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hatte seine erste Fran aus Italien mitgebracht und sich dort tränen lassen. Niemand wußte an welchem Orte! — Papiere über seine erste Ehe waren in dem Nachlaß des Grasen nicht gefunden worden und wenn sie dagewesen, wie ich bei der großen Ordnungsliebe meines Vaters nicht zweifeln durfte, hatte es meiue Stiefmutter verstanden, sie zur rechten Zeit bei Seite zu schaffen. In solchen Knusten war sie von je eine Meisterin!" — und Federigo lachte sarkastisch bei diesen Worten. „Wohl hatte mein Vater überall meine Mutter als seine Frau eingeführt; aber war das ein Beweis?! Die Gerichte forderten über zeugende Dokumente und ich hatte keine aufzuweisen. Dennoch wollte ich dieser ränkesüchtigen Frau das Spiel nicht so leicht überlassen. — Mit einer geringen Summe in der Tasche wanderte ich nach Italien, mir die Beweise zn verschaffen, daß meine Mutter die angeraute Fran ocs Grafen gewesen sei. Vergeblich war mein rastlos Forschen und Suchen; — alle Spuren waren langst verweht und ich mußte endlich heimkehren, ein elender, hoffnungsloser, um alles LcbenSglück betroge ner Mensch! „Wie mir auch aller Hochmuth sern gelegen," setzte Federigo mit bitterem Lächeln hinzu, „so hatte doch das stolze Gefühl meiue Brust geschwellt, daß ich der älteste Sohu des Grafen Dörnthal war, eines Mannes, der sich durch seinen alten Namen wie durch seinen Charakter der allgemeinsten Achtung erfreute. Und jetzt war ich mit einem ein zigen Schlage von dieser Höhe herabgestürzt und ein Bastard, der mtt niedergeschlagenen Augen seinen Weg durch die Welt nehmen mußte. . Federigo trat ans Fenster, um der Tochter die tiefe Bewegung zu verbergen, in die ihn die Erinnerung an diesen furchtbaren Schick'- falsschlag versetzt hatte. Und dennoch war er nicht Herr über sich. Selbst nach einer so laugen Zeit hatte die Vergangenheit noch solche Macht über ihn, daß sie ihm Thränen erpreßte. „Mein armer, theurer Vater!" flüsterte Angelika leise und schlang zärtlich ihre Arme nm seinen Nacken. „Nun begreife ich Alles! Deine tiefe Schwermuth und wie kein Sonnenstrahl mehr zu Deinem Herzen den Weg finden wollte . . „Mein liebes, gutes Kind!" laut schluchzend drückte er sie an seine Brust und hielt sie innig umschlungen. Trotz seiner snrchtbaren, schmerzlichen Aufregung war es ihm doch, als ob ein tiefer Friede aus dem Herzen feiner Tochter in das seine überströme. „Du weißt nun alles und ich habe Dir nicht mehr viel zu er zählen," begann er von Neuem und weit ruhiger als bisher. „Meine Stiefmutter bot mir zwar großmüthig zur Vollendung meiner Studien eine Snmme, ich wies sie aber verächtlich zurück. Jeder Pfennig von dieser verhaßten Frau, die mich so tief gedemiithigt, hätte mir in den Händen gebrannt, ich mnßte mich auf eigene Füße stellen und es ge lang mir auch. Mit der glänzenden Vergangenheit hatte ich freilich auf immer zu brechen, ich war jetzt nicht mehr der reichlich dotirte Sohn des Grafen Dörnthal, sondern ein armer Student, hatte ich doch auch den Namen meiner Mntter angenommen, der mir allein gebührte, wie mir die Gräfin höhnisch erklärte." „Unter den furchtbarsten Entbehrungen vollendete ich endlich meine Studien," erzählte Federigo weiter, „es war ein harter Kampf und oft wollte ich verzweifelt das Weiterringen aufgeben; aber ich durfte meinen Feinden nicht den Triumph gönuen, daß