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--c >' «i U für für iebenlehn und die Umgegenden Erscheint wöchentlich 8 Mal (Dienstag und Freitag. Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mart. Eine einzelne Nummer kostet^ Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 18 Uhr. Erscheint wöchentlich 8 Mal Dienstag und Freitag.) AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Tine einzelne Nummer lvfte^io Pf. - SM Wilsdruff, Tharandt, Nossen, S Amtsblatt für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiun-vierzigfier Jahrgang. Nr 31 Dienstag, den 17. April 1883. Bekanntmachung. Die Schulvorstände hiesigen Bezirks werden hiermit angewiesen, — wie dies nach Maßgabe der Bekanntmachung vom 13. April v. I. ohne nochmalige besondere Aufforderung hätte geschehen sollen, — Namen und Wohnort der in ihrem Schulbezirke vorhandenen, in diesem Jahre schulpflichtig gewordenen blinden Kinder (einschließlich der im Laufe des vergangenen Schuljahres etwa erblindeten Schulkinder) längstens bis Ende dieses Monats anher anzuzeigen, eventuell aber Vacatscheine bis ebendahin einzureichen, in der betreffenden Anzeige auch anzugeben, ob wegen Aufnahme der betreffenden Kinder in die Blindenanstalt Seiten der Ortsbehörde das Erforderliche bereits einge leitet worden ist. Meißen, am 11. April 1883. Königliche Bezirksschulinspection. v. Bosse. Wangemann. Sonnabend, den 21. April d. I., Vormittags 11 Uhr, gelangt im Gasthof zum goldnen Löwen allhier ein einem Dritten gehöriger neuer einspänniger Wagen (Amerikain) in noch rohem Zustande gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Äilsdruff, am 14. April 1883. MattheS, Gerichtsvollzieher. flachste« Donnerstag, den IS A^pril dS. IS., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Sitzung deS Stadtgemeinderath». Wilsdruff, den 16. April 1883. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. Togesgeschichte. Im Widerspruch zu der angeblichen Aeußerung des Reichskanzlers bezüglich der Vertagung des Reichstages verlautet neuerlichst, der Reichskanzler habe in einer Besprechung mit dem Präsidenten des Reichstages, v. Levetzow, seiner Befriedigung darüber Ausdruck gegeben, daß die Gerüchte, nach Pfingsten solle durch Beschlußunfähigkeit das Forttagen des Reichstages unmöglich gemacht werden, unbegründet seien. Er, der Reichskanzler, habe den dringenden Wunsch, die Novelle der Gewerbeordnung, das Krankenkassengesetz, die Holzzoll- und Zucker steuervorlage, der Etat für 1884—85 und das Unfallversicherungs- gesetz zum mindesten in den Kommifsionen erledigt werden. Inwiefern die Erfüllung dieses Wunsches möglich ist, muß dahingestellt bleiben. Seit länger denn einer Woche wird im Reichstage das Gewerbe gesetz in zweiter Lesung berathen. Was bis jetzt dabei zu Stande ge kommen ist, gewährt das verworrenste und buntscheckigste Bild, das man sich denken kann. Noch nie hat der Reichstag eine solche Un einigkeit, man möchte fast sagen Zerfahrenheit gezeigt. Abstimmungen mit einer, zwei oder drei Stimmen Mehrheit abwechselnd mit Stim mengleichheiten und Hammelsprüngen waren an der Tagesordnung. In einer der Sitzungen gab es der letzteren vier. Es ist eine Session der Hammelsprünge. Daß unter solchen Umständen vieles vom Zufall abhängt und in der That auch vieles durch Zufall helbeigesührt wor den ist, kann nicht Wunder nehmen. In bunter Abwechslung — oft in derselben Sitzung — kamen liberale und konservative Beschlüsse zu Stande, je nachdem ein paar Abgeordnete mehr oder weniger auf dieser oder jener Seite oder Partei gerade zugegen waren. So liegt denn schließlich ein Ergebniß vor, daß Niemanden befriedigen kann. — Am Sonnabend wurde der Ackermannsche Antrag auf Einführung obli gatorischer Arbeitsbücher berathen und von dem Antragsteller