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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.06.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-06-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080615010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908061501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908061501
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-06
- Tag 1908-06-15
-
Monat
1908-06
-
Jahr
1908
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Bezug--PrriS Morgen-Ausgabe S. Anzeigen-Prer» itr L-WM »»» >üm»r» Imrch unser« r^« «d Svdtt«, «»» Ha»» Ebrach«: -- -^7U2R Lotaad« » (moraen« und abend«) »««I. jährlich 4.S0 M., mouallich 1L0 M. varch dt« Vast ,» dr,tedr>: <2 mal itgltch) mnerhalb Deutschland« and der deutschen Kolonien merieljahrtich b,2S M., monatlich 1,7- M. auSjchl. Pall, deftellg«, str Oeßonmch » L «8 v, Ungar» 8 U vierteljährlich, steruer in vrl- gieü. Däuemarl, den Donaustaaren, Italien, Luremburg. tkuderland«, «orwegr», ckud- land. Schwede», Schmei» und Spanten. In allen übrigen Staate» uur direkt durch dt» S^ped. d. «l. erhältlich. «dannemest^lnnahme! eingustusplatz 8, bei anserea Dräger», FUialen, Spediteur»» und «lluLhmestellen, sowie Postämtern u»d Briefträgern. Li« evqeln« »iummrr lostet 1V Pftz, "tedakttoa uud LxpedUton: Johanutsgaste 8. Delev doa Nr. 140SL Nr. 14SS8. Nr. 146»». MpMtr.TagMaü Haudelszeituug. Ämtsvkatt des Rates und des Notizeiaintes der Ltadt Leipzig. für Inserat« au« reiptia uu» Umgeb«», bi» Sgespalte», PetiqeU» S Ps., knaaziell« »»geige» SÜM„ Neklani«, Iw.; »»» au« wärt« 80 Ps., Kella»»» 1.20 »o»Uu«lauLbUPf., st»«»», »neigen 7LAf„ NeName» iL) M. J»s«rat»v.v«b»rde»ii> a»ulichr»D«tl«P!. Beilagegebüdr - M. p. lausend exll. Poft, gebühr. a>eschLfr»an,eigen an bevorzugtet Stelle im Preis« erhitzt. Nadatt nach Darts gefterteilw »usträge Unnrn nicht zurück- aegoge» werden. Für da« Erscheinen an defttmnuen Lagen u»d,Plägen wird kein« Garantie übernommen. »ngetgen-Unnahmei Lngustn«»l«tz 8, bet sämtlichen Filiale» u. allen Lnnoncr». stN>edttt»»ra de« I»« und Lutlallbet. Panvt-Filiale verlt», L»rl Lu»cker, tzrrgogl. Baur. H«sb»ch» handlu»g, Lützmoftrabe ILl (Leleptzon VI, Nr. 4«»). Paupt-Stliale vre«drnt Seeftrade 4.1 tLeleohoa 4621). Nr. 18L Montag 15. Juni 1908. 102. Jabrqanq. Da» wichtigste. * Heute vor 20 Jahren trat Kaiser Wilhelm H die Ne gierung an. (S. d. bes. Art.) * In Danzig hat am gestrigen Sonntag die Tagung deS Deutschen Flottenvereines siattgcfvnden. Hörst Salm ist zum Vorsitzenden wiedergewöhlt worden General Keim antwortete auf eine Anfrage des Kommerzienrates Deich mann, ob er eine Wiederwahl an nahmen würde, in ab lehnendem Sinne. Zum Ort der nächsten Generalversammlung wurde Nürnberg gewählt. lS. Ber j * Die Budgetkommission der russischen Duma verlangt Maß regeln zu schleunigster Entwicklung des V o l k s s ch u I w e s e n s. lS. Ausl.) * Der ehemalige spanische Ministerpräsident Marques Vega deArmijo ist gestern in Madrid gestorben. * Der Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz, auf dessen Tagesordnung außerordentlich wichtige Beratungspunkte stehen, die Sondergerichtsbarkeit in Sachen des Patentrechtes und des Ge brauchs- und Geschmacksmusterrechtes betreffend, nimmt heute abend in Leipzig mit einer offiziellen Begrüßung der Teilnehmer durch die Stadtvertretung im Rathaus seinen Anfang. Der Kon greß tagt bis zum 20. Iun i. lS. d. bes. Art.) * Den internationalen Sommerpreis, ein 100-Kilo- meter-Fahron mit Motorführung, das gestern auf der hiesigen Sport platzbahn zur Entscheidung kam, gewann Guignard vor Demke, Verlust und Theile. lS. Sport.) * Ten Grand Prix de Paris (300 000 Frcs. und 20 000 Frcs. dem Züchter) gewann gestern