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Eine in Wien ausgebrochene Arbeitseinstellung der Bäcker hat in den letzten Tagen ziemlich große Dimensionen angenommen. Am Mittag des 23. d. hatten bereits cirka 500 Bäckergehilfen die Arbeit eingestellt, am Nachmittag mehrten sich die Einstellungen so, daß ein allgemeiner Streik befürchtet wird. Ungefähr 200 Militärbäcker fuu- giren bereits als Ersatz. Weitere Zuzüge von Militärbäckern sind signalisirt. Die radikalen Arbeiter scheinen den Streik auszunützen. Massenhafte aufreizende Schriften werden verbreitet, welche die Poli zei natürlich beschlagnahmt. Die Agitatoren sollen die nichtstreikenden Gesellen bedroht haben. 7 Wochen haben der Theater-Direktor Jauner in Wien (Ring theater-Prozeß) und seine Beamten Nitsche und Geringer im Gefäug- niß gesessen, dann hat sie der Kaiser begnadigt. Petersburg, 23. April. Von den letzthin zum Tode verur- theilten 5 Nihilisten wurden zwei bereits hingerichtet, nämlich Bnze- witsch erschossen und Bogdanowitsch gehängt. Bei der Zarenkrönung in Moskau wird den Tausenden von Festbesuchern außer den russischen Nationalgetränken auch deutsches Bier kredenzt werden. Zu diesem Behufe ging aus Culmbach von der ersten Exportbrauerei bereits eine ganze Waggonladung des be rühmten Hellen Bieres ab. Russen und Ausländer werden also auf das Wohl Seiner neugekrönteu Majestät des Kaisers Alexander III. im vortrefflichsten Bayrisch anstoßen. London, 22. April. Verdächtige Vorgänge innerhalb der Kreise der hier domicilirenden Nihilisten, von denen Viele während der letzten vierzehn Tage London verließen, um sich, wie man verniulhet, nach Moskau zu begeben, haben die russischen Polizeibehörden veranlaßt, daß Ersuchen zu stellen, einige englische Detektwes noch vor der Krö nung nach Moskau zu senden. Acht Offiziere der Geheimpolizei, welche die hiesigen politischen Flüchtlinge genau kennen, werden in Folge dessen von hier nach Rußland ab»isen, um während der Krö nungszeit Dienste zu leisten. New-Uork, 24. April. Im Staate Mississippi hat ein heftiger Wirbelsturm großen Schaden angerichtet. Die kleine Stadt Beauro- gard wurde vollständig zerstört, von ihren Bewohnern wnrden 23 ge- tödet und 90 verletzt; in Wesson wurden 27 Häuser vom Sturme niedergerissen nnd 13 Personen getödtel, 60 andere verwundet. Auch an mehreren anderen Orten sind die durch den Sturm verursachten Schäden sehr erhebliche. Nach weiteren Berichten aus den von einem Wirbelsturm heimgesuchten Bezirken des Staates Mississippi beläuft sich die Zahl der infolge des Wirbelsturmes ums Leben gekommenen Personen auf 73, die Zahl der Verwundeten, von denen viele schwer und lebensgefährlich verletzt sind, auf ca. 300. Die soustigeu vom Sturme angerichteten Verheerungen sind ganz außerordentlich groß. Der Wirbelsturm hat auch in Georgien gewüthet, die Zahl der ge- tödteren Personen wird auf 20, die Zahl der Verwundeten auf 200 angegeben. Vaterländisches. Wilsdruff. Der Geburtstag unseres allverehrten und geliebten Königs Albert wurde auch dieses Jahr wieder wie überall im Sach senlande so auch in unserer Stadt festlich begangen. Am frühen Morgen ertönte Festmusik durch die Straßen der Stadt, öffentliche und Privatgebäude legten Flaggenschmuck an. Vormittag 10 Uhr fand im Saale unserer Bürgerschule ein Festaktus statt, an welchem die Kinder der Oberklassen theilnahmen, und der durch die Anwesenheit der Königlichen, der geistlichen und weltlichen Behörden unserer Stadt, sowie zahlreicher Schulfreunde ausgezeichnet wurde. Mit einem tief empfundenen Gebete für unsern theuren Herrscher eröffnete Herr Schul direktor Gerhardt die Feier. Herr Lehrer Weise legte in seiner Fest rede den Versammelten ans Herz, wie allen der Geburtstag des Königs ein Tag der Freude, der Pietät und der Fürbitte sein müsse. In ansprechende» Deklamationen wurden durch Kindermund