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DH'Erstes Wochenblatt für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdrusi. Zweiun-vierzigfter Jahrgang. Erschein! wöchentlich 2 Mal Dienst«« und Freitag.) AbonnementSpreis vierteljährlich I Mark, kine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnseratenannahme Montags «.Donnerstags dis Mittag 1S Ubr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freit«- AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark Ein« einzelne Nummer kostet^O Ps Wilsdruff, Tharandt, Ms Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Nr. 88^. , Freitag, den Ta gesgc schichte. Der alte Moltke Hal am 29. Oktober einen hohen Ehrentag, sein 25jühriges Jubiläum als Chef deS Großen Generalstabcs, gefeiert. Als solcher hat er die großen Kriege von 1864, 1866 und 1870 ge leitet und gewonnen und sich den Ruhm eines der größten Feldherrn aller Zeiten errungen. Denken wir Deutschen einmal nach, was wir ihm verdanken. Moltkes Zeil fiel in die Umgestaltung des ganzen Heer- und Kriegswesens, die Stärke der Armeen wuchs ins Riesenhafte, die Fenerwaffen erfuhren die größten Bervollkommnungen, die Eisen bahnen und Telegraphen spielten zum ersten Mal ihre ungeheure Rolle für die Bewegung der Heere. „Getrennt marschiren, Verein! schlagen" war der Grundsatz Moltkes; er machte es möglich, daß die Heere in weiter Entfernung von einander marschiren und kämpfen und dennoch zur entscheidenden Stunde Zusammentreffen und siegen konnten. Dem Generalstabe waren durch alle diese neuen Umstände Riesenaufgaben, wie zu keiner andern Zeit, gestellt, aber er hat ihn und das ganze Heer herangebildet. Höchste Wissenschaftlichkeit, sorgfältigstes Studium und kühnste Praxis gingen bei ihm Hand in Hand. Er arbeitete die Mobil machungspläne aus, mittelst deren in zwanzig Tagen eine Armee von 400 OM Mann an die friedlichsten Grenzen geleitet, aufgestellt und in 4 Tagen ein Nachschub von 100 OM Mann bewirkt werden konnte. Und ihm verdankten Deutschlands Heere auch die sorgliche Kranken pflege, deren einzelne Glieder von der fernsten Grenze des Reichs bis auf das Schlachtfeld in Feindesland wie eine ununterbrochene Kette sich an einander reihten. Wie stände es heute um Deutschlands Wohl fahrt ohne die Siege 1870 und 1871. An Moltkes Ehrentag darf Deutschland wohl darüber nachdenken. Nach neuesten Zusammenstellungen wird das preußische Abgeord netenhaus bestehen aus 133 Konservativen, 51 Freikonservativen, 70 Nationalliberalen, 20 Sezessionisten, 39 Fortschrittlern, 1M Centrums, männern, 18 Polen und 2 Dänen. Einem mehr als je durch das Parteiwesen zersplitterten Abgeord netenhanse gegenüber darf die preußische Regierung hoffen, ihre sämmt- lichen Vorlagen mühelos durchzubringen. Dieselbe kann der Entwick lung der Dinge ruhig Zusehen, besonders wenn es ihr gelingt, die Klerikalen zu isoliren und an der vollständigen Zerbröckelung der Gesetzgebung zu verhindern, die gegen deren Wunsch und Willen in der Zeit von 1866 bis 1878 entstanden ist, selbst wenn innerhalb der konservativen Partei die Neigung vorherrschen sollte, Hand in Hand mit den Ultramontanen eine selbstständige Politik zu treiben, so dürfte das in der Kammer vorwiegende Beamtenthum dies unmöglich machen. Die preußische Regierung scheint trotz des Wahlausfalles gar nicht abgeneigt, sich den „Gemäßigt-Liberalen" wieder zu nähern; wenig stens wird der „Straßb. Post" dus Berlin geschrieben: „Es wird dem Fürsten Bismarck eine solche Wiederannäherung dadurch wesent lich erleichtert, daß ungefähr dieselben Bedenken, die von deren Wvrt- sührer gegen die ursprünglichen Steuerreformpläne des Reichskanzlers erhoben worden sind, auch von dem Finanzminister Scholz getheilt werden. Derselbe ist keineswegs