Mons. W. K. Vanderbilts „Northeast" unter I. Childs in einem Felde von 18 Pferden. lS. Sport.) Zwanzig Jahve neuer Deutschland. Als vor 20 Jahren, am 15. Juni 1888, Wilhelm II. den Kaiserthron bestieg, sah das deutsche Volk mit einem gewissen bangen Erwarten in die Zukunft. Auf den alten Kaiser, der aus dem „Prinzen von Preußen" zur Verkörperung der deutschen Einigung geworden war, folgte Friedrich HI., den seine kurze Regierung voll überschwänglicher daran geknüpfter Hoffnungen, sein stummes Leiden weit hinausgehoben hatten über die Maße der kritischen Beurteilung. Der neue Kaiser, groß ge worden unter dem neuen Reich, bedeutete den Eintritt der zweiten Generation in den 1870 errungenen Besitz, er sollte daS Erbe „erwerben, um es zu besitzen", sollte ausbauen für die neue Zeit, die sich machtvoll und unheimlich hervordrängte. Anfänglich schien es ein Weiterschreiten in alten Bahnen werden zu wollen. Mit dem alten Kaiser wurde eine Heldenverehrung getrieben, die von der sachlichen Anerkennung auf eine Art AhnenkultuZ überführte, der die Person des Herrschergreises dem Volke eher entfremdete. Vorläufig blieb Bismarck am Ruder. Dann der Bruch, die Entlassung. Neue politische Ideen und Ziele. Mögen im einzelnen viele Fehlgriffe getan sein, in einem hat die Zeit der Grund idee der Politik Wilhelms H. recht gegeben: Der Bismarcksche Grund satz von der „Saturiertheit" Deutschlands, die Beschränkung auf eine Europapolitik, hatte sich überlebt. Das Wachsen unseres Volkes, unseres Handels und der Industrie verlangten neue Ziele, neue Wege, die weit hinaus führten über Europa, zur Welt- und Kolonialpolitik. Ueberall auf der Welt regten sich frische Kräfte, erhoben sich wirtschaft- siche Möglichkeiten und Konsequenzen, die der Politik aller Staaten andere Gesichtspunkte gaben. Immer stärker vollzog sich der Uebergang von der rein völkischen zur wirtschaftlichen Expansionspolitik. Politisch und wirtschaftlich wurden Begriffe, die sich immer mehr näherten. In diese Zeit der gärenden Entwickelung, des Suchens nach neuen Grundsätzen, nach neuen Konstellationen war der sunge, 28jährige Kaiser gestellt. Erst auf eine 18jährige Erfahrung konnte die deutsche Regierung zurücksehen, und diese Erfahrung war eigentlich weiter nichts als das — nicht immer fehlerlose — aber erfolggekrönte Walten eines alles überragenden Genies: Bismarcks. Die Völker um uns herum hatten viel voraus, die Tradition einer langen einheitlichen, frei heitlichen Negierung in England, die kräftige Wurzel eines unverwüst lichen Nationalreichtums in Frankreich, eine in einer Hand vereinigte geistliche und weltliche Gewalt in Rußland. Ter junge Kaiser, mit starkem Instinkt für die Bedürfnisse seines Landes, stand in der jungen Bismarckschen Schöpfung überall Neuem, Unvorhergesehenem gegenüber. Es kam eine Zeit des Tastens in der inneren und äußeren Politik. Auf die „rettende Tat" Caprivis folgten schließlich die Zolltarife. Dem Bismarckschen Anschluß an Rußland das unnütze Andrängen an England anfangs der neunziger Jahre. Wenig Erfolge überall. Dazu kam das bis dahin nicht gekannte Hervortreten der kaiserlichen Persönlichkeit. In Inneres und Aeußeres spielten die „Impulsivitäten" hinein, wie man schonend zu sagen pflegte. Manches Kaiserwort fiel, das dem erstrebten Ziel schwere Hindernisse in den Weg legte, wenn nicht ganz unmöglich machte. Auch mußte bei den ganz neuen Verhältnissen in Deutschland, der Unerfahrenheit mit parlamen tarischen Verhältnissen, dem neugeschaffenen Kaisertum, dessen Macht nicht überall fest umschrieben war, erst ein Ausbalancieren erfolgen, ein Abreiben und Abschleifen der Gegensätze. Immer mehr begann sich, im Guten, wie im Bösen, mit Wil helm II. der Gedanke an das neue deutsche Kaisertum zu