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zum Emir gewählt worden war, eröffnete er an der Spitze von 10,000 Kriegern im Jahre 1832 den Kampf gegen die Franzofen, die sich kurz vorher Algiers bemächtigt und die türkische Herrschaft dort ver nichtet hatten. Bis zum Jahre 1847 wogte der beiderseits mit Er bitterung geführte Kampf; oft war das Glück dem arabischen Emir günstig, endlich unterlag er. Abd-el-Kader wurde einige Jahre in Frankreich gefangen gehalten nnd erst Napoleon III, gab ihm seine Freiheit zurück. Moskau, 20. Mai. Der Kaiser nnd die Kaiserin sind mit ihren Kindern und den Großfürsten Alexis nnd Paul heute Nachmittag 6 Uhr unter dem Jubel der Bevölkerung hier eingetroffeu und im Paiais Petrowski abgestiegen, wo dieselben vis zum Tage des feierlichen Ein zuges im Kreml Aufenthalt nehmen werden. Die Stadt hat prächtigen Flaggenschmuck angelegt. Ueberall herrscht die größte Ordnung. — Es liegt jetzt eine Kundmachuug vor, welche die Krönung des Kaisers auf den 15. Mai (27.) festsetzt. Dieselbe lautet wörtlich : „Der aller heiligste großmächtigste Herr, der Kaiser Alexander Alexandrowitsch, auf den urelterlichen erblichen Thron des russischen Reichs und des von diesem Thron untrennbaren Polnischen Reichs und des Großher- zogthums Finnland gelangt, geruhte nach dem Beispiele des hochseligen Kaisers feiner Vorfahren zu befehlen: Die Krönung seiner Kaiserlichen Majestät und seine Salbung durch den heiligen Geist soll mit der Hülfe des Allmächtigen am 15. Mai sein, indem er an dieser heiligen Handlung auch feine Gemahlin, die hohe Kaiserin Maria Fedorowna theilnehmen läßt. Von dieser Feier werden alle treuen Unterthanen hiermit benachrichtigt, damit sie an bezeichnetem Tage ihre Gebete zum Herrscher aller Herrschenden inbrünstig richten, daß er mit seinem all mächtigen Segen das Kaiserthum Seiner Majestät beglücke, und daß er demselben Frieden und Ruhe verleihe zum großen Ruhme und zur unerschütterlichen Wohlfahrt des ganzen Reichs." Der „Ansiedler in Wiskonsin", ein gutes und ehrliches Blatt, giebt deutschen Einwanderern folgende Warnung: „Farmen zu pachten ist in Amerika gewöhnlich eine höchst mißliche Sache. Gute werden selten verpachtet, schlechte kann der Pächter nicht brauchen. Pachtungen auf lange Jahre sind nicht durchzusetzeu. So geschieht es fast stets, daß der Besitzer sofort zu einem guten Preise verkaufen kann, wenn ihm der eingewandertc Deutsche das Anwesen durch feine Arbeit wieder zu Werth gebracht hat. Rücksichten kennt man in solchen Fällen gegen den Pächter nicht, Erkenntlichkeit noch weniger. Wer klug ist, geht auf solche Abmachungen überhaupt nicht ein, sondern steÜt sich mit den ihm zu Gebote stehende», wenn auch noch so schwachen Mitteln, sofort auf eigene Füße, indem er sich in einem guten Gebiete der Ver. Staaten auf wildem oder theilweise urbar gemachtem Lande ankauft. Das ist der sicherste Weg, sich in die Höhe zu arbeiten. — Wer in den altbesiedelten Gegenden des Landes eine feit Langem in Bewirthschaftung gewesene Farm kauft, fetzt sich stets und ohne alle Ausnahme der Gefahr aus, für sein gutes Geld ein fast werth- loses Anwesen zu erhalten. Gute, in voller Kraft stehende Landgüter sind hierzulande ebenso theuer, wie in der alten Welt und ausgebaute kosten zu ihrer Wiederherstellung in den meiste» Fällen weit mehr Geld, als sie werth sind. Das Anhängen werthloser, weil durch unvernünftig betriebenen Raubbau ausgesogeuer Landgüter ist eine der vornehmsten