ich jetzt ohnmächtig zusammeubrach, da ich auf mich allein angewiesen war, und setzte alle meine Kräfte ein. Unter den härteste» Entbehrungen absolvirte ich meine Studien. Ich hatte mich bei Lebzeiten des Vaters für Jura entschieden; aber dies Feld war mir jetzt verhaßt geworden und ich wandte mich der Medizin zu und verfolgte mit eisernem Willen mein Ziel. Nach glücklich zurückgelegtem Examen ließ ich mich in einer kleinen Stadt nieder, ohne zu ahnen, welch neue Schwierigkeiten mich dort erwarteten. Ich war in der ersten Zeit dem Verhungern nahe. Ein junger Arzt, ohne alles Vermögen, ohne jeden Anhang, erwirbt sich so unendlich schwer eine Praxis — mein ernstes, schwermüthiges Wesen stand mir ohnedem im Wege — und dennoch durfte ich nie mand verrathen, daß es oft Tage gab, wo ich nicht einen Bissen zn essen hatte. Da war mir der Zufall günstig; — ein kleines Schovß- hündchen war es, das eine Wendung in meinem Schicksal herbeiführte. Du blickst mich verwundert an und doch ist es so", fuhr der alte Herr fort und jetzt huschte etwas wie ein Lächeln über sein ernstes, düsteres Antlitz. Eines Tages sah ich, wie eine Bulldogge ein kleines Wachtel- Hündchen heimtückisch überfiel und es fürchterlich zerzausen wollte. Ich habe mich von je auf die Seite aller Unterdrückten gestellt — und ohne Besinnen hieb ich ans die Dogge ein, daß sie die Flucht ergriff. Jetzt eilte schon jammernd eine alte Dame herbei, nahm ihren Lieb ling auf den Schovß und wollte mit ihm in das Haus zurückstürzen. Plötzlich sah sie, daß ihr Hündchen blutete und nun kam sie in höch ster Aufregung auf mich zu: „Mein Herr, Sie haben den heimtücki schen Angriff der Dogge gesehen, ich rufe Sie als Zeugen an." „Wollen wir nicht zuerst für den kleinen Verwundeten sorgen?" flagte ich ausweichend. „Ah, sind Sie nicht der neue Doktor!?" rief die alte Dame, mich plötzlich erkennend, denn ich war vielleicht jeden Tag an ihrem Hause vorübergegangen und in einer kleinen Stadt ist man rasch bekannt. „Kommen Sie, lieber Doktor, und heilen Sie meinen Azor." Jetzt war noch ein junges Mädchen herbeigeeilt. „Aber Taute!" rief es vorwurfsvoll: „Herr Doktor Federigo ist ja kein Thierarzt und Du hast gewiß in Deiner Aufregung uicht geahnt, daß Deine Aufforderung eine Beleidigung enthält!" Die alte Dame fah auch wirklich ganz verlegen drein und wollte sich entschuldigen; aber die blauen Kinderaugen des jungen Mädchens hatten so viel Verlockendes, daß ich mich gern des mir plötzlich zuge fallenen kleinen Patienten annahm. Ich heilte ihn wirklich und war bald in dem Hause der alten Dame ein gern gesehener Gast. Ein Jahr später führte ich die junge Nichte als meine Frau heim und ich hatte die Wahl nicht zn bereuen. Deine Mutter war ein Engel an Sanflmuth und Geduld und ihrer zärtlichen Liebe gelang es beinahe, die schweren Wunden zu heilen, die mir das rauhe Schicksal geschlagen hatte . . . „Da verlor ich plötzlich meine sanfte, liebe Frau, nachdem sie Dir eben das Leben geschenkt; die Tante war ihr schon vorangegangen und mit dem Verlust der theurcn Lebensgefährtin, deren heiterer, sorg- lofer Sinn mich zu zerstreuen gewußt, versank ich wieder in meine alte Schwermuth. — Ein kleines Vermögen war mir zugefallen, — nun trieb es mich mit dämonifcher Gewalt wieder in die Heimath; ich wollte mich in der Nähe der verhaßten Menschen ansiedelu um sie durch meine