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Beilage zu Nr. 97 des Amts- u. Wochenblattes für Wilsdruff. Vaterländisches. Wilsdruff, 4. Dezember. Gestern früh 7 Uhr brannte eine dem Stadtgutsbesitzer Watzel gehörige, 140 Schock Weizen enthaltende Feime nieder. — Das Opfer einer unsinnigen Wette ist am Sonnabend Vor mittag in Meißen ein Handarbeiter ans Roßleben bei Querfurt ge worden; derselbe hat sich anheischig gemacht, fünf Biergläser voll Branntwein zu trinken, war jedoch nur im Stande gewesen, zwei da von zu sich zu nehmen; erstarb auf dem Transporte nach dem Kranken hause an den Folgen dieser mehr als leichtsinnigen Wette. Der Fall ist bei der Criminalbehörde zur Anzeige gekommen. — Plauen, 29. November. Das tragikomische Ereigniß, daß zwei Spitzbuben einen Brandstifter festgenommen haben und dabei schließlich selbst zu Schaden gekommen sind, hat sich in vergangener Nacht hier abgespielt. Früh in der vierten Stunde meldete ein Wächter auf der Polizeiwache den Aufgang eines Feuers in der Richtung zwischen Plauen und Meßbach. Der wachehabende Schutzmann ließ das Telephon spielen, und erhielt alsbald vom Thürmer die Nachricht, daß auf einem Felde hinter dem Felsenschlößchen eine Strohfeime brenne. Eine sofort abgesandte Schutzmannpatrouille war nicht wenig erstaunt, den Brandstifter bereits von zwei Männern überliefert zu erhalten, welche denselben auf der Flucht von dem brennenden Feuer nach der Chaussee gefangen hatten. Beide Männer, von denen ein Jeder ein Bündel unter dem Arme trug, und der Brandstifter wurden nach der Polizeiwache abgeführt. Dort mochten die Polizisten gemerkt haben, daß die beiden Männer keine rechte Lust verspürten, das Wacht- lokal mit zu betreten, auch wollten sie ihre Bündel vorher ablegen. Und als die Schutzmänner diese untersuchten, fand sich, daß ein jedes eine fette Gans enthielt. Die auf diese seltsame Art entdeckten Diebe mußten zugeben, die Gänse aus einem Bauernhause in Meßbach ge stohlen und sie in der Nähe der in Flammen aufgegangenen Feime geschlachtet zu haben. Der Brandstifter, ein Handwerksbursche, will übrigens die Feime nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässiger Weise in Brand gesetzt haben. — Löbau. In Lawalde wurden auf dem dasigen Rittergute ror einigen Tagen gelegentlich einer Dielenreparatnr unter den alten Dielen ein Schellengeläute, sowie ca. 60 Flaschen Wein, aus dem Kriegsjahre 1813 herrührend, aufgefunden. Von dem Schellengeläute ist allerdings das Lederzeug bereits morsch, der Wein dagegen ist bis auf einige schlecht verkorkt gewesene Flaschen gut konservirt. — Aus Bautzen wird über den Mörder Bock geschrieben: Ihre geneigten Leser wissen bereits aus der Verhandlung gegen den Mord gesellen Bock, daß diesem die ihm zuerkannte Todesstrafe selbst noch zu gering erschien und er anführte, daß die Strafe, die ihm gebühre, noch ermittelt werden möge. Ganz in Consequens dieser hartnäckigen Gesinnung hat Bock auch gar nicht für nöthig gefunden, ein Gnadengesuch an den König einzureichen. Die bezügliche Frist war mit vorigem Sonntag abgelaufeu und dürften nunmehr die Akten nach Dresden abgegangen sein. Bock, der, wie nebenbei bemerkt werden mag, sich im' Gefängniß sehr gnt aufführt, soll auch jetzt noch sich ganz schlau befinden und so thun, als wenn gar nichts gewesen wäre. Da der Delinquent es unterlassen, die Gnade des Königs anzurufen, so dürfte eine Bestättigung des Todesurtheils von allerhöchster Stelle aus wohl nicht zweifelhaft sein. — Im Görditz bei Großenhain hat sich ein Mann thatsächlich zu Tode gelacht. Das Muldenthaler Männerquartett aus Roßwein gab ein Concert, und bei einem witzigen Couplet gerieth der Hütten meister Scheel derart ins Lachen, daß er von einem Herzschlag be troffen und todt aus dem Saale getragen wurde. — Eine Lebensversicherungspolice, m der die Versicherung nicht zu Gunsten bestimmter Personen, sondern der unbestimmt ge lassenen Erben des Versicherungsnehmers genommen ist, bildet nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 26. Oktober d. I. einen Bestandtheil des Nachlasses des Erblassers, welcher zur Befriedigung der Gläubiger desselben dient. — Hohneck, 27. Nov. Wie