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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.06.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080620025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908062002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908062002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-06
- Tag 1908-06-20
-
Monat
1908-06
-
Jahr
1908
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«r. 169. 192.Jahrg. veipziger Tageblatt. Sonnabend, 20. Juni 1908. Di« Instruktionen, die General Liautey am 15. Mai 1908 von der französischen Regierung erhalten hat, sind kurz folgende: Zur Durchführung der französisch-marokkanischen Vereinbarungen von 1901/1902 wird General Liautey zum Oberkommissar ernannt, um ge meinsam mit dem Oberkommissar und dem Wachsen die Beschlüsse der beiden Regierungen auszuführen. Das Vorgehen in der Grenzrcgion wird bestimmt durch die französisch-marokkanischen Abmachungen und durch die Unterdrückung der gegen Algier gerichteten An griffe. Die Abmachungen begreifen in sich die Anerkennung des Wachsen im Westen von Algier, die Integrität des scherifi- schen Reiches, Frankreichs Verpflichtung, vor komm endens alls den Sultan zu unter st ützen und seine Macht über die Stämme zu sichern, und bezwecken schließlich, die nor malen Beziehungen im Landesverkehr wicderherzustellen. Die Zu sammenarbeit beider Regierungen geschieht mittels einer gemischten Kommission, die alle Grenzfragen regelt. Frankreich allein bat das Recht, dem Wachsen in der Instruktion der Polizeitruppen zur Seite zu stehen, insbesondere in der Eben e von Udjda und Trifa, mit ständigen Abteilungen. Frankreich Hot nicht die Absicht, die Kosten der Pazifizie rung des Grenzgebietes durch französische Truppen sicherzustellen. Die Einrichtung einer gemischten Polizei bleibt die Grund- läge des Vorgehens. Die Instruktionen erwähnen ferner die Besetzung von Udfda, die Unterdrückung der Beni Snassen, die Aufstellung von Militärposten gegen die Wiederkehr solcher Angriffe und die Züchtigung der Harka Mulen Lbassens. Der Machsen hat keine Einwendung er hoben: denn wir lxrben nur unsere Rechte gewahrt und sind der Ansicht, daß die Pazifizierung des Grcnzlandes nur durch die Wiedereinsetzung der einheimischen Behörden geschehen kann, die im Einvernehmen mit uns handeln. Die Aktion Liauteys muß dem Machsen unsere Loyalität und unsere Mäßigung beweisen und die Nützlichkeit der Mitwirkung, die wir ihm versprochen haben. Diese Aktion soll auch im Einklang mit Jonncirt nnd Rcgnault durchgesührt werden. Die Instruktionen, die von dem Kriegsminister Picguart dem General d'Amade erteilt worden sind, konstatierten zunächst die Komplikationen, die durch das Auftreten Mnley Hafids verursacht Warden sind, der das hauptsächlichste Hindernis für die Pazifikation des Ichcrujagebictes bildet. Die Instruktionen erkennen sodann an, daß durch das entschiedene Vorgehen d'Amades dieses Gebiet gesäubert wurde, und erklären schließlich, daß es sich jetzt darum handle, km Schaujagebiete das normale Regime wiedcrherzustellen, die Ordnung und die Achtung vor der Autorität durch die Verstärkung der Macht der lokalen Behörden zur Geltung zu bringen und der Anarchie ein Ende zu setzen. Den scherifischcn Autoritäten werde Frankreich zeigen, daß es die direkte Ein- misckmng vermeiden wolle, und daß es ans die Mitarbeit der von dem Machsen erwählten Anführer rechne, denen man noch