vortrags 600000 Mark aus dem Dispositionsfond zur Linderung der Noth der über schwemmten Landestheile anweise. Die Verwendung der Summe solle möglichst schnell erfolgen, denn die dauernde Wiederherstellung des Zerstörten bleibe ja Sache der Einzeltegierungen. Um aber recht rasch über die Vertheilung der Mittel schlüssig zu werden, erbitte er sich die Mitwirkung der Abgeordneten der überschwemmten Landes theile, die erst kürzlich einen Aufruf erlassen haben, und ersuche sie, ihn abends 9 Uhr zu besuchen. Die Ausführungen Richters u. Kapps in Bezug auf die Interpellation widerlegten Staatsfekretär Burchardt und die Bundeskommissäre Marcard und Wöhler. Im Reichstag steht eine ganze Reihe ungewöhnlich wichtiger Entscheidungen bevor, z. B. die Erhöhung der Holzzölle und manche andere zollpolitische Frage, die Einführung der Arbeitsbücher, das Verbot des Lehrlingshaltens für Nicht-Jnnungsmeister, die reaktionären Abänderungen der Gewerbeordnung, die Börsensteuer u. s. w. Bei allen diesen Fragen liegen Fragen liegen die Verhältnisse so, daß die Entscheidung des Reichstages sehr zweifelhaft ist und voraussichtlich von einigen wenigen Stimmen abhängt. In der Budgetkommission der Reichtages gab Dienstag Vormit tag der Kriegsminister von Kameke eine sehr wichtige Erklärung ab. Er versicherte, daß er selbst und die gesummte Regierung auf das Entschiedenste eine Vermehrung unserer Artillerie entgegen sei. Er wisse, daß in weiten, auch militärischen Kreisen eine solche Vermehrung angestrebt werde, und daß zu diesem Zwecke durch die Presse eine starke Propaganda ins Werk gesetzt worden sei. Die Vermehrung der Ar tillerie sei aber durch Nichts angezeigt, denn ihr gegenwärtiger Bestand entspreche durchaus unseren übrigen Heeresformationen. — In Abge ordnetenkreisen sieht man durch diese Erklärung, welche mit großer Genugthuung begrüßt wurde, die Vermuthung bestätigt, daß die alar- mirenden Nachrichten über den Zustand unserer Artillerie lediglich auf die Wünsche eines bekannten Großindustriellen zurückzuführen sind, welche die Bewaffnung der Welt gewissermaßen monopolisirt hat, und daß dieser Großindustrielle in gewissen Kreisen nur zu bereitwilliges Gehör fand. Nach der Erklärung des Herrn Kriegsministers wird man aber wohl einsehen, wie wenig patriotisch es war, vor der ganzen Welt unsere Artillerie als ungenügend darzustellen. Auf den unpa- triotifchen Charakter dieser Propaganda wies in der Budgetkommission der Herr Kriegsminister ausdrücklich hin. „Wollen Siesich" — schreibt man aus der Pfalz — „ein Bild machen von der Ausdehnung der Katastrophe, die uns betroffen, so stellen Sie sich einen seeartigen Riesenstrom vor, der, abwechselnd 2 bis 6 Stunden breit, mit meergleich vom Sturm aufgethürmten Wogen daherstrudelt, Trümmer, Hausrath, Leichen mit sich führt, aus dem die Kirchthürme von hundert meterhoch überschwemmten Ortschaften anfragen, welcher um die theilweise Insel gewordenen Städte Worms, Frankenthal, Oppenheim, Ludwigshafen, Mannheim und Speier brandet, sie bis zur Hälfte meterhoch überschwemmend. Wie bei der Spring- fluth an der Nordseeküste arbeitet mit der Macht der Verzweiflung die Bevölkerung, Mann und Weib, unterstützt durch die Mannschaften der hier garnisonirenden Regimenter, an der Aufhöhung und Verstärkung der Deiche und Dämme, gegen welche oft der Sturm die Wasser als eine wildbrandende See wirft. Es ist die Schätzung niedrig gegriffen, wenn ich schreibe, daß bei uns in der Pfalz allein 15 000 Menschen, obdachlos und aller beweglichen Habe beraubt, nothdürftiges Unter kommen in Kirchen, Schulen, Rathhäusern gefunden. Ihre Aecker, ihre Weinberge sind verwüstet, versandet, abgespült, alle Eigenthums grenzen verrückt, ihr Hausrath treibt, wer weiß wo, 10 Meilen ab wärts, von ihren Lieben ist Dies oder Jenes wohl ertrunken, ein An deres liegt in Fiebern — das Herz bricht dem fühlenden Menschen, der hier leben und all dies Elend um sich sehen muß. Allerwärts regt sich die Theilnahme für die durch die wiederholten Ueberschwemmungen um Hab und Gut gebrachten Rheinländer. Aus England sind der deutschen Kaiserin bereits 6500 Mk. als Ergebniß dortiger Sammlungen für die Nothleidenden, zur Verfügung gestellt worden und selbst jenseits des Ozeans, in verschiedenen Städten der nordamerikanischen Union, finden Sammlungen zum Besten der durch die Ueberschwemmungen in Deutschland Beschädigten statt. In der am Dienstag Abend bei dem Fürsten Bismarck abgehaltenen Bespre chung mit Abgeordneten aus den überschwemmten deutschen Staaten einigte man sich dahin, die vom Kaiser bewilligten 600 000 M. sofort zu vertheilen, bis auf einen Reservefond von 160 000 M. zur Aus gleichung etwaiger Reklamationen. Für Hessen gehen 100 000 Mark an das Landeskomitee in Darmstadt, für die Pfalz ebenfalls 100000 Mk. an das Centralkomitee in Speier, für Preußen 80 000 Mk. an das Centralkomitee in Koblenz, 20 000 M. an das Hessen-Nassauische Komitee in Wiesbaden, 40 000 M. für Baden an dasLandeskomitee in Karlsruhe, für Elsaß 40 000 M. an den Statthalter, endlich für Bayern 20 000 M. nach Würzburg und andere 20 OM Mark an die Donaubezirke. In hochherziger Weise haben die Deutschen in New-Jork ihrer bedrängten Brüder im alten Vaterlande gedacht. Der „Franks. Ztg." sind von ihnen, außer früheren Gaben am 6. d. 11 000 M. auf tele graphischem Wege zugegangen, und ein jetzt ebenfalls in New-Jork wohnender Pfälzer, der Eisenbahnkönig Villard, hat an das pfälzische Hilfskomitee für seine Person 10 000 M. speziell für seine bedürftigen Landsleute gesendet. Marseille, 8. Januar. Heute früh wurden an jedem der beiden Eingänge zum österreichischen Konsulate italienisch geschriebene Plakate: „Tod dem Kaiser von Oesterreich, dem Henker Italiens, dem Mörder Oberdanks", unterzeichnet „Die Italiener", angeheflet gefunden und von der Polizei beseitigt. In Bradford sind unter dem Schutt und den Ruinen der ein gestürzten Spinnerei die Nachsuchungen fortgesetzt und acht weitere Leichen aufgefunden worden, von denen indeß 4 so schrecklich verstüm melt und entstellt waren, daß sie nicht indentifizirt werden konnten. Ferner wurden noch zwei weibliche Leichen aufgefunden, so daß die Zahl der bis jetzt aufgefundenen getödteten Personen 47 beträgt. Es werden nunmehr noch 8 Personen vermißt.