die Tu genden der Köuigstreue und Vaterlandsliebe gepriesen. Geistliche und weltliche Lieder umrahmten die einzelnen Borträge. Mit Gebet fand die einstündige Feier ihren Abschluß. Abends fand im Hotel Adler Festessen statt, bei welchem Herr Pastor Dr. Wahl die Festrede hielt und dieselbe mit einem Hoch auf dem verehrten Landesvater schloß, in das die Festgenossen begeistert einstimmten. Auch der Militärverein war im Adlersaale zur Geburtstagsfeier seines hohen Protektors ver sammelt, auch hier wurde Sr. Majestät seilen des Vorstandes als ge liebten Landesvater, als tapferen Feldherrn und als hohen Protektor gedacht und ein begeistertes Hoch ausgebracht, an welches sich der Gesang „Den König segne Gott" anreihte; abwechselnd unter Gesängen und musikalischen Vorträgen wurde auch hier der Abend dem Zwecke entsprechend verbracht. Wir aber schließen unsern kurzen Bericht mit dem Wunsche: Möge die alte Sachsentreue und Sachsenliebe dem Haus Wettin erhalten bleiben und dieses dem treuen Volk der Sach sen immer seine warme Fürsorge widmen und mögen stets, wie seit Jahrhunderten, Regent und Volk Hand in Hand gehen. — Das Ministerium des Kgl. Hanfes macht Folgendes bekannt: „Seiner Majestät dem Könige sind aus Anlaß des Allerhöchsten Ge burtsfestes aus allen Theilen des Landes von Behörden, Korporationen, Vereinen, Festversammlungen und einzelnen Personen in Adressen, Telegrammen und Zuschriften Glück- und Segenswünsche in reicher Fülle zugegangen. Hocherfreut von diesen zahlreichen Beweise» wah rer Liebe und treuer Anhängligkeit haben Se. Majestät auf telegra- Phischem Wege das Ministerium des Kgl. Hauses beauftragt, allen Glückwünschenden Allerhöchstihren herzlichsten Dank hierdurch auszn- drücken." — Nach Lommatzsch ist durch den Vertreter des Bezirks, Herrn Amtshauptmaun von Bosse in Meißen, die Nachricht gelangt, daß das dortige Amtsgericht nicht eingezogen werden soll. — Als am Sonntag in Meißen ein junger Mensch verhaftet ward, weil er eben so frei war, sich bei einem Fleischer eine Wurst, zu deren Mitnahme er durchaus nicht geladen war, anzueiguen, gestand derselbe — ein erst vor wenig Tagen aus der Strafanstalt Entlassener — sofort freiwillig, er habe auch am Sonnabend früh eine näher be zeichnete Feime in Brand gesetzt, lediglich — um wieder ins Zuchthaus zu kommen. — In Kotta bei Freiberg hat sich am 22. d. Folgendes er eignet. Der 15jährige Knabe Sch., welcher mit seiner seit einige Zeit krank darnieder liegenden Mutter allein im Zimmer war, ist plötzlich an die nichts Böses Ahnende herangetreten nnd hat ihr mit großer Kraft ein Messer tief in den Leib gestoßen, wodurch die Unglückliche den Tod fand. Der Knabe soll allerdings geistig beschränkt sein. Eingesandt. Auf das nächsten Sonntag den 29. d. M. im Hotel Adler statt findende Vocal- und Jnstrumentalkonzert, gegeben vom Gesangverein Anakreon, machen wir das geehrte Publikum von Stadt und Land ganz besonders aufmerksam. Es wird diesem Verein sein ernstes Be streben sein, dem Publikum einen genußreichen Abend zu verschaffen. Aus dem Programm ersehen wir, daß sehr schöne Stücken für ge mischten Chor zur Ausführung kommen, z. B. „Hinaus iu die Ferne", ferner, „Im Grünen" pp. pp. Auch wird Herr Musikdirektor Spüring die Konzertbesucher bei dem Violinsolo „Der Traum der Sennerin pp." fesseln. Möge daher der Besuch ei» recht zahlreicher fein, dies wün schen dem Gesangverein Anakreon von Herzen mehrere Gesangsfreunde. Kirchelmachrichteu ans Wilsdruff. Am Sonntage Rogate vormittags predigt Herr k. Nr. IVakI. Nachmittags «Kindergottesdienst. haben sich eine Unmasse von Resten aller Arr und allen Größen — einzelne Kleider — und Kleider knappen Maaßes angesammelt, welche an dem für diesen Zweck festgesetzten «MM lbam Montag, den 3V April, weit unter regnlärem Preis ausverkailst lvcrdc» sollen. Robert Bernhardt, Freiberger Platz 24.