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Reich gründen wollte, könnte Italien, das ein seefahrender Staat ist und im Seehangel die Basis seiner Existenz hat, dem ruhig zusehen? Nein, denn Italien kann keine Selbst mordpolitik treiben." In Frank reich weiß man nunmehr unzweideutig, Wieman mit Italien jetzt daran ist und daß dieses Königreich hei der Wahrung seiner Lebensinteressen am Mittelmeer auf die Unterstützung beider Kaiserreiche sicher bauen darf. Ohne diese Verdündeien war Italien bisher ein Cpielbaü der französischen M>tteimee Politik. War- dieselbe für Italien bedeutet, be weisen die Vorgänge in Egyptn und Tunis, zu eurer Zeit, da Italien eben die „Politik der irr en Hand" trieb. Mit Deutschland und Oester reich im Bunde, ist Italien jene Vormacht im Miuelmeer, an welcher sich zu weitgreifende englische oder französische Gelüste abstumpfen müßten. Dynamit — das ist di? Signatur des Tages geworden. Die Polizei ist andauernd vom Glück begünstigt; sie hat am Sonnabend zwei hvchdedeutsame Verhaftungen vorgenommen und sich wieder eines interessanten jungen Mannes versichert, der mit zu den Verschwörern gehört, die, wie die offiziellen Berichte sagen, London bedroht haben. Wer soll aber diesen Versicherungen der abgewendeten Gefahr Glauben schenken, wenn man sieht, wie alle Wachposten verdoppelt, die Gar nison von London verstärkt, die City zur Nachtzeit mit einem Heere alle Winkel durchspähender Polizisten bevölkert wird? Die Verschwörer sind eben erst zum geringsten Theile in die Hände der Polizei gefallen; das Gros dieser von den Irländern in Amerika herübergesaudten Armee von Ln gros-Meuchelmördern befinden sich noch in unserer Mitte, und es ist nicht nur wahrscheinlich, sondern sicher, daß sie eine Menge von Sprengstoffen in ihrer Verwahrung haben, die ganze Stadttheile zu zerstören vermögen. Es ist konftatirt, daß am vorigen Montag von Liverpool ans in London 2 Cir. Nitroglyzerin eingeführt wurden und daß sie London nicht wieder verlassen haben; mau weiß, daß diese Sendung ihren Weg nach dem Westende gefunden hat und alle Be mühungen, diesen verderbendrohenden, im Herzen der Stadt, unter einer nach Tausenden zählenden, tn hohen, engen Häusern zusammen gepferchten Bevölkerung schlummernden Vulkan aufzufinden, waren bisher vergeblich. Was da jeden Augenblick geschehen kann — das mag man nicht ausdenken! Tue sämmtlichen Gefangenen wurden auf Befehl des Ministers des Innern aus dem Polizeigesängnisse nach dem Staatsgefängnisse von Milbank überführt und dabei von einer mit ge ladenen Revolvern bewaffnete» Abtheilung Polizisten eskordirt. Die Ursache dieser Vorsichtsmaßregel sind gewisse Symtone und der irischen Bevölkerung Londons, die einen Versuch zu Befreiung der Gefangenen nicht unmöglich erscheinen lassen. (Boh.) Eine ungeheure Feuersbrunst, die in Mandalay seit zwei Tagen wüthet, legte Tausende von Häusern in Asche. Die Behausungen der Minister, der Vertreter der Mächte, die Gerichtsgebäude sind sämmt- lich niedergebrannt. Das Feuer erreichte auch das Gefängniß und zahlreiche Sträflinge, die man von den Ketten nicht mehr befreien konnte, kamen in den Flammen um. Der Schaden beträgt viele Millionen. (Mandalay, die jetzige Hauptstadt des Reiches Birma, wurde im Jahre 1857 gegründet; sie liegt auf einer kahlen Ebene, umschließt den prächtigen Palast des Königs und zählt etwa 120,000 Einwohner.) Vaterländisches. Wilsdruff. Den Herren Gasthofsbesitzern der Umgegend diene folgender Fall zur Beachtung. Am letzten Sonnabend kommt ins Hotel Adler allhier ein anständig gekleideter, mit Reisetasche versehener Herr und bittet um ein Zimmer mit zwei Betten, da ein Mitreisender sehr bald nachkommen werde, begiebt sich auch sehr bald auf sein Zim mer, in welchem schnell vorher erst feine weiße Wäsche aufgedeckt und über die Betten gezogen worden war. Den Herrn Reisenden halte aber nicht Müdigkeit aus sein Zimmer getrieben, sondern der Drang nach fremdem Eigenlhum; denn er hatte nichts Eiligeres zu thun, als seine mit Straßensteinen gefüllte Tasche zu leeren, die Betten ».Tische der Wäsche zu berauben, die Tasche damit zu füllen und das Hotel, während noch Gäste anwesend sind, heimlich zu verlassen. In Kötzschen- brvda und Tharandt scheint derselbe Spitzbube aufgetreten