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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.06.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080616013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908061601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908061601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-06
- Tag 1908-06-16
-
Monat
1908-06
-
Jahr
1908
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Amtsblatt des Mates und des Votizeiamtes der Ltadt LeiPzig. sttr Jnieran au» ticipzia und Umgednag dl» Sgeipalten« Petuzell» 25 Pi., ftnanzieü« Anzeige» ist-Pi., Neklamen IM.) dmi »nswärt« itl) Pi., Reklamen UM Ai^ »om Ausland 50 Pi., st nanz. «neigen 75 Pi., Reklamen tüü M. Inseraten. iveh»r!>«» -- amiltcbeatetI«0Pi. Bcilagegedüdr 5 Bi. p. Lauient exkl. Post gebühr. Ge>chj>lranleigcn an bevorzugter Stell« IM Prelte erhöht. Rabat! nach Lari! Frsterteilte Lu träge können nicht zurück gezogen werben Für da« ikricheinen an betttuunlen Tagen und Blähen wird kein« Garantie übernominen. Anzeigen-Annahme! Augulluäplatz 8, det iämtlichen Filialen u. allen Anaoncrn- ltipedittonen oe» In« und Auslandes. Haupt-Siltal« Serlini Sarl Tuncker, Herzogl. Baur. Hstbuch- handlung, Lützowstraste 10. tTelephon VI, Nr. «60S). Hauvt-Siliale vre«deu: Seeitrade 4.1 iTelephon «62V. Nr. 165 Dienstag 16. Juni 1908. 1V2. Jahrgang. Da* wichtigste. * Der Kongreß für gewerblichen Rechtsschutz nahm gestern abend mit einer Begrüßung durch die Stadt Leipzig im Rat hause seinen Anfang. lS. bes. Art. 3. Seite.) * Der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg- Schwerin sind zum Besuch des Kronprinzen und der Kronprinzessin von Dänemark auf Marselisborg bei Aarhus eingetrofsen. * Offiziös wird mitgeteilt, daß über den Reichsfinanzreform. plan noch nichts fest steht. (S. Dischs. R.) * Nationalliberale und Freisinnige werden sich bei oen preußischen Landtags st ichwahlcn gegenseitig unterstützcn. sS. Ttschs. M) * In Berlin finden heute die Abgcordnetenwahlen statt. * Staatssekretär Dcrnburg hat Port Elizabeth und East London besucht und ist dort von den Stadtbehördcn begrüßt worden. Gestern traf er in Durban ein. * Ein Irrsinniger gab heute im französischen Kricgsmini- sterium mehrere Schüsse auf den Ministcr Piquart ab. Es wurde niemand verletzt. * Tie ungarische Regierung verlangt einen Kredit von 12 Millionen Kronen zum Bau von Arbeitcrwohnungen. lS. Ausl.) * Ter ehemalige spanische Kriegsminister Vega de Armijo ist gestorben. (S. Ausl.) * InTiflis (Kaukasus) sind der andauernden Unsicherheit wegen alle öffentlichen K'a s s c n geschlossen worden. S. Ausl.) Der Ausgang der Danziger Tagung. Die Danziger Tagung des Deutschen Flottenvercins, deren Verlauf man in ganz Deutschland mit großer Spannung entgegensah, hat wieder einmal gezeigt, wie mißlich es ist, aus den vorausgehcnden Auseinander setzungen Schlüsse auf den endgültigen Ausgang eines Konfliktes ziehen zu wollen. Eigentlich ist nichts von alledem eingctrcten, was man mit einigem Rechte vermuten konnte: weder hat sich der Verein gespalten — einige Abbröckelungen haben nichts zu bedeuten — noch ist das alte Präsidium wieder an seine Stelle getreten; der Verein wurde zwar in bestimmtester Form für einen „nationalpolitischen" erklärt, aber man weigerte sich, dieser Erklärung Einfluß auf die Fassung des 8 2 der Satzungen einzuräumen. Energisch betonte man das Recht des Ver eins, „zur Frage des schnelleren Ausbaues der Flotte selbständig Stel lung zu nehmen", aber man berief an die Spitze des Vereins den Groß admiral v. Köster — während diese Zeilen geschrieben werden, sicht