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anfänglich beabsichtigten Zusammenkunft der Kaiser von Deutschland und Oesterreich im September 1872, wie es damals hieß, der russische Kaiser seinen Besuch angenieldet haben sollte, gewiß mit friedlichen und freundnachbarlichen Absichten, wie indessen Fürst Gortschakosf die Begegnung auffaßte, bewies der bekannte Ausdruck seiner Befriedigung, daß nichts Schriftliches vereinbart wäre. Später verwerthete die slavifche Partei unter der Führung Gortschakvffs die angeblichen Er gebnisse der Zusammenkunft zu einem europäische» Mandat für den russisch-türkischen Krieg, während das Mandat nicht vorhanden war und daher auch auf dem Berliner Kongreß nicht zur Geltung kam. Der enttäufchte russische Kanzler erging sich darauf in dem Versuch gewisser sehr bedenklicher Zettelungen mit Frankreich, die ihm nichts eintrugen und nur das deutsch-österreichische Bündniß von 1879 als Gegenwehr zu Stande brachten. Der flüchtigste Rückblick auf diesen Verlauf der Dinge follte zur Erkenntniß der Verschiedenheil genügen, die daS deutsch-italienische Einvernehmen mit seinen durchaus friedlichen Zwecken und Absichten im Gegensatz zu jenem früheren Verhältniß, wie es damals eine einflußreiche Partei in Rußland auffaßte, unzwei felhaft bezeichnet. Die Franzosen werden sich denn auch von der Dauer und Festigkeit des italienischen Anschlusses an den deutsch-öster reichischen Oktoberbund mit der Zeit ganz so überzeugen, wie ihnen das bezüglich des letzteren, welchen sie früher ebenfalls bezweifelt hatten, widerfahren ist." Fürst Bismarck war in seiner neuesten Note dem Papste weit entgegen gekommen: er bot ihm Aufhebung der Strafandrohungen gegen die rein geistlichen Handlungen des Messelesens und Sacramente- spendens der betreffenden Geistliche» an, also das, was Windthorst im preußischen Landtage ausdrücklich beantragt hatte; er verlangte als Gegenleistung des Papstes nur die Anerkennung der Anzeigepflicht, wie sie Rom anderwärts überall gewährt und von welcher der Papst früher selber gesagt hat, daß sie keinen kirchlichen Grundsatz verletze, — der Papst aber hat das Anerbieten zurückgewiesen und verlangt „organische Revision der Maigesetze." — Köln, 15. Mai. Vorige Nacht 2 Uhr brach in der Artillerie- kaferne Feuer aus, wodurch der Dachstuhl, das obere Stockwerk und ein Theil der Montirungskammer zerstört wurden. Die Entstehunas- urfache, wie die Höhe des erwachsenen Schadens ist »och nicht festgestellt. Aus dem Rheingau schreibt mau dem „R K.": Die Weinberge, sind gegenwärtig in ihrer Entwickelung gegen frühere Jahre »och zurück; aber sie stehen trotzdem nicht schlecht, denn die Reben treiben gut aus und an sehr geschützten Stellen zeigen sich auch bereits die ersten Gescheine. Die Befürchtung, daß viele Augen von flockigen Reben, welche im vorigen Jahre durch die große Nässe ein kränkliches Aussehen bekamen, nicht ausgingen, ist nicht eingetroffen; denn nur wenige Augen bleiben zurück. Wenn im Mai kein Reif fällt, so darf man aus ein gutes Weinjahr hoffen. Kiel, 11. Mai. Vorgestern ist ein Gewitter über Holstein gezogen, das unglaublich großen Schaden angerichtet hat. Die „Kieler Zeitung" bringt Berichte von mehreren Orten, von denen man neun, zehn Feuer gleichzeitig beobachtet hatte. Die Zahl dieser Berichte wächst noch fortwährend; aus 30 Ortschaften sind bereits Brände ge meldet worden. Bis in's Mecklenburgische und Hannoversche hinein hat das Unwetter gehaust. In Sierksdorf ist ein Mann in der bren nenden Scheune umgekommen. - In