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MsdrufferTageblati Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Ditks^WUsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittag» 4 Uhr-. Bezugspreis monatlich 2.— NM. fvei Haus, bei Postbestellung >.80 RM. zuzüglich Bestellgeld Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post- bsten. unsere Austräger u. . , , , Geschäftsstelle, nehmen zu Bkst-llung-n -m. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend F°a- hsh-r« Gewalt.Krieg od. sonstiger ' Betriebsstörungen besteht Kew» Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises, «ücklendung eingejandter Schriftstücks erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer BeziM Anz.ig.nprtise l-ut ausliegmkem TaiN Nr. 4. — N-chwrisungr-GtbLhe- 20 Npsg: — Dorgrschrirbrn» Ersch-inung-iage und Pl-tzvorschristri» werde» nach Möglichkeit berüchfichtigi. >— Anzeigen. Annatzm» durch Kernrus übermal, Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 men wir keine Gewähr. -» > >»» — Jeder RaduttanspruÄ erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden« must odev der Auftraggeber ir^ Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtsyauptmannschast Meißen, des Stad^ rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 238 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 11. Oktober 1934 Zwei Staatsmänner auf üer Labre. Wie König Alexander und Barchou starben. Tod des Mörders. — Weitere Ermitt lungen. — Bericht eines Augenzeugen. über den Hergang des furchtbaren Atten tats in Marseille, dem König Alexander von Jugo slawien und Frankreichs Außenminister Barthou zum Opfer fielen, werden jetzt nähere Einzelheiten bekannt. Der Täter, der nur noch schwache Lebenszeichen von sich gab, wurde von der Polizei zunächst in ein Polizei wachthäuschen und von dort in das Gebäude der Sicher heitspolizei gebracht, wo er von Polizeiärzten untersucht wurde. Man gab jedoch jede Hoffnung auf, ihn zu retten. Schon nach kurzer Zeit starb der von mehreren Schüssen und Säbelhieben getroffene Mörder. „Freiheit oder Tod!" Die Untersuchung der Leiche führte zu einer sehr interessanten Entdeckung. Am linken Unterarm hatte Kalemen eine Tätowierung, die eine Krone von fünf bis sechs Zentimeter Durchmesser darstcllte und von einem Totenkopf mit zwei gekreuzten Knochen um geben war und außerdem einige Buchstabenabkürzungen aufwies. Es handelt sich bei den Bnchstaüenabkürzungen um die Worte: Freiheit oder Tod! Ein südsla wischer Journalist erklärte, daß diese Tätowierung das Zeichen der mazedonischen Komitadschi sei. Die französische Polizei sucht jetzt vor allem festzu stellen, ob Kalemen Helfershelfer gehabt hat. Die Tatsache, daß seine Spur in keinem der Marseiller Hotels aufzufinden war, läßt die Vermutung zu, daß er bei einem Freunde Wohnung genommen hatte. Der Anschlag hatte die Bevölkerung so stark erregt, daß die wildesten Gerüchte in Umlauf waren. So wurde behauptet, daß fünf oder sechs mit Dolchen und Revolvern bewaffnete Männer den Mörder umgeben hätten, als dieser von einem Offizier niedergeschlagen wurde. Es sollen sich Zeugen bereit erklärt haben, dies durch ihre Aussagen zu bekräftigen, jedoch Hal sich hierzu auf der Polizei noch niemand eingefunden. Eine Meldung aus Brüssel besagt, in einer kroatischen Kantine in Lüttich habe sich ein Bergarbeiter namens Petrus Kalmenski aufgehalten, der seit kurzem Lüttich ohne Wohnortsangabe verlassen habe. Man frage sich deshalb, ob die Ähnlichkeit des Namens mit dem Mörder des Königs Alexander ein bloßer Zufall sei, oder wer dahinterstecke. Wie aus Marseille berichtet wird, hat die Polizei den Revolver geprüft, mit dem Petrus Kalemen den Anschlag ausgeführt hat. Es handelt sich