zwar noch nicht fest, ob Fürst Salm die auf ihn gefallene Wahl annimmt oder ausschlägt, jeooch scheinen uns mehr Gründe für letzteres zu sprechen — als geschäftsführenden Vorsitzenden einen Admiral z. D. und ins Vizepräsidium einen bayrischen Herrn, so daß die trutzige Resolution fast wie der berühmte Kanonendonner des ehrenvollen Rückzuges klingt. Es scheint danach den sehr energischen und jedenfalls nicht leichten Be strebungen des westpreußischen Verbandes gelungen zu sein, eine Lösung herbeizuführen, die zwar schwerlich irgendeine der Parteien ganz be friedigt, aus der aber jede doch etwas ihr Erwünschtes mit heimbringt. Jedenfalls ist der Bestand des Vereins in seiner symbolischen, ganz Deutschland umfassenden Ausdehnung vorläufig gesichert, der Versuch, nun noch einen Gegenverein zu gründen, würde von jeder Seite als völlig unberechtigte Friedensstörung empfunden und höchstwahrscheinlich zurückgewiesen werden. Tas neue Präsidium wird also die Leitung eines in seiner Mit gliederzahl fast unverminderten Vereins übernehmen. Wird es ihn aber auch bewahren können? Es erscheint uns fraglich, ob nach der öffentlichen Erklärung des Vereins zu einem nationalpolitischen nicht zahlreiche Mitglieder direkt gezwungen sein werden, aus ihm auszu scheiden. Zwar ist Partcipolitik ausdrücklich perhorresziert, aber der Soldat soll überhaupt keine Politik treiben. Es wäre sehr zu bedauern, wenn wegen dieser nach unserem Dafürhalten ebenso unnötigen, als den Satzungen nicht Rechnung tragenden Erklärung alle aktiven Mili- tärpersonen aus dem Verein ausscheiden müßten, selbst bann, wenn das neue Präsidium tatsächlich die Garantie böte, daß der Verein in gänz lich unpolitischem Sinne wirken wird. Ebenso würden alle Schüler aus dem Verein ausqutreten haben, vielleicht auch manche Korporationen. Gespannt darf man auch darauf sein, wie die regierenden Fürsten, die bisher Protektoren des Vereins waren, diese Politisierung des Flotten vereins aufnehmen werden, ob sie es für möglich halten, unter dieser Bedingung das Protektorat weiterzuführen. Gewiß ist erklärt worden, daß man keine Parteipolitik treiben will. Aber diese Erklärung ist schon häufig abgegeben, und die Krisis im Verein hat gezeigt, daß es große Gruppen gibt, die diese Erklärung für unwahr halten. In Wirklichkeit scheint es uns auch ein Unding zu sein, Nationalpolitik von Parteipolitik lcharf zu trennen. In dieser verhängnisvollen Erklärung scheinen uns leider die Keime zu späteren unerfreulichen Mißoerständnmen zu liegen, und es wird einer bedeutenden Energie, Umsicht und -»roher diplo matischer Kunst des neuen Präsidiums bedürfen, diesen Keim nicht zu einem Baume neuer Zwietracht auswachsen zu lassen. Auf alle Fälle muß bereits jetzt darauf hingewiesen werden, daß eine vielleicht bald eintretende starke Verminderung der Mitgliederzchl d«S Flottenvereins nicht dem neuen Präsidium auf die Rechnung gesetzt werden darf, sondern nur dem Vereinsbeschlusse, der aus einem bisher unpolitischen Vereine einen politischen machte. Die Konsequenzen fallen auf diejenigen zurück, die diese Umwandlung durchsetzten. Wir würden übrigens in einem Rückgänge der Mitgliederzahl durch aus noch nicht unbedingt auf einen Rückgang der Bedeutung des Flotten vereins schließen. Es ist vielleicht aber möglich, einen kleineren Körper stets in lebendiger Wirksamkeit zu erhalten, als einen Millioncnkoloß. Sollte Großadmiral v. Köster als Präsident wirklich an die Spitze des Flottenvereins treten, so wird es Wohl nicht an Stimmen fehlen, die wieder darauf Hinweisen werden, der Verein sei hierdurch in ein un würdiges