Marburg in Kurhessen sind die schwarzen Blattern ausgebrochen und haben bereits Menschenleben aefordert. In einem Dorse bei Marburg hat sieb ebenfalls diese gefährliche Krankheit ge zeigt. Es sind natürlich die umfassendsten Maßregel» angeordnet, um die Weiterverbreitung zu verhindern. In Egypten ist der Bau eines zweiten Suezkanals auf Be treiben großer englischer Geschäftsleute in Aussicht genommen. Paris, 14. Mai. Bei dem Juwelenhändler Prestot in der Ga lerie Montpellier im Palais royal wurden gestern am Hellen Tage die in dem Schausenster befindlichen Diamanten, 40,000 Fres, an Werth, von Dieben geraubt und der Diener Prestot's, der die Diebe überraschte, ermordet. Ueber die Thäter konnte bisher nichts ermittelt werden. Petersburg. Endlich ist der Tag der Abreise des Kaisers de finitiv bestimmt; wenn kein unvorhergesehenes Hinderniß eintritt, be- giebt sich der Hof am 20. Mai von hier nach Moskau; das Weitere geht dann dem schon bekannten Programm gemäß von Statten. Die Krönungskommission, welche jetzt fast Tag und Nacht zu arbeiten hat, weil sich fortwährend neue Detailfragen äufdrängen, geht erst in den nächsten Tagen nach Moskau. Am 18. Mai gegiebt sich in einem Extrazuge das gesammte diplomatische Corps dahin. Um dieselbe Zeit ziehen auch alle' Minister mit ihren Kanzleien nach Moskau hinüber, während hier für die laufenden Geschäfte die Ministergehülfen bleiben. Das Stadtamt von Petersburg hat für die Volksbelustigungen und den Empfang Ihrer Majestäten in Petersburg folgendes Programm ausgearbeitet: Auf dem Marsselde wird ein prachtvolles Kaiserzelt er richtet. Ein großes und ein kleineres Theater für Volksschaiispiele, Pantomimen rc., in denen beständig mit Unterbrechungen von nur 15 Minuten gespielt werden soll, wird erbaut. Vier große Estraden für Musiker, ein großer Zirkus für Reiter- und Akrobateukünste, Kletter stangen und Eimerstechen, Tanzböden, Spiele, Panoramas, Marionetten theater und alle die Belustigungen, welche bei Volksfesten unentbehrlich sind, werden nicht fehlen. Auf den Plätzen der Stadt und in öffent lichen Gärten werden Musikkorps spielen und Säiigerchöre Lieder Vor trägen. Die ganze Stadt wird aus das Prachtvollste geschmückt und mit Triumphbögen versehen. Man berichtet aus Newyork: Auch die „große Republik" jenseits des Ozeans hat einen sStrike zu überwinden, doch sind es augenblicklich nicht die Bäcker oder Droschkenkutscher, sondern Vie Cigarrenarbeiter, welche ihn zu Tage fördern. Die Arbeitseinstellung umfaßt alle Unionsstaaten, welche Cigarrenfabriken in ihrem Schooße berge» und zählt somit wenigstens 75- bis 100,000 Arbeiter, deren Forder ung dahin geht, vom 1. Mai d. M. an eine Lohnerhöhung von einem Dollar (4M. 20Pfg.) pro tausend Stück Cigarren zu erhalten. So hoch diese Forderung auf den ersten Blick hin erscheinen mag, verliert sie doch, wenn mvn erwägt, daß die dortige Jnlandsteuer auf Cigarren durch den letzten Kongreß von 6 auf 3 Dollars ermäßigt worden ist. Daher kann es nicht auffallen, daß die meisten Journale, deutsche wie englische, auch sofort auf die Seite der Arbeiter traten und betonten, daß, wenn auch die Konsumenten im Allgemeinen keinen Nutzen von dieser Steuerermäßigung haben würden, ihn doch die Fabrikanten nicht allein iu die Tasche stecken, sondern einen Theil davon ihren Arbeitern zufließcn lassen sollten. Infolge dessen haben bereits nicht wenige Fabrikanten, zunächst in Newyork, die seitens ihrer Arbeiter verlangte Lohnerhöhung zngestanden, nur in Richmond, Detroit und einigen anderen