Gegenwart, wie ein lebendiges Gewissen, beständig daran zu erinnern, daß sie noch nicht völlig über mich triumphirt. — Das Grundstück, das wir jetzt besitzen, bot sich mir zum Kauf und jch erwarb es ohne Besinnen, nnr von dem Gedanken geleitet, meiner Stiefmntter nnd meinem Stiefbruder durch diese Nachbarschaft so un bequem und lästig wie möglich zu werden. Ich weiß, diese ewig: Unruhe hat sie mehr gequält, als wenn ich wirklich irgend einen ver mästenden Schlag gegen sie geführt hätte!" Etwas Wildes, Unheimliches lag jetzt in dem Wesen des alten Mannes, seine Augen glühten und um die Lippen zuckte noch immer der alte finstere Haß. Angelika trat erschrocken einen Schritt zurück. „Mein Vater, so darfst Du uicht länger fühlen, so nicht länger denken," sagte sie mu ihrer zum Herzen dringenden Stimme. „Die alte Gräfin hat Dir bitter wehe gethan; aber Friede und Glück wird wohl in Deine»! Herzen Anziehen, wenn Du alle Gedanken des Hasses auf immer da raus verdrängst nnd Deinen Feinden mild verzeihst. Denk an de» herrlichen Dichterspruch: Daß Haß nicht Raum in Deinem Herzen finde, Füll jeden Raum darin mit Liebe aus! Die Worte der Tochter machtea auf den alten Federigo einen tiefen Eindruck; er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als könne er damit die Wolken verscheuchen, die dort lagerten und hochaufath- mend sagte er mit bewegter Stimme: „Warum habe ich dies Evan gelium des Friedens und der Liebe nicht eher gehört? — Ja, ich habe nicht eine ruhige Stunde gehabt seit jenem heimtückischen Streich; ich sah diese Menschen in Glück und Glanz und ich fragte mich beständig: Giebt es eine Gottheit, die es ruhig geschehen läßt und solch heim tückischen Verrath nicht straft? — Denn noch heute will ich den heiligsten Eid darauf leisten, daß die alte Gräfin all die Dokumente heimlich beiseite gebracht hat, die auf die erste Ehe ihres Mannes mit meiner Mutter Bezug hatten. — Mir war es eine Qual ohne Ende, daß man mich entehrt, daß selbst der Ruf meiner verehrten Mutter im Grabe nicht geschont worden. Alles in mir lechzte nach Vergeltung; dennoch konnte ich mich zu einer energischen That nicht aufraffen und litt darum nur um so furchtbarer unter dem harten Drucke der Ver gangenheit." — „Denke, lieber Vater, wie wehe Dir auch die alte Gräfin gethan, sie ist selbst dabei uicht glücklich geworden, denn das Glück kommt nur, wenn wir nichts zu bereuen haben und in unserm Herzen aller Haß erstirbt." — Angelika schmiegte sich dabei innig an ihren Vater nnd blickte auf ihn mit ihren wunderbar leuchtenden Angen, die jetzt einen fast überirdischen Ansdruck hatten. Der alte Mann hielt seine Tochter zärtlich umschlungen. „Wenn aller Haß erstirbt" .... wiederholte er leise und auf seinem ernsten Antlitz rnhte etwas wie Friede und Glück. (Forts, folgt.) MMHeillmgei! über Obst- nnd GlN'tculmu. Kurze Belehrung über das Pflanzen der Bäume. Von Höhle in Freiberg. Das gedeihliche Fortwachsen und die spätere Entwickelung, haupt sächlich auch die Fruchtbarkeit der Obstbäume häugt wesentlich von dem richtigen Pflanzen derselben ab und sind folgende Regeln wohl zu beachten. 1. Für die allermeisten Fälle ist die Zeit kurz vor dem Aus brechen der Knospen die geeignetste zum Pflanzen, da hier sofort die Lebensthätigkeit beginnt, die durch das Ausgraben den Wurzeln verursachten Wunden am schnellsten verheilen können und die Wurzeln dadurch gesund bleiben. Die Hcrbstpflanzung ist nur dann von Vortheil, wenn die gesetzten Bäume noch vor Winter an de» Wurzel schnitten Callns oder anch »och Wurzeln bilde» können. 