Abhängigkcitsverhältnis zum Marineamt oder zu einer noch höheren Stelle getreten. Solchen Verdächtigungen gegenüber verweisen wir Wohl am eindrucksvollsten auf eine Charakteristik, die ein Blatt, das bis zum letzten Augenblick auf der Seite des alten Präsidiums stand, von dem aus dem Frontdienst ausgeschiedenen Großadmiral gab. Es heißt in dem Artikel u. a.: „Was er einmal als richtig erkannt hatte, setzte er durch, allen Widerständen zum Trotz. . . . Durch nichts ließ er sich beirren; auch dem Kaiser gegenüber vertrat er seinen Willen; und nicht selten soll der Kaiser, überzeugt durch des Admirals Festigkeit, in wesentlichen Dingen nachgegeben haben." Einem solchen Manne wird man das nötige Rückgrat zutrauen dürfen, das er als Präsident des Flottenvercins besitzen muß. Jeden falls aber wird man die bedeutendste Fachautorität Deutschlands auf dem Gebiete der Kriegsmarine an der Spitze dcS Vereins sehen, und dies im Verein mit den oben gekennzeichneten Charaktereigenschaften des Großadmirals scheint uns eine Garantie für eine gedeihliche Weiter- entwicklung des Flottenocreins. Sachsens Staatsschulden. Bei der Schlußbcratung des Eisenbahnctats in der Zweiten Kammer am 26. v. M. gab der nationalliberale Abgeordnete Merkel-Mylau die Anregung, doch unbedenklich für neue Anlagen auch eine neue Staats anleihe aufzunehmen, da man mit dem Grundsätze, alle Anforderungen durch laufende Staatsmittel zu decken, auf die Dauer nicht durchkommen werde. Prompt und sogar — was selten zu beobachten — mit einem An flug von Humor erwiderte hierauf Finanzminister Dr. v. Rüger, zu einer Anleihe, die zur Deckung lausender Ausgaben dienen solle, werde er seine Einwilligung nicht geben, denn das würde gegen das Kompta- bilitätsgesetz verstoßen, im übrigen möchte der Aba. Merkel nur ganz kurze Zeit Geduld haben in bezug auf eine neue Anleihe, der Augenblick komme ganz entschieden. Diese Acußerung des Finanzmii'isters scheint in einigen Kreisen etwas nervöse Beunruhigung verursacht zu haben, unseres Erachtens aber ohne jeden Grund. Daß für den außerordentlichen Etat auf die Finanzperiodc 1908/09 im Gesamtbeträge von rund 31 Millionen, sowie für die Ausgabereservate beim außerordentlichen Etat aus 1906/07 im Betrage von 39 Millionen, im ganzen also für etwa 70 Millionen Mark keine Deckung vorhanden sei, steht schon in den allgemeinen Erläute ¬ rungen zum Etat auf 1908/09 und ist auch vom Finanzminister im Landtage bei der allgemeinen Etatsdebatte ausdrücklich betont worden. Es wurde bei derselben Gelegenheit auch von Dr. v. Rüger hervorge hoben, daß wenigstens ein Teil der noch unbegebencn 100-Millionen- Anleihc von 1902 in der neuen Finanzperiodc zur Ausgabe kommen dürfte. Auch dies war bereits im Etat vorgesehen. In der Erläuterung zu Titel 7 des Kap. 25, Verzinsung der Staatsschulden, heißt es wörtlich: „In der Finanzperiode 1908/09 wird eine Verstärkung der Barbestände der Staatskasse durch Aufnahme einer Anleihe in Frage kommen. Ob die Verhältnisse auf dem Geldmärkte sich so entwickeln werden, daß die 3prozentigc Rentenanleihe nach Maßgabe des bereits erlassenen Gesetzes vcm 4. Juli 1902 ohne Nachteil für den Staat begeben werden kann, läßt sich zurzeit nicht absehen. Falls die Anleihe nicht oder nur unter ungünstigen Bedingungen unterzubringcn wäre, könnten die etwa be nötigten Mittel zunächst durch Ausgabe von Schatzanwcisungen beschafft werden. Eventuell wird die Regierung noch während der Session des Landtages mit einem Vorschläge auf Erlaß eines anderweiten Anleihe gesetzes an die Ständcversammlung herantreten." Die Negierung wollte damit also nicht, wie Wohl fälschlich