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Aekannlmachung, die Polizeiaufsicht betreffend. Nach § 6 der Verordnung vom 14. December 1870 (Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 375) hat jede Person, welche unter Po lizeiaufsicht gestellt ist, falls sie ihren Aufenthaltsort wechseln will, sich unter Bezeichnung des gewählten anderweiten Aufenthaltsortes bei der Sicherheitspolizeivehorde des bisherigen Aufenthaltsortes abzumelden: letztere aber hat hierüber nicht nur der Sicherheitspolizeibehördc (Bürgermeister, Gemeindevorstand, Gutsvorsteher) des neuen Aufenthaltsortes, sondern auch der Amtshauptmannschaft, m deren Bezirke die selbe ihren Sitz hat, Mittheilung zu geben. Die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft sieht sich veranlaßt, diese Bestimmung den Sicherheitspolizeibehörden Ihres Be zirks mit dem Bemerken in Erinnerung zu bringen, daß gedachte Mittheilung der Anushauptmannschaft auch dann zu geben ist, wenu der neue Aufenthaltsort innerhalb des hiesigen Bezirkes liegt. Meißen, am 1. December 1882. Königliche Amtshanptmannschnft. v. Bosse. Bekanntmachung) die Declaration des Einkommens betreffend Da im Laufe dieser Tage von uns die Austragung der Aufforderung zur Declaration des Einkommens behufs Anfertigung des Einkommensteuerkatasters für das Jahr 1883 besorgt wird, so machen wir gemäß der Bestimmung des Z 33 der Ausführungsverordnung zum Einkommensteuergesetze vom 11. Oktober 1878 hierdurch darauf aufmerksam, daß es auch denjenigen einkommensteuerpssichtigeu Personen hiesiger Stadt, welchen eine solche DeclarationSaussorderung nicht eingehändigt wird, freisteht, eine Declaration bis z«m 18. diese- MonatS bei uns einzureichen, zn welchem Behufe von uns Declarationsformulare unentgeltlich auf Verlangen verab reicht werden. Gleichzeitig fordern wir alle Vormünder, ingleichen alle Vertreter von Stiftungen, Anstalten, Perjoneuvereineu, liegenden Erb schaften und anderen mit dem Rechte des Vermögenserwerbes ausgestattete Vermögensmassen hiermit auf, für die von ihnen bevormundeten Personen bez. vertretenen Stiftungen, Anstalten und dergleichen, soweit dieselben ein steuerpflichtiges Einkommen haben, Einkommensteuer- Declarationen auch dann binnen der obgedachten Frist bei uns einzureichen, wenn ihnen deshalb desvndere Aufforderungen nicht zugehen sollten. Wilsdruff, am 4. Dezember 1882. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Bekamttm a ch u » g. Mit Schluß dieses Jahres haben aus dem hiesigen Stadtgemeinderathe die Stadtverordneten Herr Stellmachermeister Johann Gottfried Ninuclork, Herr Sattlermeister Friedrich Wilhelm 8vdiniüt und Herr Seilermeister und Handelsmann Adolph Eduard Llsg'or auszuscheiden und ist deshalb eine Ergänzungswahl zu veranstalten. Zu wählen sind zwei angesessene Stadtverordnete und ein unangesessener Stadtverordneter sowie zwei angesessene Stadtverordneten-Ersatzmänner und ein unangesessener Stadtverordneten-Ersatzmann. Als Wahltag ist Mittwoch, der 6. December ds. IS., bestimmt. Unter Hinweis auf die Bestimmungen in den HZ 45, 46, 53 und 54 der Städteordnung vom 24. April 1873 und mit Bezug auf die im hiesigen Rathhanse aushängende Wahlliste werden daher sämmtliche stimmberechtigte Bürger hiesiger Stadt aufgefordert, an dem ge dachten Wahltage in der Zeit von Bormittags 9 bis Mittags 8 Uhr auf dem hiesigen Rathhause im Seffionszimmer vor dem Wahlausschüsse bei Verlust des Wahlrechts für gegenwärtigen Fall persönlich ihre Stimmzettel, auf welche vier ansässige und zwei un ansässige wählbare Bürger so zu verzeichnen sind, daß über deren Person kein Zweifel übrig bleibt, abzugeben. Stimmzettel werden ausgegeben. Wilsdruff, am 23. November 1882. Der Bürgermeister. Ficker. Taflesgeschichtc. Berlin. Der Reichskanzler Fürst Bismark wird Anfang dieser Woche hier erwartet und beabsichtigt, sich eingehend an den Debatten des Reichstags und Abgeordnetenhauses zu betheiligen, auch heißt es bestimmt, daß der Kanzler bei der Ende nächster Woche im Abge ordnetenhause stattfindenden ersten Lesung der Steuervorlage das Wort ergreifen wird. — Bedauernswerth ist es, daß die Gefängniß-Verwaltung so viel kostspieliger geworden ist. Seit acht Jahren hat sich die Zahl unsrer Gefangenen geradezu verdoppelt. Im Jahre 1874 faßen in den Ge fängnissen 16 OM Verbrecher und jetzt 32 OM. Das giebt zu denken. Dieser Tage hob ein Strolch, der zu einer Woche Gefängniß verur- theilt war, mit den Worten: „Acht Tage ist viel zu wenig", einen Stein auf und schleuderte ihn iiwdjr große, kostbare Spiegelscheibe eines Ladens. Namentlich in der schlechten Jahreszeit betrachten unsre