verbinden, nach außen wie nach innen. Bei dem Besuch des Kaisers auf den Staufen schlössern in Italien konnte man sich sicher manchem vergleichenden Ge danken nicht verschließen. Nur daß der Kaiser, bei manchem Anklang an das alte machtvolle Hohenstaufenkaisertum mit seinem berauschenden Glanz, sich zum ganz und gar modernen Menschen entwickelt hat, der es in den 20 Jahren fertig gebracht hat, wohl der meistgenannte und auch geachtetste Mann im heutigen Leben zu sein. Der in den Jahren seiner Regierung die Zeichen der Zeit kennen gelernt hat und zur Verkörpe rung des modernen Deutschtums und des Kaiserreichs geworden ist, weit mehr als seine Vorgänger, die noch in vielem am spezifischen Preußen- tum kleben mußten. Im Innern ist es dem Kaiser anfangs herzlich schwer gemacht worden, zur Anerkennung zu gelangen. Der Alte im Sachsenwalde warf grollend Steine nach Berlin, die manche Scheibe zertrümmerten. Sicher ist, daß auch später manches nach dem Willen des Kaisers anders ge gangen wäre, wenn nicht die politischen Verhältnisse so unglückliche ge wesen wären. Am erfolgreichsten war Wilhelm II. in der Stärkung deS Reichsgedankens, hier ist in der Tat Schönes erreicht worden, im ein zelnen auf dem Gebiete der Post, des Verkehrs, der Gesetzgebung. Zu letzt noch das neue Vereinsgesetz. Durch die Flottenpolitik, die im Volke wie selten etwas vorher, einmütigen Beifall fand, wurde der Reichs gedanke in Kreise getragen, die ihm bis dahin noch recht fremd gegenüber standen. Einen schönen äußeren Erfolg für die Reichs- und Einheits politik des Kaisers bedeutete die Huldigung an Kaiser Franz Josef. Die äußere Politik unter Wilhelm H. richtig zu beurteilen, dürfte heute unmöglich sein. Soviel geht aus allem hervor, daß die Schwierig- leiten unendlich viel größere sind, als man glauben möchte. Am ge fährlichsten für uns ist der nicht wegzuredende wirtschaftliche Gegensatz zu England. Wieweit König Eduards deutschlandfeindliche Politik auf persönliche Gegensätze — noch aus der Zeit, als der König Prinz von Wales war — zurückzuführen ist, wird schwerlich jemals festzustellcn sein. Jedenfalls ist soviel sicher, daß Eduard VII. seine Taktik nicht so ziel sicher verfolgen könnte, wenn sie nicht ganz in den Rahmen der offiziellen englischen Politik paßte. Daß es gelungen ist, trotz aller neuen Ententen gegen uns, den Frieden für Deutschland zu bewahren, ist ein Verdienst des Kaisers, das wir um so höher einschätzen wollen, als es sicher manche schwere Selbstverleugnung von dem Herrscher verlangt hat. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, daß wir gerade in diesen Monaten in einer überaus kritischen Zeit stehen, wo alles davon abhängt, unserem Deutschland die Bahnen friedlicher Weiterentwickelung zu sichern. So sind es durchweg ernste Gedanken, die heute in uns ausst'eigen. Andererseits können wir mit vollem Herzen die Versicherung aus sprechen, daß der Kaiser, ernst geworden und gereift in schweren! Amt und stetem Kampf, in schlimmen Zeiten auch auf daS Vertrauen seines Volkes rechnen kann, das treu zu ihm stehen wird in Not und Tod. ZUM Schutz -es gewerblichen Rechtes. Leipzig, die alte Handelsmetropole, steht von heute ab unter dem Zeichen des Kongresses für gewerblichen Rechtsschutz. Es darf uns mit Genugtuung erfüllen, daß gerade die rührige Pleißenstadt es ist, die vom Deutschen Verein für den Schutz des gewerblichen Eigentums zu ihrer Tagung gewählt wurde, zumal zu einer Tagung, die einen Markstein be deuten wird im deutschen Handels- und Gewerbsleben. Sind es doch die vitalsten Interessen unserer Industrie, die in dieser Woche in der alten Handelsstadt Leipzig in ernster Arbeit zur Durchberatung kommen werden. Wer näher hineingeschaut hat in die verwickelten