Volltext Seite (XML)
WocheMM für für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Erscheint wöchentlich 2 Mal D ienStag und Freitag.) AbvnnementspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzeln- Nummer k.stet^O Pj. Jasrratenannahme Montags ».Donnerstags »iS Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag Abonncmentspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet^O Pf Znseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. für die König!. Anttshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Zweiundvierzigster Jahrgang. Nr. 57. Dienstag, den 18. Juli 1882. Bekanntmachung. Das 6. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1882 enthält: No. 44. Verordnung zu weiterer Ausführung des Reichsgesetzes, die Abwehr rc. von Viehseuchen betr.; No. 45. Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Wurzen betr.; No. 46. Verordnung, einige Abänderungen der Ausführungsverordnung zu dem Gesetze über die Leichenbestattungen rc. betr.; No. 47. Bekanntmachung, die Eröffnung der Jrrenklinik der Universität Leipzig betr; No. 48. Verordnung, die Anstellung der Militäranwärter bei den Reichs- und Staatsbehörden betr.; No. 49. Bekanntmachung, den Commissar für den Bau der Verlängerung der Hainsberg-Schmiedeberger Secundäreisenbahn rc. betr.; No. 50. Verordnung, die Handhabung des Schutzes der im Bau befindlichen Eisenbahnen rc. betr. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsicht in hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, am 15. Juli 1882. Der Stadtgemeinderath. I. V. Funke. Witterung und Ernte. Nach den bei dem landwirthschaftlichen Ministerium in Berlin eingelaufenen Ernteaussicht-Berichten ist der Stand der Winter- und Sommersaaten ein befriedigender, größtentheils sogar ein vorzüglicher. Wenn nicht während der nun bevorstehenden Ernte noch besondere Un-, fälle eintreten, so ist neben der reichlichen Futterernte in Heu und Klee auf Ernte zu hoffen, wie sie seit Jahren dein Landwirth nicht beschicken war. Wir theilen die Freude des Landmannes und wün schen von Herzen, daß seine frohen Erwartungen in Erfüllung gehen. Der erfahrene Landmann freut sich wohl über die Fülle des aus geschütteten Gotiessegens, kann indessen die bange Frage nicht unter drücken: „Wird der Himmel uns auch gutes Erntewetter zur Einheim sung der Früchte schenken?" und setzt bescheiden hinzu: „An Goites Segen ist Alles gelegen". Solche Denkungsart ist recht und unter dem Bauernstände heimisch. Daneben wird er indessen die Beobachtungen intelligenter, praktischer, erfahrener Landwirthe und die neuen For schungen der Wissenschaft in Bezug auf die Einheimsung der Früchte in Betracht ziehen, um die eine oder andere Mitthcilung nach seinen Verhältnissen und zu seinem Besten auszunutzen. Die Witterung ist für die gute Einbringung der Früchte sehr wichtig und die Meinung, daß diese Niemand vorausbestimmen könne, allgemein. In neuerer Zeit hat aber die wissenschaftliche Beobachtung ergeben, daß in Deutsch land während des Sommers mit ziemlicher Regelmäßigkeit zwei Regen- Perioden eintreten, in denen der meiste Regen fällt, die erste Anfangs Juli, in der wir gegenwärtig stehen, und die zweite Mitte August. Zwischen diesen beiden Regenperioden füllt nun unsere Hauptgetreide- Ernte, wenn natürlich der Landwirth den rechten Zeitpunkt für die Reife des Getreides beobachtet. — Viele Landwirthe sind zu ängstlich in Bezug auf Beginn des Getreideschnittes, mühen erst in der Hart reife und gerathen