in ausführlichster Weise begründet, von liberaler Seite aber lebhaft be kämpft und schließlich abgelehnt. Dem Reichstage wurde am Sonnabend durch Staatsminister v. Scholz folgende kaiserliche Botschaft zur Kenntniß gebracht: „Wir, Wilhelm, von Gottes Gnaden, deutscher Kaiser, König von Preußen rc. thun kund und fügen hiermit zu wissen: Wir haben cs jederzeit als eine der ersten von Uns als Kaiser übernommenen Pflichten erkannt, der Lage der arbeitenden Klassen in dem ganzen Reiche dieselbe Fürsorge und Pflege zuzuwenden, welche Wir in Preußen zur Fortbildung der von Unseren in Gott ruhenden Vater im Anfang dieses Jahrhunderts begründeten Reformen zu bethätigen suchten. Schon beim Er laß des Sozialistengesetzes haben Wir Unserer Ueberzeugung dahin Ausdruck gegeben, daß die Gesetzgebung sich nicht auf polizeiliche und abwährende Maßregeln be schränken darf, sondern suchen muß, zur Heilung oder doch zur Milderung des durch die Strafgesetze bekämpften Uebels Reformen einzuführen, welche dem Wohle der Arbeiter förderlich, die Lage derselben zu bessern, zu fördern und zu sichern geeignet sind. Dieser Unserer Ueberzeugung haben Wir insbesondere in Unserer Botschaft vom 7. November 1881 Ausdruck gegeben und Uns gefreut, als einen erste» Erfolg in dieser Richtung in Unserem Königreich Preußen wenigstens die beiden ersten Stufen der Klassensteuerpflichtigcn befreien zu können. Dankbar für die einmüthige Unter stützung Unserer hohen Verbündeten, dankbar für die hingebende Arbeit Unserer Be hörden, sehen Wir auch auf dem Gebiete der Reichsgesetzgebung den Anfang des Resormwerkes soweit gediehen, daß dem Reichstage zu Anfang der Session der Ent wurf eines Unfallversicherungsgesetzes in einer mit Rücksicht auf die frühere, »mge- arbeitete Fassung vorgelegt und ergänzt werden konnte durch einen Gesetzentwurf zur Organisation des Krankenkassenwesens. Seitdem haben Wir, den Verhandlungen des Reichstages über diese Vorlagen mit besonderer Aufmerksamkeit folgend und zu jeder möglichen Erleichterung derselben gern die Hand bietend, an dem Wunsche und der Hoffnung festgehalten, daß diese Session des Reichstages nicht zu Ende gehen werde, ohne daß jene Vorlagen und Gesetze in einer die Sanktion ermöglichenden Gestalt zur Annahme gelangen. Wir haben auch mit Anerkennung und Befriedigung gesehen, wie die ernste Arbeit des Reichstages die Rerathung des Krankenkassenge- setzcs bereits soweit gefördert hat, daß in Bezug hierauf die Erfüllung Unserer Er wartung kaum mehr zweifelhaft erscheint. Mit Sorge aber erfüllt es Uns, daß die prinzipiell Wichtigere Vorlage des Unfallversicherungsgesetzes noch so sehr im Rück stände ist und daß daher auf deren Durchberathung nicht mit gleicher Sicherheit ge rechnet werden kann. Bliebe diese Vorlage jetzt unerledigt, so würde auch die Hoff nung, daß in der nächsten Session die weiteren Vorlagen, betreffs die Alters- und Jnvalidenverforgung durchzuberathen völlig schwinden, wenn die Berathung des Rcichshaushattes etwa für 1884/85 noch die Kraft des Reichstages während der Wintersaison in Anspruch nähme. Wir haben eS deshalb für geboten erachtet, die Zustimmung der verbündeten Regierungen dahin zu beantragen, daß der Entwurf des Neichshaushaltsetats dem Reichstage jetzt von Neuem zur Beschlußnahme vor gelegt wird Wenn dann die Vorlage über die Unfallversicherung in der lausenden Frühjahrssaison vom Reichstag nicht mehr berathen und festgestellt wird, dann wird durch die vorgängige Berathung des Reichshaushaltsetats wenigstens für die Win tersaison die Freiheit gewonnen werden, welche erforderlich ist, um die sozialen Re formen aus wirthschastlichem Gebiete zu fördern. Die Zeit ist eine lange für die Empfindung, mit welcher Wir in Unserem Lebensalter aus die Erfüllung der Auf gaben