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Wochenblatt für 1883. Nr. «8. Freitag, den 3. Anglist Erscheint wöchentlich 8 Mal Dienstag und Freitag AbonnememSprei» vierteljährlich 1 Ma r Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannnhme Montags u. Donnerstags bis Mittag 1S Utzr. Erscheint wöchentlich 2 Mal ienstaz und Freitag. Abonnementspreis e et eljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kestet^O Pf. Inseratenannahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. fiir die König!. Amlshanptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiun-vierzigster Bahrgang. für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Dienstag den 7. August e. Vormittags 11 Uhr ll m LNII» Ll KDlSlL»8SL iOlLt L8S Uta» ÄlLÄt die diesjährige OhftnuHung auf Abth. 8 der Dresden-Tharond-Freiberger Chaussee, - 3 - - Chemnitzer - und - 1 - Tharandt-Wilsdruffer - an Meistbietende gegen sofortige Baarzahlung und unter den fonstigen im Termine bekannt zu gebenden Bedingungen öffentlich verpachtet werden Dresden, am 2. August 1883. (ID. 12092a.) Die Königliche Chaussee! nspektion und Bauverwalterei II daselbst. Tagesgeschichte. Berlin, 1. August. In vergangener Nacht ist das Fabrikgebäude der Velvetaktiengesellschaft theilweis niedergebrannt. 600 Arbeiter sind arbeitslos, leider sind drei Opfer an Menschenleben zu beklagen. Der Brandmeister Stahl und der Oberfeuerwehrmann Wendelburg, welche zur Rekognoszirung auf dem Trockenthurm weilten, sahen sich plötzlich von Flammen umgeben, sprangen, sich umschlungen haltend, vom vierten Stock herab. Wendelbnrg war sofort tobt , Stahl starb auf dem Transport nach Bethanien. Ein Feuerwehrmann Müller wurde an der Seite des Brandinspektors Noel von herabstürzcndem Gesims erschlagen, ein zweiter Feuerwehrmann Schimmelpfennig schwer ver letzt (Arm- und Beinbrüche), Noel ist nur gestreift. Wendelburg ist verheirathet, Vater von fünf Kindern, die übrigen der Verunglückten sind ledig. Die Entstehungsursache des Feuers ist unbekannt. Heute Abend zuckten noch Flammen aus den rauchenden Trümmern. Die niedergebrannte Fabrik ist mit 1,700,000 M. bei verschiedenen Gesell schaften versichert. Der Gouverneur von Berlin eilte noch in der Nacht auf die Brandstätte, da das Gerücht verbreitet war, das Pro viantamt stehe in Flammen. Der Schaden wird auf mindestens eine halbe Million geschätzt. (Dr. N.) Die.'billigste Volksvertretung in Deutschland ist der Reichs tag; er kostet jährlich und durchschnittlich nur 407 000 M., weil feine Nkitglieder keine Diäten erhalten. Das preußische Haus der Abgeord nete» kostet 1200 000 M., das Herrenhaus 168 000, der bayerische Landtag 367 000, der sächsische Landtag 126 000, der württembergische 342 000, der weimarische 30 000, der meiningensche 16 800, der al- tenburgische 19 000. Die Gesammtsumme beträgt etwas über 3 Milli onen Mark. Frankfurt a. M., 31.Juli. In dem Prozeß gegen die Reichs tagsabgeordneten Frohme und Geiser wegen Mißbrauchs ihrer Eisen bahnfreikarten hat das Gericht gestern Abend auf Freisprechung erkannt. In der Begründung des Urtheils wurde gesagt, daß, wenn auch ob jektiv eine Schädigung der Eisenbahn vorliege, da die Angeklagten das in Rede stehende Gepäck nicht hätten zur Beförderung aufgeben dürfen, das Gericht gleichwohl die volle Ueberzeugung von einer rechtswidrigen Absicht der Angeklagten nicht habe gewinnen können und daß bei dem hierüber obwaltenden