ein Liberaler, sondern im Gegentheil von altpreußisch-konservativer Gesinnung und seit Camphausen wieder der erste preußische Finanzminister, der als hervorragender Fachmann seine Ansichten durch trockene, aber sehr beredte Zahlen zu belegen ver steht. Seinem Einflüsse ist vorzugsweise der Verzicht auf das Ver wendungsgesetz zuzuschreiben, dergleichzeitig die Vorbedingung für die friedliche Entwickelung der inneren Politik in Deutschland so wichtige Wiederannäherung an die Mittelparteien bildet. In Berlin sind infolge der Beschlagnahme von Loosen bei einem Kollekteur 4M Personell wegen Spielens in ansländischen Lotterien! in Anklagezustand versetzt. Zu deu schrecklichen Katastrophen der vergangenen Woche hat sich auch ein Föhnsturm gesellt, der im Grindelwald (Berner Oberland) arge Verwüstungen angerichtet. — Die Nachrichten aus Tirol sind über alle Maßen schrecklich. So^hoch wie am 28. v. Mts. war das Wasser noch nie gestiegen. Das Schlimmste ist, daß Tirol ein armes Land ist, daß sich ohne nachdrückliche und gründliche Beihilfe gar nicht von den ihm erwachsenen Schäden zu erholen vermag. Anders ist es mit Oberitalien, dessen fruchtbarer Boden die Bewohner schon in wenigen Jahren über die erlittenen Verluste hiuaushelfen kann. Die für Tirol und Kärnten gesammelten etwa 3M OM Gulden reichen nicht einmal entfernt aus, der allerdrivgendsten Noth zu steuern. Die schwere Kriegsrüstung, unter deren Last Europa fast erliegt, ist diesem namentlich durch die französische Republik aufgelegt worden, schreibt die „Nat.-Ztg." Man hat in Frankreich wiederholt die Aeußerung gehört, daß man dort hoffte, Deutschland finanziell zu erschöpfen, indem man es zu einer fortwährenden Steigerung seiner Militärausgaben zwang; der finanzielle Krieg, so nannte man das, sollte zunächst gegen "den verhaßten Nachbar geführt werden. Die ^"dellerunrnhen in Frankreich zeigen, wie zweischneidig die Waffe ist, welche die französischen Staatsmänner seit zwölf Jahren geführt haben. Frankreich hat sich mit einem stets wachsendem Budget belastet, dessen Gleichgewicht selbst die steigenden Einnahmen nicht mehr balanciren können; den Löwenantheil davon nehmen Befestigungen, Heer, Flotte, 3. November 1882. auswärtige Unternehmungen weg. Zur Hebung der Vvlkswohlfahrt bleibt nur wenig übrig. Die Republik trägt in dieser militärischen Ge staltung die Gefahr in sich, dem Cäsarismus anheimzufallen, die Ver nachlässigung der Interessen der arbeitenten Bevölkerung, der Druck, den die hohen indirekten Abgaben auf dieselben legen, macht sich in deu sozialistisch-anarchistischen Bewegungen geltend. Und schon sieht man Stimmen sich erheben, welche Vorschlägen, aus Angst vor dem Sozialismus sich unter die Säbelherrschaft zu flüchten. Die franzö sischen Staatsmänner haben die sozialistische Gefahr durch eine un glückliche Militärpolitik großgezogen; die andern europäischen Staaten, namentlich Deutschland, werden durch Frankreichs Rüstungen in schwere Mitleidenschaft gezogen. Es ist sehr begreiflich, wenn die französischen Arbeiter in der von Gambetta vertretenen Richtung ihren natürlichen Gegner sehen. Wenn Frankreich, belehrt durch die jetzigen Vorgänge, in einer theilweiseu Abrüstung Europa vorangehen wollte, das sicher bereit wäre, ihm nachzufolgen, so würde es nicht nur in der That an die Spitze der Civilisation treten, es würde seine jetzigen Einrich tungen gegen die imperialistische und sozialistische Gefahr schützen, es würde dem ärmeren und nothleidenden Theile der europäischen Bevöl kerung einen unermeßlichen Segen stiften. Was könnte Frankreich, was das übrige Europa mit den Millionen, welche an dem Militär budget durch eine vertragsmäßige Minderung der Rüstungen erspart werden könnten, für Segen