Beschäftigungen von sogenannten Landagenten und d eren Zutreibern, den Wirthen in früher einmal durch Fruchtbarkeit berühmt gewesenen Gegende. Die Onkeln und Vettern neueingewanderter Leute, manchmal noch näher stehende Verwandte, helfen in der Regel fleißig mit, den „Grünen" nach Herzenslust zu rupfen. Vaterländisches. Wilsdruff. Ju dem zum Laudbestellbezirk des Postamts in Wilsdruff gehörigen Ort Limbach wird vom 25. Mai d. I. ab eine Posthülfstelle eingerichtet. — Der hiesige Gewerbeverein wird nächsten Dienstag ca. 70—80 Mann stark eine Exkursion mit Ge schirren nach der Residenz unternehmen, um dort zunächst durch Be sichtigung einiger Museen und gewerblicher Etablissements sein Wissen zu vermehren, die Nachmittagsstunden aber im Kgl. Großen Garten oder an einem anderen schön gelegenen Platz in der Nähe Dresdens verleben. — Nächsten Sonntag werden viele Fremde unsere Stadt besuchen. Im Hotel Adler werden sich eine größere Anzahl von Mi litärvereinsmitgliedern aus dem Amtshauptmannschaftsbczirk Meißen als Delegirte zu einer Bezirksversammlung einfinden, Während eine große Anzahl Dresdner Turner eine Gauturnfahrt durchs Saubachthal nach hier zu unternehmen gedenkt; gegen 1 Uhr Mittags eintreffend, werden dieselben im Goldnen Löwen Mittag essen, die Nachmittagsstunden aber in Gemeinschaft mit der hiesigen Turuer- schaft auf dem Turnplätze und in: Schießhause verbringen und schließ lich gegen Abend auf der alten Dresdner Straße nach der Residenz zurückkehren. — Das vom Vorstande des Conservativen Vereins herausgege bene Vereinsblatt sagt zu dem Wahlrufe der liberalen sächsischen Landtagsabgeordneten: „Das ist soweit ganz schön und ganz gut und wir hätten gegen diesen Trompetenstoß, der zum Sammeln mahnt, nichts einzuwenden, wenn er an die „liberalen", die „fortschrittlichen" rc. Wähler gerichtet wäre, aber wenn die Herren Liberalen den Ausdruck „freisinnig" usurpiren und im Gegensatz zu den Conservativen sich mit diesem Prädikat schmücken wollen, so müssen wir uns gegen eine solche Willkür ganz entschieden verwahren. Man hat sich zwar seit Jahren bemüht, im Volke den Glauben zu erwecken, als seien „frei sinnig" und „liberal" unter allen Umständen synonym; seither ist dies auch ruhig akzeptirt worden, neuerdings aber sind doch im Volke einige Zweifel hierüber aufgetaucht und zwar mit Recht, es hat viel mehr die konfervative Partei durch ihr Verhalten während der letzten Jahre bewiesen, daß es ihr an Freisinnigkeit und Unbefangenheit des Urtheils nicht fehlt und daß sie berechtigt ist, einen höheren Anspruch an diese Bezeichnung machen zu können als die Fortschritts- Partei, welche sich ihrerseits ein Anrecht auf den Namen einer Reaktions- und Obstruktionspartei erworben hat, denn der Name „Forischrittspartei" Paßt doch für eine Partei, welche seit Jahren alle ihre Künste und Kräfte dazu aufbieten, um die Reformgesetzgebung auf allen Gebieten zu verhindern oder doch zu erschweren, durchaus nicht. Es ist gerade zu lächerlich, eine solche Partei, die sich jedem wirklichen Fortschritt widersetzt und überall die Rückkehr zu dem alten verderblichen Man- chesterthum anstrebt, „Fortschrittspartei" zu nennen. — In der letzten Monatsversammlung des Vereins Dresdner Gastwirthe wurde die Thatsache besprochen, daß nach offiziellen Angaben alljährlich in Dresden ca. 5000 Pferde geschlachtet werden und daß über den Verbleib dieser ansehnlichen Menge von Pferdefleisch eine geeignete strenge Kontrole fehle. Im Interesse des gesamwten