sehr sich I. Maj. die Königin Carola in liebevollster und eingehendster Weise um das Armenwesen des Landes bekümmert, bezeugt von Neuem ein von derselben kürzlich eingegangener Erlaß an den Bezirksvorstand der obererzgebirgischen Frauenvereine im Stollberger Bezirk, Regierungsrath Behrisch, hier. In diesem Erlaß heißt es u. A.: „Durch den Centralausschuß für die obererzgebirgischen und vogtländischen Frauenvereine ist mir der von Ihnen über die Wirksamkeit der Frauenvereine des Stollberger Bezirks unter dem 18. Oktober d. I. erstattete, das Rechnungsjahr 1881/82 umfassende Bericht sammt Zubehör vorgelegt worden. ' Das Bild, welches dieser Bericht in Betreff der Erwerbs- und Nahrungs verhältnisse des abgelaufenen Jahres mit gleichzeitiger Hinweisung auf die wohlgeordnete, durch den Besitz eines Bezirksarmen- und Pfleghauses wesentlich geförderte allgemeine Armenpflege vor Augen stellt, hat mir zur Freude gereicht. Ich knüpfe hieran die Aeußerung meines herzlichen Dankes für die sowohl seitens der Bezirksleitung, als auch seitens der einzelnen Frauenvereine und ihrer Vorstände der guten Sache gewidmet gewesene opferwillige Thätigkeit. Leider aber habe ich zu lesen gehabt, daß die diesjährigen Ernteerträgnisse den an fänglich gehegten Erwartungen in keiner Weise entsprechen, vielmehr als ganz dürftige anzusehn sein werden. Wenn in Folge dessen eine vermehrte Inanspruchnahme der Vereinskräfte nicht unerwartet kommen würde, so vertraue ich, daß die bewährte umsichtige Leitung der Vereins- thätigkeit mit Hülfe der vorsorglich zurückgelegten Ersparnisse größeren Nothständen auch im Falle ungünstiger Winterverhältnisse begegnen werde. — Den Frauenverein zu Stollberg bitte ich, seiner ausscheidenden langjährigen Vorsteherin, Frau Oberamtsrichter Zumpe, meine dank bare Anerkennung ihrer geraume Zeit hindurch dem Vereine und seinen Zielen dargebrachten Thätigkeit auszusprechen. Deren neu eingetretene Nachfolgerin begrüße ich mit dem Wunsche, daß eine günstige Gestalt ung der Verhältnisse die Mühen des übernommenen Amtes mindern möchte." Hannovers Helden. Von E. Heinrichs. (Schluß.) Die verhängnißvolle Nacht vom 29. auf den 30. April brach an, eine finstere Nacht, nur erhellt von den Flammen der brennenden Stadt. Der greise General von Hammerstein saß in seinem Zimmer, welches er in den letzten Tagen so oft hatte wechseln müssen, und entwarf die genaue Disposition zum Durchschlagen. Einige seiner vertrautesten Offiziere, unter ihnen Scharnhorst, standen um ihn her und horchten seinen Worten und Ausführungen. „Ich weiß wohl," sprach er zu ihnen, „daß unsere Unternehmung ein großes Wagstück ist und daß ich schwerer Verantwortlichkeit aus gesetzt bin; denn wenn sie unglücklich ausfällt, fo wird man mich für tollkühn und unfähig zum weiteren Kommando erklären. — Dies ist aber bei vielen ehrenvollen Unternehmungen das Schicksal des ersten Befehlshabers. Das Unerwartete hat im Kriege gewöhnlich den glück-- lichsten Erfolg und hierauf müssen wir gegenwärtig rechnen." „Sehen Sie, meine Herren!" fuhr er fort, indem er sich lebhaft erhob, „der General Moreau kennt unsere Schwäche, und wir haben keine Beispiele in der Geschichte, daß eine Garnison sich durch den zehnmal stärkeren Feind geschlagen hätte. — Er wird dies von uns am wenigsten erwarten und auf diefen Fall nicht gefaßt fein.— Unsere schwachen Bataillone sind mit vorzüglich braven und ambitiösen Offi zieren besetzt, von welchen wir uns viel versprechen können,— immer bleibt aber dennoch der Erfolg sehr unsicher, und damit Niemand beim unglücklichen Ausgange zur Verantwortung gezogen werden kann, so will ich weder Kriegsrath noch andere Berathschlagungen halten und diesen Abend sobald es finster ist, die Dispositionen an die Befehls haber der Bataillone und des Cavallerie- und Artillerie-Detachements kurz vor der Ausführung geben, — bis dahin soll mein Vorhaben weiter Niemand erfahren." Die Ausführung des Unternehmens war von dem General präzise um Mitternacht festgestellt worden. Um 10 Uhr sollten alleComman- deure in einem Hause, nahe bei dem Brügger-Thore sich versammeln. Sie waren Alle beisammen bis auf den Oberst v. Drevs, welchem kurz