Zweifel nicht anders habe erkannt werden können. Breslau, 31. Juli. Die ans dem oberen Gebiet der Oder, wie aus der Neisse kommenden Wassermassen haben in der hiesigen Umgegend aufs Neue eine Überschwemmung der an der Oder belegenen Terrains veranlaßt, sodaß eine Verbindung mit den Ortschaften Pir- scham, Neuhaus, Ottwitz und Trefchen von hier aus zur Zeit nur mittelst Kahn zu ermöglichen ist. Aecker und Wiesen stehen abermals unter Wasser; auch die Straße nach Zedlitz, die gestern noch wasser frei war, ist jetzt überschwemmt. Auf den Holzlagerplätzen sind Vor kehrungen getroffen, nm ein Wegschwemmen der Hölzer zu verhindern. Wachen sind überall postirt. Der Margarethendamm, an welchem eben die bei der letzten Ueberschwemmung entstandenen Schäden be seitigt werden sollten, ist nebst den angrenzenden Wiesen bereits wieder überfluthet. Auch im südlichen Deutschland beginnt der Landmann für das Geschick der Ernte zu fürchten. So schreibt die „Straßb. Post" vom 25. Juli: Das ewig kalte Regenwetter will gar kein Ende nehmen, so hört man jetzt allenthalben klagen. Besorgt blickt der Landmann zn dem sackgrauen Himmel empor und betrachtet darauf hin das Ba rometer, das nur auf „veränderlich" oder auf „Regen" eingerichtet scheint. Der Landmann durfte in diefem Jahre einmal einer gesegneten Ernte entgegeusehen. Er sieht die vollwiegenden Aehren reif auf dem Felde, kann sie aber nicht heimführen, weil Sonnenschein fehlt. Er sieht die Aehren, die Körner quillen, dem Auswachsen nahe und kann nicht helfen. Gewiß ist es schrecklich, eine reiche Ernte auf dem Halme dem Verderben preisgegeben zu fehen. Bis jetzt ist der Schaden nicht groß. Wenn bald Sonnenschein eintritt, kann man von einem solchen noch nicht sprechen. Es wäre daher endlich ein Umschlag der Witter ung zu wünschen. Für den Monat August weissagen die Wetterpropheten im all gemeinen ungünstiges, d. h. regnerisches, windiges Wetter. Wäh rend es in den ersten 6 Tagen noch warm und gewitterhaft sein soll, würde es vom 7. rauher und kälter werden, welche Temperatur be sonders in den Tagen vom 11. bis 16. August ihren Höhepunkt erreichen dürfte. Von da an wird es immer windig und regnerisch fein. Dann bessert sich das Wetter immer mehr: erst veränderlich, gegen Schluß des Monats warm und beständig heiterer Himmel. Wollen's abwarten! In der Schweiz bleibt das Wetter sehr unfreundlich und rauh; Regen und schmelzender Schnee stürzen die Bäche und Flüsse hinab und schwellen die Seen zu ungewöhnlicher Höhe. Schnee ist so reichlich gefallen, daß die Besteigung der größeren Höhen schwierig und gefährlich wird. Am St. Bernhard Hospiz hatte man am letzten Sonntag Abend einen Schnee- und Hagelsturm, wie selten mitten im Winter. Die Kissinger finde» den 69jährigen Fürsten Bismarck, den sie seit einem Jahr nicht gesehen haben, sehr gealtert; die Spuren seiner Krankheit und feiner anstrengenden Arbeit sind sehr merklich. Die Auszeichnung, welche dem österreichisch-ungarischen Minister des Auswärtigen, Grafen Kalnoky, durch die Verleihung des hohen Ordens vom Schwarzen Adler zu theil geworden, hat in allen poli tischen urtheilsfähigen Kreisen Oesterreichs auf das Angenehmste über rascht und steht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. So be merkt der „Pester Lloyd" aus diesem Anlaß: „Dieser sicherlich auch politisch bedeutsame Akt wird selbstverständlich in den weitesten Kreisen besondere