ange nommen worden ist, noch eine weitere Anleihe außer der unbegebenen 100-Millionen-Anleihe von 1902 in Aussicht stellen, sondern nur die Möglichkeit andeutcn, daß die 1902er Anleihe überhaupt nicht zur Aus gabe komme, sondern durch eine andere ersetzt werden müsse. Eine solche könnte aber, wie ebenfalls in der zitierten Erläuterungsspalte an gedeutet wird, voraussichtlich nur zu einem höheren Zinssätze als 3 Pro- zent untcrgebracht werden. Dies sucht aber die Regierung begreiflicher weise möglichst lange zu vermeiden, und zwar nicht so sehr wegen des allerdings auch schon nicht unbeträchtlichen Mehraufwands an Zinsen ssA Prozent Zinsen macht scbon bei 50 Millionen jährlich 250 000 .ts aus), sondern vor allem deshalb, weil es überhaupt das Bestrebeck unserer Finanzvcrwaltung ist, alle mehr als 3 Prozent Zinsen er fordernden Anleihen allmählich abzustoßen. Das geschieht auch ganz systematisch. Zum 30. d. M. wird z. B. von der 1867er, ursprünglich 4prozentigen, dann in 3^prozentige umge wandelten Anleihe außerplanmäßig der ganze noch vorhandene Rest von nominal 15 084 637 .E 50 Pf. getilgt, während 2,96 Millionen von der ebenfalls 3'^prozentigen vereinigten Staatsanleihe von 1852—1868 außerplanmäßig getilgt werden sollen. Für planmäßige Tilgung von Staatsschulden find im ganzen in den Etat 1908/09 gemeiniährig 11 838 991 .<l eingestellt. Die Tilgung erfolgt in der Regel durch den Ankauf eines ent sprechenden Betrages von Schuldverschreibungen über 3prozentige jähr liche Rente, und zwar fortlaufend, nicht erst dann, nachdem im einzelnen Falle die Tilgung durch Zurückziehung von Schuldverschreibungen aus dem Verkehr heschlossen worden ist. Denn der Ankauf von Schuldver schreibungen in so bedeutendem Gesamtwerte, wie er zu Tilgungszwccken zu erfolgen hat, muh notwendigerweise über einen längeren Zeitraum erstreckt werden, da erfahrungsgemäß Schuldverschreibungen einer be stimmten Gattung in größerem Umfange innerhalb kurzer Zeit über haupt nicht zu erwerben sind. Ferner würde, wenn der Staat erst dann mit dem Ankäufe großer Massen von Schuldverschreibungen begänne, nachdem auf Grund vorhergehender Erörterungen im Landtage der Be schluß gefaßt worden ist, durch Rückerwerb und Vernichtung von Schuld verschreibungen zu tilgen, der Kurs natürlich ganz wesentlich steigern Und so sehr die Finanzverwaltung einen möglichst hohen Stand der Staatspapiere wünscht, so unangenehm empfindet sie ihn, wenn sie selbst als Käuferin auftritt und dann die Schuldverschreibungen, deren Nenn wert sie zu tilgen wünscht, erst zu hohen Kursen an sich bringen muß. Um dies zu vermeiden, wird fortlaufend gekauft, wobei innerhalb des Rahmens der verfügbaren Mittel natürlich ein der Staatskasse günstiger Kurs möglichst ausgenutzt wird. Selbstverständlich werden dem Staats vermögen die zum Ankäufe jeweilig aufgcwendeten Beträge aus den Tilgungsmitteln wieder zugefubrt, gleichviel, wie sich der Kurs in der seit dem Erwerbe verflossenen Zeit gestaltet hat. Da der Kurs zur Zeit der tatsächlichen Tilgung ebensogut höher wie niedriger sein kann als zur Zeit des Erwerbes, so wird im Laufe der Zeit ein Ausgleich ein treten, so daß. wenn stets in Höhe des jeweiligen Ankaufskurses aus Etatmitteln Ersatz geleistet wird, weder von einer Benachteiligung, noch von einer Bevorzugung des Staatsvermögens schließlich gelprochen werden kann. Dem Nennwerte nach hat sich die Bewegung der sächsischen Staats schuld in den letzten zehn Jahren wie folgt gestaltet: 1898 Nennwert 752 464 950 ckl 1900 „ 829 822 450 „ 1902 „ 980 136 200 „ 1904 „ 961 829 300 „ 1906 „ 941266 850 „ 1908 „ 917 765 