Plätzen zeigt man sich starr, allein auch hier dürfte die Forderung der Arbeiter in kürzester Zeit durchdringen und somit der ganze Sinke ein versöhnendes Ende finde». rvatcrländischeH. — Der Verkehr auf säst allen sächsiiche» Effenbahmm war auch dieses Pfingstfest wiederum eui außergewöhnlich großer. Aus Dresden berichtet mau, daß dort namentlich am zweiten Pfingsttage ein gewaltiger Berkehr stattgesnnden hat. Alle Räume des böhmischen Bahnhofs füllten sich schon sünf Uhr Morgens an, unaufhörlich liefen von da an bis zur späten Nachtstunde endlose, bis auf den letzten Platz gefüllte Züge aus und ein uud so fanden sich an diesem Tage 37 Extrazüge zusammen. Von den ca. 30,000 Personen, die an diesem Tage aus- und einginge», ward auch der Hainsberg-Schmiedeberger Bahn ein bedeutendes Kontingent gestellt. Auf dem Leipziger Bahn hofe verkehrten lO Extrazüge und wurden hier ca. 23,000 Personen befördert. Die schlesische Bahn beförderte ungefähr 14,000 Personen. — Die eigentliche Feuertaufe des Verkehrs empfing die Haiusberg- Schmiedeverger Bahn zu diesem Pfingstfeste und namentlich auch am 2. Tage desselben, au welchem die kleine Bahn sich in erstaunlicher Weise leistungsfähig gezeigt hat. Am Sonnabend genügten die aller dings vielfach verstärkten 6 regulären Züge, am 1. Festtag dagegen mußten 8 Extrazüge verkehren, bis am 2. Feiertag der Verkehr den Höhepunkt erreichte. An diesem Tage liefen 8 Extrazüge nach bez. von Schmiedeberg nach Dippoldiswalde, und 2 nach bez. von Rabe nau im Ganze» 16 Züge; die beide» letzten Züge brachten ca. 1000 Personen nach Hainsberg, eine Leistung, die man weder den Maschi nen noch dem Wagenpark, unter dem nur 5 offene Lowrys sich be- sanden, zugetraut hätte. Die Hingebung der Beamten erkannte alle Welt an. Sie hielten sich tapfer, waren unverdrossen am Platze und brachten es zuwege, daß in den Tagen von Sonnabend bis 3. Feier tag ca. 10,000 Personen auf dieser kleine» Bahn Beförderung finden konnten. — Die Straßenbahnen der Residenz waren am Pfingst montag geradezu enorm frequentirt, es wurden an diesem Tage ca. 41,000 Personen befördert. — Die Gewitter der vergangenen Woche sind theilweise ziemlich heftig ausgetreten und haben mannichfachen Schaden angerichtet. In Marbach bei Schellenberg wurde ein Zugochse getödtet, welcher an einem Baume am Feldrande angebunden stand, während andere Zug- thiere und in der Nähe befindliche Menschen ganz unbeschädigt davon kamen. In Teichwolframsdors wurde der 13jährige Knabe Gräser vom Blitz getödtet, der Gutsbesitzer Mehlhorn aber gelähmt und ein Pferd das an den Ackerpflug gespannt war, ebenfalls erschlagen. Der Gutsbesitzer, dem cs gehört, kam mit dem bloßen Schreck davon. — Trotz vieler Bemühungen der Reichenauer Einwohnerschaft um Erhaltung ihres Amtsgerichtes, kann das königl. Justizministerium nach reiflicher Erwägung aus verschiedenen Zweckmäßigkeitsgründen doch nicht anders, als dasselbe Ende Juni d. I. einzuziehen. Die sämmtlichen dem bisherigen Amtsgericht Reichenau zugetheilt gewesenen Ortschaften werden dem Bezirke des Amtsgerichts Zittau zugetheilt. — Das Kultusministerium beabsichtigt, in Uebereinstimmung mit dem Vorschlag des Landeskonsistoriums für den 10. Noveniber die Veranstaltung einer entsprechenden Feier in den evangelischen Volksschulen, Gymnasien, Realschulen und Seminarien an zuordnen, während der auf einen Sonntag fallende 11. November, Luther's Tauftag, als kirchlicher Hauptfeiertag am Vormittag mit Festgottesdienst für die Gemeinde und am Nachmittag mit einem der