und verworrenen Verhältnisse des Patentrechts und Warenzeichenrechts, der weiß, wie dringend reformbedürftig die Gesetzgebung und Gesctzeshandhabung auf diesen gewerblichen Gebieten ist. Es ist kein neuer Gedanke, hierin einen Wandel zur Besserunaanzustreben, wohl aber ist es bei der un endlichen Schwierigkeit der Materie ein hohes Verdienst des Deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums, durch jahrelange Vorarbeiten in besonderen Kommissionen jetzt eine Basis geschaffen zu haben, auf der der Kongreß aufbauen kann. Bei der lobenswerten Ge nauigkeit und Gewissenhaftigkeit, mit der die Vorarbeiten sich bis zu bestimmten Vorschlägen verdichtet haben, steht cs wohl außer Zweifel, daß der Kongreß die große Hauptfrage seiner Tagung, die Einrichtung und Organisation einer Sondergerichtsbarkeit für Patentsachen, für Gebrauchs- und Geschmacksmustersachen glatt erledigen wird. Und wohl ebenso unzweifelhaft darf man der Zuversicht Raum geben, der Kongreß werde den gewünschten Erfolg haben: die gesetzgebenden Faktoren des Deutschen Reiches werden den berechtigten Forderungen ihre Zustim mung nicht versagen, in eine baldige Reform der Gerichtsbarkeit i'n Sachen des gewerblichen Rechtsschutzes eintretcn und sie zum Segen der deutschen Industrie durchführen. Wer möchte angesichts dieser Tatsachen nicht freudig den Wert und die Bedeutung des Kongresses anerkennen? Sind es doch die weitesten Kreise der deutschen Industrie, die ein lebhaftes Interesse an dieser Tagung und ihren Arbeiten, ihren Erfolgen haben müssen und haben werden. Gerade die ständige Besetzung der geforderten Sonderkammern für gewerblichen Rechtsschutz mit zwei Technikern neben den drei Juristen, die dadurch gewährleistete Beseitigung einer rein formalistischen Jurisdiktion gewährleistet eine rechtlich geschützte freie Entfaltung der Kräfte im großen Wettbewerb der technischen Erfindungen. Der Groß industrielle wie der Kleinkaufmann, der Exporteur, der Handelsherr und der Privatmann, der den unbestrittenen Nutzen seines geistigen Eigen tums genießen will, werden sich in gleicher Weise den Segnungen nicht verschließen können, die der Kongreß ihnen allen, dem deutschen Volke bringen wird. Die Bedeutung dieses Kongresses steht außer Frage. Tas hat auch die Vertretung unserer Stadt, das hat auch der Rat der Stadt, Leipzig anerkannt in der Bereitwilligkeit, den Kongreß und seine Teil- nehmer am heutigen Abend in feierlicher Weise im Rathause zu begrüßen. Schon dadurch wird äußerlich zum Ausdruck gebracht, daß unsere kommunalen Behörden ihr volles Interesse dieser Tagung entgegen- bringen. Besondere Anerkennung verdient aber unsere Leipziger Handelskammer, die freudig im Dienste der großen Sache die verant- wortungsvolle und schwierige Aufgabe der Organisation des Kongresses auf sich nahm. Es ist ein heikel Ding, solche an schwieriger Arbeit reiche, dabei auch dem geschmackvollen Vergnügen Raum bietende Kongreß tagung zu organisteren und zu leiten. Dank gebührt den Männern, die diese Ausgabe, wie bei dem Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz, in mustergültiger Weise lösten! Wo ein fester Wille, da ist auch bestes Ge lingen und Erfolg. Abweichend vom Altherkömmlichen, tagen die Damen ganz separiert unter strengem Ausschluß der Männlichkeit, deren brei teren Schultern sie mit feinem Instinkt die geschäftlichen Beratungen über eine so schwierige Materie gern allein überlassen. Die Bürger unserer arbeitsamen Stadt vereinigen sich heute in dem Wunsche, daß der erwünschte Erfolg dem ernsten Arbeiten des Kongresses und bestes Gelingen den Veranstaltungen ge- selliger Art beschicken sein möge. So rufen wir denn heute den Männern, die aus allen Gauen Deutschlands zu ernster, segensreicher Arbeit in den Mauern unserer alten Handelsstadt zusammenströmen, ein herzlich Willkommen entgegen. Hauptversammlung -es Deutschen Flottenvereins. 