dann leicht in die zweite Regenperiode. Eine Folge davon ist schlechte Beschaffenheit und unvortheilhaftes Aussehen der Körner, Ausfallen der Körner, und ausgedörrtes, kraftloses Stroh, dessen Zellen verkorken und verholzen und das von seinem Dünger- und Futterwerth bedeutend verliert. Weizen, Roggen, Gerste sollte man mähen, sobald die Körner in ihrer Fleischbildung die Cousistenz eines mürben Apfels erlangt haben, so daß man es mit dem Fingernagel bequem durchschneiden kann. Bei gutem Wetter tritt sogar dann noch in der Garbe die Nachreife überraschend schnell ein. Diese Frühmahd hat den Vorzug, daß die Körner ein volleres Aussehen, feinere Farbe, zartere Hülsen haben, besseres Mehl und weniger Kleie geben und ein Ausfallen der Körner nicht vorkommt, das Stroh hingegen saftreicher, kräftiger und nahrhafter ist. In Bezug auf die überaus nahrhaften Hülsenfrüchte wollen wir aber den Hausfrauen verrathen, daß der frühe Schnitt derselben auf das leichte und schnelle Garkochen von großem Einfluß ist, während die Einwirkung des siedenden Wassers auf todtreifgewordene Samen sich bedeutend abgeschwächt. Welchen Einfluß hat nun aber früher Getreideschnitt auf die Keimfähigkeit der Samen? Ist nicht hier, wie viele Landwirthe an nehmen, die Hartreife am Platze? Genaue und viele Beobachtungen haben auch da das Ergebniß geliefert, daß bei zeitig gemähtem Getreide die Keimkraft energischer ist. Der Rath Erfahrner geht dahin: Be obachte zur Erntezeit neben den bewährtesten Wetterregeln fleißig den Srand des Barometers und merke auf die Witterungsberichte der Zeitungen für den gegenwärtigen und kommenden Tag, blicke aber ganz besonders hin auf die Beobachtungen intelligenter Landwirthe und aus die Ergebnisse der Wissenschaft, dann wird in dem Erntegeschäft der rechte Anfang und Fortgang sein. (Hildb. Dorfztg.) In der Heranwachsenden Jugend beruht unsere Hoff ¬ nung nus eiue bessere Zeit. Vortrag, gehalten in einem konservativen Vereine. (Aus dem „Sachs. Volkssreund".) Doch ich gehe über au^ den Unterricht und die Erziehung, wie Hause in Beziehung auf die geistige Ausbildung des Kindes verlange. Ich meine, das Haus könnte es mit gutem Willen und Konsequenz recht wohl dahin bringen, daß das Kind besser vor bereitet zur Schule komme; dies bezieht sich besonders auf die Sprache, die Umgangssprache. Kann es -wohl einem Vater, einer Mutter Etwas verschlagen, wenn sie ihr Kind statt Kärche „Kirche", statt Flöhsch „Fleisch", statt Worscht „Wurst" sagen lehren? Ist nicht die gewöhnliche Entschuldigung: „So reden die Vornehmen" im Grunde genommen eine Albernheit? Ach, wenn die Eltern es wüßten, nicht nur welche Last sie da auf den Lehrer wälzen, sondern auch welche Nachtheile sie ihrem Kinde in Bezug auf Orthographie u. s. w. zu- füaen, sie würden bedenken, was zu ihrem Frieden diente. Kann das Haus in mancher Hinsicht die Schule in der Erziehung und Gewöhn ung zum Schönen, zum Besseren unterstützen, so ist's hier, und die Schule muß den wärmsten Wunsch an das Haus richten: Sprich viel mit Deinem Kinde, aber sprich richtig! Wie aber das Haus schon hier das Kind fördern soll, so hat es nun die größte Aufgabe, dasselbe so zu leiten, daß es das höchste Wohlgefallen habe an allem Guten, Wahren und Schönen und es endlich bringen bis zum freien Gehor sam gegen göttliches und menschliches Gesetz. Mancher greift hier nur das Wort „frei" heraus und den Gehorsam vergißt er. Wir wissen ja, daß eine Art Menschen die „menschliche Freiheit" zur