Schuljugend gewidmeten Gottesdienst begangen werden soll. Am 10. November Nachmittags 1 Uhr soll die kirchliche Feier in drei langen Pausen mit allen Glocken eine Stunde lang eingeläutet werden. Das Ministerium weist darauf hin, daß, abgesehen von der rein kirchlichen Jubelfeier, noch gar Manches geschehen und in's Werk gesetzt werden könne, was geeignet ist, das Jubiläum würdig vorzubereiten, zu be gehen oder dessen Gedächtniß für spätere Zeiten in Segen zu erhalten. Besonders ist hierher die Anschaffung von guten, auf Luthers Leben und Wirken sich beziehenden Büchern für Pfarr- und Ortsbibliothe ken zu rechnen; sodann aber auch die Veranstaltung von Vorträgen an den der Jubelfeier vorangehenden Tagen oder Wochen, da solche Vorträge besonders geeignet erscheinen, das Leben und Wirken Luther's, sowie Wesen und Bedeutung seines Werkes noch in anderer Weise an's Licht zu setzen, als dies in den unmittelbar dem Zwecke der Er bauung dienenden Predigten geschehen kann. — Aus der Meißner Gegend wird gemeldet, daß die gefürch teten Weinmörder Pankratius und Servatius glücklich vorübergegangen sind; weder an den Ovstbäumen noch an den Weinstöckeu zeigt sich Schaden, dieselben entwickeln sich vielmehr sehr gut. Auch aus an dern Theilen Sachsens wird gleiches gemeldet. — Dem Registrator und Pedell bei der Forstakademie zu Tha randt, Friedrich Wilhelm Salle, ist das Albrechtskreuz verliehen worden. — Ein aus dem Lommatzscher Armeiihause entwichener ver kommener Mensch stellte sich freiwillig der Polizei uud erzählte, daß er — um endlich einmal ins Zuchthaus und nicht wieder in's Ar menhaus zu kommen — in Steglitzer Flur 3 Strohfeimen in Brand gesteckt habe. Da sich seine Angabe bestätigt, wird er wohl auch seinen Zweck erreichen. Zwei der Feimen gehören dem Gutsbesitzer Tippmann und eine dem Gutsbesitzer Paul. — Am 8. d. brannte in der Nähe von Reichenhain eine Stroh feime nieder. Der Brandstifter wurde in der Person eines 3 Tage vorher aus der Bezirksanstalt Zschopau entwichenen Strumpfwirkers ermittelt, welcher auch geständig war, in diesen Tagen drei Wald- bründe angelegt zu haben, und zwar lediglich aus dem Grunde, nm in eine größere Strafanstalt zu kommen. — Als erste praktische Folge des „Döbelner Kompromisses" zwi schen den Führern der drei liberalen Parteien — Nationalliberale, Sezessionisten und Fortschrittler — wird ein von einer große» Anzahl von Vertretern der genannten Parteien unterzeichneter Aufruf ver öffentlicht, welcher sich an die Gesinnungsgenossen mit der Bitte wendet, in denjenigen Wahlkreisen, die bisher durch einen liberalen Abgeordne- ten vertreten waren, gegenseitig den Besitz zu achten und wechselseitig für die Wahrung desselben mit allen Kräften einzutreten, in denjenigen Wahlkreisen aber, welche seither einen gegnerischen Abgeordneten in den Landtag gesandt haben, so bald als thunlich sich über einen ge meinsamen liberalen Kandidaten zu einigen. Ksiu unckoros Nittsl llut siost so rusost uuck dauernd iu don lUruilisn als vv astros Haus- unä Heilmittel einAsstürgert rvie die ^potdolcor li,. Lrandts LestrveiLerpilleu; istre augeuestme, eiosters ^VirlcunF, stasteu 8ie stsi lduterleistsstoelcungeu, Verstopfung, Llut- armutst, Lleiestsuestt, Imster- uvä Oallenleiden, lKagendrüelcen eto. 8t6t8 Illit LrkoIZ ^nrvendung linden IL886N. illlslüstrlieste Lrospelcte mit den är/tstesten Ortsteilen sind gratis, sorvie die aobton tlpotstelrer H. Lrandts LvdrvoErpiUsn per 8ostaosttel N. 1,— erstältliest iu den ^potstösten ru IVilsdrulk, Ilostnstein ete.