um einen zwanzigschüssigen automatischen Revolver neuester Kon struktion. In einer Tasche des Rockes des Mörders fand man außerdem mehrere Patronenstreifen, so daß er über ungefähr 100 Schuß Munition verfügte. Oie Tat wurde gefilmt. Aus einer ergänzenden Havasmeldung über den An schlag geht hervor, daß man im französischen Innen ministerium der Ansicht ist, die Schüsse seien nur von dem Südslawen abgegeben worden. Infolge des Zustandes, in dem er in die Hände der Polizei fiel, hat das Verhör jedoch keinerlei Ergebnisse gezeitigt. Die Polizei ist im Begriff, eine Reihe von Augenzeugen des An schlags zu verhören. Ein Filmoperateur hat durch Zufall die ganze Szene mitgesilmt. Dieser Lichtbild streifen wird sofort ent wickelt und dem Leiter der Marseiller Polizei über geben werden. Nach einer Meldung des „Paris Soir", dem die Verant wortung überlassen bleibt, hat man in der Tasche des Mörders eine Bombe gefunden. BarihouS letzte Worte. über die letzten Augenblicke des französischen Außen ministers Barthou wird bekannt, daß er sich gleich nach der Einlieferung in das Krankenhaus erkundigte, wie es dem König von Südslawien ergangen sei. Man verheimlichte ihm den Tod des Königs, und Bar thou gab seiner Befriedigung darüber Ausdruck, daß diesem nichts geschehen sei. Die letzten Worte des Außenministers waren: „Ich habe Schmerzen, geht mix zu trinkest l" Gattin und Sohn. Die Nachricht vom Tode ihres Gemahls wurde der Königin Maria im Sonderzug mitgeteilt, der sie nach Paris bringen sollte. Sie erlitt einen Ohn machtsanfall. Der Zug wurde nach Marseille um geleitet. Die Königin, die in Begleitung von Frau Herriot eintraf, wurde sofort in den Raum geführt, in dem der König den letzten Schlaf schläft. Das gesamte Gefolge zog sich zurück, um die Königin allein ihrem Schmerz zu überlassen. Nach einem langen Gebet begab sich die Königin in einen Nebenraum, während im Großen Saal der Präfektur die feierliche Aufbahrung des Königs und des französischen Außenministers vorbereitet wurde. Dem elfjährigen Kronprinzen Peter von Jugo slawien, der seit einem Monat in England die Schule besucht, wurde das furchtbare Ereignis erst am nächsten Morgen überbracht. Noch am Abend der Tat ging er fröh lich wie immer zu Bett, ohne zu ahnen, daß er am nächsten Morgen als König erwachen würde. Vier Todesopfer. Eine von den beim Anschlag verletzten Frauen ist ihren Verletzungen erlegen. Damit hat sich die Zahl der Opfer auf vier erhöht. Der Gesundheitszustand des bei dem Anschlag schwerverletzten und irrtümlich bereits von der in- und ausländischen Presse totgesagten französischen Generals Georges soll sich, den letzten Meldungen zufolge, gebessert haben. Der General liegt im Militärkrankenhaus von Marseille. Ser tote König auf dem Kreuzer „Dubrovnik". Die sterbliche Hülle König Alexanders von Süd slawien ist im Beisein der Königin und der Offiziere aus dem Gefolge des toten Herrschers eingesargt und unter militärischen Ehren zum Hafen übergeführt worden, wo der südslawische Kreuzer „Dubrownik" sie an Bord nahm. An der Spitze des Trauerzuges schritt der Präsi dent der Französischen Republik, neben der Königin Maria der südslawische Außenminister, dann folgten der Präsident der Französischen Kammer und die übrigen Würdenträger. Der Sarg wurde von sechs fran zösischen Offizieren einer Abordnung von sechs südsla wischen Offizieren übergeben, die ihn auf das Kriegs- schifffchrachten. Der südslawische Kreuzer ist bald darauf in See gegangen. Französische Kreuzer geben dem Schiff Wenige Minuten vor der Ermordung. Dieses Bildtelegramm aus Marseille zeigt Bar thou, den französischen Außenminister, bei der Be grüßung des Königs Alexander von Jugoslawien nach der Ankunft in