Gastwirthsstandes, nicht minder aber zur Sicherung des Publikums gegen etwaigen Betrug, ward eine derartige strenge Kontrole für absolut »othwendig erachtet und eine geheime Vereinskommissio» beauftragt, auf die Verwendung des hier gefchlachteten Pferdefleisches ei» ganz besonders wachsames Auge zu haben und über die gemachten Wahr nehmungen, die veröffentlicht werden sollen, Bericht zu erstatten. — Die „Zittauer Nachrichten" schreiben: Wie uns Herr Gasthof besitzer Münch mittheilt, ist bei Aufbewahrung von Milch in Blech gefäßen die größte Vorsicht anzuwenden. Genannter Herr hatte gelesen, daß in Kassel 40 Husaren nach dem Genüsse von in Metallgefäßen aufgewahrter Milch an einer Art Brechruhr erkrankt seien, nnd beschloß, da ih»> Aehiiliches schon früher in seiner Familie vorgekommcn war, der Sache auf den Grund zu gehen. Er goß deshalb frische Milch in ein Blechgefäß und ließ sie zwölf Stunden lang darin stehen. Als dieselbe bann genossen wurde, stellten sich die gleichen Vergiftungssymp tome wie in Kassel ein und zwar schon nach dem Genuß von geringen Quantitäten Milch. Soll also Milch längere Zeit aufbewahrt werden, fo benutze man thönerne Gefäße, da metallne oxydiren und die Milch dadurch vergiftet wird. — Lommatzsch. Inder Scheune des Wirthschaftsbesitzers Hempel in Domselwitz brach am Donnerstag früh gegen 1 Uhr Feuer aus und hatte schon großen Umfang angenommen, als die beklagenswerthe Familie durch den schon längere Zeit krank liegenden Besitzer mit großer Mühe geweckt wurde. Das Pferd, drei Wagen, ein Schlitten u. s. w. sind mit verbrannt und schon war das Wohnhaus von den Flammen ergriffen, als es noch der Feuerwehr gelang, das Feuer zu bewältigen und den Unglücklichen die Wohnung zu erhalten. Vom Gendarm wurden zwei Handwerksburschen, die verdächtig sind, de» Brand verursacht zu haben, festgenommen. Hempel hat sich durch Erhängen entleibt. Krankheit und Schwermuth aus Anlaß des Brand unglückes mögen die Veranlassung zu diesem Schritte gewesen sein. — Ein finsteres Familiendrama enthüllt sich in Mutzschen, dort ward am 15. d. der Schneider Hentschel im Jauchenloche des Thiele'- schen Grundstückes todt aufgefunden, und man wußte nicht ob Ver unglückung oder Selbstmord vorläge. Jetzt hat sich der Verdacht, ihren Mann ermordet zu haben, auf die Ehefrau Hcntschel's in so starkem Maße gelenkt, daß sie gefänglich eingezogen worden ist. In der Gefängnißzelle hat die Frau beseits einen Versuch gemacht, sich zu entleibe», ist aber rechtzeitig daran gehindert worden. — Am 17. d. hat in Penig die dort 1633 gegründete vereinigte Innung der Schlosser, Zeug- und Nagelschmiede wie Büchsenmacher in stiller Weise die Feier ihres 250jährigen Bestehens gefeiert. — Buchholz. Ein tragisches Ende fand kürzlich in benachbarten Cunersdorf der 12 Jahre alte Karl Albin Nestler in einer Strickschaukel. Dieselbe mag durch zufälliges Anstoßen oder mit Willen von dem Knaben selbst ins Drehen gebracht und dem Letzter» dabei schwindlich geworden sein, kurzum die Stricke haben sich zu einer Schlinge zusam mengedreht, in welcher der Knabe gleichsam erhängt aufgefunden wurde. Vermischtes. — Bromberg. Die „Post" meldet: „Von einem schweren Unglück ist die Domäne Nischwitz und deren Pächter, Amtsrath Seer, heimgesucht worden. Auf der Domäne sind dieser Tage sämmtliche Wirthschaftsgebäude mit Ausnahme des Wohnhauses nnd einer Scheune ein Raub der Flammen geworden. Ein großer Theil des lebenden Jnventariums ist in den Flammen