einheimische Kräfte beiordnen werde. Diele Kräfte sollen zunächst aushilfsweise verwendet werden nnd dann nach Möglichkeit in den an der Peripherie gelegenen Posten. Sobald dieser Organismus genügende Garantien bieten wird, werden wir ihn sich selbst überlassen. Ein Mittel zur Wiederherstellung friedlicher Verhältnisse ist die Entfaltung einer ärztlichen Hilsetätiykeit. General d'Amade wird sich mit dem französischen Gesandten in Tanger in Verbindung setzen. Heber die Ausführungen Pichons liegt noch folgende er gänzende Meldung vor: Pa r i s, 20. Juni. (Telegramm.) In seiner die französische Poli tik in Marokko betreffenden Rede führte Pichon aus: Wir haben die Instruktionen, die wir unseren Agenten ständig er teilt haben, aufrecht erhalten, nämlich: keine Ein mischung in den Streit zwischen Sultan und Prätendenten, wer es auch sei, Mulcy Hafid oder irgendein anderer^ keinem von ihnen irgendeinen Teil unserer Truppen zur Verfügung zu stellen; wenn in einem Hafen andere Be hörden als die von Abdul Aziz eingesetzten, sich tatsächlich bilden, mit ihnen in Verbindung zu treten, um die Sicherheit unserer Staatsangc- hörigen und der anderen Ausländer zu sichern; für den Fall, daß die fremden Kolonien bedroht würden, s i ch in Tanger mit dem diplo matischen Korps und in den anderen Häsen mit dem Konsular korps wegen Maßregeln ins Einvernehmen zu setzen, die eventuell m Uebereinstimmung mit den Vertretern der Mächte zu treffen wären. Bezüglich der Frage, ob Frankreich unter den jetzigen Umständen Muley Hafid anerkennen solle, führte Pichon aus: Es kommt allen Mächten zu, sich zu fragen, ob der Souve rän, mit dem sie sich verständigt haben, der ihnen Reformen versprochen und der auf dem Wege ist, sie auszuführen, aufhören oder nicht auf hören soll, von ihnen als Unterzeichner der Verträge und als deren Bürgschaft anerkannt zu werden. Allen Mächten kommt es zu, die Opportunität und die Folgen einer solchen Handlung zu erwägen. Es ist unmöglich, daß eine von ihnen aus eigenem An- rriebe handelte, um den ihr passenden Sultan anzuerkennen oder zu pro klamieren. Was uns anbetrisft, so trennen wir unsere Sache nicht von der Europas. Wir sind durchaus entschlossen, nicht isoliert vorzugehen, wenn wir dahin gelangen, den neuen Sultan anzuerkennen, so wird es unter der Bedingung geschehen, daß er die Verträge an- nimmt, di« Ab dul Aziz mit uns und Europa verbin den und unter der Bedingung, daß er uns alle Genugtuungen verspricht, die wir berechtigt sind, zu verlangen: daß er unsere Rechte anerkennt; daß er uns Entschädigungen bewilligt, auf die wir Anspruch haben. Es ist möglich, daß wir in unserer Marokkopolitik Irrtümer begangen haben; sie ist kompliziert genug, um Irrtümer erklärlich er scheinen zu lösten. Ich versichere Sie aber mit aller Aufrichtigkeit, daß ich nicht glaube, daß unsere Situation schwächer geworden ist; wir haben unseren Einfluß heracftellt und befestigt." Dau einer Aeußernng Pichons vor der Kanrmersitzung wird der „D. TageÄztg." berichtet, daß schon vorgestern in den Wandelgängen der .Kammer lebhaft über Marokko diskutiert wurde. In einer Gruppe von Deputierten, deren Mittelpunkt Jaures bildete, meinte einer der Herren, daß Frankreich Abdul Aziz nicht ausgeben könne, weil er der Unterzeichner der Algecirasakte sei. Darauf sagte Jaures unter dem Benall der anderen: „Abdul Aziz hat den Akt nicht in seinem, sondern im Namen Marokkos unterzeichnet. Nach dem deutsch-französischen Kriege