verbreiten. Ueberhört Frankreich die War nung, welche in deu Arbeiternnruhen liegt, beharrt es darauf, durch geradezu unsinnige Rüstungen seine eigene Kraft und die von Europa zu erschöpfen, so wird die Strafe für ein so veihängnißvolles Ver halten auf die Dauer gewiß nicht ausbleiben. Wie sich die Dinge doch ändern können! Anfangs hieß es, Arabi Pascha müsse zum Tode verurtheilt werden, jetzt spricht man schon davon, daß sein Prozeß ganz niedergeschlagen oder doch so geführt werden solle, daß ihm kein Haar gekrümmt werde. Uebrigens droht von Oberegypten her ein kleines Nachspiel zu Arabis Aufstand durch einen „Propheten" Mahdi, der bereits ein egyptifches Corps von 6000 Manu vernichtet hat, Chartum bedroht und die Absicht hat, direkt auf Kairo (von dort in gerader Linie 16M Kilometer entfernt) zu marschiren. New-Z)ork, 31- October. Gestern Nachmittag 5 Uhr brach in dem Park-Theater ein Feuer aus, durch welches das Gebäude in kurzer Zeit vollständig in Asche gelegt wurde. Waterländisches. —.Die Schmalspurbahn Hainsberg-Schmiedeberg wurde am Montag durch eine festliche Eröffnungsfahrt dem Verkehre über geben. An derselben betheiligten sich die Herren Kreishauptmann v. Einsiedel und General-Director v. Tschirschky, die Vertreter des kgl. Finanzministeriums Geh. Finanzräthe Köpcke und Dr. Ritterstädt, die Amtshauptleute Schmidt und v. Bosse, ferner als weitere Mitglieder der königl. Generaldirektion der Staatseisenbahnen die Finanzräthe Schmidt, Heydenreich, Klinghardt und Dietrich, der kgl. Commissar für den Bau, Finanzrath Schreiner und sein Stellvertreter Finanz- Assessor Dr. Schelcher, sowie der bauleitende Ober-Ingenieur Berg mann mit dem Bauingenieurcorps, von den Landständen Hofrath Acker mann und Direktor Grahl, von den Handelskammern Vizepräsident Lüder, Kaufmann Seebe als Vertreter von Rabenau, Vertreter der Presse u. A. Schon in Hainsberg machte sich eine rege Betheiligung der Bevölkerung an dem für sie freudigen Ereiguiß bemerkbar, welche an allen Orten einen freudigen Wiederhall fand und zur Genüge die Thatsache kvnstatirte, welch' einem dringenden Bedürfnisse diese Bahn abgeholfen habe. Auf allen Stationen waren Ehrenpforten errichtet und die Gemeindevertretungen waren gekommen, um ihren Dank bei der feierlichen Eröffnung auszusprechen. Möge die Bahn der Gegend zu rechtem Segen gereichen. Betreffs der neuen Secundärbahnlinie dürften einige technische Notizen gewiß von allgemeinerem Interesse sein. Die neue Bahnlinie ist 21,1 Kilometer lang und enthält zehn Vcrkehrsstellen und zwar die Stationen bez. Haltepunkte Hainsberg, Rabenau, Spechtritz, Seifersdorf, Malter, Dippoldiswalde, Ulberndorf, Obercarsdorf, Naundorf und Schmiedeberg. Die Bahn wird durch täglich 3 Züge iu jeder Richtung befahren, welche Vormittags 8,20, Nachmittags 2,15 und Abends 7,30 aus Hainsberg, früh 6,0, Vorm. 11,50 und Nachm. 5,10 aus Schmiedeberg abgehen und die Gesammt- strecke in ca. 1'/? Stunden durchmessen. Die Züge werden sowohl dem Personenverkehr als auch der Güterbeförderung dienen. Der Wagenpark besteht aus 50 Wagen und zwar 8 Personenwagen, 6 be deckten Güterwagen 3 Paar Langholzwagen und 33 offenen Güter wagen. Die bedeckten Güterwagen nnd die Lowrys haben eine Lade fähigkeit von je 50M Kilogramm. Die Personenwagen sind in gleicher Weise wie die Wagen der Secundärbahn Wilkau-Kirchberg eingerichtet, die Sitzplätze befinden sich nämlich wie bei den Pferdebahnwagen an den Langseiten der Wagen, außerdem haben die Wagen an beiden Enden Plattformen mit einigen Stehplätzen, welche letztere voraus sichtlich den Touristen beim Befahren des romantischen Rabenauer Grundes sehr willkommen sein werden. Zur Beförderung der Züge sind zwei Lokomotiven vorhanden, welche wahrscheinlich abwechselnd