Entschuldigung der schwärzesten Verbrechen gemißbraucht hat. Wer sein Kind zur schrankenlosen Freiheit erziehen "wollte, der würde sich bitter täuschen, wollte er von einer also Heranwachsenden Jugend eine bessere Zeit erwarten. Die echt christliche Freiheit besteht darin, daß der Mensch im Stande ist, kein Knecht der Sünde zu werden, seine Begierden und Leidenschaften zu zügeln, seinen Willen auf das Gute, Wahre und Schöne zu richten und selbst einer Obrigkeit zu ge horchen, die den Weg des Rechten verlassen. Wie aber kann das Haus Solches bewirken? Das Haus muß durch eignes Beispiel und durch Zucht die Kinder streng gewöhnen an Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Enthaltsamkeit, Gehorsam; es darf dem Kinde nie das Beispiel des Zornes, des Schimpfens, der Streitsucht, des Fluchens und leicht-^ sinnigen Schwörens, des Redens von Zoten geben. Es darf sein Kind nie hinführen an Orte, wo Augen und Ohren Böses sehen und hören und die Seele vergiftet wird. Hier scheint mirs am Platze zu sein, ein Wort über das Theater zu sagen, nämlich über diejenigen Vorstellnngen, welche nach dem Modell der „Berliner Possen" fabri- zirt sind. Vor einigen Jahren hörte ich eine solche Posse rühmen, und da ich ein Freund einer guten Bühne bin und es für ein Glück halte, wenn ich aller 2—3 Jahre einmal in Dresden oder Leipzig der Vorstellung eines klassischen Stückes beiwohnen kann, so ließ ich mich bestimmen, diese Posse mit anzuhören. Das Theater war ge- drängt voll und die Jugend zahlreich vertreten. Aber, hilf Himmel! Was soll ich sagen? Es überkam mich ein Ekel vor solch einem Bühnenstück. Es war voller Schlüpfrigkeiten durch und durch: die Zoten waren in glatte Worte verhüllt und die sogenannten Couplets, welche wüthend beklatscht wurden, waren gemeine Reime, durch einen witzig sein sollenden Refrain gewürzt. Eine solche Bühne trägt nicht bei, Bildung, Zucht und Sitte zn heben. Möge doch ein jeder Haus vater, eine jede Mutter ihre Kinder von dergleichen Vorstellungen fern halten! Möchten aber auch Alle, die in einer guten Bühne ein Bil dungsmittel des Volkes sehen — und mit Recht — zusammengreifen und durch eine gerechte, aber unerbittlich strenge Kritik diesen Schund von Zwergfellkitzelstücken verdrängen. — Es ist hier Gelegenheit, einen Vergleich zu ziehen zwischen einem solchen Berliner Machwerk und einem guten Konzerte. Wir haben in unserer Stadt ein gutes Stadt orchester, wie lange noch, das weiß Niemand, denn es wird nicht unter stützt, wie dasselbe es verdient. Hat ein Vater Gelegenheit, sein heran wachsendes Kind ein gutes Konzert anhören zu lassen, so thue er's ja! Die Musik ist von allen Gebildeten aller Zeiten als ein Haupt faktor zur Bildung des Gefühls angesehen worden und zwar mit gutem Grunde, und es ist ein bedenkliches Zeichen der Zeit, daß diese Possen vorstellungen gedrückt voll, die Konzerte aber leer sind. Nach dieser Abschweifung komme ich zurück auf die Forderung, das Haus erziehe das Kind zum freien Gehorsam gegen göttliches und menschliches Gesetz. Hierbei komme ich auf das sogenannte Brechen des Willens der Kinder, wenn derselbe auf Ungesetzliches ge richtet ist. Das kleine Kind hat noch keinen freien Willen, es hat seinen Eigenwillen, daß ist ja eben natürlich. Je größer es wird, in destomehr Beziehungen kommt es zu Vater und Mutter, zu Geschwistern Mitschülern, zur Gemeinde. Nun gilt es, seinen Eigenwillen dem Ge setze des Hauses, der herrschenden guten Sitte, der Gemeinde, des