unterschrieb der damalige Ministerpräsident Thiers bekanntlich den Frankfurter FriedensvertraA; das aber hinderte nicht, daß trotzdem Thiers bereit- einen Monat später gestürzt wurde, seine Nachfolger in der Regierung den Vertrag weiter hallen mußten. Wer also im Namen Marokkos den Algecirasakt unterzeichnet hat, bleibt gleichgültig, und als der wirkliche Vertreter Marokkos ist unbedingt heute Muley Hafid anzusehen." Deutsches Reich. Leipzig, 20. Juni. * Ein Verzicht auf Hannover k Die als vorsichtig in ihren publi zistischen Veröffentlichungen bekannte „Neue Züricher Zeitung" läßt sich, wie uns ein Privattelegramm auS München meldet, von angeblich zu verlässigster Stelle mitleilen, der Einstellung des Prinzen Ernst August von Cumberland in die bayrische Armee sei ein sormelier Verzicht des Prinzen auf Hannover voraufgegangen. Die geleistete Verzichterklärung sei jedoch nur für die Person des Prinzen abgegeben, auch sei von dieser persönlichen Verzichtleistung der Eintritt des Prinzen in die bayrische Armee abhängig gemacht worden. (An zuständiger Münchener Stelle wird eine amtliche Auskunft zu obiger Zeitungsmeldung verweigert.) * Einkommensteuer und Beiträge zur laudwirtschafllichen Unfall versicherung. Der Voistand einer landwirtschaftlichen Berufsgenossen schaft hatte beim ReichSversicherungsamt angcfragt, ob eine statutarische Vorschrift vom Amte genehmigt werden würde, wonach Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung nach der Vereinbarung der einzelnen Betriebsunternehmer zur staatlichen Einkommensteuer zu berechnen sind. Das ReichSversicherungsamt bat erwidert, daß einer solchen Bestimmung zwar der Wortlaut des tz 57 Abs. 1 des UnfallversicherungSgesctzes für Land- und Forst wirtschaft nicht entgegenstehe, wonach „die Beiträge der BerufSgenvssen durch Zuschläge zu direkten Staats- oder Kommunalsteuern aufgebracht werden" können. Eine Umlegung nach der staatlichen Einkommensteuer- Veranlagung würde aber zu einer ungerechtfertigten Belastung der jenigen zahlreichen Unternehmer führen, deren besteuertes Einkommen nicht lediglich aus der Landwirtschaft, sondern zu einem vielleicht erheb lichen Teile aus anderen Erwerbs- und Einnahmequellen herrührt. Die Genehmigung einer entsprechenden statutarischen Vorschrift könne daher nicht in Aussicht gestellt werden. * Fall Bernhard. Dem bisherigen Professor der Nationalökonomie in Kiel, Ludwig Bernhard, war infolge seiner überraschenden Berufung auf einen neugeschaffenen Lehrstuhl in Berlin ohne Befragung der Fakultät vorgeworsen worden, er habe den Korporationsgrundsätzen der Fakultäts mitglieder zuwidergehandelt. Nunmehr bat der Gelehrte in einer Zu schrift an den Dekan der Berliner philosophischen Fakultät sich bereit erklärt, die Entscheidung noch nachträglich in die Hände der Fakultät zu legen und, falls diese Entscheidung gegen ihn fällt, beim Minister um seinen Abschied einzukommen. * Hohenaus Pension und Orden. Zu der Frage, ob der aus dem Heere entlassene Graf Wilhelm Hohenau Pension zu beziehen hat oder nicht, wird der „Inf" von unterrichteter militärischer Seite folgendes mitgeteilt: Die Frage, ob ehrengerichtlich verurteilten Offizieren Pension zusteht oder nicht, ist nach dem gültigen OsfizierpensionSgesetz zu entscheiden, wobei hier gleich bemerkt sein mag, daß Graf Hohenau im vergangenen Jahre zur Disposition gestellt wurde. Nach diesem Gesetz haben auf Grund des § 1 Offiziere des FriedenS- stanveS Anspruch