150 „ Ungefähr im ersten Drittel des verflossenen Jahrzehnts ist danach noch ein ununterbrochenes Ansteigen der Schulden bemerkbar, )o daß 1902 der Höhepunkt mit fast einer Milliarde Mark erreicht ist. Dann zeigt sich aber ein ebenso stetiges Abnehmcn der Schulden, so daß unter Berücksichtigung der obenerwähnten völligen Tilgung der 1867er An leihe der Stand der Staatsschulden am 1. Juli d. I. um etwa 80 Mil lionen geringer sein wird, als zu Anfang 1902. Vergleicht man damit die Finanzgebarung der anderen deutschen Bundesstaaten oder gar des Reiches, so kommt Sachsen dabei sehr gut weg. Es zeigt sich nämlich, daß unter den größeren Bundesstaaten im Deutschen Reiche Sachsen der einzige ist, der seine Schulden überhaupt hat vermindern können. Preußen hat dagegen in der Zeit von 1902 bis 1906 allein 650 Mil lionen, Bayern 240 Millionen. Württemberg und Baden je 60 Mil lionen, Hessen-Darmstadt 53 Millionen Mark neue Schulden gemacht, des Reiches selbst, das sich lustig weiter hinaufpumpt, gar nicht zu ge denken. Auch das reine Staatsvermögen hat sich gehoben: Zu Anfang der Finanzperiode 1904/05 betrug es 635,7 Millionen, dagegen nach dem neuesten Rechenschaftsbericht zu Beginn der Finanzperiode 1906/07 runs 707,4 Millionen, es ist also ein Zuwachs von fast 72 Millionen Mark zu verzeichnen. Seitdem ist eine weitere Zunahme erfolgt, und heute übersteigt allein der Wert der sächsischen Staatseifenbahnen die Summe der Staatsschulden um rund 150 Millionen. Allerdings darf man nicht vergessen, daß diese Gesundung unserer Finanzverhästnissc nur hat erreicht werden können durch ein sehr scharfes Anziehen der Steuerschraube. Mit Ausnahme weniger unterer Klassen haben die zur Einkommensteuer eingeschätztcn Staatsbürger seit 1902 einen 25prozentigen Steuerzuschlag gezahlt, auf den die Regierung nicht ver zichten zu können glaubt und wohl auch nicht verzichten kann, nach- dem ihr vom Landtage Besoldungszulagcn für Richter, Lehrer und andere Beamte der verschiedensten Kategorien aboerlangt worden sind. Und das ist die Kehrseite der Medaille, wodurch auch der bedenklich ge stimmt werden muß, der im übrigen keineswegs geneigt ist, unsere Finanzlage ungünstiger anzusehen, als sie tatsächlich ist. Internatronnlev Vergarbeitevkongvetz. ^Von unserem Pariser I-.-Korrefpondenten.) Paris, 13. Juni, Ter internationale Bcrgarbciterkongreß hat in seinen letzten Sitzungen zunächst die Frage der Verstaatlichung der Berg werke behandelt. Die deutschen Delegierten stellten folgenden An- trag: „Tie Verstaatlichung der Bergwerke ist nötig, um der Nation den Nutzen daraus zu sichern, und zu verhindern, daß die Bergwerke in nachlässiger Weise ausgebcutet werden. Aber es ist auch notwendig, daß den Arbeitern das volle Koalitionsrccht garantiert wird." Die Ver treter der französischen Bergarbeiter stellten den Antrag: „Wir sind der Ansicht, daß die Bergwerke nicht an Einzelpersonen vergeben werden dürfen. Tas Gesamtinteresse erheischt, daß sie zum Nutzen der Nation ausgebeutet werden", und die Delegierten aus Belgien brachten folgen den Antrag ein: „Der Kongreß erkennt an, daß die Bergwerke nicht an Einzelpersonen vergeben werden dürfen, die sie zu ihrem ausschließ lichen Vorteil ausbcuten und zum Nachteil der Industriearbeiter im allgemeinen und der Konsumenten im besonderen. Wenn die Berg werke zum Vorteil der Kollektivität ausgebeutet würden, müßten sie dem Land große Dienste leisten." Der deutsche Delegierte Jantschek bchaup- tcie, daß die Arbeitersyndikate durch ihre politische Tätigkeit mehr Ein fluß auf den Staat ausüben könnten als auf die Gesellschaften. Der Pole