Aufmerksamkeit erregen. Es ist ei» seltener Beweis hoher Werthschätzung, deren sich der Leiter der auswärtigen Angelegenheiten unserer Monarchie von Seiten des deutschen Kaisers erfreut, des Sou- verains jener Macht, mit der Oesterreich-Ungarn verbunden ist. Der kurze Aufenthalt des Grafen Kalnoky in Gastei» und der Empfang des Ministers beim deutschen Kaiser gewinnen dadurch erhöhte Wich tigkeit. Wir können mir annehmen, daß die Auszeichnung, welche dem Grafen Kalnoky zu theil geworden, den Verdiensten gilt, welche sich feine Politik um deu ungetrübten Fortbestand und die Festigung des Bündnisses Zwischen Oesterreich und Deutschland erworben hat und wir hegen die Ueberzeugung, daß dieser Bund nach wie vor de» Interessen des Friedens dienen wird, für die er sich bisher so heilsam erwiesen." Im Gefolge Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm auf der Fahrt von Gastein nach Ischl zum Besuche des österreichischen Kaiserpaares, wofür der 7. August nunmehr als feststehend angesehen werden darf, wird sich auch der deutsche Botschafter in Wien, Prinz Heinrich VII. Reuß, mit dem zur Botschaft kommandirten Flügeladjutanten Oberst lieutenant Grafen v. Wedell befinden. Soweit bis jetzt bekannt, ist für den Aufenthalt in Jfchl ein Tag und eine Nacht in Aussicht ge nommen und dürfte der Kaiser am Freitag, 10. August, frühmorgens mittelst Extrazuges auf der Station Großbeeren bei Berlin eintreffen, von wo die Fahrt zunächst bis Potsdam erfolgt, wo der Kaiser, be vor er sich nach Babelsberg begiebt, im dortigen Stadtschlosse erst feine erlauchte Gemahlin zu begrüßen gedenkt. Pariser Zeitungen fragten, was aus dem deutschen Reiche werden würde, wenn Bismarck einmal vom Schauplatze abtrete. Die Ber liner Nationalzeitung antwortet: Es ist sehr natürlich, daß die Un sicherheit der deutschen Parteiverhältnisse, der rasche und unfruchtbare Verbrauch von politischen Talenten, die Persönliche Zuspitzung des ge- fammten Regiernngsmechauismus und manche andere unerquickliche Er scheinung des deutschen öffentlichen Lebens unsere Freunde im Aus lande stutzig macht, unsere Gegner ermuthigt; auch aus diesem Grunde beklagen und bekämpfen wir die neuere Richtung der preußisch-deutschen inneren Politik. Allein man würde sich doch jenfeit der deutschen Grenze» außerordentlich täuschen, wenn man in den unerfreulichen Zügen dieser Politik ei» Element der Schwäche Deutschlands dem Aus lande gegenüber erblicken wollte. Wenn der „Temps" fragt, wer den Fürsten Bismarck einst ersetzen soll, so stellt das Blatt unter dem Ein druck der ungewöhnlichen Persönlichkeit und Stellung des ersten deut schen Reichskanzlers eine falsche Frage. Es wird ihn kein Einzelner ersetzen und es soll ihn keiner ersetzen, mag der Titel des Reichskanz lers immerhin fortbestehen. Wenn man bei uns, nachdem Fürst Bis marck einmal vom Schauplatz abgetreten fein wird, eine Anzahl fä higer Männer sich in die Aufgabe werden theileu müssen, welche er allein ans sich genommen hat, so werden wir immer erst in der Lage sein, in der Frankreich und andere Länder sich schon jetzt befinden; und wir denken, Staatsmänner von der Bedeutung der HH. Challe- mel-Lacour und Jules Ferry wird die Krone in unserer Volksvertre tung und in unserem Beamtenthum jederzeit zur Genüge finden. Auch um die parlamentarischen Verhältnisse Deutschlands in der Zukunft' macht der „Temps" sich unnöthige — Sorgen; unsere Schwierigkeiten