auf eine lebenslängliche Pension, wenn sie nach einer Dienstzeit von mindestens 10 Jahren zur Fortsetzung des aktiven Militärdienstes dauernd (felvvienst-)unfähig geworden sind und deshalb aus dem Dienste Ausscheiden. Bei kürzerer Dienstzeit erhalten Offiziere nur Pension, wenn sie infolge von Dienstbeschädigung zu jedem Militärdienst (Feld- unv Garnisondienst) unfähig geworden sind, solange die Dienstsähigkeit infolge der Dienstbeschädigung auf- gehoben ist. Treffen diese Voraussetzungen bei ehrengerichtlich be straften Offizieren zu, so kann ihnen das gesetzliche Recht auf Pension nicht genommen werden. Da der frühere Generalleutnant Graf Hohenau im vorigen Jahre wegen Dienstunfähigkeit zur Disposition gestellt wurde, so hat er seit dieser Zeit Pension bezogen und bezieht si e, wie sich aus diesen Ausführungen ergibt, auchnochwciter. Kein Recht auf Pensionsgebührnisse haben nur diejenigen Offiziere, die wegen Hoch-, Landes-, Kriegsverrats oder Verrats militärischer Geheimnisse zu Zuchthausstrafen verurteilt worden sind. Ob der Entlassene die ihm verliehenen Orden weiter behält oder abgeben muß, ist bis jetzt nicht entschieden worden. Die Aberkennung verliehener Orden und Ehrenzeichen wird bekanntlich immer in einer besonderen Kabi ne ttSor der ausgesprochen. * Tie Vorlage über Haftung des Reiches für Versehen der Reichs ¬ beamten befindet sich bereits jetzt im BunveSrat. Voraussichtlich wird sie zugleich mit der entsprechenden landcsgesetzlichen Regelung in Preußen zur Verabschiedung im Bundesrat und Reichstag gelangen. Ausland. * Tie Aeutzernng des österreichischen Kaisers über die Hochschul- bewegung und die Rektoren beschäftigte geüern auch das Abgeordnetenhaus. Wie», 20. Juni. (Tel.) Im Verlaufe der Budgetdebatte beantworteie gegen Schluß der Sitzung der Unterrichtsminister die Interpellationen, be treffend die angeblichen Aeußeruugen de» Kaiser» über di« Hochschul« Vorgänge. Er erklärte, er sei grundsätzlich außerstande^ über den Inhalt der Aeußeruugen Auskläruug zu geben. Er stehe andererseits aber nicht au, der Wahrheit gemäß za konstatieren, daß sie Bemerkungen de» Kaisers vielleicht an den einen oder den anderen Vorgang der letzten Zeit an knüpften, bestimmt aber weder gegen dir Rektoren noch auch gegen die unter voller Zustimmung de» Ministers gefaßten Beschlüsse der Re k- torenkonferenz sich richteten. ES sei daher zur Beunruhigung der Oeffent- lichkeit oder der interessierten Personen eine Veranlassung absolut nicht gegeben. * Die österreichische Studentenschaft will den Ausstand fortsetzen. Wien, 20. Juni. (Tel.) Hier traf ein Telegramm der Innsbrucker Studenten ein, in welche diese die hiesige Studentenschaft aufsordert, weiter im Streike zu verharren. Eine Vertrauensmäunerversammlung in Prag be- schloß ebenfalls, den Streik fortzusetzen. * Italiens Politik in Marokko ist gestern in der italienischen Kammer zur Sprache gebracht worden. Rom, 20. Juni. (Telegramm.) Auf eine Anfrage des Depu tierten Galli in der Kammer, ob Italien an dem Prinzip der Nicht intervention in die inneren marokkanischen Angelegenheiten auch für den Fall sesthalten wolle, daß Muley Hafid irgendeinen Hafen be setzen würde, erwiderte der Unterstaatssekretär des Aeußern, Poni st ilj, daß es den Anschein habe, als ob Hafid auf dem Wege sei, sich eine vorherrschende Stellung zu erwerben. Der Unterstaats- sekrctär erinnerte daran, daß Italien in Marokko weder eigene Pläne noch besondere Interessen