umgekommen, u. A. 1000 Stück Hammel; 590 Stück sind »och durch Arbeiter gerettet worden. Der Schaden ist sehr bedeutend. * Drei mal begraben. Der in Oran erscheinende „Mont-Atlas" erzählt von einem dort ansässigen französischen Fleischer, Namens Fouques, der „die Ehre hatte" dreimal civiliter begraben zu werden. Das erste Mal, im Jahre 1848, war Fouques in einen Todtenschlas verfallen, in Folge dessen er eiiigesargt und nach dem Friedhöfe geführt wurde. Unterwegs kam er zu sich und polterte fo lang gegen den schon angeschraubten Sargdeckel, daß die Verwandten und Freunde ihm endlich zu Hilfe kamen. Achtzehn Jahre später widerfuhr ihm nach einem Cholera-Anfall Aehnliches, und als er kürzlich zum dritten Male starb, wurden alle Mittel der Kunst anfgeboten, um ihn ins Leben zurückzurufen; aber vergeblich, Fouques, der Freidenker, hatte endlich allen Ernstes das Zeitliche gesegnet. * Eine Probe der Redlichkeit. Zu Paris starb im November des Jahres 1869 ein reicher Hagestolz, der fast sein ganzes Vermögen einem jungen, ihm fast gänzlich unbekannten Mädchen, einer Näherin, vermacht hat. Die Sache war so: Der Verstorbene war ein Original. Um die Rechtlichkeit seiner Mitmenschen auf die Probe zu stellen, machte er oft die feltsamsten Experimente, die leider fast immer un günstig ausfielen und ihn in seiner schlechten Meinung bestärkten. So hatte er sich einst in einen Omnibus gesetzt, und zwar auf den ersten Platz dicht neben den Kondukteur. Er vermittelte sehr bereit willig das Hin- und Hergeben des Geldes, und jedesmal, wenn der Kondukteur kleine Münzen zurückzahlte, überreichte unser Sonderling dem betreffenden Reisenden die Summe. Aber er fügte stets unbemerkt und geschickt aus feiner Tasche ein Geldstück hinzu, wie wenn sich der Kondukteur geirrt und zuviel herausgegeben hätte, und beobachtete dann seine Leute. Diese überzählten ruhig ihr Geld, merkten natür lich den Jrrthum, zählten »och einmal und steckten alsdann ihren kleinen Profit schmunzelnd ein. Fünfzehn Mal wiederholte der Alte sein Kunststück, und von den fünfzehn Personen war auch nicht eine, die mit dem armen Kondukteur, der täglich nur drei Franks verdiente, Mitleid hatte. Erst bei», sechzehnten Male rief ein junges Mädchen sofort hastig aus: „Kondukteur, Sie haben mir einen halben Franken zu viel gegeben!" und gab ihn zurück. Das Gesicht des wunderlichen Mannes klärte sich auf. Das Mädchen war ärmlich, aber sauber gekleidet. Er ging ihr nach, verschaffte sich ihre Adresse und zog weitere Erkundigungen ein, die günstig ausgefallen sein mußten, denn das Zehn-Sousstück erwarb dem redlichen Mädchen die Erbschaft von einer halben Million. * Ein tragisches Ereigniß setzte die Rue St. Denis in Paris in große Aufregung. In Nr. 265 dieser Straße wohnte eine Frau Mutzel mit ihrer Tochter, die dort ein Konfektionsgeschäft betrieben. Das Mädchen war mit einem jungen Manne verlobt und neulich sollte die Hochzeit stattfinden. Der Bräutigam kam und wollte sich eben mit der weißgeschmückten Braut und den gemeinsamen Freunden nach der Maire begeben, als ihn ein Pistolenschuß in den Kopf nieder streckte. Der Thäter war ein 75jähriger Onkel der Braut, der einmal einen politischen Wortwechsel mit dem jungen Manne gehabt hatte und die Heirath durchaus nicht zugeben wollte. Auf dem Wege nach dem Polizeiposten stürzte der Onkel todt zusammen, er hatte vor Begehung seiner That Gift genommen. Der Bräutigam lebt und man hofft ihn zu retten; er wird von seiner Braut gepflegt.