vorher sein Adjutant, der Lieutenant von Breimann erschossen worden war. Dies war die Ursache, daß die Aussührung der Unter nehmung erst um halb zwei Uhr, anstatt um Mitternacht beginnen konnte. Welch eine Szene. Ernst und feierlich schien es die Vorbereitung zum sichern Todeswege zu sein. Die brennenden Kerzen, welche das Zimmer erhellen sollten, er blichen vor den Flammen der brennenden Gebäude, die hochlodernd durch die Fenster leuchteten. Unaufhörlich platzten draußen die Bom ben, welche gerade jetzt nach dieser Gegend lebhaft spielten. Bald fielen sie auf das Gebäude, worin sich der General mit seinen Offi zieren befand und krachten, als wenn der Blitz einschlüge, bald explo- dirten sie in dem Garten, nahe vor den Fenstern. Es war ein fürchterliches Getöse, als seien alle Schrecken der Hölle auf einmal losgelassen. Und mitten durch diesen tödtlichen Höllenlärm vernahm man das Aechzen eines Offiziers, welcher soeben ins Nebenzimmer gebracht wurde und durch eine Kanonenkugel ein Bein verloren hatte. O! gibt es etwas Schauerlicheres als der Krieg in allen seinen grausigen Einzelheiten? Wie ein Lichtblick ragt in solchem blutigen Gewirr die edle Heldengestalt unseres Generals mit dem menschlich schönen Endzweck seiner That empor und versöhnt uns mit dem grau- famen Würger „Krieg" genannt. Ja, diese nächtliche Szene wäre würdig gewesen, von der Kunst verewigt zu werden. Inmitten der grauenvollen Verwüstung und To desgefahren stand hochaufgerichtet der greise General, umgeben von seinen Unterbefehlshabern, ihnen in seiner ihm eigenen originellen heroischen Haltung mit der entschlossensten Stimme seine Disposition für die verhängnißvolle Nacht mittheilend, während unweit davon die Adjutanten, welche in vier Nächten nicht geschlafen hatten, auf der platten Erde schlummerten, taub gegen die Gefahr, die sie umgab. Jeder Trieb der Selbsterhaltung schien bei ihnen seine Wirksam keit verloren zu haben, Angesichts der bevorstehenden gänzlichen Auf opferung und der Todesszenen, die ihrer in dieser Nacht erwarteten. „Meine Herren!" sprach der General, „ich habe Sie nicht zu mir kommen lassen, um einen Kriegsrath zu halten; ich will mich milder Garnison durchschlagen; ich will lieber im freien Felde sterben, als eine Capitulation unterschreiben." Und nun gab er in kurzen bündigen Worten die Dispositinn zu dieser kühnen Unternehmung, bei welcher das Emigranten-Bataillon die Ehre genießen sollte, die Spitze zn bilden. Er schloß mit den Worten: 200 Mann von allen Bataillonen, außer von dem Emigranten-Bataillon, bleiben unter dem Oberstlieute nant von Spangenberg, mit den schweren Haubitzen und den 4 Stück 4pfündigen Kanonen, in dem Orte und vertheidigen ihn, wo möglich bis 9 Uhr. Der Marsch geht auf Rouselaer. Kaum hatte der General feine Disposition geendet, als ihm die Commandeure einstimmig für diesen Entschluß dankten und ihren letzten Blutstropfen ihm zur Verfügung stellten. Dann eilten sie Alle hinaus, um ihre Truppen auf der Espla nade aufzustellen. Der General schaute einen Augenblick wehmüthig auf seine schla fenden Adjutanten, welche jetzt geweckt werden mußten. „Arme Kinder!" murmelte er, sie würden in diesem Augenblick unter dem Donner des jüngsten Gerichts ruhig fortschlafen." Aus dem Nebenzimmer ertönte das Aechzen des tödtlich verwun deten Offiziers. Hammerstein seufzte und öffnete leise die Thür, der Unglückliche war soeben nothdürftig verbunden worden, das eine Bein war gänzlich fortgerisfen von der mörderischen Kugel. Es war ein Offizier des Emigranten-Bataillons. Als der General theilnehmend zu ihm trat, um ihm zum Abschied noch einmal die Hand zu drücken, war er tief erschüttert, in ihm den Vicomte Hektor d'Anville zu erkennen. Der Arme war noch bei voller Besinnung, doch lagerten die Schatten des Todes schon auf dem bleichen, entstellten Antlitz; — er erkannte den General, welcher tiefbewegt seine Hand ergriff und sie sanft drückte. „Bald ist's zu Ende, mein General!" flüsterte er mit Anstrengung, „ich sterbe als ehrlicher Soldat, — der letzte d'Anville!" Er schloß die Augen und athmete schwer — es ging mit ihm zu Ende. Der General drückte ihm noch einmal die Hand und verließ dann