8. L H. Danzig, 14. Juni. lPrivattelegramm.) Die von den weitesten Kreisen des deutschen Volkes mit großer Spannung erwartete Tagung des Deutschen Flottenvereins sand heute im Schützenhause an der Promenade unter außerordentlich starker Be teiligung statt. Aus allen Teilen des Reiches waren Vertreter der Ortsgruppen des Deutschen Flottenvercins erschienen. Neben etwa 200 stimmberechtigten Delegierten hatten sich noch zahlreiche andere Mitglieder des Flottenvereins eingefunden, um an der denkwürdigen Versammlung teilzunehmen, die über das Schicksal des Deutschen Flottenverein entscheiden und seinen weiteren Weg festlegen soll. Am Freuag fanden geheime Beratungen statt, die die Sachlage klärten, und bei denen der Oberpräsident v. Jagow eine hervorragende Rolle spielte. Ein versöhnender Klang ging durch die Verhandlungen, so daß ste schon am Freitag zu Ende geführt wrden konnten. — Am Sonn abend besichtigten die Delegierten die Schichauwerft. Die heutige Versammlung war überaus stark besucht. Als Geh. Rat Busley (Berlin) die Verhandlungen eröffnete, war der große Fcstsaal überfüllt. Geh. Rat Buslev, der in Gemeinschaft mit dem Kommerzienrat Raven 6 (Berlin) bisher die Geschäfte des Vorstandes geführt hatte, da diese beiden Herren allein vom alten Vorstand zurück geblieben waren, begrüßte die Delegierten, die Vertreter der verschiede nen nationalen Vereine und der Behörden. — Es folgten dann weitere Begrüßungsreden. — Oberpräsident der Provinz Westpreußen v. Ja- ;ow führte aus: Als Vertreter der Staatsregierung rufe ich der Ver- ammlung herzlichen Gruß und Willkommen zu. Die eigenartige Lage wS Flottenvercins veranlaßt mich, mich nicht mit einem Willkommen gruß^zu begnügen, sondern aus die Sache selbst einzugehen und namens der Staatsregierung einige Worte dazu zu sagen. Die Staatsregierung har ein Interesse daran, daß der Deutsche Flottenverein nicht nur nicht von der Bildfläche verschwindet, sondern sie hat auch ein Interesse daran, daß er auf dem richtigen Wege weiter wandelt. (Lebhafter Bei fall.) Das Wort: Viel Feind', viel Ehr'! kann der Deutsche Flottenverein mit Recht auf sich beziehen. Die Feinde bedrohen ihn von zwei Seiten. Von der einen Seite wird auf den Flottenverein dahin eingewirkt, daß er von den besonnenen Bahnen ab- weicht und sich einer unfruchtbaren Agitation hingibt. Ich bin mir klar darüber, daß an dem vaterländischen Sinne der Mitglieder der artige Versuche abprallen werden. Der Deutsche Flottenverein wird sich niemals einer rein agitatorischen Tätigkeit hingeben. Aber auch von der anderen Seite, von rechts her, drohen dem Flottenverein Ge- fahren. Der Deutsche Jlottenverein soll eine freie Organisation für die deutsche Flotte sein. Er soll unabhängig sein. Er verliert für daS deutsche Volk seinen Wert, wenn er nichts ist als ein Appendix des Neichsmarineamts. Wenn das Reichsmarineamt sich auf den Flotten- verein stützen will, so muß es sagen können: Es steht nicht die König liche Staatsregierung hinter ihm, sondern es ist das deutsche Volk, das dahintersteht. Hierauf wurde in die Tagesordnung eingetreten. An erster Stelle stand der Rechenschaftsbericht des Präsidiums. Der geschäfts führende Leiter Geh. Rat Busley führte aus: Der Deutsche Flotten verein hat seine Lebenskraft nicht verloren, sondern er hat bewiesen, daß er aus einer soliden Basis siebt. Seit dem vorigen Jahre sind 362 neue Ortsgruppen mit zirka 9000 Mitgliedern neugegründet wor den, seit der Kasseler Tagung im Januar d. I. allein 64 neue Orts gruppen. (Beifall.) Geh. Rat Busley stellt fest, daß dem Verein rund 1100 000 Mitglieder