Marseille. Wenige Minuten später wurden beide Staatsmänner von den tödlichen Kugeln getroffen. Thronbesteigung Peters N. am 11. Oktober. Amtlich wird angekündigt, daß der älteste Sohn des in Marseille verstorbenen Königs Alexander l. als Peter II. am 11. Oktober den Thron Südslawiens besteigt. In der Proklamation an das Volk hierzu heißt es: Unser großer König Alexander I. ist als Opfer eines erbärmlichen Anschlages am 9. Oktober um 4 Uhr in Marseille verstorben. Der Märtyrerkönig hat mit seinem Blut sein Friedenswerk besiegelt, für das er seine Reise in das verbündete Frankreich unter nommen hatte. Gemäß Artikel 36 der Verfassung besteigt sein erstgeborener Sohn, König Peter ll., den Thron des Königreiches Südslawien. Die Königliche Regierung, das Heer und die Flotte haben König Peter II. den Treueid geschworen. Die Königliche Regierung übernimmt vorläufig die Regierung bis zum 11. Oktober. Die letzten Worte, die König Alexander mit seinem letzten Seufzer aushauchte, legen Zeugnis ab für seine unendliche Vaterlandsliebe. Er sagte: „Wacht über Süd slawien!" Die Königliche Regierung ruft die ganze süd- flawische Nation auf, in Treue und Würde über diese Erbschaft zu wachen. Einsetzung eines Regentschafisrates. In seinem Testament hat König Alexander während der Minderjährigkeit des Königs Peter zu Regenten ein gesetzt: Prinz Paul Karageorgewitsch, den Sena tor und ehemaligen Minister Dr. Zedenko Stanko- Wit s ch und den Ban der Banschaft Sau, Dr. Ivo Perowils ch. * Wie die amtliche rumänische Agentur Avala meldet, ist sie ermächtigt worden, mitzuteilen, daß alle aus aus ländischen Quellen stammenden Meldungen über eine an gebliche Truppenbewegung und Teilmobili sierung keineswegs den Tatsachen entsprächen. Die Nachrichten seien in tendenziöser Absicht lanciert worden. Wer sind die Helfershelfer des Mörders von Marseille? Ein französischer Hotelbesitzer sagt aus. Die Annahme, daß der Attentäter von Marseille einige Helfershelfer gehabt hat, scheint durch die Aussage eines Hotelbesitzers aus Aix-en- Provence bestätigt zu werden, der folgende Aussagen machte: Drei Personen, darunter der Mörder des Königs Alexander, seien Sonntag abend in feinem Hotel ab gestiegen. Der Attentäter, den der Hotelbesitzer nach den in der Presse verbreiteten Lichtbildern genau wieder- erkannte, habe die Eintragung in das Hotelregister immer wieder aufgeschoben. Seine Gefährten hätten sich als Egon Kramer, 24 Jahre alt, geboren in Fiume, kroatischer Nationalität, und als Sylvester Chalny, tschechoslowakischer Staatsan gehöriger, von Beruf Kaufmann, eingetragen. Der Attentäter soll Dienstag vormittag dann in der Hotelhalle die ausliegenden Zeitungen mit den Vorberichten über die Ankunft des Königs von Südslawien sehr eingehend gelesen haben. Er und fein Kamerad seien gegen 13 Uhr fortgegangen mit der Erklärung, sie würden zum Abend essen zurück sein. Um 18.30 Uhr fei aber nur Chalny wieder im Hotel eingetroffcn. In Paris sind im Laufe des Vormittags in süd slawischen Emigrantenkreisen viele Haus suchungen vorgenommen worden, so u. a. bei dem früheren südslawischen Innenminister Pribitschewitfch, der Kommandeur der Ehrenlegion ist. Man hat bei ihm eine Menge von Schriftstücken beschlagnahmt. Ein besonderes Augenmerk hat die Polizei auf das sogenannte südslawische Komitee gerichtet, dessen Geschäftsräume durchsucht wurden und dessen Mitglieder einem eingehenden Verhör unterzogen worden sind. Auch der Südslawischen Gesellschaft stattete die Polizei einen Besuch ab. Sie sprach ferner bei Wladimir Raditsch, dem Sohne des bekannten kroatischen Abgeord neten, der vor drei Jahren im südslawischen Parlament erschossen wurde, vor. "' Helft die M lindern, durch Eintritt in die RS.-WkMWW