zu sein, denn es sind in dortigen Gasthäusern dieselben Experimente ausgeführt worden. Also Vorsicht! — In der 3. Morgenstunde des 13. d. M. ist in Herzogswalde die dem Wirthschaffsbesitzer Mißbach gehörige, aus 1 Wohn-, 1 Scheunen- und 1 Schuppengebäude bestehende Wirthschaft vollständig niedergebrannt. — Dem Personenverkehr zwischen Dresden und Berlin wird vom 1. Mai ab eine weitere Erleichterung und Annehmlichkeit ge währt, welche nicht verfehlen wird, in den belheiligten Kreisen die leb hafteste Freude zu erregen. Von diesem Tage an gelangen nämlich nach einem Uebereinkommen zwischen der König!. Sächs. Staatsbahn und der König!. Preuß. Verwaltung der Berlin-Dresdener Bahn Tagesbillets via Röderau und via Zossen zur Ausgabe, welche bei der Rückreise nach Beliebe» des Reisenden sowohl auf der Route, die er zur Hinreise gewählt, als auf der anderen benutzt werden können. Man kann also z. B. fahren von Dresden-Altstadt via Röderau hin, und zurück via Zossen nach Altstadt, oder via Zossen hin und zurück viu Röderau; oder von Dresden-Neustadt via Röderau hin, und zurück via Zossen nach Dresden-Friedrichstadt, refp umge kehrt. Diese Tagesbillets haben eine achttägige Giltigkeit und berech tigen zur Fahrt mit allen fahrplanmäßigen Zügen, auch werden auf dieselben sowohl hin, wie zurück 25 Kilogramm Gepäck frachtfrei be fördert. Vom Antritt der Rückfahrt müssen die Billets von derjenigen Station, von welcher aus die Rückreise erfolgt, abgestempelt werden. In Berlin werden in analoger Weise dergl. Billets nach Dresden und zurück ausgegeben. — In der am Dienstag Abend vom Central-Komitee für das 8. mitteldeutsche Bundesschießen in Dresden (Meinhold's Sälen) einbe rufenen Generalversammlung von Schützen und Schützenfreunden wurde u. A. mitgetheilt, daß die kgl. Polizeidirektion ausnahmsweise für dies Fest noch einmal die Abhaltung einer „Venetianischen Nacht" auf der Elbe gestattet habe, daß von Sr. Majestät dem Könige und Sr. kgl. Hoheit Prinz Georg Festgaben in Aussicht gestellt seien und die Bitte um eine solche auch den städtischen Kollegien unterbreitet worden ist. Die Festhalle wird ein schöner, in dekorativer Hinsicht sehens- Werther Bau werden und sind auch zahlreiche Anmeldungen für Errichtung von Schaustellungen, Verkaufszeiten rc. auf dem Festplatz eingegangen. Auch eine größere Anzahl hiesiger Künstler hat die Betheiligung am Festzuge zugesagt. Aus 61 Städten sind bis jetzt schon 1234 Schützen angemeldet und außerdem ist aus anderen 60 Städten, darunter in Baiern und Oesterreich, eine rege Theilnahme zugesichert worden. Die Wahl eines Ehrenpräsidenten für das Fest fiel einstimmig auf Oberbürgermeister Dr. Stübel, welcher telegra phisch davon in Kenntniß gesetzt wurde. — Die siebenjährige Tochter des Zimmermanns Gast in Tauben heim bei Meißen kam am F'ciwg voriger Woche aus der Schule und klagte alsbald über Uebelbefinden. Kurz darauf stellte sich heftiges Erbrechen ecn. Vonden Ihrigen befragt, gab das Kind an, es habe von einer Mitschülerin, der Tochter des Gutsbesitzers Otto in Tauben heim, einen Stein geschenkt erhalten, von dem es geleckt und gegessen habe. Abends 11 Uhr starb das arme Kind nach schreck? chen Schmerzen. Die Scctwu der Leiche stellte als Todesurscche „Vergiftung durch Arsenik" fest. Die alsbald erfolgende Vernehmung des Gutsbesitzers Otto ergab, daß das Töchterchen desselben mehrere Stücken Arsenik, die es sür Steine gehalten und in einem alten ererbten Schranke aufgefunden worden waren, mit zur Schule genommen und an seine Mitschülerinnen verschenkt hatte. Von demselben hatte glücklicherweise weiter keine wie die kleine Gast gegessen; die meisten haben dieArse- mkstücke weggeworfen. (Ein gesandt.) Wilsdruff. Laut Beschluß der Generalversammlung v. 6. d. M. beabsichtigt die Liedertafel ein öffentliches Konzert, voraussicht lich am Himmelfahrtstage, im goldenen Löwen hier zu veranstalten. Da, wie man hört, die Zusammenstellung des Programmes eine be sonders vorzügliche ist, wie z. B. an größeren Kompositionen: Bauern hochzeit v. Koschat, Alpenstimmen aus Ostreich v. Weinwurm, Froh- sinnwalzer v. Gumdert, ferner gem. Chöre und Solos ans dem Frei schütz von Weber, Duetten von Spohr und Schumann, gem. Chöre von Mendelssohn u. s. w., da auch der Ertrag dieses Konzerts zum Vesten des Pianofortesonds abgehalten wird, so verfehlen wir nicht, Freunde einer guten Gesangsmusik von Stadt und Land bereits heute auf diesen Kunstgenuß ganz besonders aufmerksam zu machen, indem ja, wie bekannt, für ein gutes Gelingen dieses Konzertes garantiert werden kann. ' — X. — — (Eingesandt.) Durch einen Fall soll das segensreiche Wirken des hiesigen Militär-Vereins dem Publikum bekannt gemacht werden, denn noch stehen die Mil.