Sofinski erklärte, daß er im Prinzip für die Verstaatlichung wäre, die aber gegenwärtig wegen der Ausnahmegesetze in Deutschland gegen die Polen nicht anehmbar erscheine. Der Franzose Choquet teilte'! mir, daß die sozialistische Partei der Kammer einen Vorschlag für die' Nationalisation der Bergwerke unterbreitet habe, hauptsächlich nm der Unsicherheit der Arbeiter in den Bergwerken ein Ende zu machen. Der^ praktische Engländer Gilmour ist ebenfalls dafür, hält aber die Durch- sübrung der Verstaatlichung in England gegenwärtig für unmöglich, weil fünfzehn Milliarden für den Rückkauf notwendig wären. Auch wäre das Beispiel Deutschlands nickst günstig, da die verstaatlichten Minen geringere Löhne zahlten. Trotzdem wurden die Anträge ein mütig angenommen gegen die Stimme des Polen Sofinski. Die Frage der Altersversicherung der Bergleute verhinderte die Deutschen, in den Vordergrund zu treten wie bisher. Ihr sozialistisches Gewissen erlaubte ihnen nicht, öffentlich die Scg- nungcn der von den bürgerlichen Parteien der Arbeiterschaft freiwillig zucrkannten Altersversicherung zu preisen. Der Engländer Stanley sagte, daß die englischen Arbeiterklassen cs mit Freude begrüßen, daß der Finanzminister durch Einschreibung von 120 Millionen in das Budget die Arbeiterversorgung im Prinzip einführte. Der Franzose Bartuel meinte, daß auch in der Republik die Altersversorgung bisher nur im Prinzip bestehe, 300 Franken Pension wären vollständig un- genügend, man müsse zwei Franken täglich nach Djährigcr Arbeitszeit durchsetzen. Zu der Unsicherheit in den Bergwerken bemerkte der Deutsche Wolf, daß in Deutschland der Durchschnitt der Unfälle, der 1886 nur 65 auf 1000 Arbeiter betragen habe, gegenwärtig auf 127 ge stiegen sei. Alle Vorschläge wurden angenommen, hierauf große Resolutionen zugunsten des Friedens, eingebracht von Frankreich und England. Der Franzose Goniaux beklagte die Lasten, die das Volk für die militärischen Ausgaben zu tragen habe. Er wolle nicht die Zerstörung des Vaterlandes, jede Nation müsse sich gegen einen Angriff verteidigen können, aber es wäre Ausgabe der Bergleute aller Länder, sich für den Frieden zu erklären, und er erwarte insbesondere von den deutschen Delegierten, daß sie die französischen und englischen Anträge annähmen. Der Engländer Smillic nannte sich einen Patrioten und feierte den Frieden und die Brüderlichkeit unter den Arbeitern. Reichstagsabgcordneter Sachse erklärte, man habe nicht um'onst an die deutsche Friedensliebe appelliert. Die deutschen Delegierten würden die Anträge mit Begeisterung votieren. Alle deutschen Arbeiter wären gegen den Krieg, welcher Partei sic auch angehörten. Er wäre ganz einverstanden mit den Worten Jauräs', der in seiner Bankcttredc am Vorabend gesagt: „Wenn die Souveräne sich besuchen, um vom Frieden zu sprechen, fürchte ich den Krieg. Der Friede war nie ernster bedroht wie gegenwärtig. Aus der Arbeiterschaft alle: Länder muß der Rui ertönen, daß die Völker im Frieden miteinander leben wollen." Der Belgier Marvillc behauptete, daß die Arbeiter bei der Kriegserklärung die Arme kreuzen und nicht zögern werden, den Generalstreik zu pro- klamieren. Die Anträge wurden einstimmig angenommen, nur der Reichsratsabgeordnete Jarolim enthielt sich der Abstimmung, da kor- porative Kongresse sich nicht mit ähnlichen Fragen zu befallen, sondern sie den internationalen sozialistischen Kongressen zu überlassen hätten. Zwei Vorschläge, den Bergleuten jährlich 14 Tage Ferien zu bewilligen und einen internationalen Bergwerksfeiertag festzusehen, wurden an das
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