blicken, welche zu lösen sind, ehe die in der Botschaft ausgesprochenen Ge danken eine praktische Bethätigung soweit erhalten, daß sie volles Verständniß und volles Vertrauen finden. Unsere kaiserlichen Pflichten aber fordern Uns auf, kein Mittel zu versäumen, um für die Besserung der Lage der Arbeiter und für die Er haltung des Friedens unter den Klassen der Bevölkerung, so lange Gott UnS Frist giebt, zu wirken. Darum wollen Wir beim Reichstag durch Unsere Botschaft von Neuem und unter Anrufung seiner bewährten und treuen Anhänglichkeit die baldige Erledigung der vorbezeichneten Aufgaben dringend ans Herz legen. Gegeben Berlin, den 14. April 1883. gez. Wilhelm. gegengez. v. Bismarck. Das Haus hat die Verlesung der Botschaft in verehrungswür digem Schweigen entgegengenommen. Ueber die Chancen des Militärpensionsgesetzes in Verbindung mit dem Anträge auf Besteuerung des Privatvermögens der Offiziere meldet ein Berichterstatter Folgendes: „Ich sprach eine hochgestellte, den entscheidenden Kreisen sehr nahe stehende Persönlichkeit, welche mir die Versicherung gab, es sei völlig ausgeschlossen, daß die verbündeten Regierungen, um das für die Armee allerdings im höchstcn Maße zu schätzende Pensionsgesetz zu Stande zu bringen, die Kommunalsteuer pflicht der Offiziere zugestehen werden. Daß übrigens die Kommunen an der Frage in der That ein hervorragendes Interesse haben, ist nicht zu bestreiten. Eine vom Berliner Magistrat auf Grund des vor handenen Materials vorgenommene Schätzung soll ergeben haben, daß, wenn die in Berlin wohnhaften Offiziere auch nur für ihr Privatver mögen zur Kommunalsteuer herangezogen werden könnten, dies für die Stadtkaffe eine jährliche Mehreinnahme von circa 1,200000 M. er geben würde." Der beim Reichstag eingebrachte Antrag der deutsch-konservativen Fraktion, wonach Angehörige der christlichen Religion die Abnahme des Eides von einem Retigionsgenossen und, im Fall dies auf an dere Weise nicht zu erreichen, die Zuziehung eines Geistlichen ihrer Konfession verlangen können, wird im Reichstag voraussichtlich eine Majorität nicht erhalten. Dies ergiebt sich wenigstens aus den Aeuße- rungen von Reichstagsmitgliedern, die verschiedenen Fraktionen ange hören. In bundesrälhlichen Kreisen wird gegen den Antrag angeführt, das früher nur in Holstein (Gesetz vom 14. Juli 1863) ein Christ für die Eidesabnahme die Substituirung eines christlichen Richters ver langen durfte, und daß früher nur im Königreich Sachsen jüdischen Notaren die eidliche Verpflichtung eines Christen untersagt war. In dem Prozesse wegen Hugstettener Eisenbahnunglücks wurden alle Angeklagten freigesprochcn und sämmtliche Kosten des gerichtlichen Verfahrens der Staatskasse zur Last gelegt. In Marseille haben weitere 15,000 Hafenarbeiter die Arbeit eingestellt, nachdem schon am Mittwoch 7000 gestreikt hatten. Durch diesen Massenstreik sind die Schiffe am Auslaufen verhindert. Sämmt liche nach Marseille bestimmten Schiffe erwarten in auswärtigen Häfen den Ausgang des Streikes ober dirigiren sich nach Genua, welches somit noch mehr mit Marseille konkurrirt. Hochbedeutsam sind die Erklärungen über den mitteleuropäischen Friedensbund, die im Senat zu Rom der italienische Minister Man cini abgab. Es ist die erste amtliche Beglaubigung von der Existenz dieses Dreibundes. Derselbe beruht hiernach auf vollständig gleichen Rechten und Pflichten seiner Mitglieder. Herr Mancini sägte noch hinzu, daß die drei Mächte nicht von feindseligen Gefühlen gegen Frankreich erfüllt seien, aber er hob gleichzeitig die Beschwerden Ita liens gegen den westlichen Nachbarstaat in scharfer Weise hervor. Italien verlange die Berücksichtigung seiner Interessen. „Wenn z. B. die französische Nation an den Küsten des Mittelmeeres ein afrikanisches