-Vereine aus Unkenntniß deS Zweckes bei Vielen nicht in der gebührenden Achtung. Em bedürftiges Mitglied erhielt in einem Zeiträume von 12 Monaten — vom 1. April 1882 bis 30. März 1883 — an statutengemäßer Unterstützung 82 M. — Pf. Weihnachtsgeschenk 1882 vom Verein 5 - — - auf Ansuchen von der Jnvalidenstiftung 15 - — « Summa: 102 M — Pf. Jedes Mitglied zahlt pro Jahr 3 M. Vereinssteuern, das Ein trittsgeld beträgt 2, 2u. 4 M., wofür Krankenunterstützungen und Begräbnißgelder gezahlt und die Ausgaben für zwei größere Vergnü gen PP. bestritten werden. Mit dem Wunsche, daß dieser Verein seinen guten Zweck in dieser Weise weiter verfolgen möge, bemerke ich noch schließlich, daß der Impuls „Kameradschaft" heißt. Schein und Sein. Erzählung von Ferd. v. Döbeln. Fortsetzung. Der Hauptmann außer Dienst, Franz Birkner, ging erregt in seinem Zimmer auf und ab; an der Thür stand sein alter Diener Just, auf dessen Gesicht sich eben so viel Herzensgute als Biederkeit ausprägte. „Also, sie wollen nicht fort von hier?" fragte der Hauptmann. „Nein, Herr Hauptmann; Frau Schwägern sagte —" „Frau Birkner heißt sie. Ich will von der Schmagerschaft nichts wissen. Wie oft soll ich Dir das wiederholen," rief Birkner streng. „Zu Befehl Herr Hauptmann." „Also, warum wollen sie nicht fort?" „Sie sind ganz mittews. Frau von Eisfeld hat sie zu sich neh men wollen, indessen die Dame liegt noch immer schwer darnieder, und so wollen sie deren Genesung abwarten." „Tas sollen sie bleiben lassen. Ich will nicht, daß eine der Hehlerei angeklagte Verwandte mir zur Schande in der Stadt lebt." „Es ist ja noch nicht erwiesen, Herr Hauptmann, und da die Leute so sehr arm sind, könnten doch Sie —" „Willst Du etwa wieder den Fürsprecher spielen?" „Nun ja, Sie sind ja ein bemittelter Herr, und könnten die armen Leute wenigstens vor der bittersten Noth schützen." „Schweig'. Mein Bruder war auch bemittelt; wer hieß ihn da vonlaufen. Wie man sich bettet, so schläft man. Fort muß das Bettelvolk von hier; und wenn sie nicht im Guten gehen, so werde ich sie mit Gewalt fortbringen lassen." Der Diener ging, wehmüthig den Kopf schüttelnd, hinaus, trat aber bald darauf wieder mit der Meldung ein, daß ein Fremder den Herrn Hauptmann zu sprechen wünsche. Mißmnthig befahl er, den Fremden einzulassen, und bald darauf erschien derselbe. „Was wollen Sie?" fragte der Hauptmann streng. „Ich bin der Kaufmann Brunner aus Amsterdam —" „So? Ich kenne Sie nicht." „Auf einer Geschäftsreise in Afrika verschlagen —" „Ah so," entgegnete Birkner kalt, „eine Bettelei." Er zog eine Kupfermünze hervor, um sie dem Fremden zu geben; dieser aber entgegnete: „Aber hören Sie mich doch erst an." „Ich will nichts hören. Kenne das schon Alles, bei mir werden aber durch lange Erzählungen keine Silberstücke gegeben." „Ich beanspruche nichts von Ihnen," entgegenete ernst der Fremde, „ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich in Afrika einen sehr unglückliche» Mann kennen lernte, der Ihren Namen führte." „So?" fragte er leichthin, „lebt er noch?" „Ja, aber in Gefangenschaft, und hat außer mir niemals Gelegen heit gehabt, Nachricht zu senden." „Er hat's nicht besser haben wollen." „Lebt seine Frau und seine Tochter noch?" fragte der Fremde in sichtlicher Erregung. „Ja, aber in traurigen Umständen, und wenn Sie kein Geld mit bringen, so behalten Sie die Geschichte für sich, denn sie können Ihnen kein Botenlohn geben, höchstens ein Vaterunser." „O, mein Gott," rief der Fremde, „sie sind also sehr arm, und der Bruder soll doch vermögend sein." „Nun, der Bruder hat nicht Lust, sein Geld der Familie eine- Menschen zu geben, der sich selbst ins Unglück gestürzt hat." „Wollen Sie die Frau nicht aus einen Besuch von mir vorbe- reiten?" „Ich habe nicht Lust, mich in Sachen zu mischen, die mich nichts