Bummler und Gelegenheitsdiebe den Aufenthalt in einem Gefängnisse als eine wünschenswerthe Sache. Immer aufs neue drängt sich die Frage auf, ob wir in der Humanität nicht zu weit gegangen sind und die Verbrecher in den Gefängnissen es nicht in mancher Hinsicht besser haben, als die ehrlichen Leute, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen, als namentlich manch armer Kleinbauer und Tagelöhner das ganze Jahr über. Die Ueberschwemmungen im Rheingebiet, durch die gewiß weit über eine Million Menschen in direkte" Mitleidenschaft gezogen sind, drängt alles andere Interesse in den Hintergrund. Unübersehbar ist die augenblickliche Noth, unberechenbar das, was sich noch daraus entwickeln wird. Mangel, Krankheit, Tod werden sich auf den Fersen folgen, auch wenn die helfende Hand noch so thatkräflig eingreift. Hier noch Einiges aus einem Bericht über die gänzlich überschwemmte Stadt Neuwied, den wir im „Berl. T." finden: „Soeben habe ich das gänzlich überschwemmte Neuwied besucht. Worte fehlen, um die Größe des Unglücks zu beschreiben. Wenn ich Ihnen mittheile, daß in den einzelnen Straßen der Stadt das Wasser noch jetzt zwölf Fuß hoch steht, werden die Leser sich einen Begriff von der Schwere des Unglücks machen können. Neuwied ist sonst eine freundliche betriebsame Stadt von 10OM Einwohnern. Stärkemehl-, Cigarren-, Cichorien- und Tabakfabriken standen bisher in vollem Flor, die Stadt liegt nördlich von Koblenz, und wenn auch die rechtsseitige Rheinbahn ge sperrt ist, kann man doch die linksseitige bis Weißenthurm benutzen. Von hier aus vermittelt ein großer Trajektdampfer den Verkehr mit der Stadt, in deren Straßen man nur mit Kähnen verkehren kann. Die von Koblenz hierher kommandirten Pioniere haben gegen 200 Menschen aus baufälligen Häusern herausholen müssen. Eine Pro viantverbindung mit Koblenz ist ins Werk gesetzt worden, und der Prinz von Neuwied, von dessen Schloß das Parterre ebenfalls unter Wasser steht, telegraphirte heute früh in höchster Noth ebenfalls um Proviant nach Koblenz, fast alle Fabriken in der Stadt mußten den Betrieb einstellen, da das Wasser das Feuer unter den Kesseln löschte. Hunderte von Arbeitern sind brotlos. Die einzige Hilfe, die augen blicklich den Ueberschwemmten gebracht werden kann, ist die, sie zu verproviantiren. Die Stadt ist ohne Beleuchtung und die Gaslaternen und Kandelaber ragen jetzt stellenweise nur noch mit ihren äußersten Spitzen aus der Flut. Menschenleben waren bei der Katastrophe nicht zu beklagen. Die Wintervorräthe und Wintersaaten sind vernichtet, die Ackerkrume losgespült, die Wohnungen für den Winter durch die Näffe kaum verwendbar. Die rheinischen Zeitungen fordern zu Samm lungen für die am schwersten betroffenen Ueberschwemmten auf. — Staunenswerth ist der Muth, mit welchem die Bevölkerung das Un glück trägt — ohne zu jammern, sucht man zu retten, was noch zu retten ist. — Schlimm soll es in der Rheinpfalz in der Gegend von Neustadt aussehen, wo am 27. v. ein Wolkenbruch niedergegangen war. In einem Bericht des Franks. Journ. heißt es: Wasserwogen auf Wasserwogen durchfluten die Straßen der Stadt seit nachts um 3 Uhr, einzelne Häuser sind geborsten, überall ertönen Jammer- und Hilferufe, die Kähne, die aus Speier kamen, sind unzureichend. So eben treffen 12 Mann Pioniere aus Speier ein, um die Hungernden von den Dachfirsten herabzuholen. Die Noth der Brot und Fleisch entbehrenden Stadt ist scbwer zu schildern. Einige Bürger haben die Hilfe der Nachbarorte angerufen und die Züge bringen gegenwärtig etwas Proviant. Der Stadtrath kann sich nicht permanent erklären, da die meisten Mitglieder seit Beginn des Hochwassers blockirt sind. An 400 Personen sind bis zur Stunde von den Dächern geholt wor den, die nun frierend und zitternd im Saalbaugebäude den Verlust ihrer geringen Habe beweinen. — In Bodenheim sind 30 Häuser ein gestürzt, ein ähnliches Unglück wird aus Laubenheim gemeldet. Beide Orte liegen in Rheinhessen. — Vom Niederrhein werden verschiedene Dammbrüche gemeldet. Das ist das schrecklichste, was bei einer Ueber- schwemmung vorkommen kann. Die Vorgänge in Frankreich drängen sich wieder in den Vor dergrund der diplomatischen Aufmerksamkeit. Die Unruhe jenseit der Vogesen, die sich stets erneuernden Gerüchte von Verschwörungen ver schiedenster Art, die aber alle demselben Ziele: dem Umsturz des Be stehenden, zuzusteuern scheinen, erregen auch in Berlin, wie von dort berichtet wird, wenn auch keine ernste Bennruhigung, so doch ein ge wisses Unbehagen. „Die französische Selbstüberhebung pflegte sich bis zum Jahre 1870 hauptsächlich auf militärischem Gebiete zu äußern