2. Wenn man im Herbste pflanzt, so ist es uothwendig, die Baum scheibe nach dem Pflanzen durch Ueberdcckeu mit Erde, Streu und dergleichen gegen zu starkes Eindringen des Frostes zu schützen, damit die Bäume nicht vom Frost gehoben werden und daun meist zu Gründe gehen. Die geeignetste Zeit znr Herbstpflaiiznng ist für wär mere Lagen der Monat Oktober, für rauhe und kalte Lage ist Herbst pflanzung überhaupt uicht zu empfehlen. 3. Rathsam ist indessen immer, die aiizupflanzeuden Bäume sich schon im Herbst oder baldmöglichst im Frühjahr schicken zu lassen. Dieselben werden dann gut und etwas tief in den Bode» an einer mehr schattigen als sonnigen Stelle Angeschlagen, um sie zur geeignetsten Zeit im Frühjahr, sobald die Erde trocken und von der Sonne gehörig dnrchwärmt ist, zum Pflanzen bereit zu haben. 4. Jedem Banin werden unmittelbar vor dem Pflanzen die durch das Ausgraben beschädigten Wurzeln glatt geschnitten; der Schnitt mnß nach unten zeigen. Sehr förderlich ist, die Bäume einige Stunde» vor dem Pflanzen schon an den Wurzeln zu beschneiden und alsdann in einen düiinen Lehmbrei zu stellen; in Ermangelung von Lehm kann man auch gewöhnliche Ackererde dazu benutzen. 5. Die Zweige werden bei den Kernobstbäume» nur wenig ge- schnitt: n nnd erst im folgenden Jahre wird der indessen bewurzelte Baum gehörig znückgeschnitten, wonach dann die schönsten und kräf tigsten Triebe hervorwachsen. Formbäume hingegen dürfen nur so weit beschnitten werden, als es die Symmeterie erfordert. 6. StAnobstbäumc werden, da sie sonst leicht kahl werden, beim Pflanzen mehr eingestutzt. 7. Die Pflanzgruben müssen in der gehörigen Weite und Tiefe (0,^-,-1,s m weit und 0,z—O,? m tief) möglichst früh im Winter aufgegraben nnd die ansgeworfene Erde eine Zeit lang der Atmosphäre ausgesetzt werden. Eine Zu Mischung von Kompost und guter Erde ist in den meisten Fällen sehr förderlich, bei schlechter Bvdenbeschaffcn- heit sogar nothwendig. Ein völliges Ersetzen der Erde der Baum grube ist nicht zu empfehlen. 8. Wenn an einer Stelle, wo vorher ein Baum gestanden, ge pflanzt werden soll, so ist der Boden in größerem Umfange aufzu graben und zu verbessern. Zu berücksichtigen ist noch, daß, wo früher ein Apfelbaum, nunmehr ein Birnbaum zu stehen kommt und umge kehrt. 9. Einige Zeil vor dem Pflanzen sind die Pflanzlöcher wieder bis V» zuzufüllen und dann der Baum fo zu pflanzen, daß er, auch wenn sich die Erde noch nicht völlig gesetzt haben sollte, nicht zu tief, sondern mit seinem Wurzelhals etwas über die Oberfläche des Bodens zu stehen kommt. Hat man nicht Zeit, die Gruben einige Zeit vor dem Pflanzen auszufüllen, so muß, wenn die Grube erst beim Pflanzen gefüllt wird, der Boden vor Einstellung des Baumes mäßig angetreten werden; auch ist hierbei zu berücksichtigen, daß der Baum der Himmelsgegend nach möglichst so zu stehen kommt, wie er in der Baumschule gestanden hat. Ist nun der Baum in die Pflanzgrube und an den vorher Angesteckten Pfahl gesetzt, so nimmt man zunächst die der Sonne am meisten ausgesetzt gewesene klare Erde und bringt sie, womöglich mit den Händen, um die Wurzeln; dabei werden die Saugwurzeln gehörig geordnet und mehr