verfolge. Italien beschränke sich darauf, die Rechte auszuüben und die Pflichten zu erfüllen, die es als Unterzeichnerin der Arte von Algeciras besitzt. Der Unterstaatssekretär fügte hinzu, daß die beiden Mächte, die wegen ihrer geographischen Lage gegenüber von Äiarokko, sowie wegen der besonderen Bedeutung ihrer Beziehungen zu diesem Lande von den Mächten mit einem besonderen Mandat betraut sind, stets mit voll kommener Loyalität vorgingen, und daß man keine Ursache habe, daran zu zweifeln, daß ihre Haltung auch in Zukunft die gleiche sein werde. * Ter repnbltkantsche Konvent der Bereinigten Staaten hat da» Kongreßmitglied James Sherman zum Kandidaten sür die Bizepräsidentfchaft nominiert und dann sich vertagt. Chicago, 20. Juni. (Tel.) Die Stimmabgabe im republikanischen Nationalkonvent für die Nominierung zur Kandidatur für den Posten des Vizepräsidenten war folgende: Sherman 81K Stimmen, Murphy 77 Stimmen, Greild 75 Stimmen, FaisbankS 1 Stimme, Sheldon 10 Stimmen. — Der republikanische Konvent vertagte sich, nachdem er Sherman zum Kandidaten der republikanischen Partei gewählt hatte. leipziger und sächsische Angelegenheiten. rVetterb<vicl)t -er ASnigl. Sachs. Landes-Wetterwarte zu Dresden. Voraussage sür Sen 21. Juni 1808. Bewölkungszunahme, Gewitterneigung, Regen. * Gcschäftsjubiläum. Am 21. Juni vollenden sich 25 Jahre, daß Herr Herm. Kuhnd von Ingelheim nach Leipzig üderfiedelte und hier die Weinhandlung Herm. Kuhnd begründete. Er hat es verstanden, durch Lieferung nur reeller, guter Weine sein Geschäft von der bescheide nen Weinstube zur heutigen Ausdehnung cmporzuarbeiten. Bekannt ist er in weiteren Kreisen durch seine Spezialität „Ober-Ingelheimer". Er besitzt in den Gemarkungen Nieder- und Ober-Ingelheim Liegen schaften von etwa 75 000 Quadratmetern, darunter Weinberge in den besten Lagen genannter Orte. * Die Stiftung „Töchterhort" für verwaiste Töchter von Reichs post- und Telegraphenbeamten verzeichnet nach dem soeben veröffent lichten Geschäftsbericht für 1907 256 048 .)( Einnahmen, unter welchen sich 206 979 .)( Spenden befinden, die fast ausschließlich von 131286 An gehörigen der Reichspost ausgebracht worden sind. Unterstützungen wurden im Berichtsjahre im Gesamtbeträge von 157 254 bewilligt, und zwar 2710 einmalige mit 113 805 .E und 268 fortlaufende mit 43 449 Mark. Das Vermögen der Stiftung, welches zu vier Fünfteln in Hypo- tbeken anqelegt-ist, beträgt 1277 435 .<l. Der Gesamtbetrag der seit dem Bestehen der Stiftung <1891) gezahlten Unterstützungen beläuft sich aus 2344 991 .il. * Erste Fahrt sächsischer Krieger zur Wasserkante, nach Helgoland. Ein Festtag seltener Art war für die Kameraden der Mittwoch <17. Juni). Auf ruhiger See fuhren sie mit dem Dampfer „Kaiser" morgens von Hamburg ab. An Bord entwickelte sich alsbald ein leb haftes Treiben. .Hier wurden Lieder gesungen, da begeisterte ein rede- begabter alter Krieger seine Nachbarn durch zündende Ansprache In Kuxhaven bot sich den erfreuten Fahrgästen das Schauspiel her Landung und der Begrüßung der auf der Studienreise befindlichen Reichstags abgeordneten; das erste Kriegsschiff und die erste Torpedoflottille! Helgoland kam in Sicht. An der rcichbeflaggten Landungsbrücke eine neue Uebcrraschung: die Kapelle der Garnison spielt den Präjeniier- marsch, der deutsche Kriegerverein zu Helgoland steht in Parade vor der errichteten Ehrenpforte, an seiner Spitze der verdiente Kommandant der Insel, Konteradmiral