angehören. Der Reservefonds ist auf 150 000 gestiegen. — Der Vorsitzende gedachte sodann der verstorbenen Mitglieder des Ver- eins, u. a. des ältesten Ehrenmitgliedes, des Großherzogs Friedrich von Baden, des Prinzen Karl von Baden, des Fürsten zu Wied, des Staats ministers v. Helldorf (Gotha). — Der Geschäftsbericht des Vorsitzenden wurde einstimmig genehmigt. Als zweiter Punkt stand auf der Tagesordnung die Entlastung des geschäftsführenden Ausschusses. — Die Versammlung beschließt die Ent lastung und spricht dem geschäftsführenden Ausschuß, sowie dem Leiter der Geschäftsstelle Geh. Rat Stur- (Berlin) für die ausgezeichnete Tätigkeit ihren besonderen Dank aus. (Beifall.) — Kommerzienrat Navenä (Berlin) gibt dann den Etatvorschlag bekannt. Die Ein nahmen werden auf 464 000 veranschlagt, die Ausgaben aus 459 000 Mark, so daß der Reservefonds demnächst die Summe von 150 000 .<l. überschreiten wird. Bevor man zum Hauptpunkt der Tagesordnung, der Wahl deS neuen Präsidiums überging, verhandelte man zunächst über die grundsätzliche Stellung des Flottenvereins, um dem zu wählenden neuen Präsidium ein klares Programm gleich in die Hand zu geben. Anlaß dazu gab ein Antrag der Thüringischen Ortsgruppen, der sich auf die Hauptstreitfrage der letzten Monate bezieht, ob der Flotten verein sich für einen unpolitischen oder einen national politischen Verein erklären will. Die Thüringer wollen dem grundlegenden 8 2 folgenden ersten Ab satz geben: „Der Deutsche Flottenverein als nationalpolitischcr Verein erstrebt unter Ausschluß der Partcipolitik die Schaffung einer starken deutschen Flotte." — Auch der Kreisverband Mülheim a. d. R. des Deutschen Flottenvercins hat einen Antrag cingebrackn, dem sich zahlreiche Ortsgruppen angeschlossen haben. Es heißt in ihm: „1) Aus Grund des § 3 des neuen Reichsvercinsgesetzes und des 8 2 der Satzungen des Deutschen Flottenvereins, fordern wir rückhaltlose Anerkennung des nationalpolitiscbcn Charakters des Deutschen Flotten vereins und Rückkehr zum alten Kurs, d. h. zur Art der bisherigen Agi tation. wie sie durch das alte Präsidium unter Fürst Salm und dem General Keim so erfolgreich geführt wurde. 2) Wir verlangen dafür Garantien persönlicher Art und darum die bestimmte und öffentliche Erklärung des neuen Präsidiums, daß eS an dem alten Kurs in jeder Richtung hin festhalten werde. 3) Geschieht das nicht, so können wir volles Vertrauen zu der neuen Führung nicht haben, wir werden des halb weiße Zettel abacben und behalten uns weitere Schritte vor." In der Diskussion ergriff zuerst das Wort Stistslehrer Cou- vreour (Weimar). Er verlangt eine (Abänderung der bisherigen Satzungen dahin, daß der Verein zu einem nationalpolitischen Verein erklärt werde. Der Deutsche Flottenverein sei ein nationalpolitischer Verein im eminentesten Sinne des Wortes, er müsse jede Gelegenheit benutzen, das deutsche Volk politisch anfznklären. — Kommerzienrat Deichmann (Köln): Der grundlegende 8 2 unserer Statuten ist gut, und es ist nicht zu empfehlen, ihn zu ändern. Das deutsche Volk er wartet jedoch von der heutigen Tagung des Deutschen Flottenvercins eine Antwort aus die Frage, welche Wege der Deutsche Flottcnvercin gehen will. Er empfehle daher die Annahme folgender Resolution: ,,Der Deutsche Flottenverein ist und bleibt ein national, politischer, also vaterländischer Verein, der über den Gegensätzen der Parteien und Konfessionen steht und daher keinen partei politischen Charakter trägt. Nm das Verständnis für die Notwendigkeit einer starken Flotte im Volke zu stärken, siebt der Deutsche Flottenverein seine vornehmste Ausgabe darin, die Betätigung des Nationalgefühls zu heben. Der Deutsche Flottcnvercin nimmt für
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