Emsmann, zur Erhöhung der Ehrung mit dem Komturkreuz des Sächsischen Albrechts-Ordens angetan. Nachdem er die Fahrleitung begrüßt, bewillkommnete der Helgoländer Kricgcr- vereinsvorsteher, Kurhausbesitzer Hahn, die sächsischen Kameraden in herzlichen Worten. In formschöner Rede dankte Pfarrer Paul-Kühren, und unter den Klängen der Musik zogen die Sachsen vor dem Konter admiral vorüber in die Insel ein. Das Programm des Nachmittags- strandkonzcrtes war dem Tage angepaßt. Mit der Hymne: „Gott sei mit dir, mein Sachsenland" eröffnet, bot es den 107er Regimentsmarsch, die Königshymne und endete mit einem Tongemälde „1870/71". Der Abend versammelt« die Kameraden in Janßens Hotel mit den Helgo- Die Iris war braun, mit der großen Pupille der Kurzsichtigen und Erregten; diese ließ das Auge oft schwarz erscheinen, wenn bas Licht danach einfiel. Das linke Auge war etwas größer und höher stehend als das reckte, und dieser Zustand mußte eine Verschiedenheit des Blickes zur Folge haben, der ztvar nicht lehr aufsiel, aber doch auf den Bildern mehr nchtbar sein sollte, als es fast alle Darsteller Goethes sichtbar machten. Das linke Auge war das ,,fouervollere", das andere neigte mehr zum Ausdrucke der Innerlichkeit; ick schließe dos nach meinen Beobachtungen an lebenden Menschen aus der Form der Lider uud dem höheren Sitz; bei Tischbeins Bildnis läßt sich das auch er- kennen. Uebriaens war dieser Unterschied der Augen jedenfalls im Alter größer als in jüngeren Jahren. Tie Nase war in der Jugend besonders schön; beim älteren Manne wurde sie scknverer, nach unten etwas dick und hängend. Es war keine Habichtsnase, wie Veit sie nennt, sondern der wenig gebogene Nasenrücken verlies in sanfter Schwingung in das kräftige Ende, wie cs römüche Kaiserbüsten ost zeigen. Vertikal lang, stand ne wenig vor, dadurch sehr unterschieden von Schillers Nase, die vertikal kurz weit hervorragte. Da zu Goethes Zeit das Schnupfen allgemein üblich war, erwähne ich, daß er an dieser „Schmutzerei" nicht teilnohm; sein Nasen vergnügen war, Kölnisches Wasser zu riechen. Ter Mund siel in jüngeren Jahren offenbar durch die starke Schwingung der kurzen LHrriippe und durch die sehr breite, nicht schwul- stige, sondern flächige griechische Unterlippe mit tief einsinkenden Mund, winkeln auf. Manche fanden diesen Mund unangenehm, z. B. im Som mer 1780 der Dichter Leiscwitz, der im übrigen Goethes Aeußere rühmt. Andere fanden aber den Mund großartig, stolz und vornehm. Letztere Eigenschaft, mit viel Güte vereint, ist im Älter aus den schmal geworde nen Lippen leickt abzulesen. Bei einem so großen Finder und Empfin- der mögen cft Wellen die Lippen gekräuselt haben, deren Woher und Warum andern nicht verständlich war. Tie Lippen sind la, mit den Brauen, die lebendigsten und stärksten Verkünder der Seelenregungen. Das Kinn war vorstehend und eckig, aber nicht ungewöhnlich großflächig und breit; es erschien jedoch großer, als es war. Die Kinn backen waren in jungen Jahren schmal und weiblich-fein, wie das ganze Oval; später erschienen sie durch die erhöhte Muskulatur kräftiger ge, baut. Ein T-oppclkinn bildete sich im Beginn der vierziger Jahre, als er überhaupt fleischiger wurde; es fiel namentlich durch Goethes zur Ge wohnheit gewordenes Anziehen des Kinnes auf. Im Alter verschwand es wieder. Ans den Jugendbildern, soweit sie nicht phantastische Verschöne- rungcn versuchen, finden wir Goethes Haar in der Mode der Zeit: Zopf, Ohrlocken, über der Stirn ein aufgekämmtes Toupet. Der Zopf ist bald sestgebundcn und steif wie der von König Friedrich, bald locker und lockig. Tas Toupet verschwindet zuerst, die Oyrlocke um 1791, der Zopf erst nach 1803. Karl August schnitt sich schon Ende 1779 den Zopf ab. Gepudert erschien Goethe auch später öfters. Bis zu seinem Ende konnte man sein Haar abwechselnd in zweifacher Gestalt sehen, glatt am Kopse anliegend, nur im Nacken etwas gelockt, oder ausgekämmt und ge kräuselt. Goethes letzter Sekretär, Schuchcrrdt, erzählt, daß sein Meister sich täglich vom Barbier frisieren und alle zwei Tage bas Haar brennen ließ. Bis zum Ende blieb das Haar recht gut erhalten, auch seine braune Farbe behielt es sehr lange bei. „Das bräunliche Haar war wenig ge bleicht", sagt Grüner 1820, und 1829 heißt es bei den polnischen Dichtern Odyniec und Mickiewicz: „Das Haar noch wenig weiß, ist nur über der Stirn etwas grauer." In der ärztlichen Beschreibung des Toten heißt es: „Graues Haar, weich wie Seide." Der Hals war fleischig, doch nicht kurz. Die Schultern be gannen schon um die Dreißig breit zu werden, und in der römischen Zeit gleicht die Figur durch die kraftvolle, gewölbte Brust dem Torso eines Antinous und des Theseus vom Parthenon. Durch die Schmalheit des Gesichts und die aufrechte Haltung, mit der die Halssäule frei aus den Schultern sich erhob, wurde die Er scheinung imponierend, obwohl Goethes Körperlänge das Mittelmaß nur um ein weniges überstieg. Er war 1 Meter 76 Zentimeter groß, als Greis 1 Meter 74 Zentimeter. Dies letztere Maß ergeben Rauchs Auf zeichnungen und die Messungen an Goethes erhaltenen Kleidern. . . . Seine schon in der Jugend mit Vorliebe getragenen langen Röcke und Fräcke verdeckten die verhältnismäßig kurzen, aber wohlgewachsenen Beine. .. . Goethes Gang war fest und elastisch, wie es nach so vielem Wandern und so vieler körperlicher Hebung gewöhnlich ist. Das gilt natürlich nicht mehr vom Greisenalter, wo er mit kurzen Schritten schlürfend einherkam. Die Füße nennt Eckcrmann „zierlich und von der reinsten Form". Seine uns erhaltenen Stiefel szwei Paar Schnürstiefel mit halblaugen Schäften) zeigen einen auffallend kleinen Fuß. Sie sind vorn breit wie heutige Resormschuhc, und haben breite, ober die niedrigsten Hacken, die man sich denken kann. Die Hand ist nicht schön im Sinne van Dycks, ober überaus tüchtig und gut im Ausdruck. Kräftig und knorrig, mit starken Fingern und Gelenken, groß und mehr breit als länglich — man könnte in ihr die Hand eines Bildhauers oder eines Kunsthandwerkers vermuten, eines Eellini. Ihr Bau war ein Gegensatz zu den fein ziselierten GesicktS- knochen. Hier zeigen sich offenbar die thüringischen Handwerker noch einmal, von denen der Dichter durch den Vater abstammte. 6. * * Kontrattbruch Schildkraut - Verger. Der Prozeß, den der Schau- spieler Schildkraut bekanntlich seit längerer Zelt gegen Baron Berger, den Direktor deS „Deutschen Schauspielhauses" in Hamburg, wegen Kontraktbruches sührte, fand jetzt, wie unser Hamburger K.-Korrespondent depeschiert, ein für Schild kraut nicht ganz rühmliches Ende. Sein Verteidiger legte sein Mandat nieder, worauf da» Oberlandesgericht die von Schildkraut eingelegte Berufung verwarf. " Ratianalaudschast de» Deutschen Schtllerdaade». Au» Weimar schreibt unser X.-Korrespondent: Die diesjährige Hauptversammlung de» NationalauSschuffe» de» Deutschen Schillerbundes weimarischen Anteil» wird am 11. Oktober d. I. in Weimar ftattfinden. Bei den Beschlüssen haben nach den Statuten alle teilnehmenden Nationalausschußmitglieder nnd Bevoll- mächtigte der Ortsgruppen von 10—50 Mitgliedern je eine Stimme abzugeben. * Fritz Mackensen, der bekannte und geschätzte Führer der „Worpsweder", ist, wie unser X.-Korrelpondent meldet, als Lehrer an die Großherzogliche Kunst schule in Weimar berufen und vom Großherzog bestätigt worden. Mackensen genießt sowohl als Maler wie Lehrer einen ausgezeichneten Ruf in der Kunstwelt. * Zwei neue Tristan-Dichtungen. Claude Debussy legt gegenwärtig die letzte Hand an die Partitur einer großen Oper „Tristan und Isolde", deren Dichtung von Gabriel Mourey geschrieben ist. Außer diesem neuen Tristan werden die Pariser in der nächsten Saison aber höchst wahrscheinlich noch einen anderen kennen lernen. Sarah Bernhardt hat nämlich einen „Tristan" von Louis Artus zur Ausführung angenommen und will ihn schon im Winter spielen. " Hochschulnachrichten. Geh. Justizrat Professor Dr. Josef Kohler von der Berliner Universität wurde von der hellenischen Philosophischen Gesellschaft zu Athen zum Ehrenmitglied ernannt. — Professor Dr. Emil Grunmach, der Direktor LeS Instituts für Untersuchungen mit Röntgen strahlen. kann in diesen Tagen das 25 jährige Jubiläum al» Berliner Universitätslehrer begehen. Im Juni 1883 habilitierte er sich sür das Fach der inneren physikalischen UntersuchungSmethoden. 1887—88 war er mit der Leitung der Medizinischen Universität-Poliklinik beauftragt. Seit II Jahren ist er außerordentlicher Professor und Direktor der Staatsanstalt für Untersuchungen mit Röntgenstrahlen. Die Anwendung dieser Strahlen für medizinisch-diagnostijche Zwecke hat er vielfach fortaebildet. Prof. Gromnach ist am 4. Mai 1849 in Schweb gc- l oren. — AuS Berl in wird gemeldet: Den hiesigen Moraenblüitern zufolge richtete Prof. Bernhard-Kiel an den Dekan der philosophischen Fakultät Berlin rin Schreiben, daß er nicht gewillt sei, den KorporationSgrundsätzen zuwiderzuhandrln, wrSbalb er aus freien Stücken bereit sei, die Entscheidung über seinen Eintritt in die Berliner Universität noch nachträglich in die Hände der Fakultät zu legen, und falls die Entscheidung gegen ihn fall«, beim Minister um seinen Abschied einzukommrn. * Kleine Ehronik. Hermann Bahr hat einen Wiener Roman vollendet, der den Titel „Die Rahl" führt. Im Mittelpunkt der Handluna steht eine Frauen gestalt, um die sich allerhand fragwürdige Typen aus der Wiener Ge sellschaft und aus den Kreisen der Kunst gruppieren. Mt diesem Roman be ginnt Hermann Bahr einen Zyklus von Romanen, in deneu rin Bild de» gesamten neuen Oesterreich» gezeigt werden soll, und die der Verlag S. Fischer, Berlin, erworben hat. — Der dritte Abend der Kölner Over »fest spiele brachte eine sehr befriedigende Aufführung der „Meistersinger" unter Felix Mottl. Al» vorwiegend treffliche Solisten wirkten Fritz Feinhals-München (Sach»), Leo Slezak-Wien (Stolziuq), Albert Reiß-New York (Davidi Josef GeiS- München (Beckmefferi Rudolf Möst-Hannovrr (Pogneri ferner Minnie Nalt- DreSdrn al» Eva und Ottilie Metzger-Hamburg al» Magdalena mit. Die Chöre erfuhren wertvolle Verstärkung durch 130 Sänger de» Gesangverein» „Liedrrkrauz" und die erste LhorNaffe de« Konservatorium». Die neuen Deko rationen waren sehr geschmackvoll. Der